Kapitel 31

Der Wald war dunkel, wie in meinen Träumen war alles schwarz.
Am Rande des Schattenwaldes warteten wir nicht lange, ließen den Sorgen keinen Platz aus unseren Herzen zu treten.
Ich schauderte leicht, bekam eine Gänsehaut, als mich die schrecklichen Erinnerungen, zu überschwemmen drohten. Sie schienen mich zu verspotten.
Dieser Wald war genau, wie der in meinem Traum, nur noch viel lebendiger.
Eigentlich wollte ich niemals so einen Wald betreten, aber wir mussten hier durch, hatten keine Wahl.
Also schluckte ich tapfer den Kloß in meinem Hals hinunter und versuchte mich möglichst weit in die Mitte der Gruppe zu drängen. Niemand schien es zu bemerken, aber jeder einzelne Schatten jagte mir Angst ein.
Der mosige, von Blättern bedeckte Waldboden schien im unheimlichen, blauen Nebel, der um unsere Füße wabberte, zu verschwinden.
Kein einzieges Geräusch war zu hören, es war totenstill.
Wie lange mussten wir hier durch gehen?
Gab es überhaupt ein Ende?

Langsam bewegten wir uns vorwärts und folgten dem Irrlicht.
Es leuchtete inzwischen in diesem starken, blauen Licht, das mich bei Elysias Auftreten immer blendete und ich fragte mich insgeheim, ob es irgendeine Verbindung zwischen den beiden gab.
Das wäre ja ein gutes Zeichen.
Nach einer Weile des Schweigens flüsterte Frederico mistrauisch durch die Stille.
'Und woher wissen wir, dass uns das Irrlicht nicht im Kreis herum führt? '
Ein durchaus verständlicher Vorwurf, der mir auch schon die ganze Zeit durch den Kopf geisterte, denn in allen Filmen mit solchen Wesen, die ich kannte, führten sie einen in die im Kreis, immer tiefer in ein gruseliges Gebiet hinein, aus dem man später nicht mehr herauskam oder zu einem schrecklichen Monster, welches einen dann auffraß.
'Das wissen wir nicht.', stellte Hannes fest und grummelte irgendetwas in sich hinein, doch Lindsay widersprach ihm und deutete nach vorne in die Dunkelheit.
'Doch, wir wissen es.',
Ich kniff suchend die Augen zusammen und reckte mich über die Köpfe der anderen hinweg, konnte aber nichts erkennen.
Den anderen ging es genau so.
'Ach... ihr habt ja so schlechte Sinne.', meinte Lindsay herablassend zu uns, was ich schlichtweg ignorierte.

Zunehmend klarer wurde beim Näherkommen eine dunkle Brücke, die man nur schwer erkennen konnte.
Sie erstreckte sich scheinbar mehrere hundert Meter lang über eine unglaublich tiefe Schlucht, die im Nebel des Nichts zu enden schien.
Das Irrlicht tanzte fröhlich über die Brücke und erleuchtete somit den schlechten Zustand der Brücke.
Sie sah aus, als würde sie jeden Moment zusammenfallen.
'Toll.', murmelte Yianschu leise, nachdem sie dies ebenfalls bemerkt hatte und ich konnte ihren verärgerten Tonfall ziemlich gut nachvollziehen, denn ich hatte wirklich keine Lust über diese Brücke zu gehen, nur um auf der Hälfte einzustürzen.

'Wer geht zu erst?', fragte Hamnets dunkle Stimme von irgendwo hinter mir und eine kurze Pause entstand, weil niemand der Erste sein wollte. 'Ich gehe. Ich bin am leichtesten.', stellte Yianschu entschlossen fest. 'Stimmt, weil wenn die Brücke einstürzt, dann sollten so viele wie möglich auf der anderen Seite sein.', meinte Lindsay, die ausnahmsweise mal Yanschus Meinung war,obgleich ich fand, dass ihre Intention äußerst fragwürdig war.
Eine unausgesprochene Frage lag in der Luft.
Was ist, wenn sie unter einem von uns einstürzt?
Trotzdem bannte sich Yianschu einen Weg zwischen uns durch, blieb stumm neben dem Irrlicht stehen und atmete tief Luft ein und aus, sodass sich ihre Brust im blauen Licht hob und senkte. Ich bewunderte sie wirklich für ihren Mut.
'Okay, kann los gehen.', war Yianschus leise Stimme von vorne zu vernehmen und schon setzte sie den ersten Fuß auf das knarzende Holz. Der zweite unsichere Schritt folgte unmittelbar danach.
Ich biss mir auf die Unterlippe und horchte auf ihre stetigen Schritte.
Viel zu sehen gab es nicht, denn das Irlicht wartete schon auf der anderen Seite der Brücke und Yianschu tippte blind über die Brücke.
Schließlich ertönte Yianschus schreiende Stimme, die hier nur leise zu vernehmen war, von der anderen Seite.
'Alles okay. Ich bin drüben.'

