Kapitel 21
Im Bruchteil einer Sekunde begab ich mich in Angriffsposition.
Strom schien durch meinen Körper zu fließen, so angespannt war ich.
Meine Augen huschten durch das Museum, während ich mich langsam im Kreis drehte, um nach den Feinden zu suchen, die ich bisher nur äußerst deutlich in meiner Nähe spürte.
Die Zeit schien still zu stehen und gleichzeitig doch viel schneller abzulaufen als sonst.
Wo waren sie nur?
Ich knirschte mit den Zähnen und drängte die Angst, die sich bei der Erinnerung des letzten Kampfes in mir ausbreitete, eisern zurück.
Dann entdeckte ich einen Schatten hinter einem der großen Bücherregale.
Mit einer geschickten Bewegung zog ich meinen versteckten Dolch aus meinen Stiefeln und trat dann näher in ihre Richtung.
Es war eindeutig eine Frau, obgleich sie größtenteils von einem Umhang umhüllt war, der auch ihr Gesicht verdeckte.
Ich horchte tief in meine Kraft hinein und hinter mir spürte ich die Anwesenheit von anderen Ausgeschlossenen, natürlich war sie nicht alleine.
Es waren mindestens zehn oder sogar mehr.
Ich unterdrückte ein Fluchen, denn es gab keinen Ausweg mehr aus diesem Kampf, wenn wir heil hier raus kommen wollten.
Wir waren umzingelt.
Ich fokussierte wieder die erste Gestalt, die mich dem Anschein nach nicht bemerkt hatte, weil sie sich darauf konzentrierte, langsam und leise durch den schmalen Gang zu schleichen.
Ihr Blick hing starr an dem kleinen Glaskasten am Eingang, in dem die Schlüsselkette der Ausgeschlossenen lag und ich war mir sicher, dass sie, aus welchem Grund auch immer, das Schmuckstück stehlen wollte.
Nur genau vor dem Kasten spielten die kleinen Kinder immernoch ihr Klatschspiel.
Sie standen im Weg, waren ein Hindernis für die Feindin.
Die Frau war gefährlich nah an den Kindern und zog ein vollkommen schwarzes Kurzschwert hervor.
Sie würde die Kinder nicht verschonen.
Sofort verwandelte sich meine Angst in betäubende, rote Wut.
Wie konnte man nur so schrecklich sein und Kinder verletzen oder sogar töten? Sie war eine Maschine, ein Monster, wenn sie das tat, kein Mensch mit Gefühlen.
Niemand der anderen Schüler bemerkte die Frau und die von ihr ausgehende Gefahr, denn die nutzte die großen Schatten der Bücherregale als Deckung.
Keiner würde schnell genug sein, um die Kinder in Sicherheit zu bringen und für einen alarmierenden Schrei, war die Frau schon zu nah an ihnen dran, konnte zu schnell ausholen. Unauffällig, so als würde ich interessiert die Waffen beobachten, die neben mir an den Wänden hingen, näherte ich mich.
Meinen Dolch versteckte ich hinter mir, sodass man ihn von links aus nicht sehen konnte.
Es war vielleicht nicht die beste Waffe um gegen ein Kurzschwert zu kämpfen, aber besser als gar nichts und die Glaskästen mit den Waffen einzuschlagen, würde ein zu lautes Geräusch verursachen.
Die Frau im Umhang stand inzwischen schon neben den lachenden Kindern, die sie in keinsterweise bemerkten.
Sie holte aus, leise wie eine Katze.
Mit der ganzen Schnelligkeit, die ich aufbringen konnte, sprang ich vor und blockte den Schlag ab, der einem Kind auf brutalste Weise den Kopf abgeschlagen hätte.
So vieles geschah im gleichen Moment, eine Sekunde voller Kenntnis und Schrecken.
Die Kinder rissen erschrocken die Augen auf, als sie die beiden Waffen nur wenige Zentimeter über ihren Köpfen zusammenschlagen sahen und das laute Klirren hallte durch die Halle.
Die Mutter der Kinder schrie irgendwo hinter mir hysterisch auf und die anderen Schüler bemerkten uns, sogen erschrocken Luft ein.
Nur die junge Frau, die eher noch wie ein Mädchen aussah und ungefähr in meinem Alter war, lächelte spöttisch. Ihre großen, gefühllosen, grauen Augen jagten mir einen Schrecken ein, weil sie gefüllt waren von Kälte und Hass und Mordlust.
Dann war der Augenblick vorbei.
Das Mädchen hob ihre freie Hand und von allen Seiten strömten Ausgeschlossenen in den Saal.
Der Kampf begann.
Sie schlug erbarmungslos auf mich ein, war dabei so schnell, dass es nicht mehr menschlich sein konnte. Es war schwer für mich dieser Schnelligkeit entgegen zu kommen und alle ihre Angriffe zu blocken, sodass ich nur wenige Gelegenheiten hatte, auch Treffer zu landen, die sie alle mühelos abblockte.
Ich wurde von ihr nach hinten gedrängt, konnte nichts dagegen tun.
'Schwach!', fauchte sie mich mit einer rauen Stimme voller unerklärlichem Hass an, der sie Umgab wie schwarzer Teer.
Ich war zu konzentriert auf unseren Kampf, als dass ich hätte antworten können.
Schließlich stieß ich an einer kalten Wand an, war eingekesselt ohne einen Fluchtweg.
