8. 1611


Soweit durch die Zeit zu reisen, dass es Diana beeindrucken hätte können, war leider nicht möglich. Allerdings hatte Draco alles in Bewegung gesetzt um an eine ganz besondere Erinnerung zu kommen. Und er war erfolgreich gewesen.

Versonnen sah er in die kleine Ampulle. Mit diesem Date, würde er Diana beeindrucken, davon war er überzeugt.

Blaise hatte alles eingerichtet aber ihr kein Wort davon gesagt, was er vorhatte. Deshalb wirkte Diana verwirrt, als er sie in das kleine Haus führte, in dem das Denkarium stand. Er lächelte ihr aufmunternd zu, als er wortlos mit seinem Zauberstab die Erinnerung aus der Ampulle in das Becken fließen ließ. Er musste aufgrund des Alters dabei äußerst vorsichtig sein. Würde sie Schaden nehmen, wäre dieser irreparabel.

„Erinnerungen können gefährlich sein", murmelte Diana und schaute zweifelnd auf das verschwommene Bild, in dem man wirklich nicht viel erkennen konnte.

„Diese nicht, versprochen", antwortete Draco zuversichtlich.

„Ein seltsames Date..."

„Aber ich denke, es wird dir gefallen. Vertrau mir einfach."

Diana holte noch einmal tief Luft, bevor sie mit ihrem Gesicht im Denkarium verschwand. Draco lächelte. Das war unerwartet. Eigentlich hatte er zuerst in die Erinnerung abtauchen wollen. Aber es war auch ein Zeichen, dass sie ihm vertraute. Schließlich tat er es ihr nach.

Wenige Sekunden später saßen sie in einem offenen Amphitheater.

„Ein Theater?", fragte sie. Draco nickte und sah sich um.

„In welcher Zeit sind wir? Oder ist das ein Stück in dem sich das Publikum auch verkleidet?"

„Hier ist gerade der 11.05.1611."

Diana riss die Augen auf. „Nicht dein ernst, oder?" Doch Draco grinste sie nur schelmisch an. Dann zeigte er auf die Person, die auf der Bühne stand und letzte Anweisungen gab. Er hatte ihn nicht lange suchen müssen, selbst zu seiner Zeit stach der Mann durch sein Auftreten aus der Masse heraus. „Da... das ist Shakespeare."

Dianas Kinnlade klappte herunter. Sie schien etwas sagen zu wollen, aber es hatte ihr wortwörtlich die Sprache verschlagen. Es amüsierte Draco, wie sehr er es geschafft hatte sie zu beeindrucken. Er fühlte sich wie ein Kniesel, der einen Schnatz gefangen hatte.

„Eigentlich wollte ich entweder Romeo und Julia oder den Mittsommernachtstraum. Aber an die Erinnerungen von Muggeluraufführungen zu kommen, ist nicht wirklich einfach... ich hoffe, dass du auch mit einem Wintermärchen zufrieden bist."

„Das... das... das...", sie fiel ihm um den Hals. Damit hatte er nicht gerechnet. Dennoch umschloss er sie mit seinen Armen. „Das ist perfekt", brachte sie mit erstickter Stimme hervor, „du bist perfekt. Ich hätte nicht einmal zu träumen gewagt, dass ich jemals eine Erinnerung an Shakespeare sehen würde. Und dann noch eine Uraufführung! Vom Wintermärchen!" Sie fing tatsächlich an seiner Brust an zu weinen. Er strich ihr ein paar verirrte pinke Strähnen aus dem Gesicht. „Ich hoffe, ich habe nichts falsch gemacht." Unsicherheit stieg in ihm auf. War es das falsche Stück?

