Kapitel 3
Ihr stockte der Atem. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen. Sie dachte in einem Märchen gelandet zu sein. Der Boden bestand aus einer Blumenwiese, überall rankten Blumen, Blätter und andere Pflanzen, die sie teilweise noch nie gesehen hatte.
Schmetterlinge flogen umher und dann dieses wahnsinnige Licht. Heller und wärmer als alles andere, was sie jemals erlebt hatte. Die Möbel aus kostbarem Holz waren alle kunstvoll geschnitzt und verziert. Emma wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte.
Jack wollte runter, denn die Schmetterlinge hatten seine Aufmerksamkeit erregt. Emma dachte, da sie jetzt sowieso auf dem Boot waren, wenn man es denn so bezeichnen konnte, war es sicher den Kater laufen zu lassen und kaum hatte sie ihn abgesetzt, da jagte er auch schon den Insekten hinterher.
'Der ist eine Weile beschäftigt', dachte Emma schmunzelnd.
Hiko stand mit offenem Mund in der Mitte.
Emma hatte ihre Freundin noch nie so sprachlos gesehen. Aber wenn sie ehrlich war, ging es ihr ganz genauso.
"Kommt, ich zeige euch eure Kabinen. Wir werden eine Weile unterwegs sein", sagte Thorne zu den Mädchen.
Zu Benjamin und Rick gewandt fuhr er fort: "Ihr wisst was ihr zu tun habt."
Thorne zeigte ihnen ihre Kabinen. Beide waren lichtdurchflutet und mit einem großen Himmelbett, einem kleinen, gemütlichen Sofa mit Tisch, einem alten Schrank und einem riesigen Spiegel, der mit einem goldenen, floralen Muster verziert war, ausgestattet und sie waren durch eine Tür verbunden.
„Gefälltes euch?", fragte Thorne.
„Machst du Witze?", platzte es aus Hiko heraus.
Thorne lächelte. Er hatte ein schönes Lächeln, stellte Emma wiederholt fest.
Mit einem Nicken fügte er dann hinzu: „Bleibt bitte in euren Kabinen. Ihr werdet abgeholt."
Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Ein leichtes Wackeln signalisierte den Freundinnen kurze Zeit später, dass das U-Boot abgelegt haben musste.
"Was ist das hier?", fragte sie ihre Freundin.
"Ich weiß es nicht, aber es ist spannend. Die Zimmer sind unglaublich. Und das soll ein U-Boot sein?", fragte Hiko fasziniert.
Ihre Freundin hatte es sich bereits auf dem Bett bequem gemacht.
"Das wird uns niemals jemand glauben."
„Aber was wollen die mit uns?", gab Emma zu Bedenken.
„Na, was einer von dir möchte, weiß ich", kicherte Hiko.
„Was meinst du?"
„Na, wie Thorne dich anschaut."
„Du spinnst", sagte Emma, konnte aber nicht verhindern, dass ihre Wangen leicht warm wurden „Und überhaupt, was ist das mit dir und diesem Rick?", fragte sie nun Hiko, der schlagartig das Grinsen verging.
"Was soll mit Rick sein?", fragte diese unschuldig.
"Ach komm schon Hiko. Wir kennen uns schon zu lange als dass du mir weiß machen könntest, dass du ihn nur flüchtig kennst."
Emma schüttelte den Kopf, glaubt ihre Freundin wirklich sie könnte ihr etwas vormachen?
Die Japanerin seufzte theatralisch.
„Er ist nett", gab sie schließlich von sich.
Emma zog ihre Augenbrauen hoch.
„Nett? Hiko, du findest einen Mann niemals nur nett", antwortete sie ihrer Freundin.
Diese verdrehte die Augen.
„Ich weiß auch nicht", gab sie dann kleinlaut zu.
"Was weißt du nicht?", fragte Emma. "Wie lange geht das schon?"
Hiko blickte schuldbewusst. "Seit meinem Geburtstag. Wir haben uns ab und zu getroffen."
Emma war ein wenig verletzt. "Und du hast nie etwas gesagt?"
"Das sagt die Richtige. Du hieltest es doch auch nicht für nötig mir von Thorne zu erzählen."
