Geschichten

Charlie:

Ich wachte auf und sprang sofort auf, was sich als Fehler herausstellte. Denn mir wurde schwindelig und ich ließ mich wieder zurück auf den Boden fallen. Beim zweiten Versuch schaffte ich es und taumelte aus meiner bereits aufgeschlossenen Zelle zu Liams totem Körper zu. Es versetzte mir einen Stich ins Herz, ihn so dort liegen zu sehen. Ich setzte mich neben ihm und drückte ihn an mich. Dann weinte ich. Tränen fielen auf sein schwarzes Haar und sein bleiches Gesicht. Ich schluchzte und nahm seine Hand. ,,Wir werden die Zerstörung der Zeit aufhalten und dich rächen.", flüsterte ich, auch wenn ich wusste, dass er mich nicht hören konnte. Denn eine Sache war klar, der Seelenjäger arbeitete mit Ghost zusammen, beide waren dabei Zerstörung anzurichten. Außerdem hatte ich ganz vergessen, dass der Seelenjäger ein Fläschchen im Regal stehen gehabt hatte, auf dem "für den Herrscher der Zeit" stand. Hatte sich so nicht Ghost genannt? Doch was änderte das schon? Liam war Tod, nichts und niemand konnte ihn zurückholen. Ich wollte aber nicht, dass er umsonst gestorben war. Irgendwie hatte ich ihn wirklich gern. Das hatte ich schon vorher gemerkt, als wir geimeinsam spioniert haben, als er mich verteidigt hatte und sein Leben verloren hatte. Schuldgefühle plagten mich. Hätte ich etwas tun können? Ja, natürlich, ich hätte Liam davon abhalten können mit mir hier hoch zu kommen! Warum war ich nur so neugierig gewesen? Ich konnte mir das nie verzeihen.

,,Charlie, alles in Ordnung?", fragte Jeffrey. Ich schnaubte. ,,In Ordnung? Wie soll ich denn in Ordnung sein!? Liam ist..." ich brachte es nicht fertig, dass Wort zu schreien, also flüsterte ich: ,,Tod."  Lilith kam zu mir und nahm mich - ebenfalls schluchztend - in den Arm.

Leider mussten wir Liliths Bruder hier zurücklassen und allein das hätte mir das Herz gebrochen, wenn es nicht schon gebrochen wäre. Als hatten wir vor etwa einer Stunde das Haus des Seelenjägers verlassen und marschierten jetzt wieder über weite Wiesen und Hügel hinweg. Der Wind blies uns mit all seiner Kraft entgegen, als wolle er verhindern, dass wir unser Ziel erreichten. Doch nichts würde mich von meiner Rache abhalten können. Nein, stopp, jetzt klang ich schon wie mein Vater, der in echt gar nicht mein Vater war. Rache würde meinen besten Freund auch nicht wieder zurück holen. Dennoch würde ich Ghost und dem Seelenjäger das Handwerk legen, und die Zerstörung der Zeit aufhalten.

Sekunden wurden zu Minuten und Minuten wiederrum zu Stunden. Also zumindest fühlte es sich so an. Keiner sparch ein Wort, es war beinahe totenstill, wäre da nicht manchmal der pfeifende Wind oder das rauschende Wasser, wenn wir gerade einmal wieder an meinem Fluss oder Bach entkangliefen. Ab und zu mussten wir auch über steile Berghänge klettern oder über kleinere Schluchten hinwegspringen. Je weiter wir kamen, desto stärker spürte ich die Böse Energie der beiden Zerstörer der Zeit. Doch irgendetwas schien mir die Kraft zu verleihen, nicht aufzugeben und einfach weindend zusammen zu brechen. Ich erinnerte mich noch gut daran , wie ich am Anfang zurück in die Gegenwart, zurück zur Clearwater High wollte. Aber nun wollte ich einfach Liam wieder. Niemand anderes, nicht einmal Jeffrey, hätte mir jetzt die Kraft geben können, die ich brauchte, außer er. Hatte ich etwa Gefühle für den Pantherwandler? Hatte ich mich in ihn verliebt? Ich konnte es beim besten Willen nicht genau sagen. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie ich in der Zukunft, bei Lumi und Gracey, glaubte Jeffrey wäre meine Wahre Liebe. Was wenn, ich mich getäuscht habe? Erst jetzt bemerkte ich, wie ich zu Jeffrey hinüber starrte. Der hatte wohl meinen Blick gespürt, denn er sah zu mir, sagte aber nichts. Seine gelben Augen musterten mich misstrauisch. Ich sah weg und bebachtete stattdessen die Vögel, in den grünen Bäumen. Sie zwitscherten und es wirkte, als würden sie sich untereinander über uns unterhalten. Vielleicht taten sie dies auch, ich verstand jedoch leider keine Vogelsprache.

Eh ich es mich versah, war der Tag schon fast wieder vorbei. Ich sehnte mich nach meinem gemütlichem Zimmer in dem Woodwalker Internat und ich hatte heimweh. Was wäre, wenn ich nie versucht hätte alleine in die Zukunft zu reisen? Dann hätten Nell, Jeffrey und ich nie Lilith und Liam kennengelernt. Und mein bester Freund wäre jetzt noch am Leben. Auch wenn ich die beiden Geschwister dann nie gefunden hätte und mich eine Welle aus Trauer bei diesem Gedanken überkam, wünschte ich, dass es so wäre. Dann wäre nun alles in Ordnung, allen würde es gut gehen, oder? Oder würde Liam dann immernoch für diese Mistkerle, die mich entführt haben arbeiten? Wahrscheinlich würde er dies, aber es war immernoch besser, als mit 16 zu sterben. Da fiel mir wieder ein, dass ich Liams genaues Alter überhaupt nicht wusste.

Also durchbrach ich das eiserene Schweigen und frage: ,,Sag mal, Lilith. Wie alt war Liam überhaupt?" ,,15.", antwortete Lilith knapp und ich schluckte schwer. ,,Ich kann verstehen, wie du dich fühlst." sagte ich. ,,Gar nichts weißt du!" schrie Lilith mich an. ,,Doch das tue ich. Glaub mir." murmle ich leise. Das Mädchen mit dem langen schwarzen Haare schaute mich an, nicht mehr wütend, sondern fragend. ,,Meine Schwester, die vielleicht gar nicht meine richtige Schwester ist. Aber ich hab sie trotzdem immer lieb. June wurde von einem Jähger erschossen, genau wie meine Mutter. Mein Vater war danach so traurig und wütend, dass er nurnoch seine Rache im Kopf hatte und mich total vergaß, dass ich weggelaufen bin. Tja, dann bin ich zur Clearwater High." erzählte ich und Lilith. ,,Das tut mir Leid, ich wusste das nicht. Entschuldige, dass ich dich angeschrien habe.", sagte sie und ich nickte. ,,Alles gut, ich verstehe das. Ich bin auch traurig, glaub mir." Lilith lächelte. Dann herrschte wieder Stille, bis Lilith plötzlich sagte: ,,Lasst uns hier bleiben. Es geht bald die Sonne unter und wir sollten einen sicheren Platz zum Schlafen haben.", schlug Nell kraftlos vor und wir anderen stimmten zu. Seufztend ließ ich mich zu Boden fallen und rollte mich zu einer Kugel zusammen, auch wenn ich gerade ein Mensch war. Dann schloss ich die Augen und versuchte nicht an Liam zu denken.

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1015 Wörter


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