Übernatürliches 1 (A)
Everything is blue von roecinante
Genre 0,5
Ist das Buch passend einsortiert?/Wurde die Thematik des Genres erfüllt?
0,25 Everything is blue ist eine Mischung aus Jugendbuch, Urban-Fantasy bis Fantasy und Sci-Fi. Ich muss sagen, dass ich es vermutlich eher unter Fantasy einsortiert hätte, da ich mit Übernatürlichem eher auch spirituelle Dinge, wie Geister, Übermächte anderer Art, Träume und solche Dinge verbinde. Aber natürlich kann man auch alles Fantastische als Übernatürlich empfinden. Ich persönlich hätte es nur eher bei Fantasy einsortiert. Aber unpassend ist es nicht.
Cover 1,5
Wie ansprechend ist es?
0,32 Ich finde dein Cover richtig genial. Das Gesicht des Mädchens, auf dem der Fokus liegt, wenn man das Bild nur in der Kleinansicht betrachtet, macht einen neugierig, weil sie sich in einem schlafenden oder schwerelosen Zustand befindet und man sich fragt, warum das so ist. Der abgedunkelte Rahmen des Bilds lässt alles sehr nebulös und geheimnisvoll erscheinen. Im Gegensatz dazu verleiht die goldene Schrift dem Ganzen einen Hauch von Fantastik. Mir gefällt es. Mich spricht es an.
Passt es zur Geschichte?
0,3 Die Metropole und das Mädchen passen zum Inhalt der Geschichte. Ebenso die Farbwahl, die sich ja sogar im Title wiederfindet.
Ist alles gut erkennbar?
0,28 Betrachtet man das Bild in der kleinen, normalen Ansicht, fällt hauptsächlich das Gesicht auf. Die Stadt nimmt man erst richtig zur Kenntnis wenn man sich das Cover vergrößert. Ein klein wenig störend ist auch, dass der Wolkenkratzer so sehr in das Gesicht hineinragt. Aber das ist wirklich eine Kleinigkeit. Störender hingegen ist ein Manko bei der Schrift. Während sich das „Blue" wunderbar erkennen lässt, ist das „Is" beinahe zu kunstvoll verschnörkelt eingefügt, sodass man erstmal danach suchen muss. Das „Everything" verschwindet beinahe gänzlich. Der Autorenname hingegen ist gut zu lesen.
Titel 1,5
Wie individuell ist er?
0,18 Ganz individuell ist er leider nicht. Gibt man ihn in die Suchmaschine von Watty ein, bekommt man, neben deinem Buch, noch zwei andere, die ganz genauso heißen.
Passt er zur Geschichte?
0,26 Vom Inhalt her kann man durchaus sagen, dass der Titel passt, wenn man Mi's Verbindung mit der Farbe Blau bedenkt. Fraglich ist, weshalb ein Buch, das in deutscher Sprache verfasst wurde, einen englischen Titel trägt. Weil er besser klingt? Gibt es wirklich keine gut klingende Alternative, die der Romansprache angepasst ist? Du musst ja auch bedenken, dass englischsprachige User auf deinen Roman stoßen werden, wenn und dann enttäuscht werden, wenn sie feststellen, dass sie das Buch nicht lesen können.
Ist er ansprechend? Lockt er den Leser?
0,2 Geht so. Ich finde ihn nicht langweilig und nichtssagend. Man macht sich schon Gedanken darüber (immer vorausgesetzt man ist der englischen Sprache mächtig) was es damit auf sich haben könnte? Mit Blau assoziiert der Eine vielleicht das Meer oder den Himmel, der Andere vielleicht eine gewisse Traurigkeit und Melancholie. Es gibt Interpretationsmöglichkeiten.
Gleichzeitig finde ich den Titel nicht sehr aussagekräftig. Er kann vieles bedeuten. Je nachdem wie gewillt der Leser also gerade ist sich Gedanken zu machen, zu spekulieren, wird er entweder an deiner Story hängen bleiben oder eben auch nicht.
Klappentext 2
Äußere Form - Gliederung und Rechtschreibung
0,35 Rechtschreibung und Grammatik deines Klappentextes sind einwandfrei. Und auch die Gliederung ist gut gelungen.
Ist er zu lang oder zu kurz?
0,3 Die Länge finde ich in Ordnung.
Wird zu viel oder zu wenig verraten?
0,25 Im Prinzip verrät er ein bisschen zu wenig. Zwar finde ich es recht gut, dass du hier kein Foreshadowing betreibst, das Ereignisse bis ins sechste oder siebte Kapitel vorweggreift, aber einen kleine Anhaltspunkt darauf, dass es in deinem Buch doch sehr fantastisch zu geht, wäre vielleicht nicht schlecht. So könnte man auch glauben, man habe einen Thriller vor sich liegen. Kein Hinweis auf andere Rassen oder ähnliches, da könnte sich mancher doch sehr wundern. Ansonsten, ist es wie gesagt gut, dass du nicht zu viel verrätst.
Verleitet er dazu das Buch aufzuschlagen?
0,28 Das Zitat zu Beginn (wäre schön zu wissen, wer es sagt) hätte bereits einen sehr hohen Lockfaktor, wenn der erste Satz nicht so hochgestochen und kompliziert formuliert wäre. (... die danach zu streben scheinen, gelüftet zu werden. Das ginge einfacher: Geheimnisse, die es zu lüften gilt oder auch: Geheimnisse, die gelüftet werden wollen.) Jedenfalls verspricht dieser Absatz schon eine Menge Spannung und weckt das Interesse. Auch fragt man sich gleich, was es mit diesen „Extremisten" auf sich hat und weshalb Mi mit ihnen in Kontakt kommt. Und natürlich in der Folge, welche Konsequenzen das im Einzelnen für sie haben wird. In diesem Sinne: Ja. Dein Klappentext macht neugierig. (Wenn man von dem ersten abschreckenden Satz einmal absieht.)
Idee 0,5
Wie innovativ ist sie? Wie wurde sie umgesetzt?
0,2 Ich gebe zu: Mit diesem Punkt tue ich mich bei dir etwas schwer. Einerseits ist die Idee nicht sonderlich innovativ. Jugendliche Protagonistin findet sich in einer Ausnahmesituation wieder und muss diese irgendwie meistern. Und auch, dass sie sich an einer Akademie / Internat/ Universität behaupten muss, ist nicht neu. Ebenso wenig, die Idee mit den Arenen, in denen die Tracer trainieren ist nun auch nicht ganz neu. ( Ich empfinde es übrigens als eher ungeschickt, dann auch noch einen Trailer aus Panem über das Kapitel zu hauen. ) So viel zu den überstrapazierten Inhalten. Du kannst nichts dafür, dass es diese Ideen bereits schon vorher gab und du kannst ebenso wenig etwas dafür, dass sie so überbenutzt sind. Abgesehen davon hast du auch sehr viel Eigenanteil und Individualität in deine Idee eingearbeitet, sodass du sie zu etwas eigenem machst. Die Tracker und Tracer sind deine Schöpfung. Ihr Aussehen und ihre Fähigkeiten, ihre Lebensart und ihre Geschichte entspringen deiner Fantasie und fließen aus deiner Feder. Das wiederum gefällt mir.
