9 - ladybug

Chat Noir hatte das Gefühl, sein Herz würde zerbrechen, fragil und zitternd zum Stoppen kommen.

Vielleicht träumte er nur. Vielleicht war das einer dieser viel zu realen Albträume, aus der man einfach nicht aufwachen konnte, egal wie sehr man versuchte, sich selbst wachzuschreien.

Das dumpfe Geräusch eines Körpers auf Stein bracht die atemlose Stille. Schmerzen durchschossen ihn, doch rappelte er sich hoch und rannte auf sie zu - jeder Schritt wie auf Treibsand, und dann war er viel zu schnell da -

Der rote Anzug war voller Staub, dass die Punkte darauf grau waren. Die Zöpfe waren zerzaust, der eine gelöst und die Stränen umschmückten ihren Kopf wie einen Heiligenschein. Sie hatte die Augen geschlossen, lag halb auf der Seite, die eine Hand über ihrem Bauch, die Andere am Boden.

Sie sah aus, als würde sie schlafen.

Nur bewusstlos, nur bewusstlos - dachte Chat Noir, einem Mantra gleich. Vergessen war der Gegner hinter ihm oder die Zivilisten zwischen den Pflanzenarmen -

,,M'Lady -", hauchte er, kniete sich neben sie - ein Blutrinnsal entflüchtete ihrem Mundwinkel. Ihr Kopf war verdreht, der Hals dick angeschwollen -

Seine Welt schien zu kippen, ihm wurde schlecht. Sie atmete nicht.

Warum atmete sie nicht?

Sein Arm fühlte sich unendlich schwer an, als er ihr vorsichtig näherkam, die Krallenspitzen berührten sachte ihre Wange - sie reagierte nicht.

Seine Hand zitterte, als er ihr eine einzelne Haarstähne aus den geschlossenen Augen strich - betete, sie würde sie öffnen und beruhigend lächeln, bevor sich sich grinsend ShadowMoth zuwenden würde und ihm mit einem lockeren Spruch weismachen würde, er hätte schonwieder verloren - doch sie blieb liegen, ohne zucken, lächeln, lachen, ohne Atem und ohne Wärme oder Farbe, die sie so schön gemacht hatte.

Ihre Haut schien zu verblassen, der blaue Glanz wich aus ihrem Haar, das Rosa aus ihrem Lippen.

Chat Noir hielt den Atem an, blendete die Schmerzen in seinem ganzen Körper aus - Sie musste doch aufwachen -

Er spürte etwas warmes über sein Gesicht laufen - eine einzige Träne, die blutrot leuchtend auf den Stein neben ihr fiel -

Plötzlich strahlte sie auf - ein rosanes Leuchten, Glitzern, umhüllend wie ein Mantel, strahlend hell wie Sterne, warm. Der Anzug löste sich auf, die Maske verschwand und ein kleines Wesen wurde aus den nun schwarzen Ohrringen geschleudert und Chat Noir fing den Kwami unwillkürlich auf.

Er hatte die Augen geschlossen - er wollte nicht hinsehen, sie wollte das nie - Sie wollte ihre Identitäten geheimhalten - er hatte nicht das Recht sie jetzt - etwas regte sich in seiner offenen Hand, so schwach und leicht, doch riss er die Augen auf und starrte auf das magische Wesen, dass ihre Augen geschlossen hatte, aber doch die kleinen Fühler am Kopf erzittern ließ, und sie atmete -

Sein Blick fiel auf das Mädchen am Boden.

Die Zeit schien stillzustehen.

Sein Kopf schien leergefegt, sein Sichtfeld eingeschränkt, das Rauschen kehrte in seine Ohren zurück, er schmeckte nichts als Blut -

Sie hatte die Haare nun offen, ihre Klamotten so staubbedeckt, wie ihr Anzug vorher, die Augen geschlossen. Die Blutspur erreichte ihr Ohr, umrundete den schwarzen Ohrschmuck - tropfte auf den Boden.

,,Marinette -" flüsterte er, ohne Ton, nur seine Lippen bewegten sich.