Wenn wir nach dem Gewicht gingen, war ich als nächstes dran, also ging ich langsam nach vorne und blickte vorsichtig über den Rand des Geländers, welches lediglich aus einem rauen Seil bestand.
Das hätte ich lieber nicht gemacht, denn es ging unheimlich steil hinab und man konnte den Boden von hier oben nicht mehr sehen, wobei das vielleicht auch an der unheimlichen Dunkelheit lag.
Ich warf einen letzten Blick zurück zu Luis, der aussah, als würde er mich am liebsten hinüber tragen, was durch die doppelte Menge an Gewicht natürlich Unsinn war, und trat dann auf die Brücke.
Ich machte einen Schritt vor den Anderen, bewegte mich vorsichtig über die wackeligen Bretter und tastete mich langsam voran.
Ehe ich mich versah, war ich schon in der Mitte angelangt, denn es war eigentlich gar nicht so schwer.
'Du wirst es niemals schaffen mich zu besiegen. Hau ab!', rief die dunkle Stimme aus meinem Traum überraschend wirklich über mich hinweg, kam aus dem Nichts und verschwand wieder im Nichts, hinterließ nur Bilder, in denen ich fiel und fiel und fiel.
Als ich hart auf den Boden aufschlug, zuckte ich schlagartig zusammen und mein Fuß rutschte zwischen die löchrigen, braunen Bretter.

Ich schrie auf, als sich eines der Bretter löste und unter mir nachgab.
Ich versuchte vergeblich mein Bein aus dem Loch zu schaffen, aber es war einfach zu dunkel.
Das gemeine Lachen der verräterischen Stimme drang in mein Unterbewusstsein und ich zitterte am ganzen Körper, weil mich die Bilder meiner Toten Freunde nicht mehr losließen.
'Nia?!', rief Luis mit bebender Angst in seiner Stimme, was mich äußerst besorgte, denn ich hatte noch nie Angst in seiner Stimme gehört, Angst um mich.
Die Brücke wackelte heftig von seiner Seite, als würde er versuchen hinüber zu kommen, um mir hochzuhelfen.
'Bleib da.', rief ich mit möglichst ruhiger Stimme, was mir nicht so recht gelang,doch wenn Luis zu mir kam, würde die Brücke ganz einstürzen.
'Es ist nur ein Brett eingebrochen.', rief ich noch einmal hinterher, denn die ganze Wahrheit über meine plötzliche Panik würde ich ihnen nicht verraten.
Sie würden denken, dass ich schwach und hilflos war und das Träume mich kontrollieren konnten.
Das dieser Gedanke wahr sein könnte, machte es nicht gerade besser.
Nebenbei machte es keinen Unterschied, was ich Ihnen jetzt zu rief, denn es zählte nur, dass ich über die Brücke kam.

Schnaufend setzte ich mich ein Stück aufrechter hin.
Ich brauchte erst einmal Licht, musste etwas sehen, musste Hoffnung finden, musste die Dunkelheit verdrängen.
Die Dunkelheit und diesen schrecklichen Mann.
Konzentriert tastete ich nach einem kleinen Stück meiner Macht und entfachte in meiner Hand ein leuchtend blaues Feuer.
Ich leuchtete auf mein Bein, dass inzwischen fast ganz in der kaputten Brücke steckte und zog es ganz vorsichtig Stück für Stück aus dem Loch.
Schließlich kniete ich mich hin und versuchte mein Gleichgewicht zu halten. 'Komm du hast es gleich geschafft.', flüsterte ich mir selbst aufmunternd zu. Dann ging ich die Brücke weiter entlang und leuchtete mit mit meinem eigenen Licht voraus. Als ich ankam, streckte Yianschu mir erleichtert ihre Arme entgegen.
Sie hatte die dunkelbraunen Augen weit geöffnet, schien auch Angst um mich gehabt zu haben.
Ich löschte mein Licht und umarmte sie fest.
'Alles gut. Wir haben es geschafft.', murmelte ich und schrie den Anderen zu, dass ich sicher auf der anderen Seite war.

