25
Ich verbringe lange Zeit mit auf und ab laufen.
Ich sitze an der Wand.
Dann lehne ich am Gitter.
Und ich laufe wieder auf und ab.
Und wieder habe ich keine Ahnung wie viel Zeit vergeht.
Irgendwann lege ich mich auf den Boden, denn das einzige, was es hier in dieser Zelle gibt ist eine, nun ja, kann man es Toilette nennen? Und ja, ich habe sie schon genutzt. Und es fühlte sich absolut würdelos an.
Meine Augen klappen irgendwann zu und ich falle in einen unruhigen Schlaf. Ich träume von dem Tag als ich bei den Russos aufwachte, von Damian und unseren Küssen sowie unserem Tanz. Ich träume von Michael, dem Kleider shoppen und der Halle. Und dazu drängen sich immer wieder Bilder von dem Tag im Möbelhaus in meine Träume.
Ich bin schon fast erfreut, dass ich von komischen Geräuschen geweckt werde. Vorsichtig öffne ich die Augen. Ich sehe das Gefängnistor vor mir, aber dort ist niemand. Langsam beginnen meine Sinne die Orientierung aufzunehmen. Das Geräusch kommt von hinter mir. Oder eher über mir.
Ängstlich drehe ich meinen Kopf nach hinten und tatsächlich sehe ich an dem kleinen Fenster Umrisse.
"Lei è sveglia!", ertönt da eine mir sehr bekannte Stimme. Damian!
Sofort setze ich mich auf und versuche zu erkennen, was er tut.
"Maya?", fragt Damian leise.
"Ja", antworte ich ebenfalls leise.
"Geht es dir gut?", fragt er weiter.
Ich lache kurz auf. Gut? Was heißt hier gut?
"Vergiss die Frage! Wir holen dich raus!"
Wie wollen sie das schaffen? Ja eventuell könnte ich durch das kleine Fenster passen, aber ich komme da überhaupt nicht hoch. Außerdem sind dort Gitterstäbe und durch die passe ich definitiv nicht.
Ich will gerade fragen, wie das gehen soll, da höre ich plötzlich Lorenzos Stimme.
"Pass auf, am Gitter haben wir Haken befestigt, die am anderen Ende am Jeep befestigt sind. Jack wird gleich mit Vollgas losfahren und dann hoffentlich das Gitter rausreißen. Das wird sehr laut, also haben wir dann nur noch wenig Zeit bis die Berlusconi da sind. Du musst dann hier hochspringen und wir ziehen dich das letzte Stück raus. Dann rennst du los und springst in den Jeep zu Jack, verstanden?", erklärt er mir schnell.
Ich habe viele Fragen, wie zum Beispiel: "Aber was ist, wenn ich nicht weit genug hochkomme?"
"Das ist die einzige Chance!" - Lorenzo. "Du schaffst das!" - Damian.
Vorsichtig nicke ich. Ich frage mich, was passiert, wenn die Berlusconi uns erwischen, aber da möchte ich lieber nicht drüber nachdenken.
"Alle bereit?", fragt Damian. Lorenzo und ich nicken. Die beiden treten ein Stück zur Seite und ich gehe auch ein Stück zurück. Aus Angst und vielleicht auch für ein wenig Anlauf.
"Vai!", ruft Damian und sofort höre ich den Motor. Mit quietschenden Reifen scheint Jack loszurasen. Dann kommt lautes Klappern, weil die Seile auf Spannung gehen und die Haken ans Gitter donnern. Und tatsächlich reißen die Gitter mit lautem Scheppern aus der Öffnung.
"JETZT", ruft Lorenzo zu mir und er und Damian hocken vor dem Fenster und strecken ihre Hände hinein.
'Jetzt oder nie! Du schaffst das!'Mache ich mir kurz selbst Mut. Und dann renne ich los. Es sind nur wenige Schritte, aber es kommt mir wie ein Halbmarathon vor. Ich springe gegen die Wand und versuche dort halbwegs hochzurennen. Dabei nehme ich Schwung mit meinen Armen und schmeiße diese in die Luft in der Hoffnung höher zu kommen und vor allem Damians und Lorenzos Hände zu erreichen.
Ich rutsche an der Wand ab und bereite mich auf den Boden vor.
Aber der Bodenn kommt nicht, denn genau im richtigen Moment ergreifen mehrere Hände meine Arme.
Ich blicke hoch und Damian und Lorenzo halten meine Arme. Sie ziehen mich hoch und auch wenn es unangenehm ist an der Wand entlang zu rutschen, bin ich glücklich, dass wir es soweit geschafft haben. Die Öffnung ist wirklich sehr klein und ich passe wirklich nur knapp durch. Draußen liege ich kurz erschöpft auf dem Boden, bevor Damian mich hochzieht und "Renn!", ruft.
Das Adrenalin pumpt wieder durch meinen Körper und ich renne zum Jeep. Es stehen alle Türen außer der Fahrertür offen. Ich springe hinten rein und Lorenzo und Damian erreichen mehr oder weniger zeitgleich mit mir das Auto und springen ebenfalls rein. Bevor die letzte Tür geschlossen ist, rast Jack schon wieder los.
Ich sehe, dass Lorenzo das Gitter und alles was daran hängt mit vorne hat. Vermutlich damit es nicht hinter uns her scheppert. Damian sitzt neben mir und schaut mich von der Seite an.
Ich traue mich nicht meinen Blick zu heben. Ich verstehe nicht, warum sie mich gerettet haben. Und ich weiß auch nicht, ob sie sauer sind, weil ich weggerannt bin. Im Prinzip habe ich mich hier in diese Situation selbst gebracht.
Nicht generell zu den Russos! Das war nicht meine Schuld, aber zu den Berlusconis schon.
Die Jungs wechseln ein paar Worte, aber ich höre nicht wirklich zu. Ich lehne meinen Kopf an die Fensterscheibe und schließe meine Augen.
Sollte ich glücklich sein, dass ich wieder bei den Russos bin? Es ging mir dort definitiv besser als bei den Berlusconis. Aber Freiheit sieht trotzdem anders aus. Ist es vielleicht einfach das kleinere von zwei Übeln?
Und auf der anderen Seite macht meine Herz Freudensprünge, dass Damian mich gerettet hat. Dass er wieder in meiner Nähe ist, schenkt mir paradoxer Weise eine absoulte Sicherheit.
Seine Anwesenheit scheint mich auf der einen Seite vollkommen zu beruhigen und wühlt gleichzeitig auf der anderen Seite alle meine Gefühle und Gedanken auf.
Ich würde gerne mal ganz offen mit Damian sprechen. Und gleichzeitig weiß ich nicht, ob das eine gute Idee ist oder ob das vollkommen nach hinten losgeht, weil er sauer auf mich ist.
"Schläft sie?", höre ich Jacks Stimme, aber es klingt, als wäre sie weit entfernt.
"Ich weiß es nicht, aber ich glaube, sie ist auf dem Weg dahin", erwidert Damian, der ähnlich weit entfernt klingt. Dann legt sich irgendein Stoff auf mich und ich spüre eine Hand, die mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht. Sofort fließt ein Gefühl der Wärme durch meinen Körper und meine Haut beginnt zu kribbeln. Ohne meine Augen zu öffnen, weiß ich , dass es Damian ist. Und das nicht nur, weil die anderen nicht dran kämen.
Während ich noch darüber nachdenke, falle ich tatsächlich in einen Schlaf.
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