Schwer tue ich mich auch damit die Umsetzung zu bewerten. Einerseits sehe ich wirklich die Idee und den eigentlich recht guten Plot, der deiner Story zu Grunde liegt. Andererseits gibt es in den Punkten Ausdruck und Emotionen so viele Mankos, dass ich da ehrlich gesagt nicht von einer guten Umsetzung sprechen kann. Es könnte eine sein. Wenn du viel Mühe in deine Überarbeitung stecken würdest.
Inhalt 3,0
Gibt es einen roten Faden? Wird er gewahrt oder verliert er sich im Nichts?
0,4 Positiv fällt auf, dass es einen roten Faden gibt, den du für dich auch strikt einhältst. Mir persönlich ist er allerdings etwas zu straff. Aber lass uns von vorn beginnen, damit ich besser verdeutlichen kann, was ich meine. Für die kommende Ausführung widme ich mich jetzt erst mal nur dem Inhalt und auch eher den Einstieg in die Geschichte.
Wir beginnen mit dem Prolog. Eigentlich ist der gar nicht mal so schlecht. Du versuchst den Leser sofort ohne ellenlange Erklärungen gleich ins Geschehen und in den Bann deiner Geschichte zu ziehen. Das gelingt dir aber nur mäßig. Ich mag offene Fragen an für sich gern, aber nur, wenn ich bereits genug in der Hand habe, um selbst rätseln zu können. Du verrätst in deinem Prolog allerdings sehr wenig und das auf eine Weise, bei der sehr deutlich wird, dass du absichtlich mit Informationen hinter dem Berg hältst, um es für den Leser mysteriös und spannend zu machen. So deutlich sollte ich das als Leser allerdings nicht wahrnehmen. Du kannst durchaus schon im Prolog die Begriffe Tracer, Universität (IUU), Menschenwelt erwähnen. Und auch Lucettes Name könnte Erwähnung finden. Du lüftest ohnehin sehr schnell, wer sie ist und auch ihr Äußeres trägt ja dazu bei, dass man sehr schnell begreift, mit wem man es zu tun hat. Lass Aya ruhig ein bisschen mehr denken. Gib dem Leser mehr Einblick. Das schadet nicht, denn da du im ersten Kapitel wieder mit jemand ganz anderem in einer anderen Umgebung fortfährst, reicht das trotz allem, um die Spannung aufzubauen und zu halten, ohne dass der Leser das Gefühl bekommt, bewusst hingehalten zu werden.
Danach kommt Colors. Ein Zitat (?) von Ashley Nicolette Fangipane. Kenne ich zugegebenermaßen nicht. Aber das ist nicht das Problem. Sondern eher, dass du hier auch wieder ein englisches Zitat verwendet hast. Ein schönes, wenn auch trauriges zwar, das vermutlich zur Geschichte passt, aber auch hier musst du bedenken, dass vielleicht einige deiner Leser nicht verstehen werden was dort steht.
Dein erstes Kapitel bietet einen äußerst rasanten Einstieg, zumal man sehr bald gleich zwei „Schauplätze" hat auf die man sich konzentrieren muss. Mi, die man neu vorgestellt bekommt und erstmal kennenlernen will und die Extremisten, die in der Reportage im Fernsehen erwähnt werden. Das ist eine ziemlich gute Idee, allerdings solltest du es da wirklich nicht überstürzen. Nimm dir bei der Ausarbeitung ruhig etwas mehr Zeit, denn auch ich brauche sie beim Lesen, um die neue Protagonistin richtig einordnen zu können und um die Informationen, die der Sprecher mir mitteilt, zu verarbeiten und unter einen Hut zu bringen. Insbesondere von Mi würde ich wirklich gerne mehr mitbekommen, damit ich mir ein Bild machen kann, wie sie vor der IUU ist. Aber um das richtig zu erleben, ist die Zeitspanne zwischen Beginn und Plottwist zu kurz und zu wenig ausgeschmückt. Auch die Beziehung zu Emi wird sehr schnell abgehandelt. Mir wird erzählt, dass die beiden eine enge Bindung haben und dass sie sich sehr lieben, aber gezeigt, bekomme ich es sehr wenig. Man bekommt eine Ahnung. Aber mehr nicht.
Dann kommt es bereits im zweiten Kapitel zur Entführung und Mi verliert ihre Erinnerungen an ... ja an fast alles, aber vor allem an Emi. Das sollte mich treffen. Mich berühren. Tut es aber nicht. Grund dafür, ist, dass dein roter Faden so straff ist, deine Geschichte ungemein schnell voran schreitet. Ich hatte gar keine Zeit um Mi und Emi so nett und sympathisch zu finden, dass ich nun viel mehr als ein vages Bedauern empfinden würde. Wenn du dir im ersten und auch im zweiten Kapitel mehr Zeit nehmen würdest, wäre das vielleicht anders.
Der Plottwist, als Mi in der IUU erwacht sei an dieser Stelle mal gelobt. Damit rechnet man nicht. Die Idee also sehr gut. Die Umsetzung leider nicht ganz so gelungen. Auch hier stürmst du wieder voran, als sein jemand mit der Peitsche hinter dir her. Mi wacht auf und macht Bekanntschaft mit Prof. Pond. So weit so gut. Aber dann beginnt die Schulleiterin ihr die Fakten und Neuheiten um die Ohren zu hauen, als rattere sie eine einstudierte Rede ab oder als gebe es eine Liste, die sie abarbeite. Dabei wird nicht nur Mi mit Informationen erschlagen, sondern auch der Leser. Ich würde dir raten, da einen längeren Dialog einzubauen. Lass Mi die Fragen stellen, die du dem Leser beantworten willst. Das wäre nur natürlich, schließlich dürfte sich der Wissensdurst deiner Protagonistin in etwa mit dem der Leser decken. Auf diese Weise bekämest du jedenfalls die Möglichkeit die Informationen langsamer und behutsamer zu streuen, damit man auch die Chance bekommt, sie zu verarbeiten.
So viel erstmal zum Einstieg. Ich hoffe ich konnte verdeutlichen, was ich mit einem zu straffen roten Faden meinte.
Wie logisch und authentisch ist die Geschichte?
