Mal'achs Titel

Seine Sicht

Es ist nicht so, dass das Monster kein Gefallen an einem neuen Objekt der Begierde gefunden hätte, nur ... beunruhigt es ihn.

Was, wenn sie nicht seinen Vorstellungen gerecht wird?
Was, wenn sie ihn langweilen würde?
Oder noch viel schlimmer:

Was, wenn sie nicht seinem Mal'ach gerecht wird?

Oh, das wäre eine Schande. Damit würde sie nicht nur ihn entäuschen, sondern auch SIE in den Dreck ziehen.

Er könnte es sich niemals Verzeihen sein Mal'ach so zu demütigen.

Er muss also aufpassen. Auf der Hut sein. Alles im Vorfeld ganz genau abwägen. Ist sie dieses Risiko wert? Wird sie seinen Ansprüchen genügen? Und ... noch viel wichtiger:

Wird er sich seinem Mal'ach dadurch wieder näher fühlen?

Die Fragen und Überlegungen Zerfressen das Monster. Noch nie hat er sich so gefühlt. Noch nie musste er eine solche Entscheidung abwägen.

Wie auch?

Zuvor hat er immer aus Impulsen gehandelt. Hat seinen Gefühlen die Oberhand gelassen. Nur für sein Mal'ach hat er sich ab und zu berherrscht.

Und jetzt ...
Jetzt musste er es wieder für sie. Für ihn. Damit er ihr wieder Nah sein kann. Denn als er bei seinem Mal'ach die Berherrschung verloren hat, da ...
da ...

da -

Nein. Daran will er gar nicht erst denken.

Tief atmet das Monster aus.

Der erste Schritt ist es Distanz zu wahren. Seit ihrem ersten treffen hat er sich nicht bei ihr gemeldet oder sich blicken lassen. Dennoch hat er sie nicht aus den Augen gelassen. Er hat sie aus der Ferne beobachtet.
Sie aufmerksam studiert.
Und konnte es nicht leugnen: Die äußerliche Ähnlichkeit zu seinem Mal'ach war enorm. Wären da nicht die dunklen Haare. Immer wieder sah er sie in ihr. Immer wieder musste er sich zusammenreißen, sie in diesen Momenten nicht aufzusuchen. Die Distanz zu wahren, denn das ist der erste Schritt.

Der zweite Schritt ist Informationen zu sammeln. Schließlich wusste er nicht viel von ihr. Er kennt sie nicht. Wie sollte er sie so einschätzen können? Sein Mal'ach hat er damals doch auch so lange beobachtet ...
Mit seiner ersten Einschätzung über ihr Alter lag er falsch. Sie war nicht erst 17 oder 18 Jahre, sondern 19 und bald würde sie auch dieses Lebensjahr abgeschlossen haben. Sie lebt alleine, studiert an einer Fernuni, wobei sie nicht mit voller Tatendrang bei der Sache ist. Ihre Eltern finanzieren sie, obwohl sie nicht das beste Verhältnis zu ihnen hat. Es könnte daran liegen, dass ihre Eltern immer nur ihre Arbeit im Kopf hatten. Jeden Abend den ihre Eltern länger im Büro verbracht haben, jeden wichtigen verpassten Augenblick im Leben von Luci haben sie versucht durch Geschenke und Geld zu vertuschen. Oder es liegt einfach daran, dass ihre Eltern konservative Spießer sind.
Lucis beste Freundin ist zum Studieren ins Ausland gegangen. Sie halten zwar den Kontakt, doch seitdem sind ihre sozialen Kontakte um eine vielzahl gesunken. Stattdessen liest sie und meldet sich immer wieder für neue kurzzeit Kurse an. Ihre Bücher bezieht sie meist aus dem kleinen Bücherladen der Stadt. Regelmäßig kauft sie sich neue Bücher, verkauft aber auch immer wieder welche.

Gerade ist sie schon wieder auf den Weg in die Stadt. Erst gestern ist sie zu letzt da gewesen. Ob sie wohl gerne einkaufen geht? Oder hat sie nur etwas vergessen?

