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Diana schaut mich mit großen Augen an. In Giulias Blick sehe ich Unsicherheit. Ich glaube, dass sie unschlüssig ist, ob sie mehr davon hören möchte oder nicht. Sie kennt es schließlich nur, nichts oder fast nichts zu wissen.
"Als ich bei den Berlusconi war und wir in dieser Arena waren", fange ich an, werde jedoch von Diana unterbrochen: "Was für eine Arena?"
"Das war so eine riesige Halle, da sollte der Kampf stattfinden", erkläre ich kurz und will weiterreden, als Diana die nächste Frage stellt: "Was denn für ein Kampf?" Ihr Gesicht zeigt dabei puren Schock.
"Die Berlusconi haben einen Kampf veranstaltet, bei dem Damian und mein Vater gegeneinander antreten sollten und der Gewinner sollte mich als Preis bekommen."
"Und der Verlierer?", hakt Diana nach.
Ein Teil von mir ist geschockt, dass die beiden wirklich überhaupt nichts wissen. Den anderen Teil in mir wundert es jedoch gar nicht.
"Mein Vater hätte sich mit seinen Leuten den Berlusconi unterordnen müssen und Damian hätte meinen Platz in der Zelle eingenommen."
"Also gehört dein Vater wirklich offiziell zu den Berlusconi, weil er verloren hat!?", versucht Diana die Informationen zusammen zu fassen.
"Nein! Also nicht das ich wüsste. Es kam nicht zum Kampf. Als es gerade losgehen sollte, sind Rauchbomben gezündet worden und dann ist ein riesen Chaos ausgebrochen. Ich wurde weggebracht und kurz darauf haben Damian, Enzo und Jack mich da rausgeholt. Wusstet ihr gar nichts davon?", frage ich nach.
Diana und Giulia schütteln den Kopf.
"Ich wusste, dass du weg bist und das du bei den Berlusconi bist. Und dann wusste ich, dass die Jungs dich befreit haben. Das ist alles", erklärt Giulia und Diana nickt zustimmend.
"Komm zurück zur Arena. Wir sollten das Gespräch möglichst nicht führen, wenn die Jungs wiederkommen!", erklärt Diana, was bei mir Fragen aufwirft.
"Warum nicht?"
"Frauen sollen sich mit diesen Themen nicht befassen", seufzt Diana frustriert.
Ein Handy gibt einen kurzen Ton von sich. Giulia zieht ihr Handy hervor und schaut drauf. "Ich muss los. Enrico kommt jetzt", während sie das sagt, fangen ihre Augen an zu leuchten. Sie verabschiedet sich und ist schon weg.
Fragend schaue ich Diana an: "Wer ist Enrico?"
"Giulias Sohn. Er ist 15 und geht auf ein Internat. Giulia versucht ihn hier möglichst rauszuhalten. Zumindest solange es geht. Sie möchte, dass er mit 18 selbst entscheidet. Er kennt die Mafia und weiß vieles, aber das Internat ermöglicht ihm ein ganz normales Leben."
Verstehend nicke ich.
"Jetzt erzähl von der Arena!", fordert Diana mich auf und wechselt somit wieder das Thema.
Ich erzähle Diana davon, dass ich Matteo mit Michael Berlusconi habe reden sehen und von meiner Vermutung, dass sie gestern Nacht ebenfalls geredet haben.
"Das wäre ein krasser Verrat. Nicht nur gegen die Mafia Familie, sondern auch gegen die Blutsfamilie! Und bei beidem kennt die Mafia keinen Spaß!", erklärt Diana mir.
"Aber warum sollte Matteo etwas mit Michael zu tun haben?" Ich habe zwar überhaupt kein gutes Bild von Matteo, aber er ist doch ein Teil des Inneren Kreises, oder nicht?
"Matteo ist nicht zufrieden mit Damian als Capo", fängt Diana an.
"Capo?", frage ich.
"Boss!"
Verstehend nicke ich. Ich erinner mich an eine Konversation zwischen Matteo und Sandro.
"Du weißt doch genauso gut wie ich, dass sie nicht hier sein sollte! Damian sollte nicht gegen, sondern mit den Berlusconi arbeiten. Und wenn er das nicht sehen kann oder will, dann muss ich mich da eben selbst drum kümmern!"