In diesem unaufmerksamen Moment schnitt mir ihr Kurzschwert über die Wange, nicht besonders tief, aber schmerzvoll.
Warmes Blut tropfte über mein Gesicht und lief meinen Hals herunter.
Einen weiterer Schlag platzierte sie quer über meine Brust, sodass ich aufschrie und auf die Knie fiel.
Ihre Schläge waren wie eine Folter. Das Mädchen lachte laut, schien sich an meinem Schmerz zu erfreuen und ich zweifelte nicht daran, dass sie mich jetzt töten würde, doch sie drehte sich wortlos um und ging zum Glaskasten, ihrem eigentlichen Ziel.
Ich hielt eine Hand auf meinen Oberkörper, auf dem sich mein Blut ausbreitete und meinen blauen Pullover dunkelrot färbte.
Weiße Schliere zogen sich über meine Augen, als ich ihr nachsah aber ich blinzelte sie weg und dachte fieberhaft nach, wie ich sie noch aufhalten könnte.
Hinter mir an der Wand waren die Waffen, ich musste sie herausholen. Mit der linken Hand zog ich mich an einem kleinen Regal hoch und unterdrückte ein Stöhnen, als ein kräftiges Zittern durch meinen Körper fuhr.
Ich musste mich heftig auf ein Regal stützen, um nicht wieder umzukippen.
Von irgendwoher kam ein lautes Scheppern, doch ich ignorierte es, war ganz in meiner Aufgabe versunken, weil sie das einziege war, das gerade zählte.
Entschlossen packte ich meinen Dolch fester und stieß ihn kraftvoll nach unten.
Glas zersplitterte mit einem kreischenden Schrei und Scherben flogen mir entgegen, schnitten in meine Haut.
Ich biss mir auf die Lippen bis ich Blut schmecken konnte, denn noch ein wenig mehr Blut machte auch keinen Unterschied und es lenkte mich kurzzeitig von den anderen Schmerzen ab.
Aus dem Kasten an der Wand entnahm ich ein glänzendes Schwert, das einen Rubin am Heft besaß und welches ich in einem anderen Moment sicher bewundert hätte.
Danach zielte ich mit meinem Dolch auf das Mädchen, dass inzwischen beim Glaskasten der Brosche stand. Die wird sie nicht bekommen. Niemals.
Ich kniff die Augen zusammen, um die Schliere auszublenden, und warf den Dolch nach hier.
Die Ausgeschlossene drehte sich bei dem zischenden Laut in der Luft um, doch sie reagierte zu spät und der Dolch bohrte sich tief in den Arm, in dem sie das Schwert hielt, welches nun klappernd auf den Boden fiel, ihr Körper zuckte zusammen und sie unterdrückte einen Schmerzenschrei.
Auch ich krümmte mich vor Schmerzen, während das neugewonnene Schwert in meine freie, rechte Hand wanderte, während das Mädchen sich sichtlich zusammen riss.
Sie zog meinen Dolch mit zusammengebissenen Zähnen ruckartig aus ihrem Arm und ließ in klappernd zu Boden fallen, bevor sie ihr eigenes Schwert aufhob und näher trat.
Ich holte schwungvoll aus, sie konnte nur knapp ausweichen und bekam einen Schnitt an der Schulter ab, weil ich jetzt nicht mehr nur kämpfte, um zu gewinnen, war ich stärker.
Ich kämpfte, um zu überleben.
Wieder folgte ein heftiger Schlagabtausch, der mir fast den Atem nahm und niemand schaffte es, den anderen zu verletzten.
Schließlich trat das Mädchen ein paar Schritte zurück und ein dunkles Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus.
'Lass doch das rumalbern.', hörte ich ihre kalte , herausfordernde Stimme.
Die Kapuze war von ihrem Kopf gerutscht, sodass ich ein kantiges Gesicht und kurze, schwarze Haare erkennen konnte, die in einem unordentlichen Pony kurz vor ihren grauen Augen endeten.
Ich atmete tief ein, versuchte mich zu erholen, und realisierte gleichzeitig meine Umgebung, die ich bis jetzt ausgeblendet hatte.
Die meisten Ausgeschlossenen lagen tot auf dem Boden und von uns waren auch Schüler gestorben, wobei ich keine Gesichter erkennen konnte.
'Du verlierst.', presste ich hervor und ihr Lächeln verschwand, als sie sich ebenfalls umsah.
'Vielleicht jetzt, doch wir sehen uns wieder. Sei froh, dass ich dich heute noch nicht umgebracht habe, das wäre auch viel zu einfach gewesen.', drohte sie zähneknirschend und warf etwas auf mich zu.
Ich versucht es ungeschickt aufzufangen, musste aber eine Hand an der Wand behalten, damit ich nicht nach vorne kippte, sodass der Gegenstand klirrend vor meinen Füßen auf den Boden fiel.
'Der Kreis schließt sich und die Zeit läuft ab. Das Böse wird erobern und siegen.' , sprach sie mit scheinbar abgelenkter Stimme ihre unheilvolle, kryptische Botschaft aus, bevor sie mit ihrer Schnelligkeit los rannte und aus dem Museum floh, ohne auf die anderen Ausgeschlossenen zu achten, wobei die übrig gebliebenen sich von ihren Gegner losrissen, um ihr wortlos zu folgen.
Viele Schüler wollten ihnen nachjagen, doch Mrs. Infusio hielt sie mit lauter Stimme zurück.
