Kapitel 12

Joel hatte Gaby und Otto schon kommen gesehen. Jetzt betraten sie sein Zimmer. "Detektiv Yang?", fragte Otto, "Ist das dein Ernst?" "Wer hat geplaudert?", erwiderte Joel. "Max", antwortete Gaby, "Und Elli." "Ich habe durch detektivische Leistung Lara gefunden", erklärte Joel, "Und jetzt versuche ich, mit Detektivarbeit Antonias Geheimnis herauszufinden." "Das solltest du besser lassen", empfahl Otto, "Ich weiß, du willst nicht auf Light hören, aber sie hat uns nicht ohne Grund mehrfach davor gewarnt. Sie meinte auch, wenn Katrin eine bestimmte Frage gestellt hätte, wäre sie sicher schon tot. Du solltest mit Antonia also besser aufpassen." "Kümmer dich lieber um ihren Bruder", fügte Gaby hinzu. "Was ist denn mit Leon?", fragte Joel. "Er ist verschwunden", sagte Gaby. "Wir haben gestern gar nicht gemerkt, dass er nicht zurückgekommen ist", sagte Otto, "Erst heute morgen. Es fällt auf, wenn der einzige mit Laktoseintoleranz beim Frühstück fehlt." "Also fehlt er schon seit gestern?", fragte Joel. "Er hat Norra besucht", erklärte Otto, "Und er ist nicht zurückgekommen." "Und was soll ich jetzt machen?", fragte Joel. "Wer nennt sich hier Detektiv?", konterte Gaby. "Gutes Argument", gab Joel zu, "Es könnte sich lohnen, herauszufinden, ob er freiwillig verschwunden ist." "Gesagt hat er nichts derartiges", sagte Gaby, "Norra könnte was wissen." "Oder jemand bei der Familie Kreh", überlegte Joel, "Und Antonia oder ihre Eltern könnten was wissen." "Können wir Antonia denn überhaupt kontaktieren?", fragte Gaby. "Luna und Norra könnten ihre Nummer noch haben", schlug Otto vor. "Warum Luna?", fragte Joel, "Ich dachte, sie und Antonia sind Feinde." "Schon von Lunas Ruf als schlechte Freundin gehört?", fragte Otto, "Sie war früher mit Antonia befreundet, aber dann hat sie angefangen, Gerüchte über Antonia zu verbreiten. Dass sie die zurückgezogen hat, ist keine 2 Wochen her. Erklärt hat sie es nie." "Aber ihr seid mit Luna befreundet", stellte Joel fest. "Schon davor war Luna eher allein", sagte Otto, "Antonia war die einzige, die mit Luna befreundet sein wollte und selbst das wahrscheinlich nur aus Mitleid. Naja, und Norra, aber der hat sich nie getraut, sie anzusprechen, weil er in sie verknallt ist. Antonia hat die beiden zusammengebracht." "Luna hat wohl ihre eigene Methode, sich zu bedanken", kommentierte Gaby. "Mein Bild von ihr hat sich ein wenig geändert, als ich erfahren habe, dass wir Geschwister sind", sagte Otto, "Aber wirklich zusammengeführt hat uns Light." "Wie auch immer", sagte Joel, "Ich schlage vor, Gaby fragt Norra und sagt Luna Bescheid. Otto und ich fragen bei Familie Kreh nach." "Klingt vernünftig", stimmte Otto zu.

Joel und Otto gingen zur Familie Kreh. Otto brachte Joel erstmal zu Lara und Katrin. Die beiden saßen gerade auf Katrins Bett und schauten sich irgendwas auf YouTube an. Als Joel reinkam, pausierten sie und begrüßten ihn. "Hi", erwiderte Joel den Gruß, "Wie geht es euch? Ihr wart die letzten Tage nicht in der Schule." "Die meinten, wir sollten erstmal nicht in die Schule gehen", antwortete Lara, "Der Tod unserer Eltern ist noch nicht lange her." "Außerdem ist Lara noch nicht an der Schule angemeldet", fügte Katrin hinzu, "Wir kommen wieder, wenn sie angemeldet ist. Vielleicht schon Montag." "Behaltet ihr eigentlich euren Nachnamen oder wechselt ihr ihn, so wie Otto?", fragte Joel. "Otto und Biene haben den Nachnamen Kreh angenommen, weil sie keinen anderen Nachnamen für sich kennen", erwiderte Katrin. "Biene?", fragte Joel, "Seltsamer Name." "Die meisten, inklusive Otto, würden das wahrscheinlich nicht als das Seltsamste bezeichnen", erwiderte Lara. "Biene ist eigentlich sehr nett", erzählte Katrin, "Wir verstehen uns ganz gut. Aber die meisten finden sie seltsam. Es ist, als hätte sie bis vor etwa einem Monat nicht existiert. Sie selber hat noch Erinnerungen an ein paar Wochen davor, aber ansonsten weiß niemand irgendwas über sie." Joel interessierte zwar, was mit Biene war, aber er wechselte trotzdem das Thema. "Ich bin wegen Leon gekommen. Habt ihr irgendwas mitbekommen?" "Nein", antwortete Lara. "Er war ganz normal in den letzten Tagen", fügte Katrin hinzu, "Und dann war er einfach weg." "Ich sollte noch die anderen fragen", sagte Joel, "Was habt ihr euch eigentlich gerade angeschaut?" "Eine Doku", antwortete Lara, "Über das neue Dreieck." "Worüber?", fragte Joel. "Du kennst das neue Dreieck nicht?", fragte Katrin überrascht, "So wird der Ort hier genannt. Neuhausen, Neudorf und Neuburg bilden das neue Dreieck. Und in der Mitte liegt der Neuwald. Ich war auch irritiert, als Lara mir davon erzählt hat." "Es gibt im neuen Dreieck aber auch nicht viel, wofür man es kennen könnte", erzählte Lara, "Familie Kreh und das Schauspielerpaar Höferer, aber ansonsten gibt es halt nichts." "Und ich habe keine Ahnung von Schauspielern", stellte Joel fest. "Die sind auch nicht allzu bekannt", erwiderte Lara, "Du wolltest noch Leute befragen." "Ja", sagte Joel, "War schön, euch wiederzusehen. Bis bald!" Er ging wieder raus. Auf dem Flur begegnete er einem Mädchen, das durch ihr Aussehen sofort als Biene zu identifizieren war. "Hallo", sagte sie. "Hi", antwortete Joel, "Du bist Biene, nicht wahr?" "Und du bist ein Freund von Katrin und Lara", erwiderte Biene, "Nicht wahr?" "Ja, aber deswegen bin ich nicht hier. Ich bin auch ein Freund von Leon und ich wüsste gerne, ob sein Verschwinden freiwillig oder unfreiwillig war. Hat er dir gegenüber irgendwas erwähnt oder ist dir sonst was aufgefallen?" "Nein", antwortete Biene, "Aber ich denke, wenn jemandem hier etwas aufgefallen ist, dann Mark. Der kann seine Mitmenschen sehr gut einschätzen." "Danke", sagte Joel.

