T W E N T Y| Schatten der Vergangenheit
3 Jahre zuvor
Dr. Harleen Quinzel. Für mich war diese Frau alles, aber sicher keine geeignete Psychiaterin. Sie war verflucht jung, unerfahren und wirkte auf mich teilweise echt unbeholfen. Sie war intelligent, das stand außer Frage, doch dass sie mir auch nur irgendwie würde helfen können, bezweifelte ich stark. Dreimal hatte ich nun schon eine Stunde bei ihr gehabt in den letzten zwei Wochen, die Schule wurde in der Zeit wieder eröffnet und ich war so etwas wie das Gesprächsthema Nummer eins. Ich war die persönliche Geisel des Jokers und das wusste Harleen, die ich einfach Harley nennen sollte, ebenfalls und für sie war das etwas ungeheuer interessantes.
„Ich weiß, dass du darüber nicht weiter reden wolltest, doch vielleicht hast du in den letzten Tagen deine Meinung ja geändert und willst mehr zu der nahen Begegnung mit dem Joker reden?", fragte sie neugierig nach und rückte ihre Brille zurecht, als sie sich erwartungsvoll zu mir vorbeugte. Ich wusste ja, dass für sie diese Sache weitaus interessanter war als irgendeiner meiner Sorgen und Probleme, schließlich würde sie ins Arkham gehen und wollte sehen, was sie erwartet, doch ich hatte es satt von dem Clown zu reden. Egal was ich auch sagte, keiner würde verstehen, wieso ich ihn mit anderen Augen betrachtete und in ihm keinen psychotischen Irren sah, warum sollte das bei ihr anders sein?
„Nein, eigentlich nicht."
„Vielleicht würde es dir helfen besser mit allem umzugehen", warf sie ein und lehnte sich etwas enttäuscht wieder zurück, doch sie konnte es so sehr versuchen wie sie auch wollte, aus mir bekam keiner was heraus, nicht einmal Aimee und sie war meine beste Freundin, der ich sonst alles erzählte, doch das war etwas anderes. Es war ein innerer Konflikt und wenn ich mir selbst einen Gefallen erweisen wollte, sollte ich aufhören an den Joker zu denken und nach vorne sehen.
„Glaube ich kaum, aber wenn ich meine Meinung ändern sollte, sage ich dir als erstes Bescheid." In dem Moment klopfte es an der Türe und mein Bruder schaute herein, was wohl hieß, dass die Stunde endlich um war und ich gehen könnte.
„Ich hoffe ich störe nicht?"
„Nein, nein", lachte Harley verlegen auf und ich schloss kurz verzweifelt meine Augen, als sie meinen Bruder schwärmerisch ansah, weswegen ich hastig aufstand, denn wenn die beiden miteinander anbandeln würden, dann würde ich durchdrehen, da war ich mir sicher.
„War echt nett mal wieder, bis in zwei Tage", verabschiedete ich mich schnell und stand so schnell wie möglich auf, denn zum einen wollte ich nur weg von hier und zum anderen musste ich es verhindern, dass die beiden am Ende ins Gespräch kommen würden, deswegen ergrif ich Lucas Hand und zog ihn mit mir raus aus dem Zimmer und dem Gebäude nach draußen, wo die Sonne anfing unterzugehen.
„Du bist mal wieder so stürmisch", lachte er auf und ich lächelte leicht.
„Ich hasse diese Stunden auch."
„So schlimm kann es kaum sein", bemerkte er und ich schnaubte auf, er hatte ja keine Ahnung.
„Und wenn doch? Sie ist seltsam, nett aber seltsam und außerdem will ich nicht länger darüber reden müssen", warf ich ein und er verdrehte die Augen, wollte etwas darauf erwidern, als wir da um die nächste Ecke bogen und direkt in irgendeine schräge Bandenübergabe hineingerieten.
„Oh fuck", hauchte ich überrascht von der gewaltigen Gruppe an Kleinkriminellen, die wohl aus verfeindeten Teams stammten und gerade dabei waren Drogen zu verticken, was wir nun störten. So etwa ging selten gut aus, womit hatte ich das große Glück verdient solche Situationen magisch anzuziehen?
„Bleib hinter mir!", wies Luca mich angespannt an und drückte mich mehr hinter sich, während die Blicke all der jungen Männer auf uns gerichtet waren und einer schon auf spanisch zu Fluchen anfing. Ich konnte spanisch, zwar nicht einwandfrei, doch das was er da sagte klang stark danach als würde er wollen, dass jemand uns zum schweigen bringt.
