Sein Herz

Die Hand, die ich ihm reiche, nimmt er nicht. Stattdessen sieht er mich an und ich lasse meine Hand langsam sinken.

Es stolpert.
Qualvoll.
Wenige Sekunden -
die wie Minuten vergehen.

"Ich wollte zu dir. Aber du warst nicht da.", murmelt er. 

"Jetzt bin ich hier." Meine Stimme ist ebenso leise wie seine. Aber auf meinen Lippen zeichnet sich ein Lächeln ab.

Aber auch das versiegt, als seine Gesichtszüge sich nicht regen.

Und es stolpert.
Schwer.
Momente -
die sich wie eine Ewigkeit ziehen.

"Ich habe auf dich gewartet."

"Das sehe ich." Ich hocke mich zu ihm nieder, um ihn näher zu sein. Unsere Köpfe sind auf Augenhöhe und ich hoffe -
hoffe so inständig -
das er -
unseren Abstand durchbricht.
Seine Lippen auf meine legt 
und ich seine Wärme spüre.

Doch das tut er nicht.

"Willst du nicht mit mir reinkommen?"

Er richtet sich auf, ohne mich anzusehen.

Und schon wieder.
Mein Herz stolpert.
Grausam.
und -
die Zeit bleibt stehen,

Ich schlucke. Versuche mir meine Gedanken nicht anmerken zu lassen. Auch ich stehe wieder auf, wieder -
um ihn Näher zu sein.

"Nein, heute nicht mehr." Sein Blick fällt zur Uhr im Treppenhaus. 

"Aber du hast doch die ganze Zeit gewartet." Meine Schultern senken sich. Ich versuche wirklich meine Gefühle zu unterdrücken. Doch ein riesiger Klumpen bildet sich in meinen Bauch. Und dieser Klumpen wird größer.

"Ja, das habe ich. Aber du warst nicht da. Wo warst du?"

Ich druckse um die Antwort herum.  So, wie er auf das Buch reagiert, sollte ich ihm nicht erzählen, dass ich eigene Nachforschungen anstelle. Das mich das Buch mehr beschäftigt, als es sollte. Schließlich sollte es das auch nicht.
Ich habe keine Verbindung zu Lucia.

"Ich habe eine Autotour gemacht. Brauchte ... Mal etwas anderes."

Er belässt es bei meiner Antwort.  "Ich habe das Buch weiter gelesen." Er zieht das Buch hervor. "Es wird immer schlimmer. Sie wird immer ... menschlicher."

"Aber - als ein guter Mensch. Es ist bemerkenswert. Keine Biografie die ich bisher gelesen habe hat jemanden bisher so ... dreidimensional dargestellt. Ich habe wirklich das Gefühl sie zu ken-"

"Sie ist aber nicht irgendein Mensch!" Seine Stimme ist wütend. Er kommt mir gefährlich näher und automatisch weicht mein Körper einen Schritt zurück. Plötzlich spüre ich die kalte Wand an meinen Rücken und seine Hand stützt sich an dieser neben meinen Kopf ab.

Jetzt kann ich nicht mehr zurückweichen.
Aber das will ich auch gar nicht.

"Sie ist nicht irgendein Mensch." Seine Stimme ist nur ein Flüstern und dennoch ... so aggressiv. Meine Haare im Nacken stellen sich auf, doch ... ich habe keine Angst vor ihm.

Mein Körper reagiert anders,
als ich möchte.

Seine Lippen -
wieder sind sie so Nah.

"Das meine ich damit auch nicht.", flüstere ich sanft. Unsere Augen treffen sich und wieder nehme ich die Traurigkeit in seinem Blick war.
Eine unendliche Melanchonie
die Schreit
und weint
und um sich schlägt.
Die nach und nach alles mit sich reißt
und alles verschluckt,
was sich ihr in den Weg stellt.
Ein tiefer Blick in seine Seele,
der nur die einzelnen Splitter dieser zeigt.

Ich hebe meine Hand und streiche vorsichtig seine Wange. Bei meiner Berührung weicht er zurück und lässt einen Raum zurück, der sich wie eine unglaubliche Entfernung anfühlt. Er streicht sich durch die Haare und dreht sich etwas ab.

"Dann musst du deine Worte anders wählen." Die Kälte in seiner Stimme und die an der Wand sind mir zu viel. Sofort weiche ich von der Wand weg.

"Jeff, du -", ich atme tief ein und aus, bevor ich den Worten erlaube meine Lippen zu verlassen. "- liebst sie." Sein Körper spannt sich leicht an. Da weiß ich, dass ich recht habe. "Du hast sie gliebt. Ich weiß nicht wie und ich weiß nicht, in welchen Verhältnis ihr zueinander standet. Vielleicht kanntest du sie nur aus der Ferne, vielleicht kanntest du sie besser, als mir lieb ist." Die Worte tun weh und der Klumpen breitet sich auf meine Brust aus. Ich habe das gefühl nicht richtig atmen zu können.

Nicht richtig zu denken.
Nicht richtig da zu sein.

Es ist ein Albtraum.

Ich will doch
das er für mich so empfindet.

"Aber, es ist okay. Es ist okay das du sie liebst. Und es ist okay, dass du wegen ihr traurig bist. Es ist okay, dass du sie vermisst und ihr wieder nah sein möchtest." Ich trete auf ihn zu und nehme seine Hand. "Auch das ist menschlich und völlig normal. Lass diese Gefühle zu, sonst zerbrichst du daran." Mehr, als bisher. Das will ich nicht.

Langsam schüttelt er den Kopf. Er zieht seine Hand weg und sieht mich an, als wäre ich gar nicht da. "Sie ist mein Mal'ach." In seinen Augen spiegeln sich Tränen. "Sie wurde mir von diesem Monster weggenommen. Sie - sie hätte nicht fallen dürfen."

"Das ist -"

"Wir sehen uns." Ohne ein weiteres Wort geht er. Er geht ohne mich zu beachten. Ohne das ich imstande bin ihm noch etwas zu sagen.

Sobald ich ihn nicht mehr sehe, sackt mein Körper zusammen. Ich sacke zusammen, als wäre mein Körper wirklich nur eine Hülle.

Und weine.

Lasse den Schmerz tief in mir eindringen.

Und Risse in meinen Herzen bilden.

Er hat keine Gefühle für mich. Sein Herz ist bei ihr.



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