Kapitel 6

Liz lag heulend und mit den Nerven am Ende im Arm von Tyson, der vergeblich versuchte, seine Freundin zu beruhigen. Grace ging zu ihr und sprach ruhig auf sie ein während Matt aus dem Fenster sah, ob er auf dem Schulhof etwas erkennen konnte. Und tatsächlich, im Schatten der Straßenlaterne, welche von der Straße aus auf das Schulgelände schien, stand deutlich zu sehen ein Schatten und schien zu ihnen rauf zu blicken.
„Habt ihr eure Sachen alle hier?" fragte Matt, wandte seinen Blick noch immer nicht von der Person ab. Die Anderen bejahten seine Frage und Matthiew nickte verstehend.
„Wir gehen jetzt. Und wir bleiben zusammen bis jeder sicher ist oder wir wissen, wer uns hier einen schlechten Scherz spielt."
Matt war wie ausgewechselt während er die Gruppe durch die dunkle und leere Schule führte. Grace erkannte nun auch den Reinblüter in ihm. Er war ein geborener Anführer und zeigte dies nun auch.
Liz klammerte sich noch immer schützend an ihren Freund, auch wenn sie sich langsam beruhigt hatte. Ihr war auch nichts Schlimmes passiert und sie hatte nur Angst bekommen, als sie eine Person über das Gelände hatte laufen sehen.
Grace lief neben Matt her und beobachtete ihn fasziniert dabei, wie er die Gruppe ruhig und gewissenhaft über die Flure führte. Sie fühlte sich sicher bei ihm, da sie wusste, dass er stark genug war, um sie und ihre Freunde zu beschützen, sollte sich hier wirklich ein Einbrecher oder Schlimmeres aufhalten.
„Grace, hast du deinem Bruder schon eine Nachricht geschrieben, dass er dich abholen soll?" fragte Matt und Grace schüttelte den Kopf. Das hatte sie ganz vergessen. Jetzt musste sie auch noch im Dunklen warten, während sich hier irgendwer Fremdes aufhielt.
„Ich bring dich nach Hause, schreib ihm besser eine kurze Info."
Grace wollte ihm widersprechen, Matt wusste schließlich gar nicht, wo sie wohnte und würde wahrscheinlich einen riesigen Umweg machen müssen, aber als sie ihn ansah erkannte sie seinen Blick von den Malen, wenn sie ihren Vater darum bat, nach Vance sehen zu dürfen, wenn es wieder Vollmond war und ihr Bruder verrückt spielte. Er würde keine Widerworte zulassen und sie musste es gar nicht erst versuchen. Also nickte sie nur und tippte kurz eine Nachricht, dass er sie nicht abholen brauchte bevor sie sich dann die Jacke enger um den Körper zog, da sie das Gebäude verließen.
Matt sah sich kurz prüfend um, sah jedoch niemanden der hier nicht hin gehörte. Er führte sie weiter und hielt erst auf dem Parkplatz vor dem Auto von Tyson an. Dieser suchte sich schweigend seinen Schlüssel aus der Jackentasche und öffnete dann die Beifahrertür für seine Freundin.
„Wir sehen uns morgen. Kommt gut nach Hause." verabschiedete Matt sich von ihnen und zusammen sahen er und Grace ihnen noch hinterher, bis das Auto vom Parkplatz gefahren war.
„Okay." meinte Matt, klatschte in die Hände und drehte sich um. „Ihr kommt jetzt sofort hier her oder ich bring jeden einzelnen von euch um!" donnerte seine Stimme dann auf einmal durch die Stille und Grace zuckte erschrocken zusammen.
„Hä?" fragte sie und wollte gerade fragen, was er meinte, als sich aus den Schatten auf einmal Gestalten auf sie zu bewegten. Grace erschreckte sich schrecklich, schaffte es jedoch dies gut zu verbergen, so dass niemand es bemerkte.