„Das ist etwas anderes. Ich kenne ihn doch gar nicht."
Beide blickten sich eine Zeit lang an.
„Wir und die Männer, oder?"
Emma fing an laut zu lachen und Hiko schloss sich ihr nach wenigen Sekunden an. Sie ließ sich rücklings zu ihrer Freundin aufs Bett fallen und gemeinsam schauten sie hoch zum Baldachin, der aussah wie eine Sternenlandschaft.
„Was auch immer ab jetzt passiert, wir bleiben zusammen, ja?", fragte Emma ihre beste Freundin und drückte deren Hand leicht.
Hiko nickte.
Die Freundinnen blieben so liegen und irgendwann fielen ihnen die Augen zu. Die Aufregung der letzten Stunden hatte ihnen doch ziemlich zugesetzt.
Sie wurden von einem Klopfen geweckt. Hiko sprang aus dem Bett um die Tür zu öffnen. Dort stand ein hübsches Mädchen mit langen, blonden Haaren, in denen schmale Zöpfe eingeflochten waren.
Auf ihrem Arm hielt sie Jack.
„Der gehört wohl zu euch?", fragte sie. Ihre Stimme war hell und etwas verträumt. Sie ließ Jack auf dem Boden nieder, der sofort im Zimmer herumstreifte.
„Ihr werdet gleich abgeholt", sagte das Mädchen, verbeugte sich kurz und verschwand dann wieder.
Hiko schaute Emma an.
„Jetzt geht es wirklich los, oder?"
Emma nickte und kletterte aus dem Bett.
Sie machten sich beide kurz ein wenig frisch und warteten dann gespannt auf das, was sie jetzt erwartete.
Jack hatte in der Zwischenzeit seine Erkundungstour beendet und es sich auf dem Bett gemütlich gemacht.
"Was glaubst du, was jetzt passiert?", fragte Emma.
Hiko wusste auch keine Antwort.
Da sie geschlafen hatten wusste auch keine von ihnen wie lange sie nun tatsächlich schon unterwegs waren.
Erneut klopfte es an der Tür.
Diesmal öffnete Emma.
Rick stand davor und grinste erst Emma an, dann wanderte sein Blick zu Hiko und blieb für einige Sekunden auf ihr haften, was Emma nicht entging. Stumm grinste sie in sich hinein. „Ich komme um euch abzuholen", sagte Rick und beide Mädchen nickten und folgten ihm. Sie waren gespannt, was nun auf sie zukommen würde.
Vorbei an vielen verschlossenen Zimmertüren, die alle mit unterschiedlichen Ornamenten verziert waren und durch die verschiedensten Gänge, alle mit anderen Böden. Manche waren nur eine Wiese, andere bestanden komplett aus einem Blumenmeer, wiederum flossen durch andere kleine Rinnsale, die wie kleine Bäche aussahen. Von manchen Decken hingen Pflanzen herunter oder an den Wänden hafteten Muscheln.
Emma und Hiko kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus und sie hätten nie gedacht, dass dieses U-Boot so riesig war.
Plötzlich kamen sie vor einer großen Holztür zum Stehen. In ihr Holz war ein Relief geschnitzt, dass wohl eine Art Geschichte erzählen sollte.
Von außen gab es keine Türgriffe, somit ließ sie sich nur von innen öffnen.
Emmas Herz pochte wild, während Rick einen Rhythmus auf das dunkle Holz klopfte.
Geräuschlos glitt die Tür auf.
Wenn sie vorher schon überwältigt gewesen waren, dann war das nichts zu der Sprachlosigkeit die nun folgte, als sie sahen was sich hinter der Tür befand.
Sie blickten auf eine Lichtung und in der Mitte war eine Art Thron.
Dieser war komplett mit unterschiedlichen Blumen bedeckt und darin saß Thorne.
Neben ihm stand Benjamin.
Wie es schien unterhielten sie sich auf freundschaftlicher Basis über etwas, was lustig sein musste, denn Thorne ließ ein kehliges Lachen von sich.
Emma war total fasziniert. Sie wusste, dass Thorne gewiss eine Menge zu sagen hatte, aber damit hatte sie nicht gerechnet.