Es war ein panischer Schrei seines Namens, der die Zeit wieder weiterlaufen ließ - die Rufe von Nino im Hintergrund, die blauen Augen des Kwamis in seiner Hand und das Krachen einer Pflanze, die auf den Boden aufschlug und nach ihnen greifen wollte -

Chat Noir reagierte instinktiv, umgriff die Taille seiner Freundin und sprang außer Reichweite des Sentimonsters - ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter, Tikki in seiner Hand. Er hörte das zornige Brüllen von ShadowMoth, das Bersten von Steinen, dort, wo ihr Blut den Boden benetzt hatte. Er hörte seinen Herzschlag pochen und die Stille des Körpers in seinen Armen - kein Atem, kein Herzschlag. Nichts.

Chat Noir spürte den Asphalt unter seinen Füße kaum, als er hinter den nächsten Häusern verschwand, den Platz und ShadowMoths Blick hinter sich lassend, und Marinette vorsichtig von seinen Armen gleiten ließ.

Er hörte das Krachen im Hintergrund nicht, als ShadowMoth versuchte, ihn mit seinen Armen zu erreichen - und nur scheiterte, da er ihn nicht sehen konnte.

Als ihr Kopf schlaff zur Seite rollte, sobald er sie auf die Holzbank ablegte, traf ihn der Schlag - und es schnürte ihm die Kehle zu, genaus wie es sein Herz entzwei riss - Marinette würde nicht aufwachen.

Er würde nie wieder ihre himmelblauen Augen leuchten sehen.

Er würde nie wieder den lieblichen Klang ihrer Stimme hören, oder ihr Lachen.

Eine weitere Träne verließ sein Auge, er hatte das Gefühl, erneut zu ersticken -

,,Chat!"

Er war nur ein leiser Hauch von Klang, doch für ihn so laut, als hätte sie geschrien. Aus seinem sanften Griff heraus starrten ihn zwei dunkelblaue Augen unendlich traurig an.

,,Chat", flüsterte Tikki wieder, diesesmal eindringlicher. Ihr Blick hielt den Seinen fest, der Ausdruck darin erinnerte ihn an Ladybug - ein Blick der ihm sagte, er würde wissen, was er tun sollte, wenn es soweit war - derselbe Blick wie Ladybug ihn angesehen hatte, bevor sie ihm die Brille in die Hand drückte und sich wieder dem Sentimonster zugewandt hatte.

Das Pferde-Miraculous.

Er würde wissen, was er tun musste. Auch wenn sie vor wenigen Minuten noch nicht wusste was es war, aber sie hatte gewusst, dass Chat Noir das Miraculous brauchen würde. Dass er es brauchte, weil sie sterben würde.

Es war ein weiterer Schlag in die Magengrube, ein scharfer Schmerz, denn er musste sie hierlassen - Zitternd setzte er sich die Brille auf die Nase.

,,Kaalki - Plagg - vereint euch".

Er spürte das warme Kribbeln nicht. Er sah nicht, dass sein Anzug an den Armen und Beinen weiß wurde, seine Haare sich zu einem Zopf verbanden und der Gürtel an der Spitze ins Weiße überging - Er starrte nur auf die reglose Gestalt auf der Holzbank.

Plötzlich wirkte sie dünn und zerbrechlich.

Er konnte sie einfach nicht alleine hier lassen.

Sein zerrissenes Herz ließ das nicht zu.

,,Chat, die Ohrringe", flüsterte Tikki eindringlich, in ihrer Stimme konnte er nichts als Schmerz hören. Er bewegte sich nicht.

Sie war tot.

Sein Atem beschleunigte. Das war ein Albtraum. Das musste es sein.

Er hörte die Schritte Ninos, bevor er ihn sah - Entsetzen im Gesicht, bleiche Haut, die Hände verkrampft.

Ein Ruck durchfuhr Chats Körper, er stolperte zu Marinette - zu Ladybug zurück, landete auf den Knien.

Dann griff er zu, sachte und vorsichtig, um sie nicht zu verletzen, nahm die Schmuckstücke von ihren Ohren und legte sie in die Tasche seines Anzugs - dann blieb Nino neben ihm stehen. Chat hörte seine Versuche, irgendetwas zu sagen, aber er schüttelte nur den Kopf. Diese Bewegung allein schmerzte - ihm wurde bewusst über die aufgerissene Haut am Hals und die Platzwunde am Kopf, als er wieder Ninos Hände sah - an ihnen klebte sein Blut.

