4 / Dämonennonne und Fastkuss

"Was suchst du ganz alleine am Abgrund, Paris? Ist dir nicht klar, wie schief das hätte enden können, wenn ich nicht da gewesen wäre ?", fragte er mich sanft, aber ich konnte die Härte seiner Wut trotzdem raushören. Er war sauer, stinksauer, aber versuchte seine Wut zu unterdrücken.

"Ich hab dich überall im Haus gesucht und als du nirgendswo zu finden warst, bin ich vor die Tür gegangen, um dort nach dir zu schauen. Dabei hab ich mich halt ausgeperrt. Dann hatte ich aber keine Lust da auf dich zu warten, deswegen bin ich diesem Kieselweg gefolgt, der mich zu den Klippen gebracht hat", ratterte ich schnell herunter und merkte wie meine Hände leicht zitterten. Schweigend beobachtete er mich .

"Wo warst du denn eigentlich, Francis ?", wechselte ich das Thema und lenkte es auf ihn. Man konnte gut sehen, dass er dieses Thema umgehen wollte. Er fing an wie immer seine Finger zu knacksen, wie früher, als wir noch Kinder waren. "Wie schon gesagt, Sachen erledigen", seine Stimme war kalt. Wütend sah ich ihn an.

"Sag mir doch einfach, wo du verdammt nochmal den ganzen Tag warst", schrie ich ihn an, woraufhin sein Kiefer angsteinflößend knackte. "Das geht dich ein scheiß Dreck an, Paris. Weißt du was! Du hast dich kein bisschen geändert. Du bist genauso nervig wie früher".

Sauer blickte ich ihn an, obwohl seine Worte irgendwo in meinem Herzen wehtaten. Er kann mich mal.

Trotzig stand ich auf, nicht ohne davor fast umzufallen, und lief schwankend in die Küche und ließ ihn alleine. Fassunglos saß er bewegungslos auf der Couch und sah mir stumm hinterher, jedoch glaubte ich etwas leises von ihm gehört habe. "Keine ruckartigen Bewegungen", murmelte er.

In der Küche stellte ich geschockt fest, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen habe. Mein Magen knurrte wie auf Knopfdruck hungrig auf. Auf der Suche nach etwas essbaren, öffnete ich sein Kühlschrank und bemerkte, dass sie fast leer war. Ich verdrehte meine Augen. Geht der Trottel denn nie einkaufen?

"Was machst du da?". Vor Schreck schlug ich die Kühlschranktür zu und klemmte beinahe meine Finger ein. Francis stand an der Tür gelehnt und hatte die Arme überkreuzt. "Nach etwas Essbarem suchen, Imbécile, Idiot", antworte ich und verschränkte ebenfalls meine Arme übereinander.

Er seufzte auf. "Lass uns Pizza bestellen. Ich will dir nicht begegnen, wenn du Hunger hast, Diva". Genervt sah ich ihn an. "Ha Ha, wie witzig", augenverdrehend sah ich ihn an und schritt noch leicht schwankend an ihm vorbei, um die Treppen hochzugehen.
Oben öffnete ich die Tür zu meinem Zimmer...oder seinem Zimmer? Oder doch unser Zimmer? Unser...

Gänsehaut bildete sich beim Gedanken, dass ich neben ihm in einem Bett zusammen geschlafen habe. Werde ich heute auch mit ihm in einem Bett schlafen?...Stopp, Ich musste schleunigst damit aufhören, mir solche Fragen zu stellen, verdammt. Ich müsste ihn hassen oder müsste ich ihn nicht mögen, weil er mir zweimal das Leben gerettet hatte? Nein, er ist trotzdem ein Idiot wie früher. Genau, ich hatte ihn früher gehasst und das wird sich auch nicht ändern. Ja, das macht Sinn...Oder?

