Kapitel 26

„Okay.“ Es war einfach Matt anzusehen, wie nervös er war. Grace griff nach seiner Hand und drückte diese leicht, um ihm somit etwas Zuspruch zu geben.
„Du musst nicht nervös sein. Wenn dann sollte ich wohl eher nervös werden.“ meinte sie und lachte leicht. Sie versuchte es zu überspielen, wie unruhig sie tatsächlich selber war und es schien zu helfen. Matt sah sie mit einem Lächeln an und drehte sich dann auf dem Sofa zur Seite, so dass er sie besser ansehen konnte.
„Wurdest du denn schon einmal gebissen?“ fragte er gerade heraus. Er spürte, wie sich Grace Finger etwas verkrampften und verstärkte den Griff von seiner Seite aus ebenfalls. Er war für sie da, genauso wie sie für ihn.
Und wenn sie es beide nicht schaffen sollten einander beizustehen, dann hatten sie ja auch noch Luna.
„Also,“ begann Grace dann langsam und sah auf ihre Hände, welche mittlerweile fest miteinander umschlungen waren. Matt merkte wie sich ein leichter Rotschimmer auf die Wangen von Grace legten, was ihn leicht zum schmunzeln brachte. „außer von Edward noch nicht, nein.“
„Das hat sicher weh getan, oder?“ fragte er vorsichtig nach und strich mit seiner freien Hand sanft über die noch immer deutlich zu erkennenden Abdrücke, an ihrem Hals während in ihm ein unglaublicher Hass gegenüber dem Vampir aufkam. Matt war nicht entgangen, wie Grace die letzten Tage penibel darauf geachtet hatte, dass entweder ihr Pullover oder ihre Haare die Abdrücke verdeckten. Er konnte genau beobachten, wie sich unter seiner Berührung eine Gänsehaut auf Grace' Haut bildete.
„Mach dir keine Sorgen, wenn du wirklich nichts dagegen hast wenn ich, naja.“ Matt presste die Lippen aufeinander und versuchte die richtigen Worte zu finden. „Ich werde ganz vorsichtig sein.“ Er platzierte seine Hand in Grace Nacken und zog sie sanft zu sich ran. Ganz langsam, so dass sie genaustens mitbekam, was er tat.
„Du wirst es wahrscheinlich kaum spüren.“ wisperte er in ihr Ohr und umfasste ihre Hand fester, während er langsam ihren Pullover zur Seite schob und ihre Haare hinter die Schulter legte.
Als er sich dann langsam vorbeugte und sich sein Mund ihrer Ader näherte, konnte er sowohl ihren unregelmäßigen Atem als auch ihr schnell schlagendes Herz genaustens hören.
„Es ist okay.“ flüsterte er beruhigend und fasste in Grace Haare. Sanft zwang er sie, ihren Kopf zur Seite zu legen damit er besser an die richtige Stelle kam und hielt sie somit gleichzeitig beschützend und Halt gebend im Arm.
Sein Mund öffnete sich einen Spalt und legte sich auf ihre Haut. „Entspann dich. Dann tut es auch nicht weh.“ riet er ihr und konnte genaustens spüren, wie sie seinen Worten Folge leisten wolle.
Es fiel Grace schwer sich zu entspannen, generell war sie viel zu aufgeregt und nervös. Auf der einen Seite konnte sie mit Edward nicht unbedingt die schönsten Erinnerungen verbinden, zum anderen konnte sie aber auch an gar nichts anderes denken, als wie nah ihr Matt gerade war.
Sie konnte seinen Atem auf ihrer Haut und seinen natürlichen Geruch deutlich in ihrer Nase spüren. Ihre Sinne waren vielleicht nicht so ausgeprägt wie von ihm oder ihrer Familie, aber sie waren gut genug um sie in diesem Moment einfach nur um den Verstand zu bringen.
So schwer es ihr auch fiel, sie schaffte es doch irgendwie sich etwas zu beruhigen was auch Matt zu merken schien.