Ich warf das Schwert von mir weg und presste die Zähne aufeinander, weil der Schmerz drohte mich zu überwältigen, nachdem das Adrenalin aus meinem Körper wich. Dann stützte ich mich wieder am Regal ab, sank zu Boden und griff mit ausgestreckte Hand nach dem Gegenstand, den sie mir zugeworfen hatte.
Zu meiner Überraschung war es die Traumfängerbrosche und ich spürte die starke Kraft durch mich hindurch fließen, sobald ich meine Finger um sie schloss.
Verwirrt und geschwächt lehnte ich mich an die Wand.
Wieso sollte sie mir diese Brosche geben?
Und wieso waren sie hier gewesen?
Mit den Fingern fuhr ich über die filigranen, metallenen Stäbe und spürte nach der unglaublich starken Macht, die von ihr ausging.
Wenn ich sie anstarrte, schienen meine Verletzungen weniger zu schmerzen und ich fühlte mich stärker.
'Nia?!', hörte ich Jen's erschrockene Stimme irgendwo undefinierbar in meiner Nähe.
Ich blieckte nicht auf, steckte nur schnell und möglichst unauffällig die Traumfängerbrosche in meine Hosentasche.
Ich wusste, dass es falsch war, dass diese Brosche eine Bedeutung hatte und dass die anderen sie sehen mussten, um den Grund dieses Angriffes herauszufinden, aber ich wollte sie einfach nicht abgeben, konnte es nicht.
Sie gehörte nun mir.
'Oh nein.', hörte ich ein weiteres mal Jens gedämpfte Stimme, nun in meiner Nähe, vielleicht rechts von mir. Ich drückte bestimmt meine Schultern zurück, würde dieses Ma nicht umkippen, würde stark sein.
Also schaute ich auf.
Meine beste Freundin humpelte wegen einer tiefen Wunde an ihrem Oberschenkel, doch sonst schien es ihr gut zu gehen und die meiste Panik in ihrer Stimme kam von ihrer Sorge über mich.
Ich rieb mir die blutigen Hände an meiner Hose ab und wollte mich wirklich nicht im Spiegel ansehen, wenn ich so schrecklich aussah wie ich das annahm.
Mein dünner Pullover war teilweise zerissen und voller rubinrotem Blut. Trotzdem rappelte ich mich schwermütig auf, nahm wieder das niedrige Regal zur Hilfe.
Aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie Luis und meine Tante eilig auf mich zukamen.
Sie schienen beide nur oberflächliche Wunden zu haben, aber genau konnte ich das nicht beurteilen. Sofort stellte sich Luis neben mich und stützte mich,während seine blauen Augen bei meinem Anblick besorgt blitzten.
Er sah mich oft besorgt an, entweder ohne Emotionen oder besorgt und nie mit einem Gefühl dazwischen, fiel mir auf.
Doch zur Sorge hatten die Menschen um mich herum auch allen Grund.
Ich schien Gefahren praktisch anzuziehen wie ein Magnet.
Meine Tante wirkte entsetzt über meine große Wunde, denn sie blieb einen kurzen Moment sprachlos.
'Mir geht's gut.', murmelte ich, um sie zu beruhigen, worauf Luis neben mir leise schnaubte. War er... wütend? Mrs. Infusio schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf mein Schlüsselbein.
Ihre Kraft durchfloss mich wie eine kühle Regenschauer, die über einer ausgedörrten Wüste niederprasselt, sie heilte den größten Teil meiner Wunde und atmete dann ein wenig erschöpft auf.
'Kannst du so gehen?'
Ich bewegte mich mühsam nach vorne, stütze mich dabei auf Luis und nickte.
'Das geht schon.'
Das würde schon wieder werden.
Meine Tante schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und nickte Luis zu, dem sie wohl aufgetragen hatte, mir zu helfen.
Danach drehte sie sich um, damit sie auch die Anderen verletzten Schüler heilen konnte.
'Süße, du hast gegen Gesine Hanwen gekämpft. Was wollte sie hier?',
fragte Jen noch außer Atem und ich konnte nur mit den Schultern zucken, wusste, dass dieser Name irgendeine Bedeutung hatte, konnte ihn aber nicht zuordnen.
'Irgendetwas stehlen vielleicht'
Natürlich wusste ich, dass sie das getan hatte und ich würde auch noch etwas aus dem Museum stehlen, wenn ich mit der Brosche in meiner Tasche hier hinaus ging.
Mühsam wiederstand ich dem Drang bei diesem Gedanken in meine Hosentasche zu fassen und das mächtige Schmuckstück zu berühren, weil ich mir bewusst war, dass Jen und Luis mich aufmerksam beobachteten.
'Kommt, gehen wir.', schlug ich vor, wobei ich mir bewusst war, dass der Weg nicht all zu einfach war, denn meine Wunde war noch nicht ganz verheilt, ich war erschöpft und viele kleine Schrammen und Schnitte zierten mich.
Es würde ein wirklich langer Weg werden.
***
Ich stolperte unbeholfen in das Krankenzimmer.
Die weißen Möbel und Wände waren mir bereits sehr bekannt, viel zu bekannt.
Es könnte zu meiner zweiten Wohnung werden.
Luis schloss leise hinter mir die Tür und ich drehte mich zu ihm um. Gerade wollte ich mich bedanken, als er mich plötzlich fest an den Schultern packte.