0,5 Authentisch ... du schreibst im Fantasybereich, da such ich nicht nach Authentizität im Vergleich zur realen Welt. Aber auch in einer erdachten Welt, einer erdachten Geschichte müssen die Dinge zumindest logisch und nachvollziehbar wirken und das ist bei dir nicht immer der Fall. Dabei gibt es verschiedene Eben auf denen etwas nicht authentisch rüberkommen kann. Es gibt das Beispiel, bei dem es einfach unlogisch ist, weil es nun mal nicht so ist: So wie bei deiner Dokumentation und der eingeschobenen Eilmeldung. Bei der Doku fällt auf, dass der Sprecher nicht sachlich genug ist. Auch hier hat man wieder deutlich das Gefühl, absichtlich in den Raum mit der Tür geführt zu werden, auf der steht: Mysteriös! Das sollte nicht sein. Besonders Reportagen, Dokumentationen und Nachrichten sind geprägt von Sachlichkeit und einem meist neutralen Ton.
Das andere Beispiel ist dann, wenn Handlungen absolut unlogisch erscheinen. Hier gebe ich dir mal zwei. Erstes Beispiel: In der Eilmeldung wird gesagt, dass die Menschen geschlossene Räume aufsuchen sollen und nicht auf die Straße gehen sollen. Da sitzen dann also mehrere Menschen in einer Bar... und beschließen, dass es gar nicht so schlecht ist, in einer großen Gruppe beisammen zu sein, denn dann ist man vielleicht sicherer vor den Extremiten. Sie verschließen also Türen und Fenster und verfolgen weiterhin die Nachrichten, um auf dem Laufenden zu bleiben. Logisch? Ja, wäre es. Aber bei dir verlassen die Menschen die Kneipe, um sich auf den Heimweg zu machen. Allein. Auf der Straße. Obwohl genau davor gewarnt wurde. Sogar der Barkeeper (der vermutlich auch der Besitzer des Lokals ist?) verschwindet und lässt Mi und Emi allein in seinem Lokal zurück. Logisch? Nein!
Zweites Beispiel: (hier kratzen wir auch am Bereich der Emotionen) Mi wacht in der IUU auf, weiß nicht, wo sie ist und - schlimmer noch - nicht, wer sie selbst überhaupt ist. Was sie ist. Dann wird sie von Pond mit der Tatsache ein Tracer zu sein erschlagen. Kurz darauf bekommt sie von der Professorin die Uni gezeigt, aber auch doch nicht, denn die Leiterin gibt die Verantwortung ab und zwar an eine andere Tracerin. Das wäre an sich ja nicht schlimm, wenn im Vorfeld wenigstens schon ein bisschen was erklärt worden wäre. Aber nun kommt das, für mich absolut Unnachvollziehbarste an der ganzen Sache: Mi geht mit auf ihr neues Zimmer, lernt ihre Mitbewohnerinnen kennen und das erste was sie tun ist ... Shoppen! Sorry, aber das kam mir so platt vor. Ich meine, das Mädel hat gerade ihr ganzes Leben verloren und statt ihren Zimmergenossinnen Löcher in den Bauch zu fragen, vielleicht darüber, wie das bei ihnen so war, wie sie an die IUU kamen usw. shoppt sie via Handy Kleidung. Ich konnte das echt nicht nachempfinden.
Ein Punkt der jetzt nicht unlogisch war, sondern nur schwer nachzuvollziehen, war die Sache mit der Sauerstoffspeicherung. So ganz habe ich nicht verstanden, wie das nun wirkt und funktionieren soll. Vielleicht könntest du da noch mehr auf Verständlichkeit achten und deutlicher mache, wie das Ganze von satten geht. So hatte ich das Gefühl, Mi atme einfach völlig normal weiter, bis auf, dass keine Luft mehr aus ihrer Nase kommt.
Welche Erzählperspektive wurde gewählt? Passt sie zur Geschichte? Wie wurde sie umgesetzt?
0,55 Du hast dich für einen personellen Erzähler entschieden. Das kann ich bei deinem Schreibstil absolut befürworten. Du hast so schon einige Probleme, Emotionen zu vermitteln. Bei einem Ich-Erzähler würde das noch negativer ins Gewicht fallen. Und da wären wir dann auch schon bei der Umsetzung. Die ist nur so mittelmäßig bis gut gelungen, da du für eine wirklich gute Umsetzung mehr in die Tiefe gehen müsstest, was Emotionen und Wahrnehmungen betrifft. Aber dazu später mehr. Zurück zum Wesentlichen: Personeller Erzähler. Gute Entscheidung. Auch dass du im späteren Verlauf aus weiteren Perspektiven beschreibst empfinde ich als angenehm. Aber ich bin ohnehin ein Fan von mehreren Sichten.
Charaktere 2,0
Wie anschaulich sind sie? Äußerlichkeiten und charakterliche Eigenschaften.
0,55 Beginnen wir mit Mi. Sie hat braune Haare und graue Augen. Später dann, nach ihrer Entführung, hat sie blondes Haar mit blauen Strähnen. Charakterlich macht Mi im ersten Kapitel einen selbstbewussten Eindruck. Durch ihre sarkastischen Gesten und Gedanken wirkt sie allerdings auch ziemlich arrogant, so als schaue sie ständig auf andere hinab. Das macht sie ehrlich gesagt nicht sonderlich sympathisch. Dass sie ihrer Schwester gegenüber Fürsorge empfindet und Emi anscheinend auch lieb hat, reißt das nur zu ganz geringen Teilen wieder raus. Das mag unter anderem daran liegen, dass man keine Zeit hat die beiden wirklich im Miteinander zu erleben; keine Zeit hat Mi zu erleben. Auch zu späteren Zeiten bekommt man keinen weiteren, prägenden, charakterlichen Eindruck. Mi bleibt einem als selbstsicher im Gedächtnis, selbst als sie alles verliert, woran sie sich erinnern kann. Meist bleibt sie rational und handelt. Die wenigen Momente, in denen sie mal den Kopf verliert, sind nicht so ausgearbeitet, als dass sie sehr emotional rüberkommt. Meist scheint sie logisch und kopfgesteuert vorzugehen. Sowohl ihr Auftreten in der Bar zu Beginn, als auch später einige ihrer Gedanken über Angel und die anderen Tracer lassen Mi beinahe schon überheblich wirken. Gepaart mit den wenig ausgearbeiteten Emotionen macht sie das zu einem Charakter, in den ich mich nicht gut hineindenken kann.
Kommen wir zu Emi. Mi's Schwester ist ein größere und schlankere Version. Nur, dass sie über blaue Augen verfügt. Besonders schade an der Beschreibung von Emi finde ich, dass sie stattfindet, ehe sie überhaupt im Setting auftaucht. Das macht es irgendwie sehr oberflächlich, weil es merkwürdig ist, sich jemanden vorzustellen, den man eigentlich noch gar nicht richtig kennenlernt. Es wäre besser, diese Beschreibung mit ihrem Erscheinen zu verknüpfen. Emi ist die „schwächere" der beiden. Durch die Erinnerungen Mi's wird zumindest deutlich, dass sie psychische Probleme hat, vielleicht unter Angstattacken leidet. Diese Unsicherheit wird auch im Gespräch mit Mi, als es um die Extremisten geht, ein wenig deutlich.
