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    Kurz nachdem Yoongi mit Lia verschwunden war, erschien der Anwalt mit den Papieren. Zusammen setzten sie sich an den Tisch, nur zog es Jin vor, stehenzubleiben. Betroffen blickte Namjoon seinen Arzt an, der ihn böse anfunkelte.
    „Hast du nichts zu tun, Jimin?“ Namjoon wollte ihn unbedingt loswerden, denn dieser verstärkte die Schuldgefühle noch, die er sowieso schon verspürte. 
    „Außer nach meinen Patienten zu sehen, die sich beide hier im selben Raum befinden? Nein, sonst habe ich im Moment nichts anderes zu tun“, giftete der Grauhaarige ihn an und der Mafia-Boss zog den Kopf ein. Kurz hörte er ein Kichern neben sich und hob erstaunt den Kopf. Jin, der direkt zwischen Jimin und ihm stand, hatte sich eine Hand vor den Mund geschlagen und sah ihn aus glänzenden, dunklen Augen an. Langsam beugte er sich vor.
    „Diese Rüge hast du verdient, Joonie. Weißt du? Gegen harten Sex habe ich nichts, aber du bist eindeutig zu weit gegangen.“ 
    Namjoon riss die Augen auf. „Seokjin?“ 
    Jin nickte. „Wer denn sonst?“, hauchte er ihm ins Ohr. Gleich darauf spürte er dessen Zunge über seinen Hals gleiten und unterdrückte einen Schauer. Ein Blick zu Hoseok und Jimin zeigten auch deren überraschtes Gesicht. 
    Namjoon räusperte sich verlegen. Jin beschäftigte sich weiterhin mit seinem Hals und knabberte zart daran. Er legte unwillkürlich den Kopf zur Seite. Plötzlich spürte er einen scharfen Biss und stöhnte auf vor Schmerz. Jin zog sich zufrieden zurück. Man sah bereits den Zahnabdruck, den er hinterlassen hatte. 
    „Du wirst ihn nie wieder auf irgendeine Art verletzen. Denn sollte das noch ein mal passieren, wird er nicht mehr wieder kommen. Glaube mir. Es war schwer genug gewesen, Jin davon zu überzeugen, unseren Jinnie zurückkehren zu lassen. Er hat ihn nur zurückkommen lassen, weil der Kleine sich ... Ach, lassen wir das. Das soll er dir selbst sagen, sofern es ihm endlich bewusst wird.“ Seokjin beugte sich vor und gab Namjoon einen kurzen Kuss auf die Lippen, dann sah er ihn ernst an. „Was ich dir aber noch raten möchte. Nimm dich unbedingt vor Jin in Acht. Er wird möglicherweise versuchen, dich zu töten. Denn er hasst das, was du uns angetan hast und sinnt auf Rache.“ Mit diesen letzten Worten richtete er sich auf. 
    Namjoon konnte sehen, wie Jins Augen sich veränderten und heller wurden. Der Braunhaarige blinzelte ein paar mal, als müsste er sich orientieren, dann sah er ihn an. Jins Augen wurden groß, als er seinen Zahnabdruck auf Namjoons Hals sah, der sich bereits blau verfärbte. 
    „Oh, Gott. Was habe ich getan?“ Verwirrt sah er zuerst Hoseok an, der ihn erstaunt betrachtete. Dieser hatte von Jins verschiedenen Persönlichkeiten gehört, die nichts voneinander wussten, aber er hatte nicht gedacht, dass es so krass sein würde, wenn Jin zwischen diesen wechselte. Ratlos drehte er den Kopf zu dem Arzt, der neben ihm saß.
    Jimin hingegen konnte es nicht fassen. Es war das erste Mal, dass er mit Seokjin zusammen getroffen war. Er hatte ihn nur durch die Erzählungen seines Bosses kennengelernt, umso überraschter war er, als dieser gerade auftauchte und Namjoon sein Zeichen aufdrückte und ihn eindringlich warnte. Er sprang auf und legte einen Arm um Jin, der entsetzt auf Namjoons Hals starrte. 
   „Es ist alles gut, Jin. Es war nur Seokjin, der uns besucht hat. Er hinterließ für Namjoon eine kleine Warnung, die dieser sich ganz sicher zu Herzen nehmen wird. Ist es nicht so, Boss?“ Jimin sah den Blonden auffordernd an, der wie gelähmt auf seinem Stuhl saß und langsam nickte.
    „Was habe ich denn gesagt?“ Jin hatte sich ein wenig gefangen und blickte betroffen auf die Tischplatte.
    „Du hast ihn davor gewarnt, dich nicht noch einmal auf irgendeine Art zu verletzen.“ Jimin zuckte die Schultern. Er war immer noch erstaunt, wie plötzlich dieser Persönlichkeitswechsel zustande gekommen war.
    „Ach ja, was hat Seokjin denn so verraten?“ Jins Stimme hörte sich anders an und er hatte Jimin von sich geschoben. Dieser sah ihn verwirrt an und musste erkennen, dass Jin erneut dunkle Augen hatte. 
