Kapitel 2
Da Luna das Treffen einberufen hatte, fand es bei ihr Zuhause statt. "Ich hoffe, es ist wirklich wichtig", sagte Gaby, "Wir waren eigentlich mit Leon verabredet." "Beruflich oder Privat?", fragte Linda. "Niko beruflich und ich privat", antwortete Gaby, "Wie immer." "Aber Antonia ist doch Schnee von gestern", erwiderte Luna, "Light hat gesagt, dass Yin das Problem ist. Ich habe Katrin gefragt, ob sie einen Yin kennt und sie meinte, Johanna und Joel könnten was wissen. Also habe ich Joel gefragt. Und er hat gesagt, dass er und Johanna auch Yin und Yang genannt werden. Er hat aber nicht gesagt, wer wer ist." "Muss er das?", fragte Otto, "Soweit ich mitbekommen habe, ist Johanna doch blind." "Und Joel hat sich Vico angeschlossen", berichtete Luna. "Dann ist Vico jetzt das Problem von uns allen?", fragte Niko. "Scheint so", antwortete Linda. "Aber dann können wir Antonia ja noch weiter beobachten", stellte Gaby fest, "Sie ist doch auch Verbündete von Vico." "Solange sie noch nicht weg ist", antwortete Niko. Luna war nicht so begeistert davon, Vico beobachten zu müssen. Aber sie sagte es nicht. Vielleicht würden die anderen das ja übernehmen.
Die Schule am darauffolgenden Tag verlief ohne Neuigkeiten. Zumindest bis zu der ersten Pause. Da fand Katrin einen Zettel in ihrer Tasche. Luna konnte nicht sehen, was da drauf stand. Und auf Anfrage, was los war, reagierte Katrin nicht. Aber ihr Blick ruhte bei Joel und Johanna. Ein paar Minuten später kam die Durchsage. "Luna Stern, bitte beim Direktor melden!" Dann noch die Wiederholung. Luna war etwas irritiert. Warum sollte sie zum Direktor? Sie ging hin. Im Büro des Direktors waren auch Vincent, Leander, Tim, Paul und Joel. Als die nichts sagten, sagte der Direktor: "Na los!" Es dauerte noch ein paar Sekunden, dann sagte Joel: "Es tut uns leid, was gestern passiert ist." Dafür kassierte er einen bösen Blick von Vincent, der allerdings wenige Sekunden selber auch nachgab. "Für die ganzen Sachen davor wollten wir uns auch entschuldigen." Als würde eine Entschuldigung reichen. "Ihr könnt gehen", sagte der Direktor. Die Jungen gingen sofort raus. Als Luna sich auch zur Tür wandte, rief der Direktor sie nochmal zurück. "Luna", sagte er, "Falls du denkst, es wäre jetzt alles mit einer Entschuldigung abgeschlossen: Das ist es nicht. Die 5 haben alle eine Verwarnung bekommen." "Danke", erwiderte Luna. Dann ging sie raus. Auf dem Flur wurde sie bereits von den 5 Jungs erwartet. "Du warst das", zischte Vincent, "Du hast uns verpetzt!" "Warum sollte ich?", erwiderte Luna, "Ich weiß doch am ehesten, wie ihr darauf reagieren würdet." "Aber wenn du es nicht warst, wer dann?", fragte Vincent. "Wir können dir gerne unsere Reaktion zeigen", drohte Leander. "Hört auf", sagte Joel. "Du hast hier gar nichts zu befehlen", widersprach Vincent. "Ich befehle nichts", erwiderte Joel, "Ich gebe nur einen Rat. Und dieser Rat besagt, dass man niemanden für etwas bestrafen sollte, was derjenige nicht getan hat. Vor allem dann nicht, wenn man sich direkt vor dem Büro des Schuldirektors aufhält." "Klingt vernünftig", erkannte Vincent, "Nur: Wenn sie es nicht war, wer dann?" "Yang", antwortete Joel. "Woher soll Johanna denn wissen, was passiert ist?", fragte Leander. "Ich habe schon vor Jahren aufgehört, zu hinterfragen, woher sie Sachen weiß", antwortete Joel. Es war ausweichend, aber eine bessere Ausrede hatte er nicht. "Ich gehe jetzt", sagte Joel, "Und das würde ich euch auch empfehlen."
Joel wollte eigentlich nur noch ein bisschen herumstreunern. Es war wichtig für die Aufgabe, die er sich gestellt hatte, dass er alles im Auge behielt. Aber kaum war er im Pausenhof angekommen, da wurde er schon angesprochen. "Katrin", erkannte er. "Du warst beim Schulleiter?", fragte sie. "Wo sonst?", erwiderte Joel, "Du kennst mich doch." "Warum tust du das?", fragte Katrin. "Ich habe doch keine andere Wahl", sagte Joel. "Du hast immer eine andere Wahl", widersprach Katrin. "Nein", beharrte Joel. Nach kurzer Pause fügte er traurig hinzu: "Weil du sie mir nicht gibst." "Ich habe mich dafür entschieden, dass man sich nicht gegen Yin stellen sollte", erwiderte Katrin. "Denkst du, ich hätte das nicht versucht?", fragte Joel, "Ich kann nichts machen. Mir glaubt niemand, wenn ich etwas gegen Johanna sage und mir wird auch niemand glauben. Deswegen habe ich doch überhaupt erst mit dem Vergleich mit Yin und Yang angefangen. Du weißt doch, was das heißt." "Ja, ich weiß, was das heißt. Und ich hasse mich dafür, dass ich nicht helfen kann. Ich fühle mich schlecht deswegen. Aber ich kann nichtmal meine eigenen Probleme lösen." "Was hast du denn für Probleme?", fragte Joel. "Es geht um Lara", fing Katrin an.