Ein Blick auf Hiko sagte ihr, dass diese genauso sprachlos war.
Der Raum war überdacht von einer Glaskuppel, die ein Blick auf die Unterwasserwelt gewährte. An den Seiten saßen jeweils zwei weitere Männer, alle mit derselben fließenden Kleidung, fast wie Seide.
Rick schubste beide Mädchen weiter in den Raum rein und sie kamen in der Mitte der Lichtung zum Stehen.
Thornes Blick fiel nun rätselhaft auf sie und Emma nahm reflexartig die Hand ihrer besten Freundin, denn in diesem Augenblick brauchte sie Halt und das Gefühl, dass sie nicht allein war.
Hiko schien es ähnlich zu gehen, auch sie drückte die Hand ihrer Freundin.
Als Thorne dies sah, konnte er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
Er stand auf und wie auf Kommando sprangen auch die anderen Männer auf und stellten sich in einer steifen einstudierten Haltung auf.
Emma war ziemlich verwirrt von dem Anblick.
Was ging hier ab.
"Wer bist du?", rutschte es Emma raus, bevor sie überhaupt wusste, was sie tat.
Ein leises aufgeregtes Flüstern war von den Männern zu hören.
„Mein Name ist Thorne, Sohn Thorgalds, Herrscher über Malandur. Dorthin fahren wir jetzt in diesem Augenblick", sagte Thorne nun fest.
Dabei hatte er eine herrschaftliche Ausstrahlung, die Emma zuvor noch nie an ihm gesehen hatte.
„Krass", hörte sie Hiko neben sich nur hauchen.
„Also bist du ein...ein Prinz?", fragte Emma verwirrt. Sie hörte die Männer ringsum lachen und aus den Augenwinkeln sah sie Benjamin nur überheblich grinsen.
„Ja,wenn du es so sagen möchtest", antwortete Thorne schließlich und mit einer Handbewegung verstummten alle um sie herum.
"Muss ich dich dann jetzt mit eure Hoheit oder sowas ansprechen?", fragte Emma etwas unbeholfen.
Hilfesuchend blickte sie zu ihrer Freundin, aber Hiko sah genauso ahnungslos aus.
Wieder war ein leichtes Raunen zu hören.
"Nein, es reicht wenn ihr mich Sir nennt."
"Alles klar Sir Thorne. Erklärt uns jetzt jemand warum wir hier sind? Mein Reichtum kann es nicht sein."
Im Hintergrund wurde das Raunen noch lauter. Emma hatte das Gefühl, dass das nicht unbedingt die Art war, in der man für gewöhnlich mit Sir Thorne, Prinz von Mallorca oder wie das hieß, sprach.
Wieder eine kurze Handbewegung und alles verstummte.
„Mein Vater fordert seine Schuld ein, Emma. Die Zeit ist gekommen, da mein Vater nicht mehr länger warten will."
Schuld? Welche Schuld?Was hatte sie getan?
Panik stieg in ihr auf. Und sie fühlte wie Hiko ihre Hand fest drückte.
"Welche Schuld? Was sollte ich denn einem Herrscher von Mallorca Schulden?", fragte Emma. "Hier muss eine Verwechslung vorliegen."
Leise flüsterte Hiko ihr zu: "Malandur nicht Mallorca. Mallorca ist eine spanische Insel."
Ärgerlich flüsterte Emma zurück: "Was weiß ich, vielleicht gibt es da ja eine Höhle oder so."
„Dein Vater", deutete Thorne an.
„Mein Vater?", fragte Emma jetzt entsetzt.
Was hatte denn jetzt ihr Vater damit zu tun?
„Er wird es dir nie gesagt haben, aber dein Vater ist einer von uns. Seine Herkunft ist Malandur. Sein Blut ist das von Malandur. Dasselbe Blut, das auch durch deine Adern fließt."
Emma hielt den Atem an.
"Mein Vater? Ich kann mich kaum an ihn erinnern. Abgesehen davon, warum ist meine Schwester dann nicht auch hier? Sie ist immerhin meine Zwillingsschwester", fragte Emma aufmüpfig.