'Was denkst du eigentlich, wer du bist?'
Ich erschrak über die Wut in seiner Stimme und blinzelte verwirrt.
'Du bist nicht unsterblich, falls du das denkst. Du kannst in jedem Kampf sterben und wenn du das nicht willst, solltest du vielleicht nicht immer in der ersten Reihe kämpfen und beim leisesten Anzeichen von Gewalt losspringen.'
Er schüttelte mich heftig, sodass meine Wunde schmerzten und brannte, doch ich unterdrückte ein aufkommendes Ächzen, auch wenn ich seine Anschuldigungen wenig nachbollziehbar fand.
Er ließ mich wieder los und schüttelte widerwillig den Kopf, als er seine Gedanken, wohl um ihnen Nachdruck zu verleihen, noch einmal wiederholte, nur in anderen Worten.
'Du kannst nicht immer sofort in den Kampf stürzen und so verletzt wieder herauskommen.
Irgendwann wird der Tod dich einfach holen und du kommst gar nicht mehr heraus.
Willst du das etwa?'
Schnell schüttelte ich den Kopf.
'Natürlich nicht, aber die Kinder wären tod, wenn ich den Angriff nicht abgewehrt hätte.'
Luis schnaubte laut, schien dieses Argument nicht gelten zu lassen.
'Du hättest laut rufen können, dass Ausgeschlossene im Museum sind, nachdem du sie bemerkt hattest.
Es gibt einige Leute, die weitaus erfahrener im Kämpfen sind als du es bist. Sie hätten die Kinder retten und gegen Gesine Hanwen gewinnen können.
Aber nein, du musst dir ja die Anführerin der Gruppe aussuchen.' Ich schluckte hörbar.
Natürlich hatte er Recht, weil die Lehrer, er und auch die meisten Schüler diesen Kampf wohl gewonnen hätten, aber es war alles so schnell passiert und ich hatte gedacht, dass die Zeit für einen anderen Gewählten nicht mehr reichen würde, weil ich in der Nähe von den kleinen Kindern stand.
'Aber ich...', versuchte ich meine Tat noch ein letztes Mal zu verteidigen, doch Luis schnitt mir einfach das Wort ab.
'Es geht nicht immer nur um dich, Nia. Viele von uns sind gestorben, viele haben ihre Freunde verloren, und dich hätten wir auch verlieren können.
Es gibt auch noch andere Leute, denen es weh tut dich verletzt zu sehen und die es nicht aushalten könnten, wenn du sterben würdest. Also pass, um Gottes Willen, auf dich auf!'
Seine Stimme wurde zunehmend lauter, bis er fast schrie.
Dann ging er aus dem Raum und schlug die Tür laut knallend hinter sich zu, sodass der Blumentopf der Pflanze am anderen Ende des Raumes gefährlich wackelte.
Überrumpelt ließ ich mich auf das wieße Bett sinken, wollte weinen, wollte schreien, doch alles ging in der einsamen Stille unter und blieb tief in mir verborgen.
Ich war unvorsichtig gewesen, hatte immer nur an den Kampf gedacht und nicht an dessen Folgen, obgleich ich keinen dieser schrceklichen Kämpfe geplant hatte, obgleich ich von jedem einzelnen überrascht worden war.
Ich hatte versucht, das Richtige zu tun, aber vielleicht war ich dafür einfach nicht stark genug.
Meine Beine trugen mich in das kleine Bad und ich blickte mit angehaltenem Atem in den Spiegel.
Ich war das. War das wirklich ich?
Dieses Gesicht war mir so bekannt wie kein anderes und schien doch so anders zu sein, so merkwürdig fremd.
Ich hatte mich verändert, so viel Neues hatte mich verformt, meine Gesichtszüge verhärtet und das freudige, sorglose Glitzern in meinen Augen verschwinden lassen.
Ich wirkte älter, erfahrener, stärker, aber auch wie eine Maske,eine Maske, die Verletztheit verbarg.
Ich ließ mir ein warmes Bad ein und mischte es mit möglichst viel Schaum auf, machte dafür eine die ganzen Proben des Shampoos leer, die man hier aufgestellt hatte.
Danach zog ich mich aus, öffnete meinen Zopf und ließ mich ins dampfend heiße Wasser gleiten, tauchte vollständig unter.
Das Wasser umhüllte mich ganz, entführte mich in eine andere Welt. Eine Welt ohne Sorge und Albträume und Kämpfe und Gegner.
Da waren einfach nur beruhigende Leere und einldende Wärme.
Ich öffnete die Augen und das trübe Wasser verschleierte meinen Blick, wobei ich genau die kleinen Luftblasen aufsteigen sehen konnte, raus aus dieser Isolation des Wassers.
Dann riss ich meinen Mund auf und ließ einen lautlosen Schrei entkommen, freute mich, dass ihn keiner hörte und dass er doch da war, stumm im Wasser verhallte.
Länger konnte ich die Luft nicht anhalten, also durchstieß ich die Wasserschicht, holte rasselnd Luft und rieb mir das Wasser aus den Augen.
Dann ließ ich mich treiben, beruhigte meinen Atem und genoss die schläfrig Wärme des Wassers, den Schaum, der fröhlich hin und her schwankte und das eigenartige Gefühl der Sicherheit in dieser Wanne.
***
Manchmal musste man neu erwachen, um sich aus einer anderen Perspektive zu sehen, seine Fehler und Schwächen zu verstehen.