Luna war auch raus gegangen. Sie saß auf einer Bank und wartete, ob vielleicht irgendeiner ihrer Freunde kommen würde. Es kamen 2: Norra und Linda. Auf Nachfrage der beiden erzählte Luna, was passiert war. Warum sie zum Direktor sollte und was danach auf dem Flur passiert war. "Also gehört Joel vielleicht doch nicht zu Vico", überlegte Linda. "Doch, ich denke schon", erwiderte Luna, "Aber er denkt trotzdem noch selber." "Dann hat dieses Problem vielleicht gar nichts mit Vico zu tun", fuhr Linda fort. "Was für ein Problem?", fragte Norra. "Wissen wir nicht genau", erwiderte Linda, "Light hat nur gesagt, dass Yin das Problem ist. Und Yin ist Joel." "Wer ist Light?", fragte Norra. "Light ist die, die uns zusammengeführt hat", erklärte Luna, "Niko, Gaby, Otto, Linda und mich. Sie hat uns gezeigt, was für eine Macht in uns steckt. Eigentlich sollten wir sie dabei unterstützen, Antonias Geheimnis aufzudecken. Aber vorgestern meinte sie dann, dass Yin das Problem sei." "Vorgestern?", fragte Norra, "Aber Joel und Johanna sind doch erst seit gestern hier. Dann müsste Light die beiden doch schon kennen, oder nicht?" "Wir hinterfragen sowas gar nicht", erwiderte Luna, "Wahrscheinlich gibt es niemanden im ganzen Universum, der mysteriöser ist als Light. Wahrscheinlich ist Light nicht mal ihr richtiger Name." Niko kam angerannt. "Luna, Linda, ich suche euch schon die ganze Zeit. Light will uns treffen. Sofort!" "Sofort?", fragte Luna, "Die Pause ist doch gleich zuende." "Sofort", wiederholte Niko. Die beiden Mädchen standen auf und folgten Niko in eine etwas versteckte Ecke des Geländes, wo die anderen bereits warteten. Luna und Linda starrten Light an, die auch erschienen war. Zum ersten Mal. "Was schaut ihr so?", fragte Light, "Habt ihr etwas anderes erwartet?"
Auch für Johanna war die Pause nicht ereignislos geblieben. Sie war wie gestern auch im Klassenraum geblieben. Als einzige. Es klopfte und bevor Johanna irgendwie reagieren konnte, ging die Tür auf. "Hallo Johanna", sagte ein Mädchen. Johanna erkannte die Stimme nicht. "Mein Name ist Antonia", sagte das Mädchen. "Ich habe von dir gehört", erkannte Johanna, "Was willst du?" "Wie kommt es, dass Joel behauptet, er wäre Yin, wenn es doch gar nicht so ist?", fragte Antonia. "Er behauptet das nicht", korrigierte Johanna, "Ich behaupte das und er widerspricht nicht. Er weiß, dass ihm niemand glaubt, wenn er sagt, dass ich die böse von uns bin. Deswegen sagt er das verschlüsselt in Form von Yin und Yang. Das versteht bloß keiner." "Du weißt, was Joel aus der Situation macht?", fragte Antonia. "Natürlich", erwiderte Johanna. "Und du weißt, dass er nicht damit einverstanden ist, dass du ihn so unter Kontrolle hast?" "Etwas anderes bleibt ihm nicht." "Doch." Antonia war während dem Gespräch immer näher gekommen. Jetzt war sie direkt neben Johanna. Sie senkte ihre Stimme, so dass es nur ein Flüstern war. Ein listiges Flüstern. "Er könnte schon längst etwas gegen dich planen ohne dass du das weißt. Es ist leichter, jemanden zu belügen, wenn derjenige blind ist." "Dass ich nichts sehe, ist mein Vorteil", erwiderte Johanna, "Niemand traut mir etwas zu." "Diesen Vorteil hast du auch, wenn du nur so tust, als wärst du blind. Aber in dem Fall hättest du noch einen weiteren Vorteil. Niemand würde denken, seine Mimik könnte dir etwas verraten, obwohl sie das tut." "Es würde mich ja schon interessieren, wie es ist, zu sehen", gab Johanna zu. "Ich würde dir ja gerne etwas schenken", sagte Antonia, "Etwas, was eigentlich mir gehört und was dir sicher helfen würde. Aber ich habe es nicht mehr. Und ich habe keine Möglichkeit, nachzuweisen, dass es mir gehört. Das ist ein Problem, weil du nicht die einzige wärst, die das haben will. Die meisten anderen sind auf völlig falschen Fährten, aber ich mache mir dabei vor allem Sorgen um deinen Bruder. Joel könnte es tatsächlich finden. Wenn er es bekommt, hast du keine Chance gegen ihn. Es ist wichtig, dass du es vor ihm bekommst." "Was ist es denn?", fragte Johanna. Antonia zögerte kurz mit ihrer Antwort, aber dann sagte sie: "Der Kristall."
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