Wir warteten eine ziemlich lange Weile und nach gefühlten Stunden entdeckten wir endlich Lindsay, die, bevor sie einen Schritt wagte, jedes Brett zweimal abtastete.
'Komm Lindsay! Wir müssen uns beeilen.', drängte ich sie ungeduldig.
'Nicht jeder hat ein Nachtlicht dabei.', fauchte sie verärgert und ich musste grinsen.
Nachdem sie es geschafft hatte, kamen auch schon Hamnet und direkt danach Luis an.
Ich fieberte jeden seiner Schritt mit, aber Luis war schnell und zugleich vorsichtig wie ein Panther, der durch die Nacht streifte.
Sobald er von der Brücke gestiegen war, stürzte er sich auf mich und drückte mich wie Yianschu zuvor fest an sich.
'Der hat vielleicht ein Spiel gemacht.', grummelte Lindsay abwertend und band sich einen strengen Zopf. Anschließend befestigte sie noch ein paar Klammern in ihren Haaren, so als ob es wichtig wäre, wie sie hier im stockdunklen aussah.
Währenddessen genoss ich Luis Wärme und löste mich nir widerwillig von ihm.
Wahrscheinlich hätte ich mich mindestens genauso aufgeregt, wenn ihm irgendetwas auf der Brücke passiert wäre.

'Geht es allen gut?', fragte Hannes fürsorglich, sobald er auf der anderen Seite ankam.
'Ja.', flüsterten wir alle im Einklang und warteten auf die restlichen Mitglieder.
Als Olli als Vorletzter an der Reihe war, herrschte Stille.
Hamnet hatte uns erzählt, dass sein Freund Höhenangst besaß und sehr aufgeregt sei. Er tat mir wirklich leid. Nach kurzer Zeit konnten wir Ollis breite Shiluette auf der Brücke ausmachen.
'Alles okay?', fragte Hamnet seinen besten Freund laut, ein unsicheres 'Mmh' schallte zurück und ich fragte mich erneut, ob Olli überhaupt sprechen konnte.
Zu mir hatte er zumindest noch nie etwas gesagt, war die ganze Reise über still gewesen.
Ich horchte gespannt in die Dunkelheit, um zumindest seine zaghaften Schritte zu vernehmen. Erst war es still, doch dann hörte man ein lautes Geräusch durch die Nacht schallen. Alle sahen erschrocken zur Brücke und ein leiser Wimmerton war zu hören.
'Olli? Was ist los?', fragte Hamnet besorgt und ich ließ sofort einen Lichtball aufglühen, um ihn in Ollis Richtung zu schicken.
Es erschien ein bleicher, erschreckter Junge, der sich verzweifelt an die übrig gebliebene Seite des Seiles klammerte, dass sich vorher an beiden Seiten über die Brücke gezogen hatte.
'Bleib ganz ruhig und schau nicht nach unten. Denk nur an dein Ziel.', sagte ich beruhigend zu ihm, sprach besonders laut, damit er mich hörte.
Olli biss die Zähne zusammen und klammerte sich noch fester an das linke Seil, dass sich nun gefährlich spannte.
'Komm zu uns.', sagte ich, wie zu einem verschüchterten, kleinen Hund und hoffte ihn damit nicht zu verärgern.
Ganz langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, folgte meiner Lichtquelle bis zum Ende und wurde dann von Hamnet von der Brücke gezogen.
Die Frage, wie wir wieder zurück nach Hause kamen, wollte ich mir aufgrund dieser äußerst zerstörten Brücke gar nicht erst stellen.
Kurz darauf knarzte das Holz gefährlich und die Holzbrücke schwankte hin und her, doch als Frederico mit einem stolzen Gesichstausdruck über das Holz balancierte und nach einer Weile als letzter von uns ankam, waren wir alle erleichtert.
'Ein Kinderspiel', sagte er gelassen und erntete von mir nur einen genervten Blick.
Er war der Typ, der später seinen Freunden erzählen würde, dass er es über eine halb zerfallene Brücke geschafft hatte und dabei kein bisschen Angst hatte.

