22

Vollkommen außer Atem renne ich die Straße entlang. Einige Menschen schauen mich leicht verwirrt an, aber ich versuche alles auszublenden und halte Ausschau nach "La Vita". Ich traue mich nicht langsamer zu werden, selbst wenn ich das Gefühl habe, bald zu hyperventilieren. Endlich erscheint ein kleines unscheinbares Café auf der rechten Seite und ich meine ein "La Vita" auf dem Schild entziffern zu können.

Ich steuere auf die Tür zu und gebe mir eine halbe Sekunde Zeit zum einatmen, bevor ich die Tür öffne. Drinnen sind ein paar Tische belegt und an der Theke stehen ebenfalls zwei Leute. Ich scanne den Raum weiter und sehe, dass hinter der Theke auch jemand steht, der gerade niemanden bedent. Eilig und dennoch versucht unauffällig laufe ich in die Richtung. Ich möchte ungerne noch mehr Aufmerksamkeit erregen, als ich es durch mein hektisches Atmen und meinen vermutlich unnatürlich roten Kopf sowieso schon tue.

"Entschuldigung?", sage ich vorsichtig und nach wie vor außer Atem.

"Sì?", bekomme ich als Antwort und bekomme Sorge, dass mein Gegenüber nur Italienisch spricht.

"Äh, Francesco?", sage ich daher unschlüssig.

Er dreht sich zu seiner Kollegin und sagt irgendwas auf Italienisch. Diese hört auf mit der Bedinung, schaut mich an und sofort weiten sich ihre Augen. Sie lässt den Kunden, den sie bis gerade bedient hat stehen und kommt zu mir. Der Kund beschwert sich, da er scheinbar wenig Zeit hat. Ich dagegen bekomme Schweißausbrüche, weil sie auf mich zu eilt.

"Du suchst Francesco? Wer schickt dich? Sonja?", fragt sie sobald sie bei mir ankommt. Dabi läuft sie um mich herum und schaut mich aus allen Perspektiven an.

Ich nicke vorsichtig. Woher weiß sie das?

"Du bist also Maya Wilson?" Erneut nicke ich.

"Oh, Francesco wird sich freuen, dich endlich kennenzulernen! Komm!", spricht sie weiter und zieht mich mit hinter die Theke durch eine Tür und dann eine Treppe nach oben. Mein Herz schlägt immer schneller. Warum wissen hier alle wer ich bin? Vielleicht hätte ich bei Damian bleiben sollen. Mich beschleicht das Gefühl, dass ich dort viel sicherer war.

"Francesco, guarda! Ecco é Maya Wilson!", ruft sie euphorisch als sie die Tür aufstößt. Dadrin sitzt ein junger Mann. Ich würde ihn auf ein ähnliches Alter wie Damian schätzen, auch wenn ich nicht genau weiß, wie alt er ist. Aber Anfang 20 sollte hinkommen. Er hat dunkle Haare und dunkle Augen. Er schaut mich kritisch an und lässt seinen Blick an mir auf und ab gleiten, was mir ein schreckliches Gefühl bereitet.

"Sonja hat gesagt, du kannst mir helfen!", sage ich möglichst selbstbewusst, um eine Fassade aufzubauen. Ich war zwar nicht ewig bei Damian und Co, aber das eine eigene Fassade zu den Grundlagen gehört, habe ich bereits verstanden.

"Oh ja, das kann ich!", antwortet er und ein leicht gruseliges Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. Und dann wird plötzlich alles schwarz. Ich spüre einen Schlag auf meinen Hinterkopf und falle in die Dunkelheit. Mein letzter Gedanke ist, ob es wirklich schlau war vor Damian zu fliehen.

____

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, bis ich wieder meine Augen öffne. Mein Kopf schmerzt und ich liege auf einem harten Steinboden. Sehr clever, als wenn es einen weichen Steinboden gäbe. Ich blicke nach links und rechts und sehe, dass ich in einer Art Gefängniszelle bin. Vor mir sind Gitterstäbe mit einem großen Schloss. Rechts von mir, sowie hinter mir befinden sich Steinwände. Wobei hinter mir relativ weit oben ein kleines Fenster zu sehen ist. Links von mir scheint eine weitere Zelle zu sein, welche durch weitere Gitterstäbe von meiner getrennt ist.