„Es- Es tut uns Leid. Bitte verzeih uns vielmals!" bettelte eine der Stimmen, sie war hoch und sanft, gehörte wahrscheinlich zu einer Schülerin in Grace Alter. Langsam trat diese dann auch ins Licht und Grace erkannte sie wieder. Gleich an ihrem ersten Tag hatte Vance seine Schwester vor unter anderem dieser Schülerin gewarnt.
Nun traten auch die anderen Gestalten ins Licht und Grace konnte sie als die Personen identifizieren, mit denen die Schülerin am Montag auf dem Hof stand. Sie sah überrascht zu den Personen und dann zu Matt, als dieser laut seufzte.
„Wie oft habe ich euch schon gesagt, dass ihr euch unauffällig unter den Menschen bewegen sollt? Und Mitschüler sind generell ein Tabu, verstanden!" fauchte er und rieb sich genervt den Nasenrücken.
„Ihr werdet morgen noch vor der ersten Stunde zu Liz gehen und euch dafür entschuldigen, dass ihr sie erschreckt habt! Denkt euch einen guten Grund aus, weshalb ihr euch um diese Uhrzeit hier aufhaltet!"
Die vier Schüler nickten verstehend und entschuldigten sich erneut. Grace sah sie nacheinander an und versuchte sich irgendwie zu überlegen was sie wohl waren. Menschen nicht, dass war ihr schon klar. Aber anders als übernatürliche Wesen, die gegenseitig dank der Aura des jeweils anderen sofort sehen konnten, was der andere war, musste ihr das immer gesagt werden. Einer der vielen Nachteile darin ein Mensch in einer Welt voller übernatürlicher Wesen zu sein, wie Grace fand.
Matthiew legte seine Hand auf die Schulter von Grace und diese sah zu ihm. „Und ich will einmal kurz klar stellen, dass ihr euch von Grace hier besonders fern halten werdet, verstanden?"
Auch wenn die vier sehr irritiert zu sein schienen, nickten sie doch und versprachen dann, dass sie sich von Grace fernhalten würden.
„Und da ich mittlerweile weiß, dass man bei euch mit einfachen Worten nicht weit kommt, " Matt seufzte auf „Grace ist die Tochter von Lewis. Ja, ich meine den Lewis an den ihr alle denkt. Das ist gerade ein gut gemeinter Tipp von mir, mehr nicht."
Grace spürte viele verwirrte und geschockte Blicke auf sich, doch sie lächelte nur. Ja, Lewis, der einzige reinblütige Dämon, der noch existierte war ihr Vater.


„Danke, dass du mich her gefahren hast." verabschiedete Grace sich von Matt, als dieser mit seinem Motorrad vor dem Haus von Grace zum Stehen kam. Sie nahm den Helm ab und gab diesen an Matt zurück.
„Kein Problem, ich wünsch dir noch einen schönen Abend." verabschiedete er sich direkt und fuhr wieder los. Noch im selben Moment wie er das Gaspedal drückte und somit anfuhr, öffnete sich auch schon die Haustür und Grace Vater stand in dieser.
„War das gerade Matthiew? Sind meine Kinder jetzt alle wahnsinnig?" fragte er seufzend und bekam dann von Grace einen Begrüßungskuss auf die Wange.
„Es hat sich so ergeben. Und wie schon gesagt, er ist unser Schulsprecher, also hat er eine vertrauenswürdige Position." verteidigte sie ihn direkt, bevor sie dann ihre Schultasche in die Ecke warf. Sie würde heute definitiv nichts mehr für die Schule machen. Wenn es nach ihr gehen würde, wäre jetzt am besten Wochenende. Oder sogar Ferien.
„Ich mein' ja nur." antwortete ihr Vater und zusammen gingen sie ins Esszimmer. Olivia hatte schon etwas zu essen für ihre Tochter vorbereitet. Da Grace heute den ganzen Tag hart geschuftet hatte, freute sie sich nun unglaublich über das Essen, auch wenn es sich nur um eine einfache Suppe handelte.
„Was hast du gegen Matt? Er ist echt nett." Grace begrüßte ihre Mutter und Maddi, die zusammen im Wohnzimmer saßen und ein Spiel spielten, bevor sie dann ins Esszimmer ging und anfing ihre Suppe zu löffeln.