Tief in meine Decke eingewickelt lag ich auf dem Krankenbett.
Die leise, melancholische Musik in meinen Ohren, die aus meinen schwarzen Kopfhörern kamen, spendete mir Trost.
Nicht das ich diesen Trost verdient hätte, weil ich diejenigen, die mir am Herzen lagen, enttäuscht hatte.
Ein Leben war etwas wertvolles und ich war wirklich schlimm verletzt gewesen, hatte es bis eben gar nicht realisiert.
In meiner Hand lag die Traumfängerbrosche, leuchtete in einem angenehmen, weißen Licht. Ich strich immer wieder über das kühle Metall, weil es mich beruhigte. Ich fragte mich in letzter Zeit oft, wie ich ohne mein neues Leben geworden wäre, ob ich mich überhaupt noch verändert hätte, ließ meine Gedanken draum kreisen, und stellte mir andere Realitäten vor, bis es mich langweilte.
Fest schloss ich meine Faust um die Brosche, meine Brosche.
Gesine Hanwen hatte heute gesagt, dass die Zeit abliefe.
Ich versuchte mich an die genaue Wortwahl zu erinnern, aber mein Kopf war augenblicklich wie leergefegt und es viel mir nicht mehr ein. Dabie hatte ich es doch eben noch gewusst...
Nachdenklich blickte ich in meine wieder geöffnete Handfläche auf das glühende Schmuckstück.
Die Brosche zog an mir, doch ich hielt mich zurück, verfiel nicht diesem Drang.
Sie hatte etwas von einem Kreis gesagt, der sich schloss.
Was für ein Kreis?
Das Brummen meines Handys auf dem Nachttisch ließ mich zusammenzucken.
Ich war so schreckhaft geworden.
Behutsam legte ich die Brosche unter die weiße, weiche Bettdecke neben mich, sodass sie niemand auf den ersten Blick erkennen konnte.
Anschließend schnappte ich mir mein Handy und schaute auf den aufleichtenden Display.
Eine Nachricht von Marc.
Ich lächelte traurig, vermisste ihn wirklich.
Er kannte mich schon als ich noch nichts von dieser Welt wusste, war immer bei mir gewesen.
"Hey, geht's dir gut?" schrieb er.
"Ja, ganz gut. Dir?", schrieb ich zurück, wollte ihm nicht von den Ereignissen des heutigen Tages erzählen, weil sie noch zu greifbar waren.
Ich setzte mich in den Schneidersitz, wobei mein Oberkörper bei der Bewegung leicht schmerzte und lehnte meinen Rücken an die Wand, um es mir gemütlich zu machen.
Das viel zu sauber riechende Bettlacken schob ich nur über meine Knie.
"Ich vermisse dich. Hast du Lust, ein wenig zu telefonieren?"
"Klar", schrieb ich nur und binnen weniger Sekunden piepte mein Handy, wegen eines eingehenden Anrufs.
Ich drückte räusperte mich, um meine Stimme normal klingen zu lassen und wischte entschlossen über mein Handy, bevor ich es an mein Ohr legte.
'Hey, Marc. Bitte erzähl mir alles, was dir so passiert ist. Ich brauche wirklich ein wenig Ablenkung, es ist gerade so... stressig hier.'
Er wirkte kurz beunruhigt, fing aber an zu erzählen.
'Okaay. Also ich glaube, da kannst du lange zuhören, wenn du alles hören willst.'
Ich lächelte in mich hinein.
'Kein Problem, ich habe Zeit.
Und Marc, ich hab dich sehr vermisst.'
Er stockte kurz, schien nachzudenken oder sich zu freuen und fing dann an, zu reden.
Seine vertraute, angenehme Stimme entspannte mich schon nach den ersten Sätzen.
Ich hörte aufmerksam zu, lachte hier und da oder gab einen kurzen Kommentar zu seiner Erzählung ab, wobei meine Gedanken die ganze Zeit dem Gespräch folgten und sich somit nicht in meine eigenen Probleme reinsteigerten.
Früher waren solche Anrufe alltäglich gewesen, aber inzwischen waren sie eine seltene Besonderheit und ich wusste sie, erst jetzt zu schätzen.
So war das doch eigentlich immer mit den Dingen, die etwas bedeuteten, man bemerkte sie erst, wenn es zu spät war.
***
'Wie kann es sein, dass uns so viele Angriffe hintereinander heimsuchen? Vorher gab es das schon lange nicht mehr.', sagte Mrs. Smuttery laut.
Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und blinzelte jeden im Raum wütend an.
'Nun ja, sie haben unsere Schutzhülle zerstört', erklärte Kalvin bedrückt, 'und wir konnten sie nicht wieder aufbauen, sodass sie sich jetzt besonders stark und überlegen fühlen. Vielleicht haben Sie auch die ganze Zeit darauf hingearbeitet.
Mrs. Smuttery schüttelte stur den Kopf und zeigte dann anklagend mit dem Finger auf mich.
'Seit sie da ist, ist es schlimmer geworden.'
Meine Tante riss empört die Augen auf und trat drohend einen Schritt vor.
'Jana, du kannst doch nicht einfach Nia die Schuld in die Schuhe schieben, nur weil du sie uns nicht aufladen willst. Sie kann noch nicht mal ihre Kraft nutzen und sie ist noch ein Kind.'