Scheiße, scheiße! Fange ich an innerlich zu fluchen. Es war eine Falle! Dabei wirkte Sonja wirklich vertrauensvoll. Was Damian wohl mit ihr macht, wenn er merkt, dass ich weg bin? Warum mache ich mir immer noch Sorgen um sie? Sie hat mich, wem auch immer, ausgeliefert. Und wer sagt mir eigentlich, dass Damian sich dafür interessiert, was mit mir passiert? Ja, sie hatten irgenwas mit mir vor und ich war ein Mittel zum Zweck, aber Mittel sind doch austauschbar, oder nicht?

Oder war das Ganze ein Test? Vielleicht habe ich die Mafia nicht ausgetrickst, sondern das Ganze war ein Test, ob Damian mir Vertrauen kann und wirklich sind Sonja und Francesco ein Teil seiner Leute und ich bin wieder zurück? Ist das realistisch? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich hier leicht wahnsinnig werde.

____

Es vergehen gefühlte Stunden bis ich das erste Mal Schritte höre. Ein mir vollkommen fremder Mann erscheint auf dem Gang und obwohl ich ihn noch nie zuvor gesehen habe, hat er etwas Vertrautes an sich.

"Maya Wilson. Und Ryan sagte immer er hatte keine weiteren Kinder. Was ein Schauspieler! Das Gute ist, dass du jetzt hier bist! Du musst wissen Ryan schuldet uns nun ja: viel! Und du scheinst das perfekte Druckmittel zu sein!"

"Wer bist du?", frage ich.

"Michael Berlusconi!" Geschockt reiße ich die Augen auf! Die Berlusconi. Über die sprach Damian. Ich erinnere mich an verschiedene unserer Unterhaltungen. Besonders die letzt spielt sich immer wieder ab. Damian hat angedeutet, dass ich bei den Berlusconis nicht sicher bin. Außerdem sagte er, dass die Situation mit den Berlusconis und mir für ihn auch beschissen ist. Selbst wenn er das nicht weiter erklären konnte oder wollte.

"Dir sagt der Name etwas. Hervorragend!" Zumindest der Nachname, denke ich. Damian erwähnte auch mal einen Vornamen, aber es war nicht Michael. Der Name ist insgesamt viel zu englisch oder auch amerikanisch. Es war italienischer. Kann man das so sagen?

"Michael! Luca ruft nach dir! Russo hat sich gemeldet!", ertönt eine weitere männliche Stimme. Luca! Das war der Vorname, den Damian nannte. Warte! Russo hat sichh gemeldet? Damian? Hoffnung steigt in mir auf. Warte, warum habe ich Hoffnung, dass Damian kommt?

"Die Sache wird spannend! Wilson gegen Russo? Und wir stehen dazwischen und können nur gewinnen!"

"Und ich?", frage ich vorsichtig.

"Du? Du bist der Preis!" Mit diesen Worten verschwindet er und lässt mich mit Unmengen an Fragen zurück. Meine Gefühle und Gedanken fahren Achterbahn und ich bin mit der gesamten Situation überfordert. Ich merke wie mein Atem unregelmäßiger und hektischer wird. Ich versuche mich auf irgendwas zu konzentrieren. Irgendwas, was ich zählen kann? Fokus! Scheiße! Mein Atem wird immer schneller!

'Schau mich an, mi amore!', höre ich Damians Stimme in meinem Kopf und sein Gesicht erscheint vor meinen Augen. Er hat mir bei meiner letzten Panikattacke geholfen. Meine Gedanken fangen an um ihn zu kreisen und um unsere Momente. Ich denke an unser Gespräch im Esszimmer, mein erstes Gespräch mit Damian, unseren ersten Kuss und unseren gemeinsamen Tanz. Und ob ich es will oder nicht, die Gedanken an Damian beruhigen mich und mein Atem wird gleichmäßiger. Erschöpft lehne ich mich an die Steinwand und verbringe die Zeit weiter mit warten.

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