,,Pass auf sie auf", sagte er, brüchig, klanglos, starrte Nino an und blinzelte nicht, bis dieser nickte.

Dann riss Chat sich los, in dem Wissen, sie zurückzulassen, für immer.

Als er das Portal erschuf hinter dem er ihr Zimmer sah, blickte er nicht zurück - er wusste, dann wäre er geblieben. Er wusste, dass er nicht ertragen hätte.

Als er durch das Portal ging, war es als bliebe er hier, an dieser Bank, bei Ladybug - zumindest ein Teil von ihm. Als sich das Portal schloss, schien es das Band zu durchtrennen, als risse es den Teil von ihm aus seiner Seele, welches seine Liebe zu ihr war, nur um es ihm gebrochen zurückzugeben.

Sein Blick verschwamm, fokussierte sich - ihr Computer war angeschaltet, die Nachrichten liefen - live. Aber der Ton schien aus - bis er merkte, dass keiner sprach. Er verbat sich, weiter umzusehen, er musste denken - handeln können - das wollte sie von ihm -

Tikki neigte ihren Kopf in die Richtung einer rosanen Kiste.

,,Der Code - ist beige - gelbgrün - gelborange - mintgrün", flüsterte sie und Chat verstand - als er die Kiste öffnete erkannte er Rollen aus farbigen Garn - die sich wie Knopfe herunterdrücken ließen - seine Hände zitterten noch immer, sein Kopf war wie leergefegt, als er den Code eingab und die rote Schatulle offenbarte. Rot, schwarze Punkte. Er kniff kurz die Augen zusammen, riss sich zusammen und klemmte die Schatulle unter den Arm - griff sich den Stick, der daneben lag und drehte sich zum Fenster -

Ihm fehlte der Atem, eine ferne Gestalt auf den Dächern, zu weit entfernt, um das Gesicht zu erkennen - ShadowMoth war direkt auf dem Weg hierher. Er wollte die Schatulle holen, bevor Chat Noir wieder handeln konnte. Er wusste vielleicht nicht, wo Ladybug war, aber er wusste, wo die Schatulle war -

Etwas brodelte in seinem Inneren, doch Chat schluckte es herunter - er musste denken - er musste funktionieren - also verbannte er alle Gefühle, alle Gedanken und drehte sich mechanisch weg - sprang aus dem Fenster und floh über die Dächer wie ein Schatten, der er nur noch war. Als ein Schatten, wie er es immer gewesen war - Ladybugs Schatten.

Unsichtbar für den Schurken, der nichts sah, außer seinem Ziel - dem Zimmer von Marinette Dupain-Cheng.

Chat Noir achtete nicht auf den Weg. Er rannte nur weg.

Und mit jedem Schritt nahmen die Schmerzen zu - bis er stolperte, die Beine nicht mehr spüren konnte und fiel - irgendwo in die Schatten hinein, und ohne noch zu bemerken, wie er unten aufschlug.

***

Als sein Bewusstsein zurückkehre fühlte er nichts anderes als Feuer - brennend heißer Schmerz, scharfes Reißen an den Muskeln und blutende Leere im Inneren.

Er spürte seine Beine nicht. Der warmen Flüssigkeit nach, in dem sein Kopf ruhte, blutete seine Kopfwunde nochimmer. Sein Hals brannte. Er fühlte sich zu schwach, um zu atmen.

Er starrte in den Himmel. Die tiefe Sonne färbte ihn unschuldig golden,  schien ihn zu verhöhnen. Er spürte leicht, dass jemand an seinem Hemd zupfte, doch er reagierte nicht - er hätte nicht die Kraft dazu gehabt. Er fühlte sich wie eine Marionette, dessen Fäden nun durchschnitten waren. Er konnte nichts tun - er wollte nichts tun.

Wenn er liegen bleiben würde, drehte sich die Welt vielleicht weiter - oder zurück. Und alles blieb nur ein schrecklicher Traum, den er niemals vergessen - aber durchaus verkraften könnte - anders als die bittere Realität seiner Wirklichkeit.

Er lag in einer Gasse - die Häuserwände schränkten seine Sicht auf den Himmel ein, spendeten Schatten. Wenn er liegen bleiben würde, würde ihn niemand jemals finden, dachte er. Es war der erste Gedanke, den er formen konnte - dann brach alles zusammen.

