Kapitel 5. Bekanntes Gesicht

Ich hatte in den letzten Wochen mein Zeitgefühl völlig verloren, ich hatte keine Ahnung, wie lange ich in dieser Welt hier nun schon fest saß und wie viele Spiele ich gespielt hatte, um weiter leben zu können, doch wollte ich das überhaupt noch?! Ich hatte meine Schwester verloren, das wichtigste, was es in meinem Leben gab, hatte ich bei so einem kranken Spiel verloren und dementsprechend fühlte ich mich auch. Dieser Schmerz war noch immer da und anstatt dass er schwächer wurde, wurde er gefühlt jeden verdammten Tag stärker.

Ich wollte einfach alleine sein und genau deswegen war ich ein paar Tage nach Mei's Tod alleine von den anderen weggegangen. Ich hatte nicht mal Yui etwas gesagt, oder sie gefragt, ob sie mitkommen wollte, ich war einfach mitten in der Nacht gegangen, als alle geschlafen hatten. Ja, Yui war meine beste Freundin, aber ich wusste, dass sie bei Arisu und den anderen besser aufgehoben war, als im Moment bei mir! Jeder wäre im Moment besser ohne mich dran, das war mir klar, auch wenn Yui das anders gesehen hätte.

Ich war Tage lang einfach nur gegangen, ohne jegliches Ziel, während ich ihn und wieder an irgendwelchen bescheuerten Spielen teilgenommen hatte, nicht wirklich weil ich es wollte, sondern weil ich es für Mei tat. Immer wieder hallten ihre Worte durch meinen Kopf, doch das Schlimmste an allem war, dass ich nicht mal dazu gekommen war, ihr zu sagen, wie viel sie mir bedeutet hatte und wie sehr ich sie geliebt hatte. Diese Gedanken zogen mich immer wieder runter, ließen mich nicht schlafen und essen konnte ich auch nicht und das machte sich langsam aber sicher auch bemerkbar. Mein Magen zog sich immer mehr zusammen und mein Kreislauf machte auch immer mal wieder schlapp und genau aus diesem Grund musste ich gerade einfach mal eine Pause machen. Ich stellte mich auf eine kleine Brücke und sah mich etwas um, während alles vollkommen dunkel in Tokio war, jedoch blieb mein Blick an einer Stelle hängen. Es war ein recht großes Gebäude, welches in einem hellen Licht erleuchtete, aber vermutlich war das auch wieder nur eins der Gebäude, in denen gerade ein Spiel stattfand. Ich stützte mich etwas an dem Brückengeländer ab und senkte meinen Kopf. Langsam machte mein Kreislauf wirklich schlapp, aber ich konnte einfach nicht essen, ich bekam seit Mei's Tod einfach nichts mehr runter, egal wie oft ich es versucht hatte. Für einen Moment schloss ich die Augen und atmete einmal tief durch, doch bevor ich meine Augen überhaupt wieder öffnen konnte, spürte ich einen dumpfen Schlag auf den Hinterkopf, der mir sofort das Licht für einen Moment aus knipste.

......

