Besuch auf dem Friedhof

Zwei Wochen noch....
Zwei Wochen noch....
Zwei Wochen noch....

Dieser Gedanke ging einfach nicht aus meinem Kopf raus!
Seufzend klappte Ich mein Buch zu und kletterte von dem Baum runter.
Gleich hatte Ich eine Probe mit meinen Mädels für die große Aufführung am letzten Tag des Camps.
Ich lief an unserer Punktetafel vorbei und grinste.
Das 'schattenschwarze' Team war ganz vorne, weit von allen abgeschlagen.
Danach kam das 'königsblaue' Team und alle anderen folgten darauf.
"Hey Astrid!"
Ich drehte mich um und lächelte:"Hey Tiana!"
Sie sprintete mir die letzten Meter entgegen und hielt knapp vor meiner Nasenspitze an.
"Bereit für unsere Probe?!" fragte Sie grinsend.
Ich streckte eine Faust in die Luft und rief:"Na und ob!"
Lachend liefen Wir zur Bühne und warteten auf Violet und Cass.
Die Beiden ließen sich wirklich viel Zeit und trafen erst 20 Minuten später am Treffpunkt ein.
"Wo wart ihr denn?" rief Tiana aufgebracht.
Cass hob beschwichtigend ihre Hände und erklärte ruhig:"Komm mal wieder runter! Wir waren gerade nach unseren Kostümen sehen! Sie sehen umwerfend aus!"
Damit verbesserte sich Tiana's Laune schlagartig und ihre Augen leuchteten auf.
Gemeinsam fingen Wir an zu proben und es lief eigentlich ganz gut....
bis auf diesen einen Moment!
Mitten in unseren Proben kamen Jack und Hicks an uns vorbei gelaufen.
Freudig rief Ich seinen Namen, doch er sah nicht mal auf.
Jack hob seinen Kopf und lächelte zögerlich.
Verwirrt runzelte Ich die Stirn.
Hicks war komplett schwarz gekleidet und seine Haare sahen noch zerzauster aus als sonst.
"Ich bin gleich wieder da..." murmelte Ich und jeder schien zu verstehen.
Schnell hüpfte Ich von der Bühne und rannte den beiden Jungs hinterher.
Jack wisperte etwas in Hicks Ohr und dieser nickte.
Der weißhaarige Junge blieb stehen und Hicks lief weiter.
"Hey Astrid!" er lächelte mich zuversichtlicher an.
Ich erwiederte:"Hey Jack! Was ist los mit ihm?"
Er seufzte und strich über seinen Nacken:"Heute ist nicht sein Tag..."
"Wie meinst Du das?" hakte Ich nach.
Jack schluckte und sah mich an:"Valka, seine Mutter, ist heute vor neun Jahren gestorben..."
Ich erstarrte und riss meine Augen auf.
Meine Beine schienen sich von selbst zu bewegen, als ich hinter meinem Freund her rannte und ihn von hinten umarmte.
Er drehte sich zu mir um und seine Arme legten sich eng um mich.
Ich schluchzte unter Tränen:"Es tut mir so leid..."
Er legte sein Kinn auf meinen Kopf und schauckelte mich sanft hin und her:"E-es ist schon in O-Ordnung... es geht ihr jetzt besser wo sie ist..."
Ich drückte ihn fester an mich und verbarg mein Gesicht in seinem schwarzen Hemd.
Etwas Nasses fiel auf meine Schulter und ich sah in sein wunderschönes Gesicht.
Liebevoll strich Ich die Tränen aus seinem Gesicht und ließ meine Hand über seine weiche Wange an seinem Wangenknochen entlang gleiten.
Seine Augen schlossen sich und er schmiegte sich an meine Hand.
Ich lächelte sanft und flüsterte:"Es wird alles wieder gut... Ich verspreche es dir!"
Seine Hand legte sich auf meine und er drückte sie fest:"Ich liebe dich so sehr, Astrid..."
"Ich liebe dich viel mehr!" wisperte Ich zurück und Hicks lächelte leicht.
Ich hab es geschafft!
Ich hatte ihn aufgeheitert!
Wenn auch nur leicht!
"Möchtest Du sie gerne treffen?" fragte Er überraschend vorsichtig, doch kurz darauf nickte ich zuversichtlich:"Ja, ich würde sie sehr gerne kennenlernen!"
Sein überglückliches Lächeln ließ in mir Schmetterlinge durch meinen Magen tanzen und wirbeln.
Unsere Finger verschlangen sich ineinander, als er nach meiner Hand griff und er zog mich hinter sich her.
"Bis später ihr Beiden!" rief Jack und ich winkte ihm zurück.
Wir liefen zum Parkplatz der Anlage auf einen hellblauen Smart zu.
"Ein Smart? Wirklich? Du könntest dir mit deinem Geld einen Lamborghini holen und du kaufst einen Smart?"
Hicks zuckte mit den Schultern und schmollte beleidigt:"Er ist schön klein und unauffällig!"
Ich kicherte und bevor ich nach der Klinke greifen konnte, hatte Hicks die Tür schon geöffnet und machte eine einladende Handbewegung.
Eine schmale Röte bildete sich auf meinen Wangen und ich stieg in den Wagen.
Mein Freund schloss die Türen und lief um den Wagen herrum auf die andere Seite.
Er stieg ein und schnallte sich an.