Mrs. Infusio schaute mich kurz entschuldigend an, doch ich zuckte nur mit den Schultern und entfernte weiter unsichtbare Flusen von meinem Cardigan.
Diese Versammlung hier war mir äußerst unangenehm und sie konnten ruhig auch noch wissen, dass ich kläglich bei meinem Krafttraining versagte.
'Ich versuche nur den Fakten ins Auge zu sehen. Wenn sie eine Gefahr darstellt, dann...'
Jetzt wurde meine Tante richtig sauer und ihre Wangen glühten rot.
'Hörst du dir eigentlich selber zu?
Du suchst dir einfach einen Schuldigen, weil du nicht weiter weißt, anstatt etwas zu tun, irgendetwas zu versuchen.
Und nein, ich will nicht wissen, was du gerade sagen wolltest und was du mit ihr machen willst, niemand will das, also behalte es für dich.'
Beide blickten sich wütend in die Augen und niemand wollte nachgeben, während Kalvin, der ebenfalls beunruhigt wirkte, sich aber nicht auf eine der beiden Seiten stürzen wollte, mir entschuldigend zu lächelte.
Mr. Wieland neben ihm schien wieder einmal in einer anderen Welt verschwunden zu sein.
Ich würde wirklich gerne wissen, was immer in seinem Gehirn vorging und was er in seinen Zukunftsvisionen sah.
'Ja, ich weiß', gab Mrs. Smuttery schließlich zu, 'aber die Situation ist so aussichtslos.'
Ich hörte Trauer und Enttäuschung über sich selbst in ihrer Stimme mitschwingen.
Sonst gab sie nie so viele Gefühle preis.
Es lastete mit der Sicherheit dieser Schule so viel auf ihren Schultern und zum ersten Mal tat sie mir wirklich leid.
'Es ist okay. Wir werden das schaffen.', versicherte ihr meine Tante und legte Mrs. Smuttery eine Hand auf die Schulter.
Die beiden schienen sehr gute Freundinnen zu sein und ich fühlte mich noch unwohler in dieser Runde, bis Mr. Wieland schließlich aus seiner Erstarrung erwachte.
Er blinzelte verwirrt mit seinen rauchigen, blaugrauen Augen und richtete sie dann auf einen unbestimmbaren Punkt hinter mir an der Wand,um sich zu konzentrieren.
'Was wollte Gesine Hanwen im Museum?', fragte er aus dem Kontext gerissen.
Kalvin legte den Kopf schräg.
'Soweit wir wissen, stahl sie nur die Schlüsselkette der Ausgeschlossenen und die Traumfängerbrosche, also zwei Glücksbringer oder Wahrzeichen, wie man will. '
Ich senkte betreten den Kopf.
Das stimmte nicht ganz, doch Kalvin bemerkte mich glücklicherweise nicht.
'Diese Gegenstände braucht sie eigentlich nicht. Sie haben keine besondere Kraft.
Es ist eher so wie eine Machtdemonstration.'
Ich runzelte die Stirn und dachte über den gestrigen Tag nach.
Ja, sie hatte ganz klar ihre Macht bewiesen.
Doch zu welchem Zweck war diese Demonstration gedacht?
'Sie versuchen uns Angst einzujagen, indem sie diese Angriffe auf uns planen.
Sie zeigen, dass sie die Macht haben und sie auch ausweiten können.', stellte meine Tante sntschieden fest und Mr. Wieland nickte zustimmend. 'Ja, damit könntest du Recht haben, Vieles ist aber ungeklärt.
Wieso greifen sie uns nicht einfach jetzt in der Schule an?
Wir haben keine Schutzhülle und wenn sie mit all ihren Truppen kommen würden, könnten sie unsere Schule vernichten, sie auslöschen.' Ein kalter Schauder lief mir über den Rücken und ich hörte Gesines Worte durch meinen Kopf schallen.
'Der Kreis schließt sich und die Zeit läuft ab. Das Böse wird erobern und siegen. '
Das Echo schien durch den Raum zu schweben und ich blinzelte in das sanfte Sonnenlicht, das gerade durch das Fenster strahlte und einen Kontrast zu ihren Worten bildete.
'Natürlich. ', entfuhr es mir und der ganze Rat blickte mich an, als wäre ich eine Verrückte.
'Sie greifen uns immer wieder an, ohne das wirklich etwas geschieht. Ihnen wäre es egal, wenn wir alle sterben, aber das ist nicht ihr Ziel.
Ihr Ziel ist die Ablenkung und wenn sie verlieren, verschwinden sie.' Meine Tante, Mrs. Smuttery und Kalvin wirkten immer noch reichlich verwirrt, doch Mr. Wieland schien meine wirren Worte zu verstehen, denn er schaute mich jedoch anerkennend an und lächelte, um mich aufzumuntern, weiterzureden. 'Sie arbeiten an einem Ziel und vereinen ihre Kraft für einen großen Moment. Unsere Zeit läuft ab, es ist schon fast alles vorbereitet und sie versuchen uns davon abzulenken.', fasste ich meine Gedanken klarer zusammen und fügte dann leise murmelnd hinzu, 'Sie müssen sehr siegessicher sein, bei dem was sie tuhen.'
Meine Tante schob unruhig die Brille auf der Nase ein Stück höher.
'Es kommt schneller, als wir dachten.', sagte sie bedacht und nickte Mrs Smuttery zu.
'Ich muss unsere Schutzvorvereitungen treffen.', stellte sie daraufhin fest und rauschte ohne ein Abschiedswort aus dem Raum.
