Kapitel 3
Erst als sein Vater gestorben war, verstand Maison, was um ein vielfaches schlimmer war als die regelmäßigen Schläge und Erniedrigungen, die er von ihm hatte einstecken müssen.
Es war ein Samstagmorgen, der erste Morgen nach dem Tod seines Vaters. Ein Waisenhaus hatte sich seiner angenommen, bis ihn jemand adoptierte. Jedoch war dies sehr unwahrscheinlich. Eltern wollten Kinder, das hieß, sie wollten Kleinkinder, Babys, die wenn möglich nicht älter als drei Jahre sein sollten.
Er aber war bereits zehn und dazu noch nicht sonderlich gut erzogen. Ein Trinkersohn eben. Als er also an diesem Samstagmorgen aufstand, völlig erschrocken darüber, nicht vom Gebrüll seines Vaters geweckt worden zu sein, war er allein.
Er ging hinunter in den Gemeinschaftsraum und war allein. Er aß, trank und saß allein.
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel als eine hochgewachsene, etwas breitere, dunkelhaarige Frau den Raum betrat. Sie zog eine Augenbraue hoch, als wolle sie sagen: "Noch so einer, na super."
Dabei wusste Maison absolut nicht was mit 'so einer' hätte gemeint sein können. Vielleicht meinte sie damit allgemein alle Kinder. Vielleicht auch nur alle Jungen. Und dennoch, Maison konnte sich denken, dass ihr Blick keiner fröhlich gestimmten Natur entsprang. Sie blickte ihn abwertend an, ganz so, wie er es bereits von seinem Vater gewohnt gewesen war.
Und obwohl dies nicht der freundlichste oder gar ein mitleidiger, mitfühlender Blick war, fühlte er sich wie zu Hause. Er kannte es nicht anders. Dies war für Maison der Blick, der ihm sagte: willkommen daheim.
Er fügte sich ein, ein in das Gefüge der Gesellschaft in welcher er nun lebte. Sogar zur Schule ging er später. Eines Tages, seine Klasse hatte gerade einen Test wiederbekommen, hörte er ein Mädchen rufen:
"Eine 2! Seht euch das an Leute! Meine Mum wird mega stolz auf mich sein, vielleicht kriege ich ja sogar etwas Geld!"
"Dann musst du aber davon Schokolade für mich kaufen, hab dir immerhin Nachhilfe gegeben!", scherzte ein weiteres Mädchen und ein Junge stimmte zu.
Dieses Mädchen freut sich mehr auf zu Hause als über die Zensur selbst, dachte Maison verwirrt.
Warum bloß?
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