    „Jinnie?“, versuchte er es dennoch, obwohl er sich denken konnte, wer da vor ihm stand, denn diesen Jin hatte er bereits kennengelernt. 
    Jin schüttelte den Kopf. „Hallo, Jimin. Schön, dich zu sehen. Und du bist wohl der Anwalt, den Papieren nach zu urteilen. Sieh bloß zu, dass du ja auch alles richtig aufschreibst.“ Diese Warnung wurde mit einer tiefen, dunklen Stimme ausgesprochen, die Hoseok einen Schauer über den Rücken jagte. Verstört sah er den Arzt an, der Jin genau im Auge behielt. 
    „Namjoon ...!“ Jin hatte sich an den Mafia-Boss gewandt, der erstaunt zu ihm hochsah. „Wie ich sehe, hat Seokjin dich bereits besucht. Was hat er denn so erzählt?“ Sein Blick hing an dem dunklen Mal, das Seokjins Biss hinterlassen hatte.
    „Das weißt du nicht?“ Diese Frage hatte Jimin gestellt, der ihn nun interessiert betrachtete.
     Jin lachte heißer. „Dieser kleine Pisser konnte mich tatsächlich aussperren. Normalerweise bin ich der Einzige, der von meinen anderen Ichs Bescheid weiß und sie ausgrenzen kann. Doch irgendwie hat er es geschafft, mich für einen Augenblick zur Seite zu schieben und sich meiner bewusst zu werden.“ Während er sprach, ließ er Namjoon nicht einen Moment aus den Augen und war sogar noch näher an ihn herangetreten. Er beugte sich vor und stützte sich auf dem Tisch ab. 
    Der Mafia-Boss hatte bisher noch kein einziges Wort gesprochen, sondern alles schweigend beobachtet. Er machte sich große Sorgen um Jin, der innerhalb kürzester Zeit gleich alle drei Persönlichkeiten zeigte. Durch seine Gedanken abgelenkt entging ihm, dass Jin ein Messer vom bereits gedeckten Frühstückstisch genommen hatte. Erst, als dieses nach einer knappen Bewegung von seinem Kätzchen an seinem Hals lag, wurde es ihm bewusst. 
    Hoseok war sofort aufgesprungen, als er sah, wie Jin seinen Boss mit einem Messer bedrohte. Der Braunhaarige stand hinter diesem und drückte die Klinge nicht gerade sanft auf dessen Halsschlagader. 
    „Jin, was tust du?“ Jimin hatte sich an ihn gewandt und versuchte auf ihn einzureden. Namjoon blieb seelenruhig sitzen und rührte sich nicht. Und Hoseok? Der starrte entsetzt auf das Geschehen.
    „Wonach sieht es denn aus?“ Jin klang kalt und emotionslos. 
    „Du willst ihn doch gar nicht töten“, versuchte es der Arzt aufs Neue. 
    „Woher willst du das denn so genau wissen, Jimin?“ Die Klinge drückte sich fester gegen Namjoons Hals, wo bereits Blut aus einem kleinen Schnitt sickerte.
    „Jimin, tu doch was!“ Hoseok hatte sich endlich aus seiner Erstarrung gelöst und trat einen Schritt auf Jin und seinen Boss zu. 
    Namjoon hob die Hand, als er sah, dass sein Anwalt Anstalten machte, ihm zu helfen. Er wusste schließlich, auch Hoseok konnte skrupellos sein, trotz seiner sonnigen Persönlichkeit. 
    Plötzlich öffnete sich die Tür und Yoongi erschien. Sofort überblickte er die Lage und stellte sich seelenruhig zu seinem Partner. „Hallo, Jin. Ist es jetzt so weit? Willst du uns nun alle, außer Jimin töten?“, fragte er leise und beobachtete jede noch so kleine Bewegung des Mannes, der seinen Boss mit einem Messer bedrohte. Yoongi sah erstaunt auf das Blut, das diesem bereits den Hals hinunterlief. Warum hatte Namjoon sich nicht schon befreit? Fragte er sich verwundert.
    Jin lachte. „Das hast du dir tatsächlich gemerkt? Aber nein, heute werde ich niemanden töten“, sagte er und nahm das Messer von Namjoons Kehle. „Jinnie und Seokjin lassen das nicht zu. Die beiden zusammen sind doch stärker, als ich dachte.“ Grinsend legte er das Messer wieder auf den Tisch und trat, die Hände erhoben, einen Schritt zurück. Dennoch beugte er sich noch einmal vor und flüsterte Namjoon etwas ins Ohr. „Du kannst echt froh sein, dass die beiden dich mögen, wobei Jinnie ...“ Jin brach ab. „Das verrate ich dir besser nicht.“ Lachend kam er wieder hoch. Dann senkte er den Kopf und fing gleich darauf an zu schwanken. 
