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Die Tür schwingt auf und Daniel betritt leise das Klassenzimmer.

„Wenigstens zu dem Test hättest du pünktlich sein können!“, schnauzt seine Lehrerin.

Daniel senkt beschämt den Kopf und murmelt leise eine Entschuldigung, danach begibt er sich mit knirschenden Schuhsohlen zu seinem Platz in der hintersten Ecke des Klassenzimmers.

Daniel stellt seinen Rucksack neben sich auf den Boden, kramt in ihm umher, bis er seinen Block gefunden hat. Er zückt einen Kugelschreiber und schreibt auf das erste Blatt seinen Namen. Da kommt auch schon seine Lehrerin zu ihm und wirft ihm unaufmerksam den Test hin, dessen Anfang er verpasst hat.

Grimmig sieht der Junge seiner Lehrerin dabei zu, wie sie wieder zur Tafel zurückgeht und schließlich beäugt er das Blatt Papier vor sich. Ein Text über eine Interpretation Shakespeares. Der Text handelt von einem Regisseur, der Hamlet als ein modernes Stück auf die Bühne gebracht hat. Regietheater.

Daniel kann nur den Kopf schütteln, als er über die merkwürdige Vorstellung, die von einem kritischen Journalisten geschildert worden ist, liest.

Letztendlich soll Daniel dazu Stellung nehmen, nachdem er den Text zusammengefasst und analysiert hat.

Die Stellungnahme kritzelt er leichtgläubig dahin. Daniel schreibt darüber, dass er sowieso nie ins Theater geht, dass er es langweilig finden würde, egal wie pervers oder abstrus das Stück vom Regisseur interpretiert würde.

Die Zeit schreitet voran und schließlich klingelt es zur Pause.

Die Lehrerin, die sich zwischenzeitlich wieder an ihr Pult gesetzt hat, steht wieder auf und klatscht selbstbewusst in die Hände. „Abgeben!“, hallt es in ihrer unangenehmen Stimme durch den Raum.

Daniel rollt mit den Augen, nachdem er seine Blätter zusammen gesucht hat und sie vorne auf das Lehrerpult hinlegt.

Er geht wieder zurück, packt seine Sachen zusammen und rauscht aus dem Klassenzimmer.

Einsam und etwas benebelt stapft er den Weg bis zu seinem Schließfach. Unglücklicherweise hat er erneut die Kombination vergessen und versucht ein paar Zahlen, indem er ungeduldig am metallenen Rädchen dreht.

1234.

Der Spind springt auf und Daniel zieht eine Augenbraue hoch. „Wirklich?“, murmelt er geplättet und sortiert seine Bücher.

„Das ist zu amüsant, dir dabei zu zusehen, wie du dein Schließfach nicht auf bekommst“, lacht eine heitere klare Stimme neben ihm.

„Ach, lass mich doch“, meint Daniel gespielt genervt zurück. Doch er lächelt, als er sich zu Clara umdreht.

„Daniel, Daniel, Daniel. Was soll nur aus dir werden? Du vergisst aber auch alles, oder? Hab von Rick gerade gehört, du seist zu spät zum Test in Literatur gekommen...“

„Seit wann achtet bitte Rick auf mich? Ich habe noch nie mit ihm geredet.“

Die beiden setzen sich langsam in Bewegung, weil Clara unaufhörlich von einem Bein auf das andere hüpft und Daniel weiß, dass das ein Zeichen dafür ist, dass sie auf die Toilette muss.

„Sei nicht so bescheiden. Denkst du, keiner nimmt dich wahr oder was?“

„Das hab ich nicht gemeint.“

„Gut, wir sind in keinem Mädchenfilm.“ Clara hakt sich bei Daniel unter und lehnt sich gegen ihn.

„Da wäre es dann sowieso das Mädchen, das unsichtbar wäre. Ich habe nämlich noch nie einen Film gesehen, indem der Junge der Langweiler ist und das Mädchen die große Angeberin.“

Clara dreht sich zu ihm und zieht eine Augenbraue nach oben. „Du meinst, du hast ernsthaft schon mal so etwas gesehen? Solche Filme?“ Sie kichert und sieht Daniel erwartungsvoll an.

Daniel rollt mit den Augen. „Ja, ich habe eine Schwester. Vielleicht kennst du sie. Sie heißt Arina und wie du weißt, wohne ich mit ihr zusammen und dann bringen es manchmal die Umstände, dass sie diese Filme guckt und dann...“

„Ja ja, ist gut, du Labertasche, ich muss auf Klo. Wartest du?“

„Natürlich“, murmelt Daniel, da hat sich Clara auch schon von seinem Arm gelöst und ist in der Tür neben dem Jungs-Klo verschwunden.