Die Empfindungen der letzten Stunde, die Gefühle, die Schmerzen alles aufeinmal - er schrie erbärmlich auf, es raubte ihm die Luft -

Er war geflohen, die Schatulle -

Der Gedanke riss ihn hoch, sein Rücken knackte, es war ihm egal - die Schatulle! Er drehte den Kopf, ignorierte das Blut, das nun aus seinen Haaren tropfte und von seinem weißen Hemd aufgesogen wurde. Er sah drei Kwamis auf seinem Knie sitzen - die Schatulle! Nicht anderes kam ihm in den Sinn, er hatte sie doch nicht - da lag sie. Unschuldig glänzend, das Rot nur ein wenig heller als die Blutlache, in der sie ruhte.

Erst dann wurde ihm bewusst, das er nicht konnte - er konnte nicht aufstehen - Adrien griff nach der Box, sah sich in den Schatten um - Mülltonnen, Gullideckel - seine Arme zitterten wieder, als er sie nach dem Metallgitter ausstreckte - er kroch über den Steinboden, das Gitter war zu schwer für ihn. Ein tiefes Loch war zu sehen, unten tiefschwarzes Wasser. Zitternd ließ er das Eisengitter wieder los - das Risiko war ihm zu groß, er würde sie nie wieder finden, doch - er konnte nicht aufstehen.

Und die Schatulle konnte hier nicht bleiben. Er würde diese Gasse nie wieder finden - er wusste ja nicht einmal wo hier war.

An nichts anderes dachte er, nur an dieses Kästchen voller magischer Schmuckstücke - nichts anderes ließ er zu, nichts anderes drang durch sein Bewusstsein, sonst wäre er erneut zusammengebrochen.

Würde den Fokus verlieren.

Die Schatulle.

Das Einzige, was ihn davon abhielt, weiter abzustürzen.

Vielleicht sollte er warten - warten, bis jemand kam, der ihm helfen konnte, jemand, der die Miraculous schützen konnte, bie er wieder stehen konnte, jemand wie Ladybug -

Seine brüchige Mauer stürzte ein wie ein Kartenhaus. Schmerzende Gedanken holten ihn ein, wie ein Hai seine Beute, bissen sich fest, raubten ihm die Sinne.

Ladybug.

Schwindel überkam ihn, die schwarzen Flecken tauchten wieder auf, drohten, ihm das Bewusstsein zu nehmen - er umklammerte das Eisengitter am Boden, suchte nach Halt, um nicht abzustürzen.

Ladybug war tot.

Die Bedeutung dieser Gedanken hielt ihn wach - riss an seinen Mauern, an den Grundfesten seiner Welt.

Und Tikki schien seine nächsten Gedanken zu erraten - ,,Der Glücksbringer kann Tote nicht zurückholen. Alles - nur Tote nicht."

Adrien fiel. Er lag am Boden und fiel ins Dunkle, nur diese Schatulle hielt ihn fest.

Die Schatulle, die niemand finden durfte. Die vorallem ShadowMoth nicht finden durfte. Ladybugs vielleicht letzter Auftrag an ihn - auch wenn sie es nicht geahnt hatte.

Also atmete er ein. Und aus. Stützte sich ab, bewegte die tauben Beine, stand auf. Unterdrückte die Schreie in seiner Kehle, verbannte den Schmerz in die hinterste Ecke seiner Gefühle.

,,Plagg?", fragte er, die Stimme kratzig. Drehte sich zu den Kwamis um - sie schwebten knapp vor ihm in der Luft, die kleine schwarze Katze hielt Tikkis Hand. Sie sahen müde aus. ,,Plagg - ich habe nicht -"

,,Ist schon okay. Du wirst nur nicht so viel Zeit haben." miaute die Katze, der Schalk aus seiner Stimme verwunden, sie war ungewohnt sanft. Adrien atmete tief ein, stützte sich gegen die Häuserwand, griff nach der Brille auf seiner Nase - ,,Danke, Kaalki", hauchte er noch, dann nahm er sie ab und der kleine Pferde-Kwami leuchtete auf, bevor sie verschwand. Er griff nach der Schatulle, klemmte sie unter den Arm - ,,Plagg, verwandle mich."