„Bleib so.“ bat er sie und keine Sekunde später spürte Grace seine Lippen auf ihrer Haut. Sie krallte sich immer fester in seine Haut, schaffte es aber dennoch irgendwie, ruhig zu bleiben und sich nicht zu sehr zu verspannen.
Als sich Matt's Zähne dann aber mit einem leichten Stich in ihre Haut piksten kniff sie doch die Augen zusammen. Immer wieder rief Grace sich in Gedanken, dass sie keine Angst haben musste. Matt würde ihr nichts tun. Das wusste sie und konnte darauf bauen.

Es dauerte keine fünf Sekunden, bis Matt sich auf einmal ruckartig von Grace löste und aufsprang. Er brachte deutlich Abstand zwischen sie Beide und Grace sah überrascht auf. Doch sie war nicht die einzige, auch Luna sah zu Matt, setzte sich dann jedoch in Bewegung und sprang von dem Sessel, bevor sie sich dann zu Matt stellte und ihn mit ihrer Schnauze anstupste.
Matt stand da, die Hand vor dem Mund und schwer atmend.
„Matt? Was ist denn?“ fragte Grace zögerlich und wollte aufstehen, aber noch bevor sie sich überhaupt vom Sofa erhoben hatte, unterbrach er sie auch schon in ihrem tun.
„Bleib da.“ war alles was er sagte, während er sich zu Luna hockte und sie mit leicht unruhiger Hand zu streicheln begann. Die andere Hand hatte er währenddessen auf seinen Mund gepresst. Es war die Hand, mit welcher er zuvor Grace Hand gehalten hatte. Matt konnte deutlich den Eigengeruch von Grace spüren. Sowohl durch die Hand auf seinem Mund, wie auch durch ihre Anwesenheit im Raum. Sein Geruchssinn war um Längen besser, als er es sich jemals für möglich gehalten hatte.
Und das konnte nur eines bedeuten.
„Matt, ich mach mir gerade echt Sorgen. Was hast du?“ konnte er die Stimme von Grace hören und vergrub seine Hand noch tiefer in dem flauschigen, lockigen Fell seines Hundes.
„Brauchst du nicht.“ presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und nahm dann vorsichtig die Hand von seinem Mund.
Langsam stellte er sich wieder aufrecht hin, drehte sich aber noch immer nicht wieder zu Grace um. Grace konnte nicht sehen, dass Matt seine Augen geschlossen hatte und versuchte sich an seine auf einmal so unglaublich ausgeprägten Sinne zu gewöhnen.
„Ich sag es nur recht ungern.“ zwang Matt sich zu sprechen und ließ sich dann sofort wieder auf das Sofa fallen. Er war ausgelaugt und fühlte sich schwach. Und dabei waren seine Sinne so unglaublich gut. „Aber Caleb hatte recht.“
Grace wollte fragen was Matt damit sagen wollte. Doch noch während sie ihren Mund öffnete, fiel es ihr dann schlagartig ein und sie schloss ihn wieder.
„Du hast blaues Blut.“
Grace schluckte. Sie wusste nicht, ob das jetzt ein Grund zur Freude oder zur Panik war. Blaues Blut war selten und besonders bei Vampiren heiß begehrt. Was bedeutete es jetzt für sie, wenn klar war, dass sie dieses besondere Blut besaß?
„Und was machen wir jetzt? Wir müssen das meinen Eltern-“
„Du musst jetzt erst Mal nach Hause. Ruf Vance an, dass er dich so schnell wie möglich abholen soll.“ Matt saß da auf dem Sofa, schwer atmend und mit geschlossenen Augen. Grace betrachtete ihn und erkannte sofort, dass sie ihn jetzt nicht alleine lassen konnte.