Joel fragte noch mehr Kinder, bis er Otto wieder traf. "Die Erwachsenen wissen nichts", berichtete Otto, "Sind halt Erwachsene. Wie steht's bei dir?" "Ich habe jetzt Katrin, Lara, Biene, Mark und Felix gefragt", sagte Joel, "Keiner weiß was." "Schade", erwiderte Otto, "Vor allem von Mark hatte ich mir was erhofft." "Mark meinte, dass Leon nicht freiwillig verschwinden würde, ohne jemandem davon zu erzählen." "Wovon wir sowieso schon ausgehen." "Er meinte auch, dass wenn dann Gaby oder Norra was wissen müssten." "Dann lass uns mal Gaby anrufen, ob sie was herausgefunden hat. Ich frage die übrigen hier beim Abendessen." Die beiden gingen in Ottos Zimmer. Otto rief Gaby an. "Schon was herausgefunden?", fragte Gaby. "Nein", erwiderte Otto, "Du?" "Norra weiß nichts und Luna wollte sofort bei Antonia anrufen", berichtete Gaby, "Aber ansonsten müssen wir wohl davon ausgehen, dass jemand anderes für Leons Verschwinden verantwortlich ist. Außer Norra lügt." "Warum sollte Norra lügen?", fragte Joel. "Wenn Leon Norra etwas erzählt, was er nicht mal mir erzählt, dann doch sicher unter dem Siegel der Verschwiegenheit", antwortete Gaby, "Vielleicht kann Mark uns ja sagen, ob Norra lügt." "Mark ist kein Lügendetektor und ich denke, dass nicht mal er Leute einschätzen kann, die er nicht kennt", widersprach Otto. "Warum fragt ihr überhaupt, ob Norra lügt?", fragte Joel, "Wie wäre es, wenn wir ihm vertrauen? Der wird uns schon nicht anlügen." "Als wir das das letzte Mal gedacht haben, hat Yin den Kristall bekommen", erwiderte Otto, "Aber gut, was bleibt uns anderes?"

Es war mitten in der Nacht. Als Joel zuletzt auf die Uhr geschaut hatte, war es sogar genau Mitternacht. Aber Joel wollte noch nicht ins Bett. Und dass morgen Schule war, störte ihn dabei auch eher weniger. Er hatte im Internet eine Website gefunden, auf der man verschiedenste Geschichten lesen konnte. Und da las er jetzt, ganz in die Geschichte vertieft. Der Nachrichtenton seines Handys holte ihn in die Realität zurück. Jemand hatte ihm ein Bild geschickt, zusammen mit 2 Worten.
Komm sofort!
Joel schaute sich das Bild an. Es gab nicht viel zu sehen. Leon, gefesselt und ängstlich, saß auf dem Boden. Elli, lachend, hockte neben ihm. Joel erkannte auch den Raum, in dem die beiden saßen. Und er erkannte die Nummer, die ihm das Bild geschickt hatte. Nur konnte das nicht sein, oder? Joel überlegte kurz, ob er Otto und Gaby bescheid sagen sollte.
Sofort!
Diese zweite Nachricht ließ ihn nicht nur wissen, dass er wirklich jetzt dahin gehen sollte. Wer auch immer diese Nachrichten geschickt hatte, wusste genau, dass Joel zögern würde. Es gab nur eine Person, die ihn so gut kannte. Und damit wusste Joel: Es schrieb tatsächlich die Person, der die Nummer gehörte. Er wusste aber auch, dass genau das nicht sein konnte.

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