Die Verwandlung hatte sich immer warm angefühlt - warm und beruhigend, gebündelt mit dem Gefühl, frei zu sein. Jetzt tat sie einfach weh - das grüne Leuchten stach, das Kribbeln brannte. Die schwarze Maske schmerzte auf seinem Gesicht.

Er spürte nur wage, dass sich Tikki an seiner Schulter festkrallte, bevor er sich mit dem Stab wieder nach oben hievte. Er rutschte über die Dächer, stolperte über die Schluchten dazwischen.

Er wusste, er würde es nicht nach Hause schaffen - aber er erreichte ihren Ort - das einsame Dach, auf dem sie sich immer trafen, wo sie geredet und gescherzt hatten, wo sie über seine schlechten Witze und dummen Aktionen gelacht hatte. Und er erreichte die Öffnung vom Lüftungsschacht. Der einzige Ort, der ihm in den Sinn kam, wo weder irgendein Passant, noch ShadowMoth die Schatulle finden konnte.

Mit einem leisen Klonk setzte er die Box auf das Blech und verschloss das Gitter. Sein Atem war schwer, als er langsam vom geschlossenen Schacht zurücktrat. Er spürte die Müdigkeit wieder seine Glieder hochkriechen, wusste, er würde nicht mehr lange stehen können.

Doch nach Hause wollte er eh nicht. Er wollte nur noch zurück zu ihr. Marinette. Ladybug. Zu der einsamen Bank aus Holz, beschienen von der lachenden Sonne.

Chat wandte den Blick von dem Dach ab, zu den Sirenen hin, die durch die Straßen von Paris hallten. Die riesige Pflanze, die man weit über die Dächer hinweg hätte sehen müssen, war verschwunden - ShadowMoth musste sie vernichtet haben. Denn er hatte verloren. Schon wieder.

Aber Chat hatte dieses Mal auch verloren.

Der Weg zurück war wie im Traum - er bekam nichts weiter mt als das Geräusch des Windes und das Jaulen der Rettungswagen. Ohne Ladybug wurde nichts repariert - auch die Verletzungen des Menschen. Doch daran dachte er nicht. Er bemerkte auch nicht, wie seine Beine immer häufiger wegknickten. Wie Tikki ihm zurief, er solle anhalten. Er bemerkte nicht, dass sich sein Blickfeld einschränkte und ihm das Atmen wieder schwerer fiel.

Aber er merkte, dass er sein Ziel nicht erreichte. Ladybug war so weit entfernt. Zu weit. Er hatte ihr den Rücken gekehrt und konnte nun nicht mehr zurück zu ihr -

Die Schmerzen brachen wieder über ihn herein, das Gleichgewicht verließ ihn, das Nächste was er fühlte, war das heiße Brennen der Rückverwandlung und harter Stein unter seinem Rücken.

Die Ohnmacht hieß er willkommen wie einen alten Freund. Er verlor sich in Dunkelheit und entfloh seinen Gedanken und all dem Schmerz.

Und vielleicht hoffte er, dass er wieder aufwachen würde und alles wäre wieder gut.

***

Sie fanden Adrien Agreste bewusstlos in einer Gasse. Sein weißes Hemd war von seinem Blut vollgesogen, das aus einer Platzwunde am Hinterkopf sickerte. Der dünne Pullover darunter war zerrissen und offenbarte dunkelrote Druckstellen an der Brust. Die Haut am Hals war aufgerissen, der rechte Arm verdreht. Er wachte nicht auf, als Sanitäter um ihn herumliefen, die Wunde fixierten und den Hals verbanden - er regte sich nicht, als sie ihn auf eine Trage hoben und in den Rettungswagen schoben - er hörte ihre Ausrufe nicht und die Unterhaltungen darüber, wie viele Menschen durch das Sentimonster verletzt waren.

Adrien Agreste wusste nicht, wie viel Glück er hatte, es in die Nähe des Eiffelturms geschafft zu haben, dort, wo sie nach Verletzten gesucht hatten, innerhalb der Reichweite des Sentimonsters. Er wusste nicht, das er Glück hatte, gefunden zu werden.

Adrien hörte ihre Fassungslosigkeit nicht, konnte ihr Entsetzen nicht sehen und bemerkte ihre Angst nicht.

Er fühlte nichts als bodenlose Ruhe in grenzenloser Dunkelheit. Er dachte an nichts und klammerte sich an die schönen Erinnerungen, die längst verblassten.

