38
Die Zeit ist inzwischen weit voran geschritten. Es ist bestimmt schon drei Uhr nachts, aber der Saal ist so voll als wäre es gerade mal zehn Uhr. Es gab noch ein paar mehr Italienische Volkstänze und ich hatte sehr viel Spaß dabei. Außerdem habe ich nochmal mit Diana und Damian getanzt und auch mit Sandro. Jetzt gerade stehe ich mit Sandro und mit zwei Weißweingläsern in der Hand an der Bar.
Ich hatte heute oder gestern eine Menge Wein und auch ein paar andere Getränke wie Sekt, Grappa und Amaretto. Daher merke ich den Alkohol auch, bin aber nicht betrunken, da ich viel gegessen habe und über den Abend verteilt getrunken habe.
"Habt ihr Damian gesehen?", unterbricht Lorenzo meine Gedanken. Ich schüttel meinen Kopf. Das letzte Mal, dass ich Damian gesehen habe, ist bereits eine Weile her. Auch Sandro schüttelt den Kopf, doch bei ihm ist etwas anders. Seine Körperhaltung wird direkt angespannter.
"Cosa è successo?", fragt Sandro fast alamiert, was mich absolut beunruhigt.
"Non lo so, Damian è sparito!", antwortet Lorenzo.
"Tu sai che devi fare!", sagt Sandro.
Ich verstehe gar nichts mehr. Ich weiß nur, dass die Stimmung unfassbar angespannt ist und das Damian scheinbar verschwunden ist.
"Vieni!", kommt von Lorenzo als eine Art Befehl. Ich drehe meinen Kopf zu ihm und sehe, dass er mit mir spricht.
"Was ist los?", frage ich daher.
"Ciao!", ruft Sandro und verschwindet.
"Wir müssen los! Vieni!", ist alles, was Lorenzo sagt.
Ich bin unschlüssig, ob ich mitgehen soll oder nicht. Es scheint ernst zu sein, aber ich hasse es, dass sie mir nichts sagen. Anscheinend zögere ich zu lange.
"Ich weiß, dass du mich nicht magst, aber ich weiß, dass dir was an Damian liegt und dass du ihm vertraust. Und Damian vertraut mir und hat mich beauftragt in so eine Situation meine gesamte Aufmerksamkeit auf dich zu richten und dich zu schützen, also bitte: Komm!", redet Lorenzo auf mich ein.
Ich gebe mir einen Ruck und nicke. Dann folge ich ihm und wir laufen schnellen Schrittes aus zur Tür. Wir rennen nicht, aber sind dennoch schnell unterwegs.
"Weißt du wie man schießt?", fragt Lorenzo, während wir den Saal verlassen, und hält mir eine Waffe unter die Nase.
"Was? Natürlich nicht!", antworte ich vollkommen schockiert. Meine Augen haben vermutlich ihre doppelte Größe angenommen, sobald sie die Waffe wahrgenommen haben.
"Che merda!", flucht Lorenzo.
Lorenzo führt mich durch verschiedene Gänge und mehrere Treppen nach oben. Wir kommen in einem Zimmer an, welches dem Zimmer ähnelt, wo ich Diana kennengelernt habe. Jedoch sind wir jetzt deutlich weiter oben und der Raum ist kleiner. Aber es gibt hier ebenfalls ein Sofa und Sessel. Und eine weitere Tür, wo ich nicht weiß, wo sie hinführt.
"Du bleibst hier, bis jemand dich holen kommt, verstanden? Du lässt niemanden rein, außer er nennt dir das Codewort!", erteilt Lorenzo Anweisungen sobald er die Tür geschlossen hat.
"Das Codewort?", frage ich vollkommen überfordert.
"Autunno!", antwortet Lorenzo leise.
Ich nicke und versuche mir das Wort genauestens einzuprägen. Lorenzo wendet sich ab und scheint den Raum zu kontrollieren. Außerdem schaut er aus dem Fenster und scheint etwas oder jemanden zu suchen.