Sie würde doch nicht die Schulden, was auch immer das sein sollte, begleichen.
"Dein Vater, Silas, war oft in eurer Welt unterwegs um Aufträge zu erledigen. Er war ein guter Mann und ein guter Krieger. Aber eines Tages kam er später zurück als angekündigt. Er hatte eine junge Frau kennengelernt und sich in sie verliebt. Deine Mutter, Emma", fuhr Thorne mit ruhiger Stimme fort, ganz so als würde er kleinen Kindern ein Märchen erzählen. Und so fühlte es sich auch an, als ob ihr jemand ein Märchen erzählte.
Das konnte doch alles nicht wahr sein oder?
Konnte sie nur ein Wort glauben?
Zweifelnd schaute sie ihre Freundin an.
"Ja, aber warum bin ich dann hier und meine Schwester nicht?", fragte sie Thorne. "Was hat das mit mir zu tun. Er hat uns verlassen als Anna und ich fünf Jahre alt waren", sagte Emma aufgebracht und fuhr dann fort: "Und was soll das für eine Schuld sein, die ich angeblich zu begleichen habe und meine Schwester scheinbar nicht."
„Dein Vater bat Malandur verlassen zu dürfen. Für deine Mutter. Dafür hatte er seine Herkunft aufgeben müssen, um ein menschliches Leben führen zu können. Das ist eine schwierige Angelegenheit, Emma. Man gibt nicht einfach sein Blut auf, denn es gibt kein zurück mehr", erzählte Thorne weiter.
Emma konnte das alles nicht fassen.
Aber sie lauschte weiter Thornes Worten. „Mein Vater war bereit deinem Vater seinen Wunsch, für seine jahrelangen und treuen Dienste, zu erfüllen unter einer Bedingung."
Emma bemerkte wie alle in dem Raum sie intensiv musterten. Vor allem die grauen Augen vor ihr.
„Die Bedingung, dass eines seiner Kinder, das Blut Malandurs in sich trägt, den Weg zurück finden muss."
Schweigen erfüllte den Raum. Alle starrten sie an und Emma schlug das Herz bis zum Hals.
„Er hat mich eingetauscht?", fragte Emma plötzlich entsetzt und aufgebracht.
Er nickte. "Wenn du es so sagen willst. Mein Vater wollte dir die Möglichkeit geben, die Welt deiner Mutter kennenzulernen bevor er dich nach Malandur holen würde."
"Warum ich, warum nicht Anna?", fragte Emma. „Und wo ist er jetzt? Warum erzählte er mir das nicht alles selbst?"
Thorne wendete kurz den Blick von ihr ab.
„Wir haben euch beide, dich und deine Schwester, lange beobachtet. Seit dem ihr kleine Kinder wart", fügte Thorne hinzu. „Ich musste eine Entscheidung treffen und ich habe mich für dich entschieden."
Jetzt blickte er sie wieder an und Emmas Herz flatterte.
„Malandur spricht aus dir. Aus deinen Augen, aus deinen Worten, aus deinem Verstand und aus deinem Herzen. Malandur ruft nach dir."
Thorne schaute einmal in die Runde, dann sagte er: „Wo dein Vater allerdings ist, weiß ich nicht, Emma. Wir haben schon lange nichts mehr von Silas gehört."
"Wie könnt ihr nicht wissen, was mit meinem Vater passiert ist, wenn ihr uns die ganze Zeit beobachtet habt?"
Sie schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht glauben,was sie da hörte.
Ein Gedanke kam ihr ganz unvermittelt. "Wusste meine Mutter von Malandur?"
„Nein, sie weiß nichts von unserer Welt", antwortete Thorne mit einer Sicherheit in der Stimme, dass sie wusste, dass er die Wahrheit sprach. Dann wechselte seine Tonlage und sie wurde eine Spur unsicherer. „Dass mit eurem Vater tut mir Leid. Dass hätte nie passieren dürfen."
"Ich möchte auf meine Kabine gehen", sagte Emma nun in Richtung Hiko. Diese nickte.
"Warte Emma", sagte Thorne.