'Wir müssen schnell weiter.', beschloss Hannes und ich stimmte ihm zu, denn uns lief die Zeit ab. Während wir dem Irrlicht folgten, schloss Olli zu mir auf.
'Danke.', sagte er mit einer rauchigen Stimme, die mich an einen bekannten Sänger erinnerte.
'Ich habe eigentlich gar nichts gemacht.', gab ich zu, freute mich aber sehr darüber, dass Olli nun doch mit mir sprach und war zufrieden, dass wir alle Heil angekommen waren.
'Doch, hast du.', murmelte er, bevor er wieder zu Hamnet zurückkehrte.
Die Sterne verschwanden vom Himmel, die dünne Sichel des Mondes war in der Morgenddmmerung nur schwach zu erkennen und irgendwo zwitscherte die erste Lerche.
'Müsste die Höhle nicht irgendwo hier sein?', fragte Yianschu ungeduldig und ließ ihren Blick zwischen den dunklen Bäumen umherschweifen. 'Lasst uns ein bisschen schneller gehen.', schlug Frederico vor und fing an hinter dem Irllicht herzujoggen, dassdaraufhin ebenfalls das Tempo verschnellerte.
Wir taten es ihm gleich und liefen eilig durch das Gehölz.
Da hatten sich Kalvins Sportstunden wohl gelohnt.

Nach einer Weile des stummen Laufens, erschien die Sonne am Himmel und schickte ihre Strahlen suchend zwischen den Bäumen umher.
'Mist', fluchte Lindsay und rannte noch schneller hinter dem Irrlicht her, dass nun leicht flackerte.
Bald würde es vollends verblassen.
Ich ignorierte meinen lauten Atem und rannte ebenfalls los.
Es konnte doch nicht sein, dass wir das Ziel so knapp verpassten.
In dem Versuch nach etwas Klarheit streckte ich meine Kraft so weit aus, wie es mir möglich war.
Zuerst waren da natürlich wir, rannten immmer schneller, sonst umgaben uns nur Bäume, wenige Vögel und andere Waldtiere.
Irgendwo in der Ferne vernahm ich auch Ausgeschlossene, aber das konnte auch gut außerhalb des Waldes sein, denn ich wusste nicht, wie weit mein Ortungssystem ging. Bisher hatte ich immer nur Ausgeschlossene oder Gewählte in der Nähe erspürt, doch nun versuchte ich mich ganz auf den Donnerkristal zu konzentrieren wie man es bei dem Irrlicht machen musste.
Danach dachte ich an Elysias, weil sie mir immer Kraft gab.

Da spürte ich es.
Ich saugte die goldenen Machtstrahlen, die von dem Donnerkristal ausgingen, in mir auf und war mir sicher, dass es nicht mehr weit war, dass dieses starke Artefakt sich in der Nähe befand.
Im gleichen Moment verblasste das Irrlicht von einem Moment auf den Anderen, wir blieben stehen, während die Sonne ihre warmen, hoffnungsvollen Strahlen über uns ausbreitete und Hannes stieß einen verärgerten Laut aus.
Luis klopfte ihm beruhigend auf die Schulter und auch Lindsay wirkte unglaublich enttäuscht, so wie sie da vollkommen außer Atem stand.
Dabei er war doch hier, sie spürten ihn nur nicht.
'Folgen wir doch einfach der Richtung des Irrlichts.', schlug ich vor, doch niemand reagierte, denn alle waren in ihre eigene Enttäuschung versunken und hielten meinen Versuch für sinnlos.
Nur Olli sah mich lächelnd und konzentriert an.
Dann nickte er bedacht und das gab mir genug Zustimmung, selbst, wenn er mir nur den Gefallen zurückgeben wollte.
Ich ging einfach weiter der Macht entgegen, denn Aufgeben war nicht die richtige Lösung, nicht so kurz vor dem Ziel.
'Nia?', fragte Yianschu unsicher und hinter mir hörte ich leise Schritte.
Die Anderen folgten mir mit hängenden Köpfen, hatten nichts einzuwenden und nichts zu verlieren.  Nur wenige Minuten später erreichte ich eine große Höhle, die aus schwarzem Marmor zu bestehen schien und ich wusste, dass es die Richtige war.