"Was ist hier los?", frage ich nochmal.
"Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn Damian oder jemand anderes einfach so verschwindet. Dazu hatten wir sowieso bereits die Befürchtung, dass sie heute kommen und angreifen."
"Sie?", frage ich.
"Die Berlusconi", antwortet Lorenzo knapp.
"Kann ich etwas tun?", frage ich alamiert.
"Bleib hier drin und lass niemanden rein! Ich muss jetzt nach Damian suchen und gucken, dass die Lage nicht eskaliert!"
"Aber...", setze ich an, doch Lorenzo unterbricht mich.
"Bitte! Alles was Damian für heute wichtig war, ist, dass du sicher bist. Und wenn du jetzt einfach so rausläust, bist du alles, aber nicht sicher. Also nimm diese Waffe und lass niemanden rein außer er sagt dir das Codewort." Während Lorenzo das sagt, holt er eine zweite Waffe aus seinem Hosenbund und hält sie mir hin.
"Aber ich kann doch nicht schießen!" Sowohl technisch als auch moralisch gesehen im Übrigen.
"Das muss ja keiner wissen. Im Notfall: halt sie so und drohe zu schießen! Und im allergrößten Notfall: so entsicherst du und so würdest du schießen", erklärt Lorenzo mir schnell. Ich starre ihn mit großen Augen an.
"Nimm und lass einfach niemanden rein!", damit drückt er mir die Waffe in die Hand und geht zur Tür.
"Es tut mir leid, Lorenzo!", sage ich schnell.
Lorenzo hält inne und schaut mich fragend an.
"Es tut mir leid, dass ich hier so viel Durcheinander bringe. Ich weiß, dass du es nicht gut findest, dass ich hier bin", sage ich leise. Ich weiß nicht, warum ich dass jetzt sage. Ich glaube, aus mir spricht die Angst und ich will nicht, dass mir oder Lorenzo etwas passiert, ohne dass ich ihm das gesagt habe.
"Dafür musst du dich nicht entschuldigen. Es hat nichts mit dir zu tun. Wenn dann muss ich mich entschuldigen, dass ich dich so behandelt habe. Ich wollte und will nur das Beste für Damian. Aber langsam glaube ich, dass du das bist. Ich hab euch heute zusammen gesehen. Man sieht, dass ihr einander glücklich macht. Und das bedeutet, dass wir einander auch nicht mehr so schnell loswerden. Deshalb: sag doch bitte auch Enzo!"
Überfordert von seinen Worten nicke ich nur.
"Pass auf dich auf!", finde ich doch meine Worte wieder und schließe Lorenzo, äh Enzo kurz in meine Arme. Er wirkt überrascht und tätschelt kurz hilflos meinen Rücken, bevor ich mich wieder entferne.
"Du auch! Schließ hinter mir ab und nimm den Schlüssel aus dem Schloss!", mit diesen Worten verlässt Enzo den Raum und zieht die Tür hinter sich zu. Sofort schließe ich die Tür ab und nehme den Schlüssel an mich. Die andere Tür hat Enzo bereits abgeschlossen.
Und jetzt? Ich schaue auf meine Hände und realisiere dabei, dass ich nach wie vor eine echte Waffe in den Händen halte. Überfordert lege ich diese schnell auf den kleinen Tisch. Dann gehe ich zum Fenster und schaue raus.
Enzo hat hier im Raum kein Licht angemacht, so dass man mich von außen nicht sofort sieht. Durch die Beleuchtung vom Innenhof kann man hier drinnen jedoch trotzdem das meiste erkennen.
Draußen liegt der Innenhof und dort laufen ganz viele Menschen rum. Ich weiß, dass einige davon zu uns, äh den Russos gehören. Aber wahrscheinlich gehören nicht alle dazu. Etwas abseits von allen entdecke ich drei Personen, die so aussehen, als suchen sie Schutz in der Dunkelheit. Ich kneife meine Augen zusammen und versuche mehr herauszufinden.
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