„Ich habe doch nichts gegen ihn!" verteidigte Lewis sich empört und beschloss dann, seiner Tochter beim Essen Gesellschaft zu leisten. „In der Vergangenheit hat er sich einfach nur das ein oder andere Mal nicht unbedingt als vertrauenswürdig und reif gezeigt. Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert, nur weil du denkst er ist ein großer, starker Mann, weil er ein Reinblüter ist."
„Papa! Heute in der Schule ist etwas-" Grace verstummte und überlegte, wie sie ihre Worte formulieren sollte, um ihrem Vater keine Angst zu machen „etwas vorgefallen. Nichts schlimmes, aber in der Situation war es etwas merkwürdig." fing sie an und erzählte dann, wie Liz jemanden auf dem Schulgelände gesehen hatte. Dann begann sie detailliert zu erzählen, wie Matt sie, selber nicht sicher wer oder was da draußen war, durch die Schule und zum Auto gebracht hatte. „Er hat wirklich einen guten Eindruck gemacht. Ich habe mir auch Sorgen gemacht, wer das sein könnte, aber ich habe mich sicher gefühlt." beendete sie und Lewis stand seufzend auf.
„Ich will dir nicht verbieten mit ihm zu reden. Aber sei dir bitte bewusst, dass er, wenn das wirklich seine Art sein sollte, nicht immer so war. Du weißt gar nicht wie viele Vampire und Werwölfe unter seinem Kommando gestorben sind."
Grace Augen wurden groß und sie sah ruckartig von ihrem Essen auf und ihren Vater an. „Wie meinst du das?"
Lewis sah sie aus dem Türrahmen aus an und dann auf seine Füße. „Ich könnte es dir erzählen, aber frag lieber Vance. Der wird dir mehr sagen können, schließlich waren die Beiden mal unzertrennliche Freunde."
Ohne ihrem Essen auch noch einen Blick zu würdigen sprang Grace auf und lief in den Keller. Ohne zu klopfen riss sie die Tür zu dem ersten Zimmer auf der rechten Seite auf. Überrascht sah Vance sie von seinem Bett aus an. Er stand auf diesem und bemalte seine Wand mit Sprühfarbe.
„Grace, du bist wieder da? Wie war Nachsitzen?" fragte er und grinste sie breit an, während er sich wieder seinem Kunstwerk zuwandte.
„Was ist das damals zwischen dir und Matt gewesen? Wieso hat Papa gesagt, dass unter seinem Kommando Leute gestorben sind?" Vance stoppte in seinem Tun und ließ den Arm sinken.
„Lass mich raten, er hat dich zu mir geschickt, damit ich dir sagen kann, dass du dich von Matt fern halten sollst?" Vance stellte die Sprühflasche auf seinen Nachttisch und setzte sich dann auf das große Bett. Er klopfte neben sich auf die weiche Matratze und Grace setzte sich.
„Als Matt und ich uns am Montag wieder getroffen haben, da sind doch die Worte 1946 und Flamingo Hotel gefallen, erinnerst du dich?" Grace nickte. Sie wusste zwar nicht, worauf Vance hinaus wollte, aber wenn er dachte, dass dies für seine Erzählung von Bedeutung war, dann wollte sie ihn nicht unterbrechen.