Das waren Matteos Worte, bevor er mit seiner Waffe geschossen hatte.
Diana unterbricht meine Gedanken und erzählt weiter: "Matteo war der Bruder von Damians Vater. Er war sich sicher, dass er der neue Capo sein würde, wenn sein Bruder stirbt. Besonders da Damian gerade mal 19 war. Im Regelfall wirst du erst mit 50 Capo oder in einem Todesfall frühestens mit 21. Daher war für Matteo nach Pietros Tod klar, dass er den Posten übernimmt. Aber es kam anders. Matteo hat diese Niederlage nie verkraftet. Er hat schon öfters versucht, Damians Anordnungen zu umgehen und seinem eigenen Kopf zu folgen."
"Und was macht Damian?" Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er das einfach so zulässt.
"Schwierig. Er hat ihn schon oft in die Schranken gewiesen. Jedoch steht für Damian Familie an erster Stelle. Ich glaube er würde es nicht einfach übers Herz bringen seinen eigenen Onkel wie einen Verräter zu behandeln. Daher sollten wir auch handfeste Beweise haben, bevor du Damian irgendetwas von deinen Beobachtungen erzählst."
"Was denn für Beweise?", frage ich schockiert.
"Wir müssen Matteo beobachten. Herausfinden, ob er sich mit Michael trifft. Ihre Gespräche belauschen. Ihn auf 'frischer Tat' ertappen quasi", erklärt Diana schon fast euphorisch.
"Ähm, aber", setze ich an, doch werde von Diana unterbrochen. "Nein! Kein aber! Bitte! Ich möchte mich beweisen, aber ich bekomme von den Jungs keine Chance dazu. Du bist meine Chance. Damian vertraut dir und ich glaube, dass er dich liebt. Er wird dir nicht böse sein und"
Alle weiteren Worte von Diana scheine ich gar nicht mehr aufzunehmen. Sie glaubt, dass Damian mich liebt? Liebe ist ein sehr großes Wort. Das hat bisher noch nie jemand zu mir gesagt. Meine Eltern und Großeltern haben mir gesagt, dass sie mich liebhaben, aber das ist ja auf gewisse Art und Weise deren Pflicht. Aber jemand anderes?
"Maya?", ertönt Dianas Stimme.
"Mhm?", gebe ich zurück.
"Alles in Ordnung?" Ich nicke nur.
Diana schaut mich noch kurz verwirrt an, aber spricht dann weiter: "Also, bist du dabei? Hilfst du mir?"
Ich ringe mit mir selbst. Ich war schon immer sehr neugierig. Und ich finde, dass wir Frauen zusammenhalten müssen. Gleichwohl habe ich Angst, was dabei alles passieren kann. Ich springe über meinen Schatten und sage: "Ich bin dabei!"
Diana fängt an über das ganze Gesicht zu grinsen. Man sieht ihr an, dass sie sich freut. Dann fällt sie mir in die Arme und überschüttet mich mit Dank.
"Dann brauchen wir jetzt die richtigen Outfits!", ruft sie.
"Die richtigen Outfits für was?", ertönt plötzlich eine Stimme hinter uns. Geschockt drehen wir uns zur Tür und sehen Jack im Türrahmen stehen.
"Für einen kleinen Mädelsausflug!", sagt Diana. Kleiner Mädelsausflug? Eine schöne Umschreibung für eine Beschattung.
"Daraus wird heute nichts! Maya, wir treffen uns in Damians Büro und wollen gleich los!", erklärt Jack schulterzuckend.
"Wohin fahrt ihr?", fragt Diana neugierig. Gute Frage!
"Nicht relevant! Komm, Maya!", antwortet Jack kurzangebunden.
Ich sehe, dass Diana über diese Reaktion traurig ist, auch wenn sie versucht es zu verstecken.
Ich zucke mitleidig mit den Schultern und drücke sie nochmal kurz. "Ich melde mich später bei dir", sage ich leise und nehme mir fest vor Damian nach meinem Handy oder zumindest irgendeinem Handy zu befragen.
Diana nickt noch kurz und dann verlasse ich auch schon gemeinsam mit Jack die Küche und laufe mit ihm in Richtung Damians Büro. Was die Jungs wohl vorhaben?
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