„Wir müssen hier weg!", sagte ich flehend an meinen Bruder gerichtet, der mit mir anfing rückwärts zu laufen, ehe einer der Kerle reagierte.
„Hey hey, schön stehen geblieben", rief er mit einem starken Akzent aus und ich sah auf seiner Lederjacke deutlich das Zeichen einer Kobra sich abzeichnen, „Ich hoffe wir sind uns einig, dass hier nichts passiert ist oder?"
„Klar, wir haben nichts gesehen", antwortete mein Bruder augenblicklich und hielt meine Hand dabei eisern fest, während ich an ihm weiter vorbei zu den Kerlen blickte, wo mir der Blick des Mannes auffiel, der vorhin auf spanisch geflucht hatte, der mich nun mit einem Blick ansah, der mich anwiderte. Er gehörte eindeutig auch zum selben Team wie der, der gesprochen hatte, denn auf seiner Jacke war ebenfalls eine Kobra zu erkennen.
„Vielleicht sollten wir die Kleine ja behalten", schlug genau dieser nun vor und ich spürte wie sehr mein Bruder sich anspannte, „Sie sieht zum anbeißen aus."
„Schau sie weiter so an und wir kriegen Probleme!", zischte Luca da und ich geriet in Panik, denn er konnte doch nicht so blöd sein und sich mit einem solchen Kerl anlegen?!
„Oh, der Kleine droht mir", lachte er auf und richtete seine Waffe auf ihn, was mich dazu brachte zu handeln. Zwar wusste Luca sich zu verteidigen, doch gegen so viele und ohne eine Waffe war er mit Sicherheit machtlos.
„Stopp!", rief ich aus und stellte mich vor meinen Bruder, der versuchte mich irgendwie hinter sich zu drücken, doch vergebens, „Wir gehen und machen keinen Ärger."
„Ja, lass sie einfach gehen Raphael", sagte einer der anderen Bandenmitglieder, mit denen sie sicher nicht befreundet waren, denn da zog Raphael schon seine Waffe und schoss ihm in den Kopf. Ein entsetzens Schrei entfloh mir und ich sah, dass nun das Chaos ausbrach.
„Nichts wie weg von hier", sagte Luca besorgt und ergriff meine Hand, zog mich mit sich fort, doch bevor wir auch nur weit kommen konnten, ertönte ein weiterer Schuss, brachte die sich streitende und fluchende Menge zum verstummen und mir stockte der Atem. Dieser Knall war ohrenbetäubend, ließ mich eine Gänsehaut kriegen und kurz war alles wie in Zeitlupe. Lucas Hand entglitt mir, ich nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie er auf die Knie sank, der Streit der anderen hinten weiter ging, als allen klar wurde, dass keiner aus ihren Reihen getroffen wurde und ich fing zu schreien an. Ich schrie mir die Seele regelrecht aus dem Leib, als ich meinen Bruder am Boden liegen sah, wie er versuchte die Wunde an seiner Brust, wo die Kugel wieder ausgetreten war, zuzudrücken, während er anfing Blut zu spucken.
„Nein!", schluchzte ich hysterisch auf, warf mich regelrecht zu ihm auf den Boden und half ihm dabei die Blutung zu stoppen, wusste dabei schon, dass es zwecklos wäre. Keiner würde ihm mehr rechtzeitig helfen können. Er würde eines der unzähligen Opfer dieser verdammten Stadt werden. Ein Opfer, das sterben musste für nichts und wieder nichts!
„Verlass mich nicht, bitte verlass mich nicht", flehte ich ihn an und drückte so feste ich konnte auf die Wunde, während seine Augen glasig wurden und er schwach nach meinem Arm tastete. Jede Lebensfreude war aus seinem Gesicht gewischt worden. Er wirkte verzweifelt, verängstigt und ich konnte nichts machen, um ihm zu helfen.
„J-Jane", brachte er noch zustande, ehe sein Blick leer wurde und ich erneut zu schreien anfing. Ich musste mich gar nicht zu der Bande hinter mir umdrehen, um zu wissen, dass Raphael den Schuss abgefeuert hatte, ich wusste nur, dass ich ihn tot sehen wollte! Wenn ich nicht unter solchen Qualen leiden würde, wäre ich aufgestanden, hätte mich auf ihn gestürzt und ihm die Augen ausgekratzt, doch ich konnte nur auf dem kalten, dreckigen Boden sitzen, im Blut meines Bruder, weiter auf seine Wunde drücken und schreien, so dass sicher die halbe Stadt es hören müsste, als da etwas neben mir auf dem Boden landete und bevor ich aufsah, ich die panischen Schreie vernahm, dass Batman hier sei. Der dunkle Rächer war da und er war zu spät, Luca war fort.