„Das Flamingo Hotel in Las Vegas war damals gerade erst eröffnet worden. Es wurde von einem ziemlich alten reinblütigen Dämon geleitet, der sich damit ein Imperium in der aufstrebenden Stadt aufbauen wollte. Sein Plan war es, sich dort unter den Menschen zurückzuziehen. Da dort täglich tausende Besucher hin reisen, würde er nicht weiter auffallen, wenn er ein paar hundert Jahre dort leben würde. Und gleichzeitig wäre das eine gute Möglichkeit um mal so nebenbei ziemlich viel Geld zu machen. Ich war damals noch jung und habe meine Kräfte einfach ausprobieren wollen. Ich kannte das Leben in einer Stadt nicht, aber wollte es einfach testen und sehen, wie die Menschen so sind. Matt und ich haben uns recht schnell getroffen. Ich war nicht unbedingt unauffällig musst du wissen. Ich habe davor immerhin nur in Wäldern mit meinem alten Rudel gelebt. Matt hat mich aufgegabelt und mich ein wenig, sagen wir, unter seine Fittiche genommen. Er hat mir gezeigt wie ich mich unter Menschen zu verhalten habe, um in Sicherheit zu leben. Erst als er schon wie ein echter Bruder für mich und mein mit Abstand bester Freund war, habe ich dann von diesem Dämon erfahren. Er und Matt hatten wohl einige Probleme miteinander. Beide wollten sie sich etwas Großes dort aufbauen und haben den anderen nicht akzeptiert. Irgendwann ist es dann in eine Art Bandenkrieg ausgebrochen. Ganz unentdeckt von den Menschen haben wir angefangen uns gegenseitig zu bekämpfen und einige sind auch gestorben. Der andere Dämon hat sich Sorgen um seine Leute gemacht und wollte weg gehen, aber Matt wollte das nicht auf sich sitzen lassen. Er hat alle, die in irgendeiner Art und Weise zu seinen Freunden zählten, und das waren einige, losgeschickt um dem Dämon und seinen Leuten den Gar auszumachen. Ich habe mich geweigert, was Matt nicht unbedingt toll fand, aber da ich noch recht jung und unerfahren war, war er letztendlich damit einverstanden, dass ich weg blieb." Vance sah zu Grace. Er wusste nicht, was er noch erzählen sollte. Seine Geschichte ging theoretisch noch weiter, aber wahrscheinlich hatte sie jetzt schon ein komplett anderes Bild von Matt, als zuvor schon. Das war es doch, was Lewis wollte um seine Tochter zu schützen.
Doch Grace sah ihn nur erwartend an. Sie spürte, dass die Geschichte damit noch nicht beendet war und es noch weiter ging. Und so setzte Vance wieder zum Sprechen an. „Der Dämon war Matt deutlich unterlegen. Er hatte seine Niederlage eingesehen und wollte fliehen, aber Matt war so darauf versessen zu gewinnen, dass er die Kapitulation ignorierte. Als Hilfe hatte der Dämon Freunde von sich um Unterstützung gebeten. Unter anderem auch Papa. Als ich ihn kennengelernt habe, wusste keiner von uns, dass wir so gesehen Feinde waren. Wir haben uns gut verstanden und er hat mir von dem Leben in einer Familie erzählt. In meinem Rudel gab es nie richtige Familien, deswegen klang das was er mir erzählte wie ein Traum. Ich habe mich von Matt verabschiedet und habe ihn verlassen um mit Lewis zu gehen. Ich habe erst Jahre später erfahren, dass Matt kurz davor den anderen Dämon eigenhändig getötet hatte."
Grace schluckte schwer. „So wirkt Matthiew gar nicht auf mich." sprach sie ruhig, aber die Worte ihres Bruders hallten immer noch durch ihren Kopf.
„Ja, es wirkt auf mich auch ganz anders als damals. Deswegen denke ich auch, dass er sich geändert haben muss. Wahrscheinlich hat er erkannt, dass er damals einen Fehler gemacht hat, und bereut es jetzt. Papa übertreibt es nur, weil Matt schließlich der Mörder einer seiner Freunde ist." Vance stand wieder auf und hielt Grace seine Hand hin, um ihr hoch zu helfen.
„Aber jetzt weißt du, was Papa gegen Matt hat. Ich denke zwar, dass es möglich wäre ihren Konflikt zu beenden, aber dann müssen die das wohl von sich aus angehen. Papa lebt schon unglaublich lange, der Tod von irgendwem der ihm mal nahe stand bedeutet ihm nicht das, was es anderen bedeutet. Deswegen sollten wir uns aus deren Angelegenheiten einfach raus halten und abwarten, was passieren wird."

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