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Während ich die drei Personen anstarre, kommt ein anderes Bild zurück in meinen Kopf. Ich erinnere mich an die Situation als ich bei den Berlusconi war. Um genau zu sein, an diese Arena oder die Halle, wo der Kampf stattfinden sollte. Da habe ich Michael Berlusconi und Matteo sprechen sehen. Daneben standen noch viele andere, die ich nicht kannte. Aber jetzt wo ich nochmal darüber nachdenke, fällt mir ein, dass einer dieser Männer große Ähnlichkeit mit Roberto hat.
Ich weiß nicht, ob es wirklich Roberto war, ich kannte ihn da schließlich noch nicht. Und ich weiß auch nicht, ob das Zufall war, dass er dabei stand, wenn er es denn war. Außerdem weiß ich auch nicht, was das dann zu bedeuten hätte. Insgesamt fällt mir mal wieder auf, wie wenig ich doch über die ganze Mafia weiß.
Dennoch frage ich mich, warum mir das genau jetzt wieder einfällt? Sind die drei, die ich da draußen sehe Michael, Matteo und Roberto? Aber warum sollten Matteo und Roberto mit Michael sprechen? Michael ist ein Berlusconi. Matteo ist ein Russo und Roberto ist soeben in die Familie Russo eingeheiratet.
Ich werde durch weitere Bewegungen abgelenkt. Etwas näher am Haus haben sich zwei Fronten gebildet. Es scheinen auf einer Seite Anhänger der Russos und auf der anderen Seite Anhänger der Berlusconi zu stehen. Gerade als ich meinen Blick auf die Gruppen lenke, tritt auf beiden Seiten jemand nach vorne.
Selbst in der Dunkelheit und auf die Distanz und obwohl es nur der Rücken ist, weiß ich, dass es Damian ist. Ich weiß nicht, ob ich es am Gang erkenne oder an der Statur. Oder ob es ein Gefühl ist, dass er es ist.
Doch bevor ich sehe, was da jetzt passiert, höre ich ein klopfen.
Erschrocken wirbel ich herum. Alles in mir sträubt sich dagegen, aber ich greife geräuschlos die Waffe und blicke zur Tür. Ich sage kein Wort.
"Maya, ich weiß, dass du dadrin bist. Damian schickt mich, damit ich dich hole", ertönt eine Männerstimme durch die Tür.
Ein ungutes Gefühl macht sich in meinem Bauch bemerkbar. Ich kenne die Stimme und trotzdem kann ich sie nicht zuordnen. Es ist als hätte ich ihn schon mal sprechen hören, aber noch nicht viel und kann deshalb nicht einordnen, wer es ist.
Daher entscheide ich mich dazu, zu schweigen. Entweder die Person geht, weil sie unsicher ist, ob ich wirklich da bin oder sie weiß, dass ich hier bin und hat tatsächlich den Auftrag von Damian bekommen und nennt mir das Codewort.
Ich lausche und höre ein Flüstern auf dem Flur. Anscheinend ist er, wer auch immer er ist, nicht allein. Verstehen kann ich jedoch nichts. Ich halte die Luft an und warte ab, was als nächstes passiert.
"Ich kenne das Codewort", sagt er jetzt, was mich aufmerksam macht. Ich mache geräuschlos einen Schritt in Richtung Tür.
Es wundert mich, dass Damian nicht Sandro, Jack oder Enzo schickt, aber wenn er das Codewort kennt, wird es wohl stimmen. Dennoch sage ich noch nichts, sondern warte weiter.
"Estate", ertönt von der Tür. Ich halte inne. Das war nicht das vereinbarte Codewort. Kurz zweifel ich an mir, ob ich mir das richtige Wort gemerkt habe. Aber ich bin mir sicher, dass es nicht dieses Wort war. Ich kann es vielleicht nicht hundertprozentig aus dem Kopf wiedergeben, aber am Anfang war ein A und es endete auf O.
Ich höre erneut Stimmen vor der Tür. Sie sind etwas lauter und scheinen zu diskutieren.
Leise bewege ich mich zum Fenster. Die große Gruppe scheint sich aufgelöst zu haben. Auch die anderen drei sind nicht mehr zu sehen. Noch vereinzelt laufen Waffen und Mitglieder der Russos über den Innenhof. Von Damian fehlt jede Spur.
"Lass mich rein, Maya! Das ist ein Befehl!", ertönt da deutlich herrischer von der Tür und lässt mich zusammenzucken. Dazu rüttelt er an der Tür. Ängstlich hebe ich die Waffe und richte sie auf die Tür.
Ich weiß nicht, ob ich im Notfall wirklich in der Lage wäre zu schießen. Zitternd umklammere ich die Waffe mit beiden Händen und merke wie meine Augen sich immer mehr mit Tränen füllen.
Plötzlich hört das Rütteln an der Tür auf und es herrscht für einen kurzen Moment absolute Stille, bevor wieder ein Klopfen ertönt.
"Maya?" Damian!
"Autunno! Ich bins Damian", sagt er noch, aber das wäre nicht nötig gewesen. Sofort renne ich zur Tür und schließe diese auf.
Die Tür öffnet sich und Damian steht vor mir. Hinter ihm sehe ich noch Sandro, Enzo und Jack.
Sofort löst sich alle Anspannung von mir. Ich lasse die Waffe scheppernd zu Boden fallen und schmeiße mich in Damians Arme. Meinen Tränen lasse ich freien Lauf.
Damian legt seine Arme fest um mich und streichelt beruhigend über meinen Rücken. "Es ist alles gut!", flüstert er mir zu.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, während Damian mich einfach in den Armen hält und mir beruhigende Worte zu spricht. Ich weiß auch nicht, ob die Anderen noch hier sind. Aber ich merke, wie ich mich beruhige. Ich merke, wie die Angst zurückweicht und ich mich sicher fühle. Außerdem überkommt mich eine enorme Müdigkeit.
Ich entferne mich ein Stück von Damian und wische mir die Tränen weg. Ich muss schrecklich aussehen.
"Es ist alles gut!", sagt Damian nochmal und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Vorsichtig nicke ich und schaue Damian in die Augen. Ich bin dankbar, dass er hier ist und dass es ihm gut geht. Mein Blick wandert zu seinen Lippen und zurück zu seinen Augen. Ich sehe ein leichtes Grinsen in seinem Gesicht. Er hat meinen Blick gesehen.
Damian legt seine Hand auf meine Wange und zieht mein Gesicht näher zu ihm und legt seine Lippen sanft und dennoch fordernd auf meine Lippen. Ich erwidere den Kuss und lege mein Hände auf seinen Rücken.
Wir lösen uns wieder von einander und Damian blickt mir in die Augen. Wir werden durch ein Räuspern unterbrochen. Damian dreht sich leicht zu den Anderen, die scheinbar alle noch da sind. Ich versuche mich ein wenig hinter Damian zu verstecken, da mir die Situation wahnsinnig unangenehm ist.
"Ich störe nur ungern, aber wollen wir hier noch schlafen oder fahren wir zurück?", fragt Enzo.
Damian schaut mich kurz fragend an. "Ich möchte am liebsten zurück. Aber wir können auch bleiben", sage ich leise.
"Wir fahren! Aber ihr dürft auch bleiben, wenn ihr wollt!", verkündet Damian und greift nach meiner Hand.
Er wechselt noch ein paar Worte mit Enzo, da die anderen drei scheinbar noch hier bleiben.
Damian und ich gehen zum Auto und fahren los. Erschöpft lehne ich meinen Kopf an die Scheibe und merke, wie ich sehr schnell in den Schlaf abdrifte.
Ersch
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