15
Die nächsten Stunden verlaufen sehr ruhig. Viel zu ruhig, um genau zu sein. Ich sitze nach wie vor auf dem Sofa. Lorenzo ist weiterhin bei mir im Raum und sagt kein Wort. Ich habe beim Essen schon versucht mal so etwas ähnliches wie ein Gespräch anzufangen, aber er hat alles abgeblockt. Ich hasse rumsitzen, weshalb ich aufstehe und durch das Zimmer laufe.
„Wenn du noch einmal seufzt, raste ich aus!", sagt Lorenzo plötzlich.
„Was?", frage ich schockiert und drehe mich zu ihm.
„Du hast in den letzen zehn Minuten bestimmt 20 Mal geseufzt. Es nervt! Wenn du etwas sagen willst, dann sag es einfach!" Lorenzo scheint wirklich angepisst. Aber der kann mich mal. Was kann ich dafür, dass die mich entführen und ich mich hier zu Tode langweilen soll!
„Wenn du es genau wissen willst: mir ist langweilig!"
Lorenzo verdreht die Augen, was mich so richtig wütend macht.
„Ich weiß, dass du überhaupt keinen Bock auf mich hast und weißt du was? Das beruht auf Gegenseitigkeit! Aber weißt du, was der Unterschied ist? Du bist freiwillig hier und kannst jederzeit gehen! Ich nicht! Ich wollte nie hier sein. Ich kenne euch alle nicht. Ihr haltet mich gegen meinen Willen fest. Ich weiß noch nicht einmal, wo ich überhaupt bin oder was mit mir passiert! Alle meine Fragen bleiben unbeantwortet. Also entschuldige, dass ich seufze. Die Alternative wäre durchdrehen!", lasse ich all meinen Frust raus und werde immer lauter.
Lorenzo guckt mich irritiert an. Mit so einer Reaktion scheint er nicht gerechnet zu haben. Ich kann es ihm nicht verübeln, denn ich habe damit auch nicht gerechnet.
„Du willst also Ablenkung?", fragt er angepisst. Ich nicke. „Dann komm mit!"
Lorenzo steht auf und steckt sein Handy ein. Er kommt auf mich zu und schiebt mich aus dem Raum. Vielleicht war mein Ausbruch keine gute Idee. Sollte ich mich entschuldigen? Und wo führt er mich überhaupt hin? Wir laufen mal wieder durch das riesige Gebäude und mehrere Treppen nach oben. Wir enden in einem Raum, den ich noch nicht kannte. Es ist ein riesiges Gym. Es stehen die unterschiedlichsten Geräte rum: Crosstrainer, Laufband, Gewichte, ein Boxsack,...
„Was soll ich hier? Soll ich trainieren?", frage ich verwirrt.
„Nein, du sollst putzen!", sagt Lorenzo trocken.
„Was?", frage ich geschockt.
„Du hast gesagt, du hast Langeweile. Hier ist eine Menge zu tun! Saugen, Fenster putzen, Geräte säubern, da drüben sind noch Toiletten, Duschen und Umkleiden, die müssen auch geputzt werden."
„Meinst du das wirklich ernst?", hake ich noch einmal nach.
Lorenzo nickt. „Putzsachen sind hier im Schrank. Wenn du was brauchst, ruf einfach durchs Haus, irgendwer wird dich hören und kommen. Viel Spaß!"
Mit den Worten lässt er mich einfach stehen und verlässt das Gym. Verwirrt und geschockt zugleich bleibe ich zurück und starre die Tür an, durch die Lorenzo verschwunden ist.
Ich brauche einige Minuten, um zu verstehen, was gerade passiert ist. Sollte ich wirklich putzen? Ich bin doch nicht deren Putzfrau! Andererseits habe ich wirklich Langeweile und wenn ich für sie putze, dann habe ich immerhin etwas zu tun und verärgern sollte ich die hier alle auch nicht.
Ich öffne den Schrank und sehe tatsächlich alles, was man zum Sauber machen braucht. Ich nehme erstmal einen Lappen und einen Eimer raus, um damit gleich die Geräte abzuwischen. Ich gehe durch die Tür, wo die Toiletten sein sollen und fülle den Eimer mit Wasser. Zurück im Gym entdecke ich noch eine Musikanlage. Kurz hadere ich mit mir, entscheide mich aber dann doch dazu, sie einzuschalten. Dadurch, dass ich kein Handy zum Anschließen habe und auch keine CD, kann ich nur Radio hören. Aber alles ist besser als Stille.
„... die Explosionen im Möbelhaus sind nach wie vor ein großes Rätsel. Keiner kann erklären, was passiert ist. Der Schaden wird auf mehrere Tausend Euro geschätzt. Widersprüchlich zu ersten Aussagen gibt es nun Gerüchte, dass zwei Personen bei der Explosion ums Leben gekommen sind. Allerdings gibt es keine Beweise dafür. Lediglich Aussagen, dass Personen im Möbelhaus anwesend waren, die im Nachhinein nicht mehr gesehen wurden. Wer weitere Informationen darüber hat, soll sich bei der zuständigen Polizei melden. Und jetzt geht es weiter mit dem Hit der Woche...", höre ich noch einen Teil des Berichts.
Geht es da, um die Explosion, wo ich war? Natürlich, als wenn es in kürzester Zeit zwei Explosionen in Möbelhäusern gab! Wer's glaubt! Aber es sind Personen dabei ums Leben gekommen? Dann hatte ich ja tatsächlich doch noch eine Menge Glück. Nicht das ich gerne hier bin, aber immerhin lebe ich und erleide keine weiteren körperlichen Schmerzen.
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