Als ich langsam Stimmen um mich herum wahrnahm und mir jemand etwas vom Kopf zog, öffnete ich blinzelnd meine Augen und sah mich verwirrt um. Ich befand mich in einem großen Raum, wo mehrere Leute um mich herum standen und vor mir ein Typ in einer Badehose und einem Bademantel vor mir stand. "Du warst ganz schön lange in deinem Dornröschenschlaf, dabei haben meine Leute extra aufgepasst, um dir nicht allzu sehr weh zu tun", erklang die Stimme des Mannes mit dem Bademantel. "Wo bin ich hier?", fragte ich schließlich nach und ja ich fühlte mich unwohl und zusätzlich unruhig. "Wo du bist?!", fragte der Mann vor mir nach und breitete seine Arme aus. "Das hier ist The Beach! Hier leben wir, hier feiern wir und nehmen gemeinsam an Spielen teil. Wir sammeln alle Spielkarten, denn das ist der einzige Weg, wieder zurück in unsere Welt zu kommen", erklärte der mir noch immer unbekannte Mann. "Wenn wir alle Karten gesammelt haben, können wir wieder nach Hause in unsere Welt?", hakte ich also nach, was den Mann breit grinsen ließ. "Vermutlich. Mich nennen hier alle übrigens den Hutmacher, ich bin hier der Boss", klärte er mich auf, doch ich war von dem Gedanken wirklich wieder nach Hause zukommen, so perplex, dass es einen Moment dauerte, bis ich antwortete. "Yuna", nannte ich ihn nun auch meinen Namen. "Nun gut Yuna, hier ein paar Regeln", setzte er an, jedoch unterbrach ich ihn direkt. " Und was wenn ich nicht bleiben will?", meinte ich ernst, denn niemand hier hatte mich gefragt, ob ich überhaupt hier bleiben wollte, denn das einzige, was ich wollte, war alleine sein, genau deswegen war ich von den anderen schließlich weggegangen. "Ablehnen geht nicht, Yuna, tut mir leid", was sollte das denn jetzt bitte bedeuten? "Also.. Regel Nummer eins. Im Beach ist alles erlaubt, Dr*gen, s*x, Alkohol, jeder kann sich hier frei bewegen, Regel zwei. Im Beach sind nur Badesachen erlaubt, darin kann man keine Waffen verstecken, ist klar, oder?! Die Türschlösser der Zimmer sind übrigens von uns zugeklebt worden, niemand hier darf etwas vor mir verstecken und Regel Nummer drei und somit auch die wichtigste Regel im Beach. Verräter erwartet der Tod! Jede Spielkarte, die du gewinnst, wirst du mir persönlich geben, deswegen habe ich schon alle Spielkarten die du gesammelt hast, an mich genommen", klärte er mich auf, während ich weiterhin auf meinem Stuhl saß und nichts weiter als meinen Kopf bewegt hatte. "Ich habe vor, dich beim nächsten Spiel zu testen, um zu sehen, ob du das Potential hast, in unsere Führung des Beach's zu kommen, dein nächstes Spiel wird also ein Test, also streng dich an. Je nachdem wie du das spiel spielst, wirst du ein Armband mit einer zahl bekommen, stellst du dich gut an, wirst du die neue nummer sechs, stellst du dich blöd an, bekommst du irgendeine andere zahl und gehörst nicht der Führhng vom Beach an", klärte der Hutmacher mich auf, doch ob mir das ganze hier gefiel wusste ich gerade selbst noch nicht. "Na gut, Ann wird dir dein Zimmer zeigen und gibt dir deine Badesachen", meinte er und deutete auf eine schwarzhaarige Frau. Ihre Haare gingen bis zu ihrem Kinn und sie trug eine große schwarze Sonnenbrille. Sie war wirklich hübsch, wirkte im ersten Moment aber etwas arrogant, aber vielleicht täuschte das ganze auch nur.

"Komm!", gab sie in einem recht emotionslosen Ton von sich. Ich sah sie einen Moment lang an, ehe ich etwas zögernd aufstand und Ann aus dem Raum folgte und mit ihr einen langen Gang entlang ging. "Wie ist es hier so?", fragte ich schließlich, einfach weil ich wissen wollte, ob das hier ein guter Ort zum Leben war, aber auch, um diese unangenehme Stille zwischen uns zu unterbrechen. "Ja man kann hier gut leben, die meisten Leute sind wirklich nett, klar in jeder Gesellschaft gibt es auch Idioten, aber so lange man sich von diesen fern hält, sollte man keine Probleme bekommen", wir gingen noch ein paar Schritte, bevor Ann eine Zimmertür öffnete und mich eintreten ließ. Es war ein recht großes Hotelzimmer, mit einem großen Doppelbett und Aussicht auf den Pool. Heute Nacht würde ich seit langem endlich wieder in einem Bett liegen, doch ob ich schlafen konnte, war wieder eine andere Frage, denn seit Mei's Tod hatte ich kaum ein Auge zugemacht. "Hier gibt es auch noch andere Badesachen, die du anziehen kannst, je nachdem, was dir am besten gefällt", sagte Ann und öffnete eine große Schublade der Kommode, die an der Wand stand. Mein Blick fiel auf die Sachen in der Schublade und ließ mich leicht nicken. "Okay danke", erklang meine Stimme leise, woraufhin Ann nickte. "Solltest du was brauchen, oder fragen haben, hör dich einfach um wo ich bin", erklärte sie mir, ehe sie kurz darauf auch schon das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss.