"Was? Muss ich mich ab jetzt auch deinen Wünschen beugen?", fragte sie aufgewühlt. Dann als würde ihr gerade einfallen, wer er ist, schmetterte sie ein zischendes, "Sir", hinterher.
"Emma. Bleib stehen." An seine Männer gewandt fuhr er fort: "Verlasst bitte den Raum. Ich muss mit Emma alleine reden."
Um sie herum begaben sich alle zur Tür, nur Hiko und Benjamin zögerten noch einen Augenblick.
„Ich hoffe, du weißt was du tust", sagte der Blonde an Thorne gewandt und mit einem letzten, abschätzigen Blick in Richtung Emma verließ er dann den Raum.
„Hiko, auch du bitte", sprach Thorne die Japanerin an, die aber nicht ihren Platz verlassen wollte.
Erst als Rick an der Tür ihren Namen rief und Emma ein leichtes Nicken zu Stande brachte, drehte sie sich schließlich zur Tür um. Emma hörte die schwere Tür ins Schloss fallen.
Sie blickte den Grauäugigen an, der sie scharf musterte.
"Was?", fragte Emma in scharfem Tonfall.
"Emma ich weiß, es ist schwer für dich das zu verarbeiten, aber glaube mir, dass mit deinem Vater tut mir Leid."
Emma blickte ihm in seine grauen Augen.
"Weißt du eigentlich wie schwer es als Kind war, zu verstehen, warum dein Vater von einem Tag auf den anderen verschwand oder zu erfahren, dass dein Vater dein Leben eingetauscht hat, damit er seines leben kann?", fragte sie wütend.
"Emma", seufzte Thorne. Er fuhr sich mit seiner Hand durch seine langen seidenen Haare. "Glaub mir, ich weiß wie es ist vom eigenen Vater verraten worden zu sein."
Emma blickte ihn ungläubig an.
Sein Gesichtsausdruck hatte etwas verbissenes bekommen und Emma hätte gerne näher nachgefragt, traute sich aber nicht recht.
„Mein Vater...", setzte Thorne an. „Mein Vater verlangt Dinge von anderen, die kaum zu erfüllen sind. Besonders wenn es um seinen Sohn geht", fügte er dann an. „Ich weiß nicht viel über Silas. Aber du und deine Schwester seid ein Teil von ihm. Und damit ein Teil von Malandur. Willst du deine Herkunft nicht kennenlernen?"
"Ich...", fing Emma an. "Warum bin dann nur ich hier? Wenn du sagst, dass auch Anna ein Recht darauf hat ihre Herkunft zu kennen?"
Das Gesicht von Thorne verhärtet sich.
"Das Emma, kann ich mit genau einem Wort beantworten. Thorgald."
"DeinVater?"
"Ganz genau der." Thorne überlegte kurz. "Emma glaubst du wirklich Anna wäre bereit dies alles zu erfahren? Genauso wie deine Mutter."
„Ich könnte das nie vor ihnen verheimlichen. Schlimm genug, dass mein Vater..."
Was sollte sie sonst sagen? Erwarteten sie denn alle, dass sie ihre Familie anlog? Dies würde für Emma nicht in Frage kommen. Thorne schwieg.
„Ich werde doch wieder zurück gehen können?", fragte sie und suchte in seinem Gesicht eine Regung, aber sie fand nichts.
"Thorne, sag mir bitte, dass ich wieder zurück in mein Leben gehen kann."
Sein Gesicht war wie versteinert.
"Emma was die Abmachung zwischen Silas und Thorgald betrifft, ist diese sehr klar formuliert. Dein Vater durfte nur im Austausch gegen eines seiner Kinder Malandur verlassen."
Emma wurde panisch."Willst du damit sagen, ich werde nicht wieder zurückkehren können? Was ist mit Hiko? Was ist mit ihr? Sie hat damit gar nichts zu tun."
„Hiko ist unser Gast. Sie kann gehen wann immer sie möchte", antwortete Thorne. Dann fügte er hinzu: „Und wenn Rick sie gehen lässt."
Emma schaute ihn an und beide tauschten ein amüsiertes Lächeln.