Angel und Rae zu charakterisieren ist dir gut gelungen. Während die eine eher ruhig und später auch nachdenklich wirkt, eher lieb und nett ist, macht die andere einen deutlich lebhafteren, sorgloseren Eindruck. Rae scheint an Spaß am meisten Spaß zu haben. Beide sind auf ihre Art arglos und doch freundlich. Das zu beschreiben, ist dir ganz gut gelungen.
Kommen wir zu Lucette. Sie ist der, für mich, interessanteste Charakter in deinem Buch. Ihr Äußeres beschreibst du einprägsam und eindrucksvoll. Und auch ihre Stimme und ihre Handlungen sind gut auf sie zugeschnitten. Mir gefällt ihre innere Zerrissenheit, die sie nicht gut genug im Griff hat, sodass sie auch für Mi deutlich wird.
Professor Pond geht unter. Komplett. Als Schulleiterin ist sie schlichtweg nicht glaubhaft. Du willst, dass man ihr anmerkt, dass etwas nicht stimm. Das ist okay. Aber deswegen gleich ihr ganzes Auftreten darauf auszurichten, sodass sie schon beinahe unfähig erscheint ... Ich weiß nicht, ob das wirklich in deinem Sinne war.
Handeln sie nachvollziehbar? Sind sie authentisch?
0,55 Überwiegend schon. Zum Verschwinden der Menschen in der Bar habe ich ja schon was geschrieben. Und auch, dass ich es merkwürdig finde, erstmal zu shoppen, wenn gerade das ganze Leben Kopf steht, habe ich bereits deutlich gemacht. Generell Mi's Verhalten, als sie in der IUU erwacht finde ich sehr schwer nachzuvollziehen. Dass sie einfach nichts fragt, gleich zum Einkaufen und zum Essen übergeht, kommt mir merkwürdig vor. Du könntest jetzt natürlich argumentieren, dass es für Tracer absolut üblich ist, nichts zu hinterfragen. Das machst du bei Angel und Rae ja auch schön deutlich. Aber Mi ist anscheinend alles andere als ein normaler Tracker. Also ist es schwer, dann ausgerechnet diesen Aspekt auf sie zu münzen, zumal sie ja Gedanklich tatsächlich zu hinterfragen beginnt. Etwas mehr skeptische Neugier fände ich angebracht, um ehrlich zu sein.
Das Handeln von Professor Pond finde ich auch nicht so authentisch. Der Monolog zu Beginn, in dem sie Mi fast erschlägt unter dem Berg von Infos und dann die lässt sie sie einfach stehen. Ich hätte es irgendwie glaubhafter gefunden, wenn sie das Gespräch erstaml begonnen hätte, indem sie Mi fragt, wie es ihr denn ginge, ob sie sich an irgendwas erinnern könne, ob sie Schmerzen habe etc. Und dann wäre es möglicherweise auch angebracht, dass sie sie selbst zu ihrem Zimmer geleitet.
Merkwürdig kommt auch die Diskussion über den Tod der Angestellten rüber. So ganz nachvollziehen kann ich den „Scherz" und auch Mi's Reaktion nicht. Ich würde da eher eine heftigere Reaktion anberaumen, aber das liegt natürlich in meinem Empfinden. Ich fände es wenig lustig, wenn jemand auf diese Weise über das Ableben einer anderen Person spekulieren würde. Und Mi ist ja sonst auch nicht auf den Mund gefallen, also wäre es da auch irgendwie nicht falsch, sie deutliche Worte finden zu lassen. So wirken für mich alle drei Mädels erstmal ziemlich makaber und emotionslos. Ich kann dir da nur mein subjektives Empfinden mitteilen. Bei mir kam es nicht gut an.
Beschreibungen
Werden Umgebungen, Personen und Details ausreichend beschrieben? 1,0
0,4 Geht so. Teilweise weist du richtig gute Ansätze auf. Personen sind und Orte sind streckenweise richtig gut beschrieben. Aber an wahrnehmenden, empfindenden Details fehlt es manchmal. Wie riecht es, ist es warm oder kalt, verbindet Mi mit dem Anblick, dem Raum, dem Geruch irgendein bestimmtes Gefühl etc. ? Du könntest da auch mehr mit Vergleichen spielen. Luft nach oben, um deine Geschichte atmosphärisch mehr auszuschmücken hast du allemal!
Ein gutes Beispiel dafür ist die Beschreibung des Zimmers, das sich Mi nun mit Angel und Rae teilen soll. In dem sie nun leben soll. Für sehr lange Zeit. Deine Beschreibung dazu ist ziemlich minimalistisch:
Mi ging etwas weiter in den Raum hinein und sah sich um. An der linken Wand bis zu den Fenstern waren drei Betten im Abstand von zwei Metern voneinander aufgereiht. Links von der Tür war, vermutete Mi zumindest, das Bad Mi sah nach rechts und erhaschte einen Blick auf Angel, die welche sich ein einer winzigen Küche etwas zubereitete.
Das ginge aber auch detailreicher. Gepaart mit Mi's Gedanken und Empfindungen dabei, kannst du dem Zimmer auch gleich Atmosphäre einhauchen. Ich gebe mal ein Beispiel. (Das muss jetzt nicht dem entsprechen, wie du das Zimmer haben willst, sondern soll nur veranschauliche, wie du mit Adjektiven und daran geknüpften Emotionen Stimmung einhauchst)
Mi ging etwas weiter in den Raum hinein und sah sich neugierig um. An der linken Wand standen im Abstand von je zwei Metern drei Betten. Das Äußere direkt am Fenster musste Angels sein, denn die Bettwäsche war weiß mit rosafarbenen Schmetterlingen darauf. Es war ebenso ordentlich gemacht, wie das unberührte Bett in der Mitte, das vermutlich für Mi reserviert war. Das Dritte, auf dem die rot-orangene Decke zerwühlt und das Kissen eingedrückt war, gehörte demnach zu ihrer anderen Mitbewohnerin. Daneben befand sich eine weitere Tür, die vermutlich ins Bad führte.
Ein Klirren rechts von ihr, riss sie aus ihrer Betrachtung der Schlafstätten. Sie drehte sich um und erhaschte einen Blick in die Küche. Hellblaue Fliesen und weiße Schränke verliehen dem kleinen Raum einen freundlichen Ausdruck. Allerdings breitete sich auf den hellen Kacheln so eben ein roter Saftfleck aus.
„Alles in Ordnung?", fragte Mi besorgt und beobachtete, wie die Blonde mit den roséfarbenen Haaren in die Hocke ging, um die Flüssigkeit aufzuwischen.