Gegenwart
Ich kam mir nicht frei vor. Ich kam mir jedoch auch nicht mehr eingesperrt vor. Es war eine befremdliche und mehr als unangenehme Situation, in der ich mich befand, doch es würde sicher Monate dauern, bis ich mich hier einleben würde. Hier, in meiner neuen Wohnung, einem kleinen, alles andere als komfortablen Ding von Wohnung, wo es neben dem winzig kleinen Badezimmer, wo es nur kaltes Wasser gab, nur ein einziges weiteres Zimmer gab, das Küche, Wohn- und Schlafzimmer in einem verkörperte. Die Gegend war einer der am meisten heruntergekommenen und abgelegensten Gothams, also weit weg von dem Ort, wo die großen Banden und Verbrecher sich aufhielten, denn die Gegend war eher was für Kleinkriminelle, die ihr Geld mit Drogen verdienten.
Zwei Tage war ich nun hier, hatte einen erneuten Sender in meinen Hals bekommen, konnte jederzeit geortet und jederzeit getötet werden, ich würde nie ganz frei sein. Ich war wie der Trumpf im Ärmel der Regierung, ich war ihr verfluchter Joker, bereit verwendet zu werden, wenn sie mich mal brauchen sollten und sie würden mich langsam dazu verführen ihnen zu gehorchen, doch so leicht würden sie es mit mir nicht haben. Ich ließ sie im Glauben, dass es klappte, doch so wäre es nicht. Ich raufte mir die Haare, während ich planlos im Kreis lief und nicht wirklich weiter wusste. Was tat man mit seiner Freiheit, wenn man nichts hatte? Ich konnte nicht mehr zur Schule, hatte keinen Job, keine Freunde oder Familie. Ich kannte niemanden und wäre damit die beste Voraussetzung als Drogendealerin oder Süchtige zu enden, nur habe ich gesehen, was aus solchen Leuten hier wurde und ich würde lieber sterben, als so zu enden.
Ich schluckte schwer und dachte sogar verbittert daran nicht einmal eine Therapiesitzung zu haben, selbst die Anwesenheit dieser Nervensäge wäre mir gerade lieb, denn aus irgendeinem Grund fühlte ich mich in der Wohnung noch unwohler als in meiner verfluchten Zelle. Am liebsten wäre ich fortgelaufen, hätte diese Stadt weit hinter mir gelassen, wäre in ein anderes Land gezogen, um auch ja neu anfangen zu können, nur Waller erlaubte das nicht und ich so musste ich das hier ertragen, ohne eine Ahnung zu haben, wie die Zukunft aussehen würde, nur in diesen vier Wänden würde ich sie niemals ertragen. Aus dem Grund schnappte ich mir meinen Hausschlüssel und verließ die Wohnung auch schon und machte mich auf den Weg zu dem Haus, wo Floyds Tochter lebte. Er hatte mir die Adresse genannt und wollte, dass ich nach ihr sehe, also warum nicht einfach jetzt? Ich wusste zwar nicht einmal, ob sie da war und wie sie reagieren würde, doch ohne eine Beschäftigung würde ich nur noch den Verstand verlieren, weswegen ich so schnell los eilte, wie ich nur konnte. Die Kleidung, die ich bekommen hatte, war alles andere als mein Fall, sie war zum Teil viel zu groß und ich kam mir eher wie ein Kartoffelsack darin vor, doch ich würde mich nicht beschweren, immerhin war das besser als die orangene Kleidung des Gefängnis, wo man das Bedürfnis verspürt hatte sich selbst die Augen auszustechen.
Die Gegend war um diese frühe Uhrzeit wie ausgestorben und dankend dafür eilte ich so schnell ich konnte zu Fuß mehr in Richtung Stadtmitte, trug die Kapuze meines zu großen Hoodies tief in mein Gesicht gezogen und versuchte nicht erkannt zu werden. Es gab zu viele in dieser Stadt, die für Ihn arbeiteten und wussten, wer ich war und es gab auch zu viele, die mit mir mal zu Schule gegangen waren und für die ich das Mädchen war, das vor drei Jahren spurlos verschwunden war. Nein, auf irgendeine Form von Drama konnte ich verzichten und so beeilte ich mich umso mehr, wobei mein Glück war, dass Floyds Exfrau, falls sie denn je verheiratet waren, nicht weit weg wohnte. Im Grunde wurde mir nur klar, dass ich echt wenig über ihn wusste, aber gut, dass wir jemals Kaffetrinkend irgendwo zusammen sitzen und über unsere Leben reden würden bezweifelte ich stark. Keiner von uns beiden gehörte zu den großen Rednern und viele Informationen waren belanglos.