Verzweifelt ging ich auf meine Tasche zu und holte mein Handy raus, um Allys Nummer zu wählen. Sie war immer da und half mir, wenn ich sie brauchte. So wie ich sie jetzt brauchte. Nach wenigem Warten nahm sie ab. "Ally, du wirst niemals glauben, was passiert ist", rief ich gleich ohne jegliche Begrüßung. "Ich hoffe für dich du hast Liam Hemsworth beim Surfen getroffen", sprach sie ihren dämlichen Gedanken aus, aber ich hatte schon gewusst, dass sie nur blödes aus ihrem Mund kommen würde. "Ich hab Francis getroffen, wohl eher gesagt er hat mich gerettet und jetzt werde ich die nächsten Tage bei ihm bleiben", ließ ich die Katze aus dem Sack

Ally schwieg, das einzige was man aus dem Handy hören konnte, war ein lautes Poltern. "Omg ich hab grad Francis verstanden und hab vor Schreck mein Handy fallen lassen. Jetzt sag nochmal, wer hat dich gerettet? Das hört sich ja so an, als würde das alles ein Liebesschnulzer sein. Ist er ein Surferboy? Ist er hei-" "Ally, Du hast dich nicht verhört. Ich meinte wirklich Francis. F.R.A.N.C.I.S", unterbrach ich ihren Redefluss und schon wieder schwieg sie.

So gerne hätte ich ihre Reaktion gesehen. Wie langsam sich ihre braunen Augen weiteten oder wie immer weiter ihre Augenbrauen bis nach Oslo in die Höhe wanderten, müsste man auf Kamera halten, so lustig war es. "DER Francis? Francis Malone ?" "Ja, er", murmelte ich.

"Erzähl mir jetzt die ganze Geschichte, Mademoiselle Anderson. Von Anfang bis Ende, ohne etwas auszulassen", befahl sie mir und ich ging ihrem Befehl nach und erzählte ihr alles.

"Und er hat dir jetzt schon 2 mal in 2 Tagen das Leben gerettet? Hast du dich wenigstens bei ihm bedankt?", fragte sie mich und in diesem Moment stürzte mein schlechtes Gewissen auf mich. Wie konnte ich nur so unhöflich und egoistisch sein und mich nicht bei ihm bedanken?

Zut! Schuldgefühle plagten mich und schienen mich innerlich fast aufzufressen. "Hallo, Paris, bist du noch dran?", hörte ich Ally fragen, aber ich ignorierte sie ehe ich ohne etwas zu sagen auflegte und die Treppen hinunterging. Egal wie sehr ich ihn nicht leiden konnte, so musste ich immernoch über mein Stolz springen und mich bei ihm bedanken.

In dem Moment, in der ich meinen Fuß wackelig auf die letzte Stufe setzte klingelte es unerwartet. Genervt, dass ich von meinem Plan, mich bei ihm zu bedanken, abgehalten wurde, schritt ich zu Tür und öffnete sie vorsichtig.

"Hallo, hier ist eure bestellte Pizza. Dominos wünscht euch gute Appetit", sagte der recht junge Pizzabote monoton und streckte mir eine warme Pizza zu, die ich dankend annahm. Sogar die Verpackung roch köstlich und ich könnte jetzt sogar den Pizzakarton essen, so Hunger hatte ich.

"Hast du mir zugehört ?", riss mich der Pizzabote zurück in die Realität. Zum ersten Mal sah ich in sein Gesicht und musste schon sagen, dass er recht gut aussah. Die blauen Augen strahlten wie Christbaumkugeln und seine Grübchen beim Lachen könnten einfach jedes Mädchen hypnotisieren.

"Ähm...Nö, was hast du gesagt ?", sagte ich wahrheitsgemäß, woraufhin er lachte und wieder seine Grübchen preisgab.
"Ich habe gefragt, was so einem schönem Mädchen passiert ist, dass sie ein Kopfverband tragen muss", stellte er seine Frage.

Doch als ich auch nur ansetzen wollte, seine Frage zu beantworten, spürte ich ein heißen Atem auf meinem Nacken und 2 Hände, die sich um meine Hüfte legten.

"Das geht dich nichts an", knurrte Francis hinter mir, sogar das Aufbrummen konnte ich an seiner Brust hinter mir spüren.

"Sorry Dude, wusste nicht, dass das deine Freundin ist...15,99$ bitte", entschuldigte sich der Bote.

Ich wollte grad anfangen zu protestieren, dass ich nicht seine Freundin wäre, jedoch drückte Francis ihm schnell ein 20er Schein in die Hand und knallte die Tür zu. Was hatte er gegen den Pizzaboten?