„Alles bestens", versicherte Angel. „Mir ist nur ein Glas umgefallen.
Mi nickte und wandte sich wieder der Betrachtung des Zimmers zu. Man merkte sofort, dass hier zwei unterschiedliche Charaktere wohnten. Angels Nachttisch war feinsäuberlich aufgeräumt. Nur ein Paar Ohrringe lag darauf. Mi fragte sich unwillkürlich, ob es sich bei ihnen um jene handelte, die der andere Tracer immer verlor.
Auf Raes Seite stapelten sich neben Schmuckschatullen auch Schminkutensilien und Pralinenschachteln und bildeten das reinste Chaos. Der offensichtliche Gegensatz brachte Mi zum Schmunzeln. Es erinnerte sie an ... Ehe sie den Gedanken zu Ende denken konnte und sie auch nur den Hauch einer Chance hatte, ihn zu greifen oder festzuhalten, war er auch schon wieder verschwunden. So flüchtig wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, aber so schmerzhaft wie ein Messer im Rücken, war der Moment, dem die Erkenntnis folgte, dass sie sich an gar nichts erinnern konnte. Am liebsten, hätte sie verzweifelt aufgeschrien ...
So oder so ähnlich. (Bitte entschuldige den Exkurs - wenn ich einmal angefangen habe, kann ich mich selbst schwer bremsen)
Du kannst also mit Adjektiven (ist das Bett ordentlich, gemacht oder zerwühlt oder ist Mis Blick neugierig, skeptisch oder traurig) eine Menge erreichen. Aber auch mit Vergleichen, Einarbeitung von Emotionen etc. Ich hoffe, ich konnte mich hier verständlich machen.
Dialoge
Wirken sie nachvollziehbar oder gekünstelt? 0,5
0,26 Deine Dialoge sind überwiegend okay. Nur hin und wieder leiden sie unter demselben Phänomen wie der Rest deines Textes: Hochgestochenheit. (Ja, ich hab das Wort erfunden^^) Dadurch wirken sie an manchen Stellen etwas unbeholfen und krampfhaft. Aber überwiegend gelingt dir das ganz gut.
Emotionen 2,0
Kann man sich gut in die Charaktere hineinfühlen? Wird man emotional mitgenommen?
0,38 Wie schon mehrfach erwähnt: Emotionen sind nicht genug vorhanden. Ich bin ohnehin pingelig bei dem Thema und kann mich da kaum selbst zufrieden stellen, aber bei dir war es streckenweise einfach viel zu wenig. Unter anderem liegt das daran, dass du dir oft zu wenig Zeit nimmst, die Dinge wirken zu lassen. Aber auch daran, dass du zu wenig beschreibst. Geh mehr in die Tiefe. Versuche wirklich zu schreiben, was in deinen Protagonisten vorgeht. Wie sie sich fühlt und warum. Wie sich etwas anfühlt, riecht, schmeckt oder wie anderes auf sie wirken und aus welchem Grund. Versuche die Dinge nicht nur zu erzählen, sondern sie auch passieren zu lassen.
Hier zum Beispiel: Nachdem ihr Körper fühlte, wie sie zuerst nach unten, dann nach links rechts und schließlich in alles Seiten geschoben wurde, bis sei schlussendlich die Orientierung verloren hatte, wurde sie plötzlich sachte wieder nach oben befördert.
Dieser Satz weist, wie mir gerade auffällt, gleich mehrere Schwachstellen auf. Zum Einen sind die Zeiten nicht korrekt. Da du mit dem Nachdem beginnst musst du (weil deine Geschichte im Präteritum geschrieben steht) dann auch ins Plusquamperfekt, wenn du Dinge beschreibst, die vor dem „Nachdem" stattgefunden haben. Das Hin und Herschieben, hat davor stattgefunden, also: Nachdem ihr Körper gefühlt hatte, wie [...] geschoben worden war, bis sie schließlich die Orientierung verloren hatte, wurde sie plötzlich wieder ... (Das wurde dann wieder im Präteritum, weil es ja wieder das aktuelle Geschehen beschreibt)
Zum Anderen habe ich ein Problem mit der Kombination der Worte sachte und plötzlich. Wenn etwas plötzlich geschieht, dann doch eher sehr abrupt und unerwartet. Das ist sehr schwer mit sachte in Verbindung zu bringen.
So Exkursende! Zurück zum Wesentlichen: Emotionale Beschreibungen. Miterleben. Show, don't tell.
Plötzlich kam der Spawner in Bewegung. Mi's Herz schlug ihr vor Aufregung bis zum Hals. Ihre Handfläche, in die sei ihr Fingernägel krallte, um sich vom Zittern abzuhalten, waren feucht vom Schweiß und ihr Mund war entsetzlich trocken. Aus ihrer Nervosität wurde Angst, als das Ding, in dem sie mehr oder weniger gefangen war, immer schneller wurde und sich nun wie ein buckelndes Pferd in unterschiedliche Richtungen war. Nach links, nach rechts, nach oben und nach unten. Immer rasanter wurde die Fahrt und Mi wurde schwindelig. Sie hatte längst die Orientierung verloren und ihr Magen rebellierte und ihr wurde über. Sie schluckte schwer und versuchte ihre hektische Atmung zu kontrollieren. Ihre Augen hatte sie fest zu gepresst, so als würde sich diese Horrorfahrt als böser Traum entpuppen, wenn sie das Innere des Spawners nicht mehr sehen konnte. Dann endlich - nach einer Ewigkeit, wie ihr schien - stoppte die Kapsel und glitt sanft dahin. Mi blinzelte und bemerkte ein schwaches Licht über sich ...
Das ist jetzt nur ein Beispiel, aber es lässt sich beinahe auf deine ganze Geschichte (den Teil, den ich gelesen habe) anwenden. Show, don't tell. Mehr Tiefgang. Mehr Beschreibungen, Mehr Stimmung.
Ein weiteres Beispiel dafür ist die Szene, als Mi zu Beginn Lucettes Gesicht im Spiegel sieht. Hier kommt dann aber noch ein andere Aspekt hinzu, den du beim Aufbau von Atmosphäre und Einarbeitung von Emotionen unbedingt beachten solltest: Die Reihenfolge.
Schafft es die Geschichte den Leser in ihre Welt zu ziehen? Werden auch Sinneswahrnehmungen für den Leser spürbar etc.
0,38 Nein. Bei mir hat das leider nicht funktioniert. Aber das lag nicht nur an den Emotionen und der Atmosphäre, sondern eher an deinem Ausdruck. Ich will dich hier wirklich nicht treffen und du darfst da bitte nicht persönlich nehmen, denn es soll keineswegs eine Beleidigung sein, aber ich musste mich teilweise wirklich zum Weiterlesen zwingen. Dein Ausdruck war wirklich anstrengend und leider hat das Sprengen der Fiktion durch Emotionen und Atmosphäre auch nicht so gut geklappt, dass es das hätte rausreißen können.
