12 - Darf ich? - Will ich?

Ich habe seit kurzem eine neue Followerin, weil ich ihre allererste Story so toll fand, dass wir unten drunter ins Gespräch gekommen sind. Irgendwie sind wir über die Klischees und die typischen FF-Charaktere beim Respekt gegenüber den realen Persönlichkeiten gelandet. Ich habe dann erzählt, wie ich das in meiner Story versucht habe zu handhaben.

"Naja, ein paar Heulebilder hab ich schon drin. Aber den Rest haben mir die Bilder von Jimin gegeben. Er hat bei der Tour 2018 bei dem legendären Cityfield-Konzert ganz am Schluss plötzlich nahezu einen Heulkrampf gekriegt. ... Naja - dann zoomt man halt ran, ist ja technisch alles möglich. Sein verzweifeltes Weinen war riesengroß auf allen Leinwänden zu sehen. Nur: ist es auch fair? Oder nicht vielmehr entwürdigend? ..."

Es gab noch mehr Situationen in meiner Story, wo ich letztendlich vor einem Bild zurück geschreckt bin, weil ich es respektlos gefunden hätte, es zu nutzen. Zum Beispiel gibt es Bilder von Adele mit ihrem kleinen Sohn. Sie ist mit dem süßen Zwerg wohl geflogen und dann mit dem Kind auf dem Arm am Flughafen von Papparazzi erwischt worden. So schnell konnte sie dem Kind gar nicht das Gesicht verdecken, wie die losgeknipst haben.  Wenn ich das richtig verstanden habe, ist sie dann so richtig hübsch ausgeflippt. Aber das Internet vergisst nichts. Die Bilder kursieren. Nach kurzem Nachdenken war ich nicht in der Lage, die zu benutzen. Ich hätte Angelo zeigen können. Aber ich habe es gelassen. Soll sich doch jeder ein eigenes Bild von dem kleinen Engel machen! 

Ein ganz anderes Thema und doch auch eine Frage des Respekts ist das Nutzen von Fotos ansich. Bis auf die Specksteinbilder und alles, worauf meine Hände zu sehen sind, z.B. die Bilder von den Abschiedsgeschenken für die Jungs, mal ein Bild aus dem Wald, der Warschauer Flughafen von oben, das Puzzle, ... habe ich alle Bilder aus dem Netz gefischt. Die gehören mir also alle nicht. Darf ich das? Auch wenn ich es irgendwo sage, dass die Bilder nicht mir gehören - darf ich das? Ich habe mich im Wesentlichen dafür entschieden, denn es war mir wichtig, die Szenen, die Gefühle lebendig werden zu lassen. Anfangs hatte ich auch Fan Art runtergeladen. Letztendlich habe ich das aber dann doch gelassen. Dass jemand kurz auf den Knopf drückt, das ist zwar auch Eigenleistung, aber nur eine kleine Bewegung im richtigen Moment.  In Fan Art hingegen stecken stundenlange Arbeit und hohes Können. Und also habe ich dann beschlossen, weiterhin Fotos zu klauen, aber in keinem meiner Bücher Fan Art zu zeigen.

Im Grunde fordert schon Fanfiction ansich, dass man sich mit der Frage auseinandersetzt: darf ich das? Darf ich existierende Menschen in meine Phantasien packen und dann mit denen machen, was ich will? Darf ich sie gay oder straight, fröhlich oder traurig, nett oder arschig, einsam oder total verliebt "machen"? Verrückte Frage - das ist das Wesen von Fanfiction! Und außerdem kommt diese Frage jetzt doch ein "bisschen" zu spät. Aber irgendwann hat sie sich mir gestellt, und ich bin sie seitdem nicht mehr los geworden. Ich habe das am Anfang nicht in Frage gestellt, weil ich selbst ja hier gelandet bin wegen der bekannten Namen. Aber inzwischen fühlt es sich so an, als ob ich sie missbraucht hätte, um Publikum zu fischen. Vielleicht übertreibe ich. Aber die nächsten Stories werden definitiv keine FF sondern mit erdachten Figuren und Namen bestückt sein.

Vielleicht kann ich mich einer Antwort so annähern: Wenn die Jungs jetzt tatsächlich plötzlich vor meiner Tür stehen würden, wenn sie mir sagen würden:"Wir haben deine Story über uns gelesen. Und wir hätten da mal ein paar Fragen ..." - könnte ich ihnen dann ruhig in die Augen schauen? Oder würde ich aus 1000 Gründen vor Scham im Boden versinken? Ich denke, Namjoon, Jimin und Yoongi könnte ich ruhigen Gewissens begegnen. Bei Tae würde ich wohl etwas unsicher nach Anzeichen im Gesicht suchen, ob er mir den attestierten "gesunden Egoismus" übel nimmt. Und bei Jin, Hoseok und Jeongguk würde ich vermutlich eigenhändig das Loch zum drin Versinken über mir zubuddeln. Weil ich denen für mein Empfinden nicht gerecht geworden bin ... Oder ihnen zu übel mitgespielt habe ... Oder - ach, überhaupt.

Letzten Endes steckt dahinter die Frage: die Fans haben die Jungs groß gemacht und sie durch ziemlich viel Scheiße hindurch getragen. Aber schulden die Jungs uns deswegen, dass wir mit ihnen "machen" dürfen, was wir wollen? Haben wir ein Recht darauf, pausenlosen Output, rastlose Arbeit, unermüdlichen Fanservice und Dauerherzchenregen zu fordern? Haben wir ein Recht darauf, sie zu sehen und zu berühren und ihnen an Flughäfen und in der Stadt aufzulauern und zu jammern, wenn sie mal zwei Wochen lang inaktiv sind, weil sie ganz ausnahmsweise doch mal Urlaub machen?

Die Gedanken sind frei, und Träume kann keiner kontrollieren. Aber ich glaube, dass wir uns zumindest damit auseinander setzen müssen, wo wir unsere moralische Messlatte für uns selbst anlegen. Wenigstens mal ernsthaft drüber nachdenken - das kann jede/r.

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13.7.2019

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