'Wir waren so knapp dran.', brachte Frederico überrascht hervor und lachte zum ersten mal auf dieser Reise.
Yianschu sprang vor Freude hoch und Lindsay legte mir stolz eine Hand auf die Schulter.
'Du hast daran geglaubt.'
Ich nahm es als Dank und lächelte sie an, wunderte mich darüber, dass alle am Ziel angekommen, so friedlich und gemeinschaftlich Zusammenhielten. 
Wie schnell sich ihre Launen ändern konnten.
'Danke Elysias.', murmelte ich ein weiteres Mal, doch es drang nur ihre glockenhelle, klare Stimme, geprägt von einem Hauch Belustigung durch mich hindurch.
'Das war doch deine Idee.'
Jetzt mussten wir nur noch den Kristall in der Hölle finden, ihn herausholen und dann ging es wieder nach Hause.
Ich lächelte glücklich in mich hinein.
Es war schon fast geschafft.

***

Ich kroch hinter Hamnet in die dunkle Höhle hinein.
Der Eingang war eng, man musste auf allen vieren kriechen und sich unter aus der Decke wachsenden Steinspitzen hinweg ducken.
Die Anderen folgten uns schnaufend, beschwerten sich teilweise über die Enge. Nach ein paar Metern gab es jedoch mehr Platz und die Höhle war nach einem anfallenden Stück, der in einen Kuppelförmigen Raum mündete, knapp zwei Meter hoch und mehrere Meter breit, sodass es für alle Platz gab.
Der Boden roch nach nasser, frischer Erde, doch das Gestein war kalt und rau, als ich mit der Hand über die Höhlewände fuhr.
Man konnte fast spüren, dass diese Höhle mehr als hubdert Jahre, vielleicht auch mehr als tausend Jahre, alt war.
Ich blinzelte ein paar Mal, damit meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen konnten.
Es gab drei verschiedene Gänge, die von dieser Haupthöhle abzweigten und sie wurden nach rechts immer größer, was bei mir die Frage aufwarf, ob diese Löcher durch Menschenhand geschaffen worden war.
Ich sah fragend zu den anderen Teammitgliedern, die ebenfalls mehr oder weniger interessiert den Raum begutachteten.
'Wir sollten uns aufteilen.', ergriff Lindsay zuerst das Wort, 'Am besten geht ihr Mädchen in den kleinsten Tunnel. Hamnet und Olli gehen durch die Mitte und Luis, Hannes und Ich
könnten dann im rechten Gang suchen.'
Wir erklärten uns einverstanden und bildteten aufgeregt die geforderten Grüppchen.
Wenn ein Team den Donnerkristal fand, mussten wir nur laut rufen und würden dann zurück zur Haupthöhle finden.

Yianschu ging geduckt voran und stieß sich Kopf an einem Steinauswuchs an der niedrigen Decke. 'Upsi.', stöhnte sie, kroch weiter und ich beugte mich extra noch ein Stück tiefer, um an der gleichen Stelle nicht auch an die Decke zu stoßen. 
Nach einer gefühlten Ewigkeit, konnte ich einen Lichtschimmer erkennen.
Endlich kamen wir zu einer größeren Höhle.
Yianschu hatte das Licht auch gesehen, den sie verschnellerte ihr Tempo, sodass ich nur noch schwer hinterher kam.
Als ich Yianschu fröhlich jauchzen hörte, war mir klar, dass sie ihn entdeckt hatte. Wir hatten es geschafft, hatten den Auftrag erfolgreich beendet.
Was konnte jetzt noch passieren?