Sie wurde wieder ernst. "Wie werden sich meine Mutter und meine Schwester fühlen, wenn sie herausfinden, dass ich genau wie mein Vater spurlos verschwunden bin?", fragte sie und fuhr fort: "Thorne, ich muss ihnen doch zumindest sagen können, dass es mir gut geht."
"Emma, es liegt nicht in meiner Macht das zu entscheiden", sagte Thorne bedauernd.
Emma fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. So sehr sie es wollte, sie konnte es nicht kontrollieren.
Eine Träne lief ihr über das Gesicht.
Sie wollte nicht, dass er sah, wie sehr es sie verletzte und drehte ihm den Rücken zu. Sie fühlte sich verloren. Sie hatte das Gefühl, dass man ihr, ihr ganzes bisheriges Leben nahm und eigentlich war dies auch der Fall. Alles was sie sich aufgebaut hatte, war weg.
"Thorne, sei ehrlich, als wir uns das erste Mal trafen, hast du gesagt, wenn ich mich entscheide nicht mit zu gehen würde ich dich nicht wiedersehen. Das war eine Lüge oder? Du wusstest schon zu diesem Zeitpunkt, dass ich mein Zuhause würde verlassen müssen."
„Ich bat meinen Vater seine Entscheidung nochmals zu überdenken, als ich bemerkte, dass du zweifelst. Aber er ließ nicht mit sich reden. Ich führe seine Befehle aus, Emma, auch wenn ich sein Sohn bin. Ein Zurück gibt es in unserer Welt nur im Tausch großer Opfer, dessen musst du dir bewusst sein. Es tut mir leid, dass ich dir nichts anderes sagen kann."
Emma blickte Thorne lange an. Ein trauriger Zug lag in seinen sonst so schönen Augen. Sie wusste nicht, was sie erwidern sollte. Sie war aufgebracht und hatte Angst zugleich. Aber tief im Inneren wusste sie, dass sie nicht Thorne die Schuld an allem geben konnte.
Und dann kam ihr ein Gedanke.
Hatte sie sich nicht noch vor ein paar Monaten gewünscht, hinter die Fassade blicken zu können? Jetzt fragte sie sich, ob es nicht vielleicht besser gewesen wäre, ein einfaches unwissendes Leben zu führen.
Aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, so sehr verletzt wie sie auch war, sie wollte doch noch immer dem Geheimnis auf die Spur kommen.
Emma blickte in die grauen Augen und noch etwas wurde ihr klar. Es würde schwer werden sich von Thorne fernzuhalten.
"Ich danke dir, dass du es zumindest versucht hast", sagte sie.
Thorne blickte sie an. "Emma, es tut mir wirklich Leid. Auch ich bin nur eine Schachfigur in Vaters Machenschaften. Mein Blut bindet mich an ihn."
"Thorne, was erwartet mich in Malandur? Was genau wird von mir erwartet?"
"Du wirst deine Aufgabe bekommen. Wie jeder von uns."
Emma nickte. Sie wusste, viel mehr würde sie heute nicht mehr erfahren.
"Wie lange werden wir noch unterwegs sein?"
Dieser lächelte vorsichtig. "Wir werden noch die ganze Nacht fahren müssen."
Emma nickte abermals.
"Ich möchte in meine Kabine zu Jack."
Sie brauchte jetzt ihren kleinen Kater. Wollte ihr Gesicht in das warme weiche Fell vergraben.
Die Nacht ging schneller vorbei als es die beiden Freundinnen erwartet hatten. Vor ihrer Tür waren schnelle Schritte und Wortfetzen, die sie nicht richtig verstanden konnten, zu hören. Neugierig verließen sie ihre Kabinen um sich umzuschauen, als schon das Mädchen vom vorherigen Tag auf sie zukam und ihnen freundlich mitteilte, dass sie gleich ihr Ziel erreichten. Emmas Herz schlug jetzt doch vor Vorfreude wild und sie erkannte, dass es Hiko genauso ging.
Nicht wissend, wie sie sich verhalten sollten, schauten sie sich um.
Und dann spürten sie es. Ein heftiges Wackeln und ein lautes, monotones Rauschen war zu hören.
Das U-Boot tauchte auf.
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