„Nein... es ist", sie löste sich von ihm und strich sich die Tränen aus den Augen, „es ist perfekt, wirklich. Lass uns die Erinnerung zusammen genießen." Sie lehnte sich an ihn. „Ich glaube, dass ich die Erinnerung an diese Verabredung konservieren werde, nur, damit ich sie immer und immer wieder erleben kann." Ihre Stimme war so leise, dass Draco unschlüssig war, ob die Worte tatsächlich für ihn bestimmt gewesen waren. Dennoch freute er sich. Diana war zwar genauso groß wie sein Animagus, aber... sie wirkte, als wäre sie in Wirklichkeit kleiner. Der Wunsch, sie in seine Arme zunehmen und vor allem Bösen in dieser Welt zu schützen stieg in ihm auf, als er die verschiedensten Emotionen über ihr Gesicht huschen sah. Ihre Augen waren während des ganzen Stückes auf die Bühne fixiert, als wolle sie jede Bewegung in sich aufsaugen. Er beobachtet, wie sie mit dem Stück mitfieberte, sich hineinsteigerte. Zwar war er sich fast sicher, dass sie das Stück kannte, dennoch japste sie mit dem restlichen Publikum auf, als Hermiones Statue am Ende zum Leben erwachte. Hermione. Der Name der weiblichen Hauptprotagonistin, war wohl die größte Schwachstelle an der Verabredung. Aber Diana schien es nichts auszumachen und so konnte auch Draco darüber hinwegsehen.

Als die Erinnerung zu Ende war, tauchten sie nach Luft ringend aus dem Denkarium auf. Noch bevor Draco die wertvolle Erinnerung wieder konservieren konnte, zog Diana ihn zu sich und drückte ihre Lippen fest auf die Seinen. Sein Herz begann in einer Geschwindigkeit zu rasen, die er nicht für möglich gehalten hatte. Er schloss die Augen und fühlte sich, als würde er sich von einer Klippe stürzen, während sie kleine Zärtlichkeiten austauschten. Diese Frau brachte ihn um den Verstand!

„Es war unglaublich", brachte sie schließlich hervor, als sie sich atemlos von ihm löste. Er grinste, holte die Erinnerung wieder in die Phiole und verstaute sie sicher in seinen Taschen, während er versuchte seinen Herzschlag wieder zu beruhigen.

„Ich will gar nicht wissen, welche Hebel du drücken musstest, um an so etwas kostbares heranzukommen", meinte Diana in einem bewundernden Ton. „Es war nicht einfach", und verdammt teuer, sogar für ihn. Aber das Lächeln, dass sie ihm schenkte, war es Wert gewesen. Und der Kuss... für den Kuss hätte er wirklich alles getan.

Nach dem Ausflug in die Vergangenheit gingen sie im Mondlicht spazieren.

„Du bist heute stiller, als das letzte Mal", stellte Diana fest. Draco zuckte nur mit den Schultern, schenkte ihr aber ein Lächeln. „Es hat nichts mit dir zu tun. Du bist der Lichtblick meines Tages..." Dennoch hatte das häufige Erwähnen von Hermiones Namen in dem Stück nicht dazu beigetragen ihn zu ermuntern.

„Hast du Probleme?", bohrte sie nach. Er schüttelte den Kopf. „Nur den übliche Mist mit dem Ministerium. Seit Wochen versuche ich ein Problem zu schildern, werde aber immer wieder ignoriert. Stattdessen wird mir nahegelegt, dass ich alte Gesetze und Verträge brechen soll, die meine Urahnen mit Blutschwüren besiegelt haben." Sie starrte ihn an. „Das ist ja schrecklich."

Draco zuckte nur mit den Schultern. „Das übliche mit dem Ministerium eben."

Diana schien kurz zu überlegen. „Wenn ich dir helfen kann... ich habe ziemlich viel Einfluss im Ministerium, weißt du?" Doch Draco schüttelte nur mit dem Kopf. Hermione Granger hatte sich heute zu seiner eingeschworenen Feindin erklärt. Ziemlich viel Einfluss würde nicht ausreichen... es wäre nicht einmal unwahrscheinlich, dass Granger Dianas Zukunft ruinieren würde, wenn sie herausfand, dass sie mit ihr eine Schwachstelle von Draco in den Händen hielt.

Er nahm Dianas Hand und drückte einen Kuss darauf. „Danke für das Angebot, aber ich kann es nicht annehmen." Er lächelte sie traurig an. Sie blickte ihn mit ihren großen Augen so erwartungsvoll an, dass er ihr kaum widerstehen konnte. Ein versonnenes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. „Mach dir keine Sorgen. Das letzte Wort ist noch nicht gefallen."

Sie grinste. „Du wirst gewinnen. Ich spüre, dass du ein Kämpfer bist." Er konnte die Bewunderung in ihrem Blick als ein Prickeln auf seiner Haut fühlen. Es brachte ihn dazu, leise aufzulachen. „Eigentlich nicht, aber es gibt Dinge, für die es sich lohnt zu kämpfen."