'Kommt her!' , rief Yianschu in den rechten Tunnel, während Lindsay glücklich 'Wir haben ihn' jauchzte.  Ich hätte mir am liebsten die Ohren zugehalten, weil die Stimmen so laut durch die Höhle schallten, doch ich wollte diese Macht nicht loslassen, dieses wundervolle Artefakt in meinen Händen, die unter der Macht des Donnerkristalles zu vibrieren schienen.
Ich wollte mehr von diesem Gefühl und ich wollte den dunklen Kristall, der eher einem antrazitfarbenen Stein lediglich durchzogen von dünnen, goldenen Fäden ähnelte, nur für mich behalten.
Er wirkte genau wie die Brosche auf mich, wobei meine geheimnisvolle Brosche mich sogar noch stärker anzog, denn mit ihr verband ich Leben und Hoffnung.
Während ich die Schritte der anderen schon hören konnte, strich ich langsam über das glatte, leuchtende Gestein.
Der Donnerkristal hatte eine runde Form, die fast wie geschliffen aussah und ich bewunderte die perfekte Art, wie er sich in meine Hand schmiegte. Sein sanftes, warmes Licht strahlte durch die Höhle, als ich mit meinem Finger eine kleine Kerbe entdeckte. Ich formte das Muster nach.
Es war ein kleiner Blitz.
'Nia?', fragte Luis mich von der Seite und ich schaute verwirrt auf, als ich bemerkte, dass alle schon anwesend waren.
'Ich äh... habe eine Kerbe in der Form eines Blitzes gefunden.', stammelte ich zusammenhanglos und deutete auf den Stein.
Olli beugte sich näher zu mir und nickte. 'Das ist wirklich beeindruckend, wie so eine Form in den Stein kommt.' Seine Stimme zu hören wunderte mich noch immer, aber ich glaubte, dass er ein netter Freund sein würde.
'Lasst uns nach draußen gehen.', schlug Frederico vor und ging voraus, doch dabei.
Ich hielt den Donnerkristal fest und sicher in meinen Händen, fühlte mich verantwortlich für ihn und musste auf ihn aufpassen.

Endlich draußen atmete ich die frische Luft ein, die den, selbst im späten Herbst noch, dicht begrünten Wald umhüllte.
Ich nahm an, dass die Vegetation mit der Magie im Schattenwald zu tun hatte. Bei Tag sah er auf jeden Fall nicht halb so schlimm aus, wie Nachts, fast schien ihn eine friedliche Aura zu umhüllen.
Die Sonne stand noch nicht am höchsten Punkt, wir nicht so lange die Hölle durchsucht, wie ich gedacht hatte.
'Vielleicht sollten wir bis zur Nacht warten und uns dann vom Irrlicht auf dem kürzesten Weg zurückführen lassen. Die Brücke müssen wir wohl oder übel noch einmal überqueren.', schlug Hannes vor.
Lindsay nickte zustimmend und trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. 'Ja, ich denke, dass dies der sicherste Weg ist, selbst mit der zerfallenen Brücke.'
'Außerdem können wir uns noch etwas ausruhen. ', stimmte Yianschu zu und legte sich ins hohe Gras.
Ich reckte meinen Kopf ins Sonnenlicht und genoss ebenfalls die wohltuende Wärme.
'Wollen wir wieder Wachschichten halten bis es dunkel wird?' , fragte Hamnet uns und wir nickten  einstimmig.
Frederico verkniff sich offensichtlich einen Gähnen und lehnte sich an den Baum. Er hatte letzte Nacht nicht viel geschlafen.
'Ich kann anfangen.', verkündete ich und Luis setzte sich neben mich, und zeigte somit, dass wir zusammen Wache hielten.
'Nach 2 oder 3 Stunden können wir euch ablösen. ', sagte Hannes mit einem kurzen Blick auf Yianschu. Diese zeigte eine zustimmende Handbewegung, schob sich die Hände hinter den Kopf und schloss dann die Augen.

Also beschlossen wir noch den Rest der Aufteilung und diejenigen, die erst einmal Pause hatten, legten sich ein paar Meter weiter auf ihre Decken, um zu schlafen oder wenigstens zu dösen.
'Ist doch besser gelaufen, als wir dachten.', murmelte ich leise und lehnte mich gemütlich an Luis Schulter wie bei der letzten Wache. 'Ja.', sagte er lächelnd, 'Vielleicht werde ich dieses Gefühl mit dir auf einer Mission unterwegs zu sein, sogar vermissen.'
'Ich auch.', teilte ich ihm, ohne zu zögern, mit. Es war wirklich eine aufregende Reise gewesen und wenn ich mit Luis zusammen war, war ich immer glücklich.
Er war meine Gute-Laune-Maschine.

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