Ausdruck
Ist der Ausdruck passend? Wie sind die Formulierungen? Gibt es viele Wortwiederholungen etc. 1,0
0,38 Puh! Bis zum dritten Kapitel habe ich allein acht DIN-A 5 Seiten mit Anmerkungen zu deinem Ausdruck gehabt. Ich weiß nicht ob, ich sie hier alle anführen kann. Es wird so schon den Rahmen sprengen.
Dein Ausdruck ist nicht gut, du hast keinen breiten Wortschatz, du kannst nich formulieren ... Das sind die Dinge, die man erwartet gesagt zu bekommen, wenn man hört, dass jemand am Ausdruck rummäkelt. Das ist bei dir nicht so. Da ist es eher das Gegenteil. Du willst viel zu viel. Man hat das Gefühl, du willst all dein Wissen, dein Können unter Beweis stellen, jede abstrakte Formulierung, jede höhere Ausdrucksform und jedes Fremdwort verwenden, das du in deinem Fundus hast. Damit tust du dir überhauptkeinen Gefallen. Es wirkt hochgestochen, kompliziert, gezwungen und gekünstelt und es mach leider überhaupt keine Spaß zu lesen.
Noch mal: Ich sage das nicht, um dir eins reinzuwürgen oder so. Aber ich habe versprochen die Dinge so aufzuweisen, wie ich sie empfinde und das tue ich. Einzig mit der Intention den Autoren weiterzuhelfen und ihnen aufzuzeigen, wo Besserungsbedarf bestehen könnte. Ob du das so für dich annimmst oder am Schluss denkst: Lieber Alan, leck mich doch am Ärmel!, bleibt letztlich ja auch dir überlassen. Aber ich versuche mal aufzuweisen, was ich meine.
1.) Nur eine einzige Tür gab es in diesem eigenartigen Raum, wobei diese optisch das Genaue Gegenteil des Raumes darstellte [...] Farbe war zum Teil flächenweise abgeblättert.
Zum Einen ist das Wort „optisch" sehr sachlich und wirkt somit unpassend für diesen belletristischen Text. Zum Anderen kann wirkt die Kombination aus „zum Teil" und „flächenhaft" wieder sehr gegensätzlich.
Gängiger und für den Leser einfacher zu lesen wäre z.B. Es gab nur eine einzige Tür in diesem eigenartigen Raum. Sie war aus Holz und stellte mit der abblätternden Farbe einen merkwürdigen Kontrast zum tadellosen Rest des Raums dar.
2.) Da es sich vom weißeren Weiß der Wand nur um den Hauch einer Nuance unterschied.
Unschön, weil wir einmal diese ungeschickte Wortwiederholung haben, die hier kaum als gutes Stilmittel gelten kann. Besser wäre „vom helleren Weiß". Und weil man über die Formulierung „den Hauch einer Nuance" stolpert. Es ist schlichtweg doppeltgemoppelt und einfach zu viel gewollt. Eine Nuance ist ja schon sehr wenig. Schon der Hauch. Beides so miteinander verknüpft zu verwenden ist einfach too much.
3.) Geduldig betätigte Mi den Home Button (Homebutton übrigens, denn es ist eine Wortkomposition) ihres Handys, das neben ihrem Getränk auf der Tischplatte ruhte.
Ruhte??? Da hätte es auch ein einfaches „lag" getan. Es ist nur ein Handy, das da halt rumliegt. ^^
4.) Die beiden klangen wahrlich lächerlich.
Wahrlich ist ein Wort, dass ich eher am Theater erwarte oder in einem Roman mit Mittelaltersetting. Hier wirkte es wirklich fehl am Platz und passt nicht zur Sprache eines Jetztzeitromans, auch wenn dieser im Bereich Übernatürliches /Fantasy geschrieben ist.
5.) Während sie diese Information eruierte ... Sie sucht nur die Nummer eines Klassenzimmers heraus. Ich eruiere selten, welche Nummer mein Hotelzimmer hat. Ich finde es heraus.
6.) Iriden - die Todsünde unter den hochgestochenen, gekünstelten Ausdrucksweisen. Ja, es gibt kein anständiges Synonym für Augen. Da muss der Autor kreativ werden und mit Umschreibungen arbeiten. Aber bitte nicht mit diesem Synonym! Zumal es nicht mal ein richtige ist, sondern einzig der Plural von Iris.
Das sind nur ein paar Beispiele für Situationen, in denen dein Ausdruck zu hochgreifend war. Etwas, das dauerhaft auffällt ist auch das Wort „Türe". Das ist nicht falsch. Man kann das schreiben. Aber es wirkt eben auch sehr hochtrabend. Richtiggehend störend empfand ich die Wahl deiner Relativpronomen. Andauernd verwendest du welcher, welche, welches. Es ist nicht so, dass das deinen Text gebildeter oder hochwertiger macht. Im Gegenteil. Es wirkt so gekünstelt, dass es wirklich unangenehm zu lesen ist und mir (bitte entschuldige die Härte an dieser Stelle, aber es war einfach so) einfach nur auf den Keks ging. Benutze lieber der, die, das. Das wirkt viel natürlicher. Und wenn du einmal die Situation hast in der ein Relativpronomen auf ein Personalpronomen trifft (z.B. Die Zäune, die die Wiese von der Straße trennen ...) kannst du ja gerne auf welche, welcher, welches zurückgreifen. (Die Zäune, welche die Wiese von der Straße trennen.) Aber ansonsten wende die W-Relativpronomen nur sparsam an.
Kommen wir nun zu Formulierungen, die zwar nicht unbedingt hochgestochen, aber trotzdem nicht so glücklich gelungen sind.
1. Ein gehässiges Lächeln umspielte ihre Lippen. - Im ersten Moment fragst du dich sicher, was an dieser Ausdrucksweise falsch sein soll. Kann ich verstehen. Manche Leser bemerken so was gar nicht. Andere fühlen sich gestört, wissen aber nicht durch was. Und die dritten, vermutlich wenige, werden dir sagen können, was einen an diesem Satz beim Lesern stolpern lässt. Mit einem Lächeln verbindet man zumeist etwas sehr positives. Ein liebevolles, aufmunterndes, freundliches Lächeln. In etwas negativeren Situationen ist das Lächeln auch mal flüchtig, gezwungen oder bedauernd. Aber in „bösen" Zusammenhängen wird selten das Lächeln verwendet. Dann greift man eher auf ein bösartiges, zynisches oder eben gehässiges Grinsen zurück. Lächeln oder Grinsen das hängt stark von dem davorstehenden Adjektiv an und was man damit verbinden, bzw. ausdrücken will. Sei dir immer darüber im Klaren, was genau du ausdrücken oder beschreiben möchtest und was am Besten zu der Mimik, Gestik und den Intentionen des jeweiligen Charakters passt. Auch die Redewendung „umspielte ihre Lippen" ist eher eine positive. Es wäre zu überlegen eine andere Umschreibung dafür zu finden, die stattdessen negative Assoziationen weckt, was du in dem Zusammenhang ja zweifelsohne erreichen möchtest. Bsp. Ein gehässiges Grinsen verzerrte ihre Gesichtszüge.