Jetzt war ich von ihren Reaktionen verunsichert, doch meine Tante drückte mich fest.
'Wir müssen uns jetzt erstmal beraten, wie schlimm die Situation einzuschätzen ist, es gab schon Vermutungen darüber.'
Dies war richtige Zeitpunkt, um den Raum zu verlassen, ich drehte mich mechanisch um und ging aus der Tür.
Erst als ich die Treppe hinunterstieg, wurde mir richtig bewusst, was ich da eben erklärt hatte und Ungewissheit und Angst durchfuhren mich.
Was sollte ich jetzt überhaupt tun? Unentschlossen blickte ich erst nach rechts und dann nach links und kaute dabei auf meiner Unterlippe.
Das Einziege, was mir in diesem Moment einfiel, war Trainieren. Vielleicht konnte ich ja Luis fragen, ob er mir half.
Er war der beste Kämpfer und ich musste eine der besten Kämpfer, wenn ich das Bevorstehende überleben wollte.
Die kostbare Zeit schien wirklich abzulaufen und ich wollte sie so gut wie möglich verbringen.
Zunächst ging es also in die Sporthalle.
***
Ich sprang leichtfüßig über den Barren und rutschte durch eine kleine Lücke, die eine an der Wand befestigte Matte bildete.
Dann rannte ich zur anderen Hälfte der Halle, während einfache Holzpfeile hinter mir her schossen, mich verfolgten.
Meine Füße erzeugten beim Laufen laute Geräusche in der Halle.
Geübt zog ich meine Waffe, ein Kurzschwert und wich gleichzeitig einem Pfeil aus, der mich nur knapp verfehlte.
Ich durchschnitt im Laufen den Oberkörper der ersten Stehpuppe. Der zweiten steckte ich meine Waffe tief ins Herz, zog sie erbarmungslos wieder raus und war äußerst froh, dass es nur eine Puppe war.
Der dritten Puppe schlug ich ohne zu Zögern den Kopf ab.
Danach steckte ich meine Waffe wieder an meinen Gürtel und schlitterte hinter einen großen Kasten, weil der Pfeilhagel wieder einsetzte.
Meine Hand zog schon nach dem einzigen Pfeil, der ebenfalls im Gürtel meines Kampfanzugs steckte, bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte, einfach weil diese Bewegung etwas vollkommen natürliches war. Anschließend schnappte ich mir den großen Bogen auf meinem Rücken und lugte über den Kasten hinweg. Ein Pfeil schoss auf mich zu und schlagartig duckte ich mich wieder, der Pfeil nur knapp an mir vorbei sauste.
Das war zu vorhersehbar gewesen.
In sekundenschnelle stand ich seitlich neben dem Kasten auf und zielte.
Der Pfeil flog zieschend nach vorne und traf genau sein Ziel.
Das Herz der vierten und letzten Puppe.
Siegessicher rieß ich die Arme hoch und lächelte zufrieden über meine Leistung.
Mein Atem ging schnell, obgleich ich den kleinen Parcour, denn Luis und ich aufgebaut hatten, schon ziemlich gut beherrschte.
Verwundert drehte ich mich um
Wo war Luis eigentlich?
Ich war mir sicher, dass er eben noch neben der vierten Puppe gestanden hatte, zumal er ja die Pfeile nach mir geschossen hatte.
Mit zusammengekniffenen Augen blickte ich zwischen den Matten und Kästen umher, als plötzlich ein Schatten auf mich zu schoss.
Bevor ich ihn richtig erkennen konnte, hatte Luis mich umgeworfen und wir rollten uns eine Weile über den Boden bis er mich eisern hinunter drückte.
Seine Hände hielten meine Arme neben meinem Kopf fest und ich konnte mich aufgrund seiner unmenschlichen Stärke keinen Zentimeter mehr bewegen.
Mein Herz schlug wie bei allen seinen Berührungen schneller, selbst wenn ich versuchte, es zu unterdrücken.
Er ließ seine blauen Augen so intensiv, so intim, über mich fahren, dass sich meine Wangen verräterisch rot färbten, denn ich fühlte mich unglaublich entblößt.
Sein schwarzes Haar fiel ihm ins Gesicht, als er den Kopf senkte und ich musste zugeben, dass das unglaublich gut aussah.
mir auf die Lippen beißen, um ihn jetzt nicht zu küssen.
'Du musst nicht nur gut kämpfen können. Ohne Instinkt und Konzentration bist du verloren und die brauchst du auch noch, wenn du denkst, dass der Kampf vorbei ist.', sagte er sachlich, lächelte dabei aber anzüglich, was mich noch mehr verwirrte.
Konzentration, Nia!
Geschickt drückte ich mein Bein gegen seine Knie, sodass diese leicht, wenn auch von ihm kontrolliert, nachgaben.
Erleichtert aus der unangenehmen Position herauszukommen, rollte ich mich weg.
Dann drehte ich mich jedoch aufgrund eines leichtsinnigen Gedankens, der mich übrrraschenderweise einholte, schnell wieder zurück und drückte den verblüfften Luis unter mich.
'Jaja, die Konzentration.', murmelte ich viel gelassener, als es wirklich in meinem Inneren aussah und lachte leise.
Verunsichert, hörte ich damit auf, als Luis ebenfalls leise lachte.
Er hatte irgebdwas vor, denn in dieser Position würde er nie lachen.