"Willst du weiter vor der Tür warten ?", hörte ich Francis schmunzelnd fragen, der schon auf dem Weg zum Wohnzimmer war. Still folgte ich ihm, nahm auf seinem Sofa Platz und stellte die Pizza auf den Tisch. Später kam Francis hinzu und setzte sich neben mich, sodass unsere Arme und Knien sich berührten. Langsam wurde mir heißer.

"Welchen Film ?", fragte er und erst jetzt bemerkte ich die 2 DVDs in seinen Händen. Conjuring 2 und Annabelle.
"Du gibst mir doch gar keine Auswahl. Beides sind Horrorfilme. Hast du denn nichts anderes?"

"Nein, ich hab nur Horrorfilme und wenn du dich nicht entscheidest, dann schauen wir uns halt Conjuring 2 an", schulterzuckend ging er auf sein DVD Player zu. "Aber ich hab Angst!", versuchte ich ihn zu überreden. "Dann hast du eben Pech".

Der Film fing an und ich wusste jetzt mehr denn je, dass ich Horrorfilme hasste. Bei jeder gruseligen Szene zuckte ich erschrocken zusammen und versteckte mein Kopf im Couchkissen. Sogar mit meiner Pizza versuchte ich mich abzulenken, aber es ging nicht. "Ach komm schon, Paris, so schlimm ist es auch nicht" seufzte Francis. Ich sah ihn beleidigt an. "Ich piss mir gleich in die Hose, so gruselig ist es. C'est sur", motze ich ihn an und schloss schnell meine Augen, weil wieder mal diese Dämonennonne im Bildschirm auftauchte.

Leise hörte ich ihn lachen bevor seine starken Arme mich umschlossen und näher zu ihm zogen. Leicht zitternd erwiderte ich seine Umarmung und versteckte mein Kopf in seine trainierte Brust. "Je suis désolé, es tut mir leid", flüsterte er in meine Haare. Ich lächelte leicht aufgrund seinen miserablen Französisch und seinem starken amerikanischen, jetzt sogar noch australischem, Akzent.

"Danke", bedankte ich mich bei ihm, schmiegte mich näher an ihm und genoss dieses Gefühl von Sicherheit, die er mir gab.
"Das würde doch jeder Mann machen", sagte er, ich jedoch schüttelte mein Kopf
"Danke für alles meine ich. Dass du mir zweimal das Leben gerettet hast und mich bei dir zuhause aufnimmst, um mich zu versorgen, ist nicht selbstverständlich. Und ich weiß, dass ich sehr oft nervig bin und fast immer Scheiße baue. Glaub mir Francis, das würde kein Mann machen", gestand ich ihm und sah zu ihm hoch.
Seine grünen Augen funkelten wie Smaragde und ich konnte nicht aufhören in sie hineinzuschauen.

Die Stimmung um uns veränderte sich schlagartig. Eine unsichtbare Elektrizität entstand zwischen uns und wollte, dass wir uns näher kamen. Wie der Nordpol und der Südpol eines Magneten. Mein Blick schweifte von seinen Augen zu seinen Lippen, die er mit seiner Zunge befeuchtete. Wie hypnotisiert biss ich auf meiner Unterlippe herum und sah, wie seine Augen dunkler wurden. Seine Augen wechselten von meinen Augen zu meinen Lippen. Der Gedanke, dass wir unsere Lippen berühren, uns küssten, ließ ein kalten Schauer über mein Rücken laufen. Gänsehaut bedeckte mein Körper und ließ mein Herzen freudig aufschreien.

Langsam, meiner Meinung nach viel zu langsam, senkte er sein Kopf und verringerte den Abstand zwischen uns.
...Warte mal, was passiert gerade? Wollte ich jetzt echt Francis Malone küssen? Was passiert mit mir?

Erschrocken schaute ich ihn an und setzte mich schnell neben ihn hin, da ich davor auf seinem Schoß saß. "Tut mir leid", murmelte ich immer noch ungläubig, während mein Herz immernoch schnell schlug.

"Gute Nacht", verabschiedete ich mich, nachdem wir still die Pizza fertiggegessen haben, und verschanzte mich oben im Zimmer.

Später spürte ich im Halbschlaf, wie sich die Matratze senkte und ein Hand, die an meiner Seite entlangging.

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Helloo

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Eure Magistra

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