    Namjoon war aufgesprungen, als er sah, wie Jin strauchelte und drohte hinzufallen. Er fasste nach dessen Arm und zog ihn an sich. „Boss!“, kam auch schon Yoongis Warnung, doch er ignorierte sie. 
    Jin stöhnte auf und hielt sich den Kopf, dann blickte er langsam hoch in das Gesicht, das ihn so sehr faszinierte und das er ewig betrachten könnte. Er sah das Blut, das diesem in einer dünnen Linie über den Hals lief und riss erschrocken die Augen auf. 
    „Was zum Teufel?“ Jin befreite sich aus den Armen, die ihn stützten, und griff nach einer Serviette, die er dem Mafia-Boss auf den Hals drückte.
    „Jimin, was stehst du nur da? Verarzte ihn. Namjoon blutet“, fauchte er den Arzt an, der keine Anstalten machte, sich zu bewegen. Er nahm das Tuch von Namjoons Hals und betrachtete den kleinen Schnitt. Dann traten ihm Tränen in die Augen. 
    „Das war ich“, hauchte er schuldbewusst und lehnte seinen Kopf an die Schulter des Blonden vor sich. „Das wollte ich nicht“, beteuerte er und ein Schluchzen stieg in ihm hoch. „Wirklich!“ Nun brach der Damm und er fing an zu weinen. Erstaunt spürte er, wie Namjoon ihn in die Arme zog und ihm beruhigend über den Rücken streichelte. Das hatte er doch gar nicht verdient, oder? Dennoch konnte er sich nicht von den Armen lösen, die ihn so zärtlich hielten. 
    „Nicht weinen, Kätzchen. Es ist alles geklärt“, beruhigte ihn die tiefe Stimme des Mafia-Bosses und er wurde tatsächlich ruhiger. Zögernd hob er den Kopf und blickte den Größeren an. 
    Namjoon konnte es nicht fassen. Jin blieb wirklich an ihn gekuschelt stehen und ließ sich von ihm beruhigen. Als dieser dann endlich den Kopf hob, konnte er nicht anders und strich ihm, sanft lächelnd, die Tränen von den Wangen. Schweigend sahen sie sich an. Plötzlich spürte er eine Hand in seinem Nacken, die ihn näher zog. Mit Freude stellte er fest, dass Jin sich ihm entgegenstreckte und konnte nicht anders. Er musste dieser Aufforderung Folge leisten. Sanft, um Jin nicht zu erschrecken, senkte er seinen Mund auf die vollen Lippen seines Kätzchens und schloss entzückt die Augen. Wie sehr hatte er ihn vermisst. Nie wieder würde er ihm wehtun oder gar verletzen. Das schwor er sich hoch und heilig. 
    Jin presste sich an den starken Körper seines Entführers und seufzte zufrieden. Er wusste, dass er ihm viel zu schnell vergab, aber er konnte nun mal nicht anders. Der Kuss, den er von Namjoon erhielt, war irgendwie anders. So voller Zuneigung oder gar Liebe? Jin schüttelte innerlich den Kopf. Das konnte unmöglich sein, oder doch? Verwirrt unterbrach er den Kuss und blickte verwundert zu dem Mafia-Boss auf.
    „Ich hab dich vermisst, Kätzchen“, flüsterte dieser leise und lehnte die Stirn gegen seine. 
    Hinter sich vernahmen sie ein Räuspern. Erschrocken löste Jin sich von Namjoon, der ihn nicht wirklich aus seinen Armen lassen wollte.
    „Wie ich sehe, hat sich da so einiges zwischen euch beiden geklärt“, meinte Yoongi und nahm den Arm seines Lebensgefährten. „Wenn du uns brauchst, du weißt, wo du uns findest“, sprach er weiter und zog einen protestierenden Jimin hinter sich her. 
    „So, dann wollen wir mal die Vertragsänderungen dokumentieren.“ Hoseok setzte sich wieder an seinen Platz und sah die beiden Parteien abwartend an. Er war zwar immer noch von dem eben Geschehenen verwirrt, aber er war auch ein Profi und wusste, was seine Aufgabe war. 
    Namjoon setzte sich widerwillig auf seinen Platz und zog Jin an seine Seite, der sich tatsächlich an ihn lehnte. Dann besprachen sie noch einmal die Punkte, die zu Jins Gunsten ergänzt werden sollten. 
     Eine dreiviertel Stunde später unterschrieben beide den geänderten Vertrag und Hoseok verabschiedete sich. Somit waren Jin und Namjoon schließlich alleine.

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So. Kapitel fertig.
Verdammt war das schwer, die 3 Persönlichkeiten von Jin in ein Kapitel zu stecken. Aber ich glaube, es ist mir ganz gut gelungen, oder? 🤔
Na ja. Beinahe hätten Jin und Seokjin verraten, was Jinnie sich noch nicht bewusst ist. Was das wohl sein mag?  🤣
Zumindest ist der Anfang für eine Versöhnung gemacht, oder vielleicht doch nicht?

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