Ich drückte ihn stärker nach unten und versuchte mir nichts anmerken zu lassen, denn Maskerade war alles in einem echten Kampf.
'Nun ja', setzte Luis an, machte extra eine Pause, um die Spannung zu steigern, in der er provokant erst meine Augen und dann meine Lippen anstarrte, als würde er mich gleich küssen.
Ich zuclte zurück, ein Moment der Ablenkung.
Schon hatte er einen versteckten Dolch an meine Kehle gelegt.
'Nicht immer der, der unten liegt, verliert.'
Er zwinkerte mir zu und ich inorierte die Zweideutugkeit in seinen Worten, war erleichtert, dass es nur ein blöder Trick gewesen war.
Schnell stand ich auf, damit auch Luis es mir nachtun konnte.
'Ich muss zugeben, dass war überraschend.', sagte ich distanzierz und kannte somit meine Niederlage an. Er schaute mich mit schiefgelegendem Kopf an, als eine laute, äußerst belustigte Stimme vom Türrahmen her erklang.
'Nehmt euch ein Zimmer.'
Luis drehte sich langsam von mir weg und stieß ein belustigtes Schnauben aus, während ich einfach nur rot wie eine Tomate anlief. Heute war wirklich nicht mein Tag.
Hannes kam seelenruhig in die Sporthalle geschlendert, blieb neben seinem besten Freund stehen und Luis schlug im spielerisch vor die Brust. 'Nur kein Neid. Nia kann dich eben beim Kampf ziemlich gut ersetzen. '
Hannes schubste ihn spielerisch zurück.
Solange die beiden sich irgendetwas zumurmelten, versuchte ich wieder einen neutralen Ausdruck auf mein Gesicht zu zaubern und wandte mich ab, um die Pfeile wieder aufzusammeln und in den Köcher zu stecken.
Den letzten zog ich leiht verärgert aus der Stehpuppe, weil Luis jetzt seine ganze Aufmerksamkeit seinem Freund zugewandt hatte und mich keines Blickes mehr würdigte.
Sie behandelten mich wie Luft und dachten gar nicht daran, mir beim Aufräumen zu helfen.
Die Puppe wackelte unruhig hin und her und es sah so aus, als würde sie zittern.
Ich schob den Pfeil in den ledernen Köcher und versuchte meine Gedanken zu ordnen.
Inzwischen war es wirklich schon gruselig, wie sehr mich Luis beeinflussen konnte, wie sehr mein Körper ihm ohne mein Einverstöndnis verfiel und wie selbst meine Gedanken manchmal um ihn kreisten.
Trotzdem wollte ich mir nicht eingestehen, dass da nicht vielleicht doch ein klein bisschen mehr als Feeundschaft zwischen uns war.
Was würde das auch bringen?
Verletztheit, Trauer und Schwäche wahrscheinlich.
Wir waren zu unterschiedliche Menschen mit zu unterschiedlichen Vorstellungen von Beziehungen.
Nur leider war ich so dumm, immer wieder auf seine veeführerischen Blicke reinzufallen und über solche Dinge nachzudenken, obgleich ich doch wusste, dass er das nur aus Spaß machte.
Bedacht legte ich den vollen Köcher neben den Bogen und entriegelte mit einem Klicken den Kasten.
Hannes und Luis plauderte noch immer, als hätten sie sich Jahre lang nicht gesehen.
Ich schob den Kasten viel zu schnell in die vorgesehene Nische, sodass er mit einem lauten Knall gegen die Wand prallte.
Ups.
'Alles okay?', hörte ich Luis fragende Stimme, der wohl gerade festgestellt hatte, dass ich auch noch hier war und brav alleine aufräumte.
'Ja ja.', antwortete ich dumpf und ärgerte mich ein wenig über meine unvorhersehbaren Stimmungsschwankungen.
Um mich abzulenken, schob ich die Stehpuppen weg, die nun ein paar Verletzungen mehr hatten und Luis nickte mir abwesend zu.
'Gut. Dann... bis morgen?'
Ich hob genervt die Hand und schaute ihn nicht noch einmal an.
Also Einfühlsam, Hilfsbereit oder Taktvoll waren auf jeden Fall nicht die besten Wörter um ihn zu beschreiben.
'Bis morgen.'
Schon sah ich ihn hinausgehen.
Ich seufzte laut, als ich entdeckte, dass Hannes noch immer im Raum war und verzog darauf entschuldigend das Gesicht.
Er zuckte desinteressiert mit den Schultern.
'Lust auf einen kleinen Abschlusskampf?'
Meine Augen blitzten freudig auf.
Ja, das war das, was ich jetzt noch brauchte, selbst wenn ich schon den ganzen Nachmittag gekämpft hatte. Bevor ich zusagen konnte, hatte Hannes schon verstanden und wählte sich eine Axt, die wohl seine Lieblingswaffe war.
Er war gut, ich durfte ihn ja bereits beobachten.
Ich wählte ein einfaches Kurzschwert aus dunklem Metall, weil ich damit am sichersten war.
'Ich gebe natürlich acht und kämpfe nicht zu hart.', sagte Hannes höflich, aber mit dem gleichen provokanten Unterton wie Luis, während er seine Jacke auszog und seine äußerst definierten Muskeln zeigte.
'Mach dir nicht die Mühe.',meinte ich entschlossen und stellte mich erwartungsvoll in der Angriffsposition auf.
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