„Nein, erst Mal musst du wieder zu Kräften kommen. Was ist denn überhaupt los? Wieso reagierst du so?“
Als Matt dann seine Augen öffnete und Grace ansah, erstarrte diese sofort. Die dunkelgrünen Augen von Matt, dem besten Freund ihres Bruders, waren blutrot und schienen fast im Licht zu leuchten.
„Grace. Dein Geruch ist zu stark. Das ist zu viel für mich.“ Luna sprang auf das Sofa und legte ihren Kopf auf Matt's Schoß ab. „Du musst hier sofort weg.“
„Aber-“
„Grace!“ Luna fing an zu fiepen, als Matt sich in dass Fell des Hundes krallte. Erschrocken stand Grace da und betrachtete ihren Schwarm.
„Abi und Ryan wohnen auch hier im Haus. Hast du die Nummer von einem der Beiden? Sie sollen mit dir draußen auf Vance warten.“
Grace nickte. „Ja, ich hab die Nummer von Ryan. Aber ist es wirklich in Ordnung einfach zu gehen?“
„Das ist gerade das beste, was du tun kannst.“ Matt krümmte sich und es schien so, als würde er Luna jetzt nicht nur Umarmen, sondern sich richtig an sie zu klammern. „Geh jetzt!“
Widerwillig wendete Grace sich ab und zog sich im Flur ihre Schuhe und Jacke an, während sie Ryan anrief um ihm um Hilfe zu bitten. Was genau los war, erzählte sie ihm lieber nicht.
Es dauerte keine Minute, da klingelte es und als Grace durch den Türspion sah, erkannte sie Ryan und Abi nervös vor dieser stehen. Die Geschwister wussten nur, dass Matt eine merkwürdige Reaktion auf Blut zeigte und Grace gesagt hatte, dass sie lieber gehen sollte. Doch das zu wissen reichte, um den Beiden deutlich die Sorge im Gesicht stehen zu lassen.
„Sehen wir uns morgen in der Schule?“ fragte Grace noch, während sie die Tür öffnete und sah ins Wohnzimmer. Jedoch bekam sie keine Antwort.

Ryan versuchte alles, um ein Wort aus Grace herauszubekommen, darüber, was den geschehen war. Aber sie weigerte sich partout etwas zu sagen. Erst als Abigail ihren Bruder anschnauzte, dass er sich mal benehmen sollte, hörte dieser auf und zickte seine Schwester zurück an, was Grace leicht zum schmunzeln brachte.
Aber dennoch war ihr nicht wirklich lange zum Lachen zumute. Sie machte sich unglaubliche Sorgen um Matt. Am liebsten wäre sie jetzt bei ihm und würde ihm Helfen. Aber das konnte und durfte sie nicht. Schon die ganze Zeit versuchte sie  mit dem Gedanken, dass Matt derjenige war, der sagte, sie solle gehen, das immer wieder aufkommenden schlechten Gewissen fernzuhalten.
Während sie mit den beiden Dämonen vor dem Eingang des großen Wohnblockes stand, überlegte sie fieberhaft, was der Grund für Matt's plötzliche Reaktion war. Hatte es etwas mit dem blauen Blut zu tun? Eigentlich war Grace sich dessen ziemlich sicher, aber gleichzeitig dachte sie auch immer wieder an das, was Matt ihr noch am Vormittag in der Schule erzählt hatte. Blaues Blut sollte laut ihm positive Nebenwirkungen haben. Aber seine Reaktion auf ihr Blut war nicht unbedingt das, was Grace als positiv bezeichnen würde.
Als Vance dann in seinem dunkelblauen Lamborghini vor ihnen an der Straße parkte, verabschiedete Grace sich schnell von ihren Freunden und stieg dann bei ihrem Bruder in das Auto.
Vance machte jedoch gar nicht die Anstalt loszufahren, sondern sah seine Schwester stattdessen gespannt an, während er den Motor abschaltete. „Erzähl.“ forderte er. „Was hat euer kleines Experiment ergeben und wieso sollte ich dich so plötzlich abholen?“
Grace schluckte. „Ich hab blaues Blut.“ offenbarte sie ihrem Bruder dann und dieser sah sie mit einem Blick an, welcher gemischte Gefühle erahnen ließ.