Nun steht er da und sieht sich um. Ist hier irgendwo eine ruhige Ecke, in der man warten kann ohne peinlich in der Gegend herumzustehen? Daniel schüttelt den Kopf. Er macht sich einfach über alles zu viele Gedanken. Aber nur über die falschen Sachen. Da kann man schon mal einen einfach Spind-Code vergessen, oder?

Daniel holt sein Handy aus der Hosentasche und scrollt durch einige Apps. Versunken steht er also nun vor dem Mädchen-Klo, wartet auf seine beste Freundin und starrt wie hypnotisiert auf sein Handy.

„Da bist du ja! Was stehst du hier vor dem Mädchen-Klo? Ich habe dich gesucht. Wie war der Test?“ Arina boxt ihn spielerisch in die Seite und grinst ihren kleinen Bruder erwartungsvoll an.

„Gut. Bin zu spät gewesen.“

„Und du wartest hier auf wen?“

„Auf Clara. Sie müsste bald wieder raus kommen.“

„Besser wäre es. Die nächste Stunde fängt gleich an, Bruderherz und zur Abwechslung kannst du mal rechtzeitig da sein.“ Arina entfernt sich in die andere Richtung.

„Streberin“, ruft Daniel ihr grinsend hinterher und Arina winkt beiläufig ab, bevor sie sich völlig umdreht und ihren Weg fortsetzt.

„Da bin ich wieder! Ab zu Geschichte. Hast du die Hausaufgaben gemacht?“

„Nein. Mache ich nie“, antwortet Daniel und steckt das Handy wieder zurück.

Gemeinsam geht er mit Clara den Gang weiter, bis sie vor der Tür stehen, die sie schon längere Zeit gemieden hatten.

„Bereit?“ Clara schaut Daniel unsicher an und schluckt.

„Bitte lass das nicht zu sehr an dich ran, Kleiner. Er versucht dich einfach nur unter Druck zu setzen, dass du besser wirst.“

„Das bringt aber nichts. Er sollte mich lieber in Ruhe lassen und akzeptieren, dass ich es nicht kann“, schnaubt Daniel, bevor er schnell die Tür öffnet und seinem Lieblingslehrer in die Arme läuft.

„Hast du diesmal die Hausaufgaben, Daniel?“, fragt der Lehrer vor ihm mit verschränkten Armen.

„Nein“, meint Daniel nur dröge. Er hat lange schon aufgegeben gegen diesen Mistkerl anzugehen.

Die Stunde geht nicht gerade schnell herum, aber Daniel lässt es über sich ergehen. So auch die nächste Stunde, die ausgerechnet Sport sein muss und daraus besteht, gefühlte tausend Runden um das Feld zu laufen, bevor alle so eine komische Mischung aus Völkerball und Fußball spielen.

So kommt es auch, dass Daniel beim Mittagessen fast tot ins Essen fällt und dass er Clara, die gegenüber von ihm sitzt und Annie, welche neben ihm Platz genommen hat, nur halb durch seine fast geschlossenen Augen sieht.

Gerade hat Clara etwas gesagt, aber Daniel hat nicht richtig hingehört und fragt deswegen mit einem muffeligen „Hä?“ nach.

Plötzlich haut Clara mit der Faust vor ihm auf den Tisch. „Kehr mal wieder ins Leben zurück, du Halbtoter!“, nörgelt sie mit einem tadelnden Zeigefinger in seine Richtung.

„Ich bin müde. Lass mich schlafen“, antwortet Daniel jedoch nur daraufhin, bis ihm völlig die Augen zu fallen.

„Was machen wir nur mit ihm?“, hört er Annie sagen.

„Notschlachten oder vielleicht aufwecken“, ist Clara der Meinung.

„Aufwecken ist gut, aber wie? Ich glaube, Daniel muss mal wieder raus aus seiner Trance“, überlegt Annie laut.

Daniel hört alles, schafft es jedoch nicht, die Augen aufzumachen und zu protestieren.

„Wir könnten ihm zum Spiel schleppen.“

„Ja, das wäre was.“ Annie scheint begeistert zu sein.

Daniel schnaubt nur lustlos und lässt sich auf den dreckigen Tisch fallen, bevor er fast gänzlich in einen Schlummer versinkt.

Aufgeweckt wird er wieder von Annie, die ihn daran erinnert, dass er noch eine letzte Stunde hat und dass dann Wochenende ist. Sie fügt auch noch hinzu, dass er ja bereits weiß, dass er heute Abend etwas vorhat und zwar zum Spiel der Schulmannschaft geht.

Daniel wagt es nicht sich zu wehren. Er kennt die Beharrlichkeit seiner Freundinnen und bringt nur nickend das Tablett weg, während Annie munter auf ihn einplappert und zusammen mit ihm zur nächsten Stunde geht.

Hier ist Kapitel 1. :D Wie gefällt es euch bis jetzt? Lasst mir doch ein Kommentar und einen Vote da. :33

P.S: Bei dieser Geschichte mache ich keine "Power-Updates" :DD Also bis morgen oder so ;))

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