Marinettes Lachen, als sie im Park picknicken waren. Ladybugs Lächeln, als er einen Wortwitz fallen ließ, der absolut nicht witzig war.

Ihre Stimme, wenn sie ihm versicherte, sie wären ein Team. Freunde.

,Du und ich gegen die Welt, Mylady'

Marinettes Starren, wenn sie glaubte, er würde es nicht bemerken. Oder ihr Gebrabbel, wenn sie versuchte, mit ihm zu reden, aber zu nervös war, um die Sätze aussprechen zu können.

Ihr konzentrierter Blick beim Zeichnen oder ihr Ausdruck der Entschlossenheit, wenn sie sich für andere einsetzte.

,Kein Wunder, dass ich mich in dich verliebt habe.'

Ein Pochen im Schädel holte Adrien aus seinem Schlaf. Es kratzte unangenehm in der Kehle. Seine Arme schienen schwer, die Beine blieben taub. Er hörte ein Piepen neben seinem Ohr und den schweren Atem einer Person. Er versuchte, sich zu bewegen, doch nichts reagierte, bis auf ein Zucken seines kleinen Fingers.

Der Atem verstummte kurz, als hielte die Person neben ihm die Luft an.

Jetzt spürte Adrien endlich die fremde Hand auf der Seinen. Den Druck auf seinem Gesicht. Und langsam kehrte das Brennen im Brustkorb zurück. Ein scharfes Stechen ließ ihn zischen, das Piepen wurde schneller, die Hand ließ ihn los.

Dann fühlte er wieder gar nichts, driftete zurück in den tiefen Schlaf.

Diesmal weckte ihn eine Stimme, die er nicht kannte. Das Stechen war zu einem unangenehmen Pochen abgeflacht, das Piepen erfüllte noch immer den Raum, aber diesmal hielt keiner seine Hand. Adrien lauschte den Worten des Fremden, bis dessen Gegenüber antwortete - er erkannte die harsche Stimmlage seines Vaters. Er verstand die Wörter nicht, das Piepen war zu lat, das Blut rauschte in den Ohren. Er versuchte erneut, sich zu bewegen und diesmal flatterten seine Augenlider.

Das Licht im Zimmer war gedimmt. Vielleicht war es Abend, oder die Fenster verhangen. Adrien starrte direkt auf eine weiße Decke, auf der nur schwache Schatten zu sehen waren. Er fühlte die weiche Bettdecke unter seinen Fingerspitzen und die Matratze unter seinem Rücken. Er roch diesen sterilen Geruch und schmeckte die Trockenheit der Luft durch das Atemgerät. Er war nicht zuhause.

Er musste im Kampf verletzt worden sein, so dachte er und glaubte zu träumen, die warme Hand umschließe Seine noch immer - viellecht war es Ladybug, die neben ihm Wache hielt, bis er heilen konnte, während sein Vater mal wieder ein Aufsehen veranstaltete, welches gar nicht nötig war - seine Art, ihm zu zeigen, dass er sich um ihn sorgte. Dann würde er reinkommen und Ladybug neben ihm anlächeln und meinen, wie inkompetent die Ärtzte doch waren - Adriens Gedanken stockten.

Sein Vater durfte nichts von Ladybug wissen. Sie konnte doch gar nicht hier sein, es würde seine geheime Identität verraten. Er konnte sich auch nicht im Kampf verletzt haben, Ladybug hätte ihn wieder mit dem Glücksbringer heilen können - Ladybug -

Adriens Lippen entfloh ein Keuchen, als die Erinnerungen zurückstürzten und ihm den Atem raubten. Es gab keinen Glücksbringer. Und Ladybug -

Adrien unterdrückte den Schrei in seiner Kehle, biss sich auf die Lippe, als ihn die Realität zurückholte.

Ladybug war Marinette. Und sie war tot.

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Guten Morgen, wie geht's euch?

Gebt mir doch gerne wieder eine Rückmeldung, wie euch das Buch bisher gefällt (oder ob ihr was zu meckern habt - nur raus damit, Kritik kann ich immer gebrauchten xD)

Ich wünsche euch noch einen wunderschönen Tag/Abend/Nacht, bis nächste Woche *winkt*
LG Danni

Artwork:

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