Ich atmete tief durch, als ich nach dem Namen ihrer Mutter bei den Klingeln suchte und den Knopf drückte. Das Gebäude war zwar deutlich moderner als das in dem ich wohnte, aber zu den Reichen der Stadt gehörten sie sicher nicht, was irgendwie fraglich war. Was hatte Flyod eigentlich mit all dem erworbenen Geld getan? Wurde ihm alles abgenommen, hatte er es versteckt oder hatte die Mutter von Zoe es nicht annehmen wollen? Ja, ich stellte mir viel zu viele Fragen und hätte fast das Summen der öffnenden Türe dabei überhört, ehe ich hastig eintrat und einfach blindlings die Treppe nach oben eilte, bis ich im zweiten Stockwerk die offene Türe bemerkte und an dieser stand ein kleines Mädchen, wobei klein übertrieben war, denn sie war sicher nur wenige Jahre jünger als ich.
„Wer bist du?", fragte sie misstrauisch nach und ich war verblüfft wie mutig und dumm es für ein Kind war in einer solchen Gegend einfach die Türe zu öffnen.
„Jane", stellte ich mich zögernd vor und zog die Kapuze zurück, „Dein Dad hat dir sicher von mir erzählt." Sie nickte kurz, trat dann aber zur Seite, was mich mit Erleichterung durchströmte, denn ich hatte mit einem unwohlen Gefühl daran gedacht Floyd sagen zu müssen, dass ich ihm wegen seiner Tochter nicht helfen könnte. Unsicher lief ich an ihr vorbei in ihre schlicht eingerichtete Wohnung, ehe ich im Flur stehen blieb und zu ihr sah, wie sie nun an mir vorbei ins Wohnzimmer lief.
„Du musst das nicht machen. Mein Vater sorgt sich viel zu sehr", sagte sie und ich lächelte kurz.
„Du kannst Glück haben einen solchen Vater zu haben. Er würde wahrscheinlich bis ans Ende der Welt für dich gehen", bemerkte ich und setzte mich einfach auf das Sofa, während sie ein paar Zeitschriften aufräumte, „Wo ist deine Mum?"
„Arbeiten, sie kommt bald wieder, also kannst du nicht lange bleiben, sie würde nur sauer werden. Sie will nichts mit Verbrechern zu tun haben."
„Kann ich verstehen", seufzte ich und sie setzte sich endlich hin und sah mich neugierig an.
„Wie kann jemand wie du so gefährlich sein?", fragte sie offen heraus nach und ich war überrascht von ihrer direkten Art, „Du bist kaum älter als ich und siehst so nett aus." Ich lachte amüsiert von der Aussage auf und fand, dass sie eindeutige Ähnlichkeiten mit Floyd hatte und kurz fühlte ich mich weniger angespannt und beschissen, ich lachte und das so ehrlich wie seit Tagen nicht mehr.
„Ich habe vieles getan, vieles auf das ich nicht stolz bin, doch man ist was man ist."
„Naja, mein Dad vertraut dir und das ist untypisch für ihn, also kannst du kaum so schlimm sein, was nur noch mehr Fragen aufbringt, aber vielleicht ist man eben auch nicht das was man ist. Man kann sich ändern und du hast es, sonst wärst du nicht hier." Und ihre Worte brachten mich ehrlich zum nachdenken. Konnte man sich wirklich so sehr ändern? Ich hatte es mir gewünscht, oft genug sogar, doch ich wusste, dass das Mädchen, das vor drei Jahren den Joker das erste mal gesehen hatte, voller Hass auf die Mörder ihres Bruders war, noch immer in mir drinnen war. Ich war gerade eben ein Schatten meines wahren Ichs, doch irgendwo in mir war noch das Mädchen, das sich in einen Mörder verliebt hatte und mit Vergnügen anderen die Kehle aufschnitt, da war ich mir sicher.
Heyho :) Gerade noch rechtzeitig bringe ich das Kapitel mal raus und auch wenn der liebe Joker nicht auftaucht hoffe ich sehr, dass es euch gefallen hat. Motiviert mich xD Im nächsten ist dann ja was aus seiner Sicht und es geht interessanter weiter, versprochen xx
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