2. Inzwischen hatte sie ihre falsche, zuckersüße Mimik abgelegt. - Mimik ablegen ... Mmh. Ich weiß, was du sagen willst, aber irgendwie finde ich die Sache nicht Rund. Vermutlich, weil sie ja ihr ganzes Verhalten verstellt. Nicht nur ihre Mimik ist falsch und zuckersüß, sondern auch ihre Stimme und auch die Wahl ihrer Worte. Passender wäre dann: Inzwischen hatte sei ihr falsches, zuckersüßes Gebaren (alternativ: Verhalten, Benehmen) abgelegt.
3. Ein Windstoß überwältigte sie und brachte ihr inneres Gleichgewicht zum Schwanken. - In welchem Zusammenhang steht ein Windstoß (äußer Einwirkung, die körperlich spürbar ist) zu ihrer inneren Stärke (ein nicht sichtbarer Zustand psychischer Natur)? Und wie kann ersterer letzteren beeinflussen?
4. Ich kaufe mir noch schnell ein Glas Wasser - Entweder Bestellt sie es oder sie bezahlt es in der Bar. Aber sich ein Glas Wasser kaufen? Das sagt man so nicht unbedingt.
5. ... während sie langsam merkte, wie ihre Finger taub wurden und drohten nachzugeben. - Hier stören gleich zwei Dinge. Zum Einen die Position des Wortes „langsam". Aya merkt es nicht langsam. Sondern ihre Finger werden langsam taub.( Also: ... während sie merkte, wie ihre Finger langsam taub wurden ... ) Zum Anderen ist nachgeben nicht das passende Wort. Wenn du gegen etwas drückst und es dem Druck nachgibt, dann weicht es zurück. Oder wenn du in einer Meinungsverschiedenheit nachgibst. Auch dann weichst du von deiner Meinungsposition zurück. Oder wenn der Boden unter den Füßen absackt, einkracht oder unter dem Druck den Fußen nachgibt. Aber Ayas Finger drohen doch eher abzurutschen, oder? (Also: ... während sie merkte, wie ihre Finger langsam taub wurden und nachzugeben drohten.)
6. Fast augenblicklich wurde es totenstill. - Streich das „Fast". Es beißt sich mit dem „augenblicklich". Entweder geschieht etwas augenblicklich oder eben nicht.
Nun zu den Dingen, die allgemein aufgefallen sind und deinen Ausdruck beeinträchtigen. Als erstes hätten wir da Wortwiederholungen. Allein den Prolog solltest du dir mal durchlesen und dabei auf die Worte „weiß", „Tür" und „Raum" achten. Auch später häufen sich stellenweise Wiederholungen. Manchmal merkt man auch deine Bemühungen sie zu vermeiden, aber das reicht noch nicht aus. Verlasse dich nicht nur auf Synonyme, sondern nutze auch Umschreibungen. Manchmal hilft es auch, wenn du überlegst, ob du die Sätze und Aussagen, in denen die Wiederholungen vorkommen überhaupt brauchst oder ob sie vielleicht ersatzlos streichen kannst. Ein Beispiel für Wortwiederholungen findest du auch hier:
Als sie merkte, dass sie beobachtet wurde, sah sie zu Mi auf und sah sie fragend an. Mi wiederum, sah jedoch Rae fragend an, weswegen sie beschloss, nun endlich zu fragen, was ihr wirklich auf der Zunge lag. (WW: sah, fragend/fragen)
Als sie merkte, dass sie beobachtet wurde, schaute sie zu Mi auf und hob fragend eine Augenbraue. Mi ihrerseits sah Rae neugierig an und beschloss, sich ein Herz zu fassen und endlich auszusprechen, was ihr schon die ganze Zeit auf der Seele lag.
Von den Wortwiederholungen springen wir mal zu den abschwächenden Formulierungen, den Platzhaltern, die immer dann herhalten müssen, wenn wir es versäumen ein treffenderes Verb oder Adjektiv zu finden, dass genauer beschreiben würde, was wir eigentlich meinen: leicht, etwas, ein bisschen, versuchte usw. Oft schreiben wir diese hin, ohne uns Gedanken zu machen, wie wir das besser beschreiben könnten. Dabei vergessen wir, dass dies den Leser mehr beeinflusst, als uns lieb ist. Oft negativ. Sprich wir halten ihn so auf Distanzen und verhindern selbst, dass er richtig ins Geschehen eintauchen kann. Auch dir passiert das sehr oft.
Bsp. ... ob das an der Kälte, ihrer leichten Wut oder doch an ihrer Angst lag. - Leichte Wut. Wut ist ein sehr, sehr starkes Gefühl. Es durch das Wort leicht abzumildern, nimmt ihm jegliche Kraft, den Kern seiner eigentlichen Bedeutung. Was meinst du, wenn du leichte Wut schreibst. Man überlege kurz, welches existierende Gefühl dazu passen könnte ... Ah! Verärgerung. Und siehe da. Du kannst das relativierende „leicht" streichen, die Wut, die in ihrer Stärke nicht zutreffend ist, weglassen und stattdessen ein Wort verwenden, das in der Gänze seiner Intensität und Bedeutung passt: Verärgerung.
Bsp 2 Mis Herzschlag hatte sich etwas beschleunigt, dennoch beruhigte sie sich schnell wieder. - Hier kannst du das etwas komplett streichen. Es mildert ab und nimmt dem Leser die Aufregung. Dass du noch im selben Satz sofort hinterherschießt, dass sie sich schnell beruhigt ist übrigens ein Spannungs - und Stimmungskiller. Besser wäre: Mis Herzschlag beschleunigte sich. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Nach kurzer Zeit hatte sie sich wieder beruhigt.
Das nächste womit du deinen Text spickst und ihn damit völlig überladen und gekünstelt wirken lässt sind Füllwörter wie : Nun, jedoch, doch, aber usw. Geh sparsamer damit um und überlege dir, ob du die wirklich brauchst. Meist, kannst du deinen Text wirkungsvoller und präziser gestalten, wenn du weitestgehend auf sie verzichtest.
Bsp. Nun betrat Angel wieder den Raum, jedoch mit einem richtig gutaussehenden Erfrischungsgetränk in den Händen.
In diesem Moment kehrte Angel zurück. Sie hielt ein richtig lecker aussehendes Erfrischungsgetränk in den Händen.