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„Was ist es, was du mir nicht erzählst?", fragte ihre beste Freundin aus zusammengekniffenen Augen. Hermione grinste wie eine Idiotin. „Woher willst du wissen, dass ich dir etwas verheimliche?" Eigentlich beantwortete sich die Frage von selbst.

„Du strahlst, wie ein Honigkuchenpferd", kam es von Ginny trotzdem. Hermione lachte leise. Sie strahlte nicht nur wie ein Honigkuchenpferd, sie fühlte sich auch so.

„Also... ich habe einen Mann kennengelernt", fing sie an.

„Wer ist es?", Ginny war Feuer und Flamme.

„Er nennt sich Edmond Montague", erzählte Hermione.

„Ist er verwandt mit diesem unausstehlichen Slytherin?", wollte Ginny sofort wissen.

„Nein, also... Edmond Montague ist nicht sein wirklicher Name. Aber er ist hinreißend."

Ginny sah sie nun ernstlich verwirrt an. „Wie, das ist nicht sein richtiger Name? Wie heißt er denn dann? Du weißt, dass ich alle großen Zaubererfamilien kenne. Ich finde wirklich alles über ihn raus, wenn du willst."

Hermione lächelte immer noch versonnen. „Es ist... kompliziert. Also... ich habe mich bei einer Partnervermittlung gemeldet. 'Magical Blind Dating'. Man wird unter falschem Namen und mit einem Körperveränderungszauber potenziellen Partnern vorgestellt und wenn man drei Dates hinter sich gebracht hat und beide Partner diese als erfolgreich ansehen, dann wird aufgelöst, mit wem man diese Zeit verbracht hat."

Ginny hob skeptisch eine Augenbraue. „Das klingt..."

„Es ist wunderbar Ginny. Man lernt Leute ohne Vorbehalte kennen. Und du weißt, dass ich immer befürchte, Männer könnten mich als Karriereleiter verwenden. Aber bei Magical Blind Dating wissen sie nicht einmal, wer ich bin! Es ist wirklich befreiend sich nicht darum sorgen zu müssen."

Ginny seufzte auf. Die Skepsis wich nicht aus ihrer Stimme. Aber sie versuchte sie augenscheinlich zu unterdrücken und sich für Hermione zu freuen. „Also, dann erzähl mal, wie dein Angebeteter so ist."

Hermione schloss ihre Augen und ließ sich in der Couch zurückfallen. „Er ist intelligent, zuvorkommend, ein echter Gentleman, belesen und, ach Ginny, er ist einfach perfekt."

„Ein echter Gentleman?", wollte Ginny wissen.

„Er hat mir bei unserem ersten Date sogar den Stuhl zurechtgerückt. Und bei unserem zweiten Date hat er mich in eine Erinnerung an eine Shakespeare Premiere eingeladen."

„Wer ist Shakespeare? Aber die Sache mit dem Stuhl klingt nach altem Zaubererblut für mich", brachte Ginny hervor.

Hermione verdrehte die Augen. „Also Ginny, wirklich, ein bisschen Muggelliteratur solltest auch du kennen. Aber er ist Halbblut, war in Ravenclaw und ist etwas jünger als wir."

Ginny seufzte nur als Antwort und zuckte mit den Schultern. „Die Hauptsache ist, dass er dich glücklich macht. Der Rest spielt keine wirkliche Rolle." Sie zwinkerte Hermione zu. „Immerhin, ich bin auch aus einem alten Zauberergeschlecht und trotzdem sind wir die besten Freundinnen, oder?"

Hermione lachte. „Immer Ginny, immer..."


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Hinweis zu diesem Kapitel:

Wahrscheinlich hat die Uraufführung des Wintermärchens in einem ziemlich großen hölzernen Bauwerk stattgefunden, also in einem geschlossenen Amphietheater.

Es ist das Stück, nach derem weiblichen Hauptcharakter Hermione benannt ist. Irritierenderweise wird Hör-mai-ni in der deutschen Shakespeare Übersetzung Her-mi-o-ne genannt. Deswegen habe ich hier auch das Hermione gelassen und bin nicht zum eingedeutschten Hermine übergegangen ;D

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