Ungeduldig verfolgt das Monster sie. Zielstrebig wählt sie ihren Weg, also scheint sie nicht nur zum bummeln unterwegs zu sein.

Zum Glück. Dieses ewige warten, wenn sie in einen der Läden unterwegs ist, nervt ihn.

Nein.
Es nervt ihn nicht nur, es macht ihn Wahnsinnig.

'Ob sie wohl jetzt auf den Weg zur Buchhandlung ist?' Zufrieden lächelt das Monster, als sich seine Vermutung bestätigt.

Vorm Schaufenster macht das Mädchen halt. Sie streicht sich ihre braunen Wellen hinters Ohr und inspiziert die Ware hinter dem Glas. Nun lächelt sie und betritt ohne weiter zu zögern den Laden.

Das Monster bleibt abrupt stehen.
Seine Finger beginnen zu jucken.

Worüber hat sie sich so gefreut?

Er legt seinen Kopf schief.

Was verbirgt sich hinter der Scheibe? Er wird es gleich erfahren, aber er will es jetzt wissen. Dabei muss er sich doch nur Minuten in Geduld üben.

Er geht ein Stück vor, nur um sich gleich wieder zu bremsen.

Er muss sich in Geduld üben. Das ist der dritte Schritt. Doch woher soll er sie bekommen?

'Ach scheiß drauf'.  Schießt es dem Monster durch den Kopf. Er will wissen, was sich im Schaufenster befindet, er kann nicht warten. Dafür ist er zu neugierig und -

es fühlt sich an -
als ob es für ihn wichtig sein könnte.

Doch bevor er noch seinen Entschluss fassen kann, ertönt die Ladenglocke und das Mädchen verlässt den Laden wieder. In ihren Arm hält sie ein dunkelgrünes Buch, doch aus der Ferne kann er den Titel nicht erkennen.

Er wartet, bis sie ein gutes Stück weiter ist, bevor er sich mit langen Schritten wieder in Bewegung setzt.

Jetzt muss er nur einen kurzen Blick hinter die Glasscheibe werfen und sie dann weit-

w-

"Mal'ach?", flüster er. Seine Stimme ist erstaunt und brüchig zugleich. Seine Hand legt sich auf das kühle Glas des Schaufensters.

Er hat vergessen, warum er eigentlich hier ist.
Denn eigentlich müsste er das Mädchen weiter verfolgen.

Doch er ist erstarrt. Angewurzelt.
Kann nicht richtig atmen.
Und weiß nicht, ob er richtig sieht.

Wieder und wieder liest er den Titel, der ihm in weiß endgegenspringt.

Der Fall von Lucia Hoge.
Die wahre Geschichte eines Mädchens, die einst ein Engel sein sollte.

Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge. Der Fall von Lucia Hoge.

Sein ganzer Körper zittert, doch er selbst bemerkt es gar nicht.

'Wieso?'

Doch bevor er komplett in ein Ausbruch seiner Gefühle versinken kann, läuft er geradewegs in den Laden. Er schnappt sich eine der Ausgaben und stellt sich in eine Schlange von Menschen, die alle ihr Buch in den Händen halten.

Mal'achs Buch.

Er schluckt jegliche Gefühle runter. Glaubt, dass das alles ein schlechter Scherz ist.

Das kann nicht wahr sein.

Als er dran ist bezahlt er das Buch. Der Verküfer redet mit ihm, doch er hört ihn nicht richtig. Irgendwas von 'tolles Buch! Ich habe das sofort verschlungen.' faselt er. Sobald er das Geld überreicht hat dreht er sich um und will den Laden verlassen.

Doch -

Sein Mal'ach.

Ein Herz stolpern.
Und es setzt aus.
und es stolpert.

Es dauert dieses Mal länger, bis er sich wieder fangen kann.

"Luci." Seine Stimme ist überrascht. Wieso ist sie wieder hier? Sie hat doch gerade erst den Laden verlassen.

"Jeff.", haucht sie. Dann zieht sich ein Lächeln über ihre Lippen. "Was machst du denn hier?"

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