Mein Blick fiel kurz darauf wieder auf die Sachen in der Schublade, wo ich mir ein Bikini-Oberteil raus nahm und eine Frauen-Badehose, denn die normalen Bikini-Unterteil konnte ich noch nie leiden. Ich nahm mir schließlich etwas davon und ging ins Badezimmer, wo ich mir das hellblaue Bikini Oberteil anzog und anschließend die Badehose, die ebenfalls hellblau war, wohl fühlte ich mich jedoch nicht wirklich, also ging ich nochmal zur Kommode die ich durchwühlte und eine dünne Trainingsjacke fand, die ich mir überzog und den Reißverschluss bis unter mein Bikini Oberteil zuzog. Als ich von draußen dann jedoch laute Musik wahrnahm, ging ich zu meinem Zimmerfenster und sah, wie die Leute sich am Pool amüsierten. Die Leute verdrängten hier vollkommen die Realität, so viel stand fest. Ich hatte mir das ganze noch etwas angesehen und beschloss dann ebenfalls, nach draußen an den Pool zu gehen, nur um mich etwas besser umsehen zu können.
Jedoch nahm ich nach einer Weile eine bekannte Stimme hinter mir wahr. "Yuna?", erklang diese ruhige Stimme, die ich schon so lange nicht mehr gehört hatte, aber unter tausenden wiedererkennen würde. Sofort blieb ich stehen und drehte mich um, als ich Kuina hinter mir sah. Ohne zu zögern ging ich auf sie zu und schloss sie in meine Arme, was sie sofort erwiderte. "Du bist auch hier in dieser Welt gelandet?", fragte sie, was mich leicht nicken ließ. "Ja..", hauchte ich ihr leise entgegen und schloss für einen Moment die Augen. Niemals hätte ich gedacht, dass ich meine Cousine jemals in dieser Welt sehen würde.

Als wir beide uns nach einer kurzen Zeit wieder voneinander lösten, bemerkte ich, dass nicht nur ich leichte Tränen in den Augen hatte. "Ist Mei auch hier?", fragte sie schließlich, weswegen ich meinen Blick direkt von ihr abwendete. "Sie ist bei unserem zweiten Spiel gestorben", brachte ich leise hervor und es tat wieder so unfassbar weh, daran denken zu müssen, dabei war ich doch gerade zum ersten mal etwas abgelenkt gewesen. "Ich bin einfach so froh, endlich ein bekanntes Gesicht wieder zu sehen", sagte Kuina, woraufhin ich erneut nickte. "Ja.. Ich auch", klar hatte ich Yui noch bei mir gehabt, aber sie war eben meine beste Freundin und Kuina war Familie. Sie war wie eine Schwester für mich gewesen, vor allem weil sie ein paar Jahre bei uns gewohnt hatte, als ihr Vater sie damals vor die Tür gesetzt hatte und es tat einfach nur gut, jemanden aus meiner Familie wieder gefunden zu haben, ich fühlte mich innerlich zwar noch immer so unglaublich leer, aber jetzt durch Kuina endlich nicht mehr so alleine. Sie fühlte diese Einsamkeit wieder aus, was Yui und die anderen eben einfach nicht geschafft hatten.

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