Das war jetzt ziemlich viel und vermutlich bist du gerade etwas niedergeschmettert. Ich würde dir gerne schreiben: Alles nicht so schlimm, im Großen und Ganzen liest sich dein Buch echt toll. Aber das kann ich leider nicht. Denn es waren gerade die Mängel im Ausdruck, die mich dazu veranlasst haben, das Buch des Öfteren beiseite zu legen und mich erstmal mit etwas Anderem zu beschäftigen, weil ich es echt anstrengend fand, das zu lesen. Du musst stark an deiner Ausdrucksweise arbeiten. Verstehe mich nicht falsch. Ich denke schon, dass du das eigentlich ganz gut kannst. Und ich glaube auch, dass du einen weitgefächerten Wortschatz hast, das blitzt oft durch. Aber du musst von deinem eigenen Anspruch anspruchsvoll schreiben zu wollen, wegkommen. Oft ist weniger mehr. In deinem Fall muss sehr viel weniger her, damit das alles nicht mehr so unecht rüberkommt.
Ich denke, dass du das kannst. Aber es bedarf einer gründlichen Überarbeitung deines Textes.
Grammatik 1,5
Werden die korrekten Zeiten konsequent benutzt oder wird in den unterschiedlichen Zeitformen gesprungen?
0,5 Du springst des Öfteren mal in den Zeiten. Bei Rückblicken (z.B. als Mi sich an die Zeit erinnert, als Emi und sie noch jünger waren) geht dir das Plusquamperfekt flöten. Da musst du besser drauf achten. Aber auch zwischendrin passieren dir mal Zeitenfehler, so wie hier:
Bsp. Das war der Zeitpunkt gewesen, ab dem Mi eben verloren war. - Hier beginnst du unnötiger Weise im Plusquamperfekt. Da wir mitten im Geschehen sind und die Geschichte im Präteritum stattfindet, wäre auch da die einfache Vergangenheit korrekt: Das war der Zeitpunkt, ab dem Mi verloren war. (eben=Füllwort)
Was dir auch hin und wieder durch die Lappen geht, ist die korrekte Verwendung des Konjunktivs: Jeden Moment rutscht sie ab. (Das impliziert, dass sie in jedem stattfindenden Moment abrutscht. Also andauernd. Immer wieder). Was du aber meinst ist die Möglichkeitsform/Konjunktiv: Jeden Moment würde sie abrutschen.
Eine Sache, die du auch gerne machst, ist Aussagen und Fragen in einen Satz zu packen. Das geht nicht, denn das eine ist eine Aussage und wird mit einem Punkt oder einem Ausrufezeichen gekennzeichnet. Das andere ist eine Frage und muss dementsprechend mit einem Fragezeichen kenntlich gemacht werden.
Bsp: Nicht gleich so unsensibel, schließlich tut sie uns hier einen Gefallen, oder etwa nicht? Besser: Nicht gleich so unsensibel! Schließlich tut sie uns hier einen Gefallen. Oder etwa nicht?
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Interpunktion
0,25 Überwiegen gelingt dir die Zeichensetzung ganz gut. Hin und wieder solltest du darüber nachdenken, ob ein Punkt statt eines Kommas nicht mehr Wirkung zeigen und den Satz übersichtlicher gestalten würde.
Bei der Kommasetzung beherrschst du die Basics recht sicher, aber ich würde dir empfehlen, dir insbesondere noch mal dir Regeln zu den Relativsätzen und Infinitivgruppen anzuschauen.
Eine Sache, die du gerne machst, ist Aussagen und Fragen in einen Satz zu packen. Das geht nicht, denn das eine ist eine Aussage und wird mit einem Punkt oder einem Ausrufezeichen gekennzeichnet. Das andere ist eine Frage und muss dementsprechend mit einem Fragezeichen kenntlich gemacht werden.
Bsp: Nicht gleich so unsensibel, schließlich tut sie uns hier einen Gefallen, oder etwa nicht? Besser: Nicht gleich so unsensibel! Schließlich tut sie uns hier einen Gefallen. Oder etwa nicht?
Bei Auslassungspunkten kommt vor dem oder nach dem Wort ein Leerzeichen.
Ich konnte nicht ...
... ich konnte nicht.
Rechtschreibung 1,0
0,6 Auch bei der Rechtschreibung bist du überwiegend sicher. Flüchtigkeitsfehler, bei denen mal ein Wort oder ein einzelner Buchstabe vergessen wurde, sind häufiger, als die Fehler, die nicht beim Tippen entstanden sind.
Der Dokumentation ... Die Dokumentation ist ein Fall, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob du es nur im Eifer des Gefechts mit dem falschen Artikel versehen hast.
Anders als bei DAS Gebäudekomplex. Der Artikel ist maskulin und richtet sich nach dem zweiten Teil der Wortkomposition (Komplex) Also DER Gebäudekomplex.
Nächster Punkt sind Wortkomposita: Beamreichweite, Sprungreichweite und Sauerstoffspeicherung werden ebenso zusammengeschrieben, wie Homebutton oder Terrormiliz. Du schreibst ja auch nicht: Bett-Pfanne oder Kühlschrank-Tür.
Dann lasse Vorsichtwalten bei der Nominalisierung.
Bsp: Das Gummi-artige Federn. - Das „Das" bezieht sich auf das Federn. Das darf auch nominalisiert werden. Aber „gummiartig" beschriebt hier nur wie das Federn ist. Somit ist ein ein adjektiv und muss kleingeschrieben werden.
Sonstige Anmerkungen
Mein Gesamteindruck von Everything is blue, ist folgender: Ich denke, dass du daraus ein richtig gutes Buch machen könntest, wenn du dich mit viel Mühe dahinter klemmst und vor allem an deinem Ausdruck und der Emotionalität arbeitest. Geh mehr in die Tiefe und verzichte auf das Hochtrabende. Du kannst auch zeigen, was du drauf hast, ohne dass du dich derart kompliziert ausdrückst.
Ich finde, dass deine Geschichte einen spannenden Kern und einen guten Plot hat. Nimm dir noch etwas mehr Zeit die Einzelheiten auszuarbeiten.
Wenn du das alles mit viel Geduld und harter Arbeit nochmal angehst, kannst du aus deiner Story ein richtig gutes Ding machen!
Im Moment würde ich dein Buch nicht weiterlesen. Die Gründe dafür habe ich ja schon dargelegt.
Aber ich glaube, dass du das Zeug dazu hast, dich noch einmal dahinter zu klemmen und es auszubessern. Dabei wünsche ich dir ganz viel Erflog und vor allem Spaß, denn der sollte bei allem anderen wirklich nicht verloren gehen.
Steck den Kopf nicht in den Sand, sondern mach was draus. ^^
Gesamtpunktzahl 8,57/ 18
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