Schule im Jahr 2020, gymnasiale Oberstufe im Jahr 2020, Schüler im Jahr 2020, Lehrer im Jahr 2020 - fast alles kriege ich durch meine Kinder mit, aber ich stecke selbst nicht mehr mittendrin. Gleichzeitig wächst mein Anspruch an gute Recherche und sachlich richtige Gegebenheiten. Die Befragung hessischer Abiturienten der Gegenwart ergab nicht viel, denn die waren ja alle im Corona-Ausnahmezustand.

Was hab ich gemacht? Lehrpläne, Abiturabläufe, Prüfungsverordnungen, Unterrichtsbesuche, Benotungssysteme, Prüfungsthemen, blablabla ... gegoogelt. Und zwar für Schüler und Referendare. Was für Themen gibt es da eigentlich so in einem Sport-LK? Wieviel Wochenstunden hat man in welchem Fach in GK oder LK? Auf wieviel Stunden innerhalb der gesamten Oberstufe muss man pro Fach kommen? Wie funktioniert die Kurswahl? 

Dann habe ich Stundenpläne gebastelt. Wer von den drei Tänzern hat welche LK- und GK-Fächer? Wie kriege ich die Stundenpläne so zusammen, dass die immer richtig zusammen oder auseinanderlaufen?

Dann brauchte ich auch Stundenpläne für Antonia und Jenny. Wann ist das Training, wo kommen die Lerngruppen hin, wo ist überhaupt noch Platz für die Nachhilfe? Also habe ich angefangen, Stundenpläne zu malen. Freistunden einzubauen, Wege und Mensatage zu bedenken, ... Wenn Max zu Hause anruft, um Lasse zu bitten, dass er sein Fahrrad repariert - dann muss Lasse an dem Tag auch schon zu Hause sein! Wenn Antonia die Nachhilfe in zwei Freistunden legt, muss Max da auch welche haben.

Witzig war das Googeln danach, wann im Laufe eines Schülerlebens welcher Stoff in Mathe durchgenommen wird. Ich habe tatsächlich Musterklassenarbeiten von der ersten bis zur zwölften Klasse gesucht und gefunden und mir anhand dessen rausgefiltert, wann welche Rechenart eingeführt, wiederholt, vertieft, abgeändert, ... wird und dann entschieden, ab welcher Klasse bei welchem Stoff Max wieviel Schwierigkeiten haben würde. Dabei ist mir bewusst geworden, wieviel ich selbst automatisiert habe - oder aber vergessen.

Bei manchem wusste ich intuitiv "so geht's". Und bei anderen Sachen musste ich selbst erstmal nachschlagen, was das eigentlich ist. Oder wüsstest Du auf Anhieb, was Stochastik ist? Satz des Pythagoras, Satz des Thales, Zins und Zinseszins, Flächen- und Volumenberechnungen, Dreisatz, Sinus-Cosinus - Chinesisch??? Ich weiß, wie man im Supermarkt ausrechnet, welche Packung Quark günstiger ist als die andere, weil das bis vor ein paar Jahren nicht dabei stand. Das musste man sich schon selbst ausrechnen. Aber wie zum Henker war das nochmal mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung? In der Hinsicht ist mein Hirn ein dermaßen unbeschriebenes Blatt, dass ich den Verdacht habe, ich bin um dieses Thema drumrum umgezogen.

In den anderen Fächern fiel es mir leichter, mir Unterrichtsinhalte aus den Fingern zu saugen. Faust in einem Deutsch-LK ist obligatorisch. Und dass ein Drittel aller deutschen Sprichwörter und Zitate aus eben diesem Faust 1 stammen, ist auch hinreichend bekannt. Oder soll ich hier mal ein Kapitel machen mit Faustzitaten, die Du bestimmt niemals da einsortiert hättest?

Der Zusammenhang von Geschichte, Religion, Philosophie, Kunst und Literatur hat mir viel Spaß gemacht. Denn das hat mich sowohl in der Schule als auch später in Ausbildung und Uni sehr interessiert. Es hat die europäische und damit im Grunde die Geschichte der halben Welt geprägt.

Aber es gab in meiner Geschichte ja nicht nur Schule. Die Ausflüge zur Eissporthalle, zur Isenburg, zum Baumwipfelpfad, zu dem Kneipenkonzert, nach Schloss Burg und schließlich nach Prag - sehr vieles davon habe ich aus dem Gedächtnis eingebaut, weil ich schon da war. Und ich habe mich damals tatsächlich fast verlaufen im Prager Hauptbahnhof - zumal der da eine einzige Baustelle war ... Advent, Weihnachten, Silvester, Ostern. Max Geburtstag. Das Tanzen in den verschiedensten Zusammenhängen. Das Survival-Projekt. Zum einen oder anderen Thema wird sicher hier noch ein Kapitel kommen.

Einen großen Anteil hat das Thema "und was kommt danach?" Also habe ich - neben dem obligatorischen Folkwang - noch zwei weitere Unis rausgesucht und mich zu allen dreien schlau gemacht. Frankfurt, Essen und Köln - erreichbar, ich kenn mich ein bisschen aus. Nicht ganz so einfach war die Frage zu klären, wie diese Bewerbertage aussehen könnten, was die Bewerber da machen müssen, nach welchen Kriterien da ausgesiebt wird. Und wann diese ganze Bewerberei stattfindet. De facto geht das alles Anfang des Jahres über die Bühne. Für den Zeitraum hatte ich aber schon genug Stoff. Also hab ich das um einiges nach hinten geschubst, wo es noch Löcher zu stopfen galt. Ich wiederhole: weder die Studienschwerpunkte noch der Umgangston entsprechen (hoffentlich!) der Realität!

Die Zugfahrten waren da schon schwieriger. Aber da meine Leuchtturmanwärterin einen findigen Sohn hat, der es eine Zeit lang als Hobby praktiziert hat (oder noch immer praktiziert?), das Kursbuch der Deutschen Bahn zu durchdringen, war auch das nicht unmöglich. Cuxhaven hab ich noch selbst versucht (und, wie ich inzwischen erfahren habe, es sind wohl Fehler drin, obwohl ich wirklich nur die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn übernommen habe!) - für Prag durfte dann Johannes ran. Nochmal einen ganz herzlichen Dank an dieser Stelle in den Norden, das hat mir viel Zeit und Mühe erspart. 

Ich habe ja schon für "Daydream" viel recherchiert. Aber ich merke, das mein Anspruch gestiegen ist. Und das es nicht leicht ist, sachliche Informationen für die Vorstellungskraft der LeserInnen zu bieten, ohne dabei ins Dozieren und Belehren zu geraten.

Soweit für heute. Liebe Grüße!

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22.2.2021