Vance hatte Sorge. Natürlich war er froh, dass Grace es jetzt wusste. Es war sowohl für sie, wie auch für alle anderen besser, wenn sie wussten, was ihr Blut für manche Vampire bedeuten konnte. Aber gleichzeitig hatte er auch unglaubliche Angst um seine Schwester. Sie hatte ihm gleich nach der Schule alles erzählt, was Matt ihr erklärt hatte. Vance wusste also, was in der Vergangenheit mit Menschen getan wurde, die blaues Blut hatten.
Zudem war es für Caleb und Edward so nur eine Bestätigung, dass Grace wirklich diejenige war, die sie brauchten. Vance wusste nicht, aus welchem Grund Caleb hinter seiner Schwester her war, aber wenn er wirklich zuvor schon Sophia und Callum für so lange Zeit gefangen gehalten hatte, dann schien es ihm wirklich wichtig zu sein Menschen mit blauen Blut in seine Gewalt zu haben.
Vance realisierte erst, dass er nichts gesagt und seine Schwester nur angestarrt hatte, als es schon zu spät war und Grace ihn fragend ansah. Um seine Sorge zu überspielen, sowohl um Grace keine Sorgen zu machen, wie auch, um seine eigenen verblassen zu lassen, grinste er sie an. „Okay. Und wieso hat Matt dich danach rausgeworfen? Das war auch eine Frage. Hast du ihm deine Gefühle gestanden, aber der Vollpfosten erwidert sie nicht?“
Grace zuckte zusammen und sah ihren Bruder erschrocken an. „Woher weißt du von meinen Gefühlen? Das hab ich dir definitiv nicht erzählt!“
Vance lehnte sich in seinem Sitz zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und legte den Kopf dann zur Seite, um sie anzusehen. „Süße, dass ist unglaublich auffällig. Außerdem kannst du doch nicht echt erwarten, dass du etwas vor mir verbergen kannst, Ginger.“
Vance zog seine Schwester an sich ran und zerzauste ihr die Frisur. Grace versuchte sich zu wehren. Nicht ernsthaft, nur spielerisch, wie sie es immer tat, wenn ihr Bruder wieder so was tat wie in diesem Moment.
Als Vance wieder von ihr abließ und den Motor startete, um nun endlich loszufahren, richtete Grace sich notdürftig die Frisur und sah ihren Bruder unsicher an. „Stört es dich nicht, dass ich Gefühle für deinen besten Freund habe?“ stellte sie die Frage, welche ihr so unglaublich unangenehm war. Doch Vance schüttelte augenblicklich den Kopf und grinste breit.
„Man kann nicht sagen das Matt schlecht aussieht. Man sieht schon lange, wie du ihn immer anstarrst. Schon bevor du wahrscheinlich von deinen Gefühlen wusstest, war klar, dass er dein Typ ist. Groß und muskulös. Schicker aber lässiger Style. Und wie du immer seine Haare angesehen hast wenn er sie nicht so vorbildlich Schulsprecher-Stil glatt gekämmt hat.“ fing Vance an, unterbrach sich aber selber als er zu seiner Schwester sah. „Aber sein Charakter ist natürlich auch nett.“
Grace fing an zu lachen und verdrehte die Augen. Vance stieg mit ein und als sie sich wieder beruhigt hatten, und schon fast zuhause angekommen waren, sprach Vance dann wieder: „Und wann erzählst du mir endlich, was passiert ist?“
So fing Grace an ihrem Bruder zu erzählen, wie Matt reagiert hatte, als er ihr Blut getrunken hatte. Sie erzählte alles so ausführlich und detailliert wie möglich, so dass sich Vance alles möglichst gut vorstellen konnte.

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