Sein Blick wanderte kurz prüfend zu mir, wahrscheinlich ob ich auch angeschnallt war, und er startete den Motor.
Wir fuhren von der Campanlage und landeten sofort auf der Autobahn.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich komplett falsch gekleidet war und sah an meinem knappen, grün-blauen Kleid herab.
"Du... Hicks?"
Er sah mich nicht an, da sein Blick an der Straße klebte und fragte:"Was ist denn?"
Ich murmelte beschämt:"I-ich glaube ich bin nicht wirklich korrekt gekleidet!"
Seine Augen glitzerten belustigt und er wand seinen Kopf von der Straße ab:"Du bist wunderschön, Astrid! Es ist egal was du an hast, denn für mich wirst du das hübscheste Mädchen auf der Welt sein! Egal was du trägst!"
"Aber wir gehen auf einen Friedhof!" rief Ich empört und er grinste:"Mach dir da mal keine Sorgen! Niemand könnte dich nicht mögen! Du bist einfach viel zu süß dazu!"
Er strich mit seinem Zeigefinger über meine Nase und ich sah ihn finster an.
"Jetzt mach doch nicht so ein Gesicht!"
Er fing an zu lachen.
Hicks war wie ausgewechselt!
Lag es an mir?
Ich lächelte glücklich und sah ihn liebevoll an, aber hatte sich schon wieder zur Straße gewandt und konzentrierte sich auf den Verkehr.
Wir fuhren über mehrere Landstraßen, Hauptstraßen und kleine Wege bis wir endlich ankamen.
Staunend stieg Ich aus dem Wagen und ließ meinen Blick über den Platz gleiten.
Für einen Friedhof war er echt hübsch mit vielen Verzierungen und großen Eichen und Ahornbäumen.
"Wir müssen hier lang!" erklärte Hicks und riss mich aus meinen Gedanken.
Gespannt und neugierig folgte Ich ihm und verlangsamte meine Schritte als ich wieder neben ihm lief.
Schnell strich Ich mein Kleid glatt und fuhr durch meine Haare.
Mein Herz klopfte wie verrückt und mein Atem wurde schneller.
Nervös sah Ich zu Hicks und drückte bekräftigend seine Hand.
Er lächelte mich sanft an und flüsterte:"Danke! Dafür das du mit mir hier bist!"
Ich drückte mich kurz an ihn und flüsterte:"Ich freue mich schon Sie kennen zu lernen!"
Der braunhaarige Junge drückte vorsichtig einen Ast zur Seite und ich ging an ihm vorbei.
Vor mir war ein einzelnes Grab.
Es war aus weißem Mamor und eine anmutige Engelsfigur streckte grüßend die Hände nach uns aus.
Ein mulmiges Gefühl durchfuhr mich und ich schluckte.
Ich war erst einmal auf einem Friedhof und da war ich auch noch sehr klein.
"Hey Mom!" wisperte Hicks und setzte sich vor dem Grab auf den begrassten Boden.
Ich trat zögerlich näher und er redete weiter:"Ich hab Besuch mitgebracht! Das ist Astrid, Mom! Du weißt doch, die von der ich dir erzählt hatte.
Ich lächelte unsicher und stotterte:"H-Hallo Miss Haddock! Es ist schön sie endlich kennen zu lernen!"
Hicks zog mich zu sich runter und legte seine Arme um mich.
Ich kuschelte mich in seine Umarmung und fühlte mich sofort etwas selbstbewusster:"Ihr Sohn ist wirklich wundervoll!
Er ist der gütigste und selbstloseste Junge, den ich je kennen lernen durfte! Er ist liebevoll, klug und charmant! Ich wüsste wirklich nicht was ich ohne ihn machen würde! Danke dafür das ich es sein darf, der ihn glücklich macht!"
Ich sah zu ihm hoch und sah besorgt Tränen in seinen Augen schimmern.
Plötzlich drückte Er sich an mich und schluchzte leise.
Entsetzt legte Ich meine Arme um ihn und fragte:"Hab Ich etwas falsches gesagt?"
Er schüttelte seinen Kopf und schluchzte:"Nein... Nein, du hast nichts falsch gemacht!"
Ich strich durch seine weichen, braunen Haare und schwieg.
Seine Arme wurden lockerer und sein Atem ging ruhig und langsam.
Wir blieben so einige Zeit sitzen, bis die Sonne unterging und alles in ein orangenes Licht tauchte.
"Es wird dunkel... wir sollten zurück!" erklärt er leise und ich nickte.
Obwohl es noch nicht wirklich kalt war,  wehte ein eisiger Wind und ich fing an zu frösteln.
Auf einmal fing Hicks an zu röcheln und hustete stark.
Er griff sich an die Brust und verkrampfte sich.
Schnell hielt Ich ihn fest und quiekte panisch:"Alles in Ordnung?!"
Er nickte und stemmte sich nach oben.
Seine Beine waren leicht zittrig und er stützte sich auf mir ab.
Gemeinsam liefen Wir zum Auto und ich fragte ängstlich:"Kannst Du überhaupt fahren?"
Er nickte langsam und schleppte sich auf seine Autoseite.
Ich öffnete meine Autotür, als plötzlich etwas hinter mir flüsterte:

Danke...

Erschrocken drehte Ich mich um, doch hinter mir war nichts!
Verstört stieg Ich ins Auto und schlug die Tür zu.
Hicks atmete tief durch und wir fuhren los.
Meine Augenlider wurden immer schwerer und ich gähnte:"Hicks?"
Er blickte mich kurz an:"Ja, Süße?"
Ich seufzte müde:"Hast Du eigentlich Angst?"
Seine Aufmerksamkeit lag nun bei mir:"Angst wovor?"
Ich drehte mich zu ihm:"Na Angst davor zu sterben!"
Er biss sich auf die Unterlippe:"Wieso fragst Du?"
Gleichgültig zuckte Ich mit den Schultern:"Naja du gehst so locker damit um!  Wäre Ich in deiner Situation, ich glaube ich wäre komplett verrückt geworden, aber du bist so.... ruhig! Ich hätte ein bisschen mehr Panik oder Wahnsinn erwartet!
Also: Wie?"
Sein Griff ums Lenkrad wurde fester:"Ich habe mich einfach damit abgefunden.
Schließlich hatte Ich acht Jahre Zeit dazu! Meistens denke Ich gar nicht daran. Ich kann ja eh nichts dran ändern!
Vielleicht sterbe Ich auch nicht, deshalb bin ich wahrscheinlich so ruhig! Wenn ich sterben sollte, bin Ich bereit dazu!"
Ich runzelte die Stirn:"Du hörst dich so an als ob du schon mit deinem Leben abgeschlossen hättest!"
Sein Nicken fuhr mit eiskalten Wellen durch noch hindurch:"Es ist auch so!"
Eine Todesstille legte sich über uns und blieb die ganze Fahrt über so.
Angespannt knetete Ich den Saum meines Kleides und kaute auf meiner Lippe rum.
Ich habe noch zwei Wochen mit ihm und die Zeit werde Ich in vollen Zügen ausnutzen!

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