17. Showdown am Kletterbaum
Wie auch immer es vor sich gegangen war, Magma-Scheck hatte Rebecca aufgesogen, quasi entführt, und sie mehr oder weniger wohlbehalten in der Werkstatt wieder abgesetzt. Er hatte gewusst, dass ich sie suchen würde, sonst hätte das ganze Theater keinen Sinn ergeben. Hielt er Rebecca für meine Freundin? Wenn er wüsste vor welchem Ungetüm er mich gerettet hat! Die Handschellen baumelten noch immer an meinem rechten Handgelenk.
Rebecca hatte sich eingekriegt, doch ihr Wunsch die Werkstatt verlassen zu dürfen, war nicht kleiner geworden.
„Lass mich raus, bitte! Ich will nach Hause!"
Das klang doch schon viel moderater. Keine Verfluchungen mehr, keine weiteren Androhungen den großen Bruder zu holen.
Nach Hause, dachte ich. Wollen wir das nicht alle?
Und da erkannte ich sie plötzlich. Die rätselhafte Konstruktion unterhalb des schwebenden Feuerballs. Hinter umgestürzten Brettern halb verborgen sah ich Stufen aus Holz, mit Teppich beklebte Zwischenebenen und obenauf ein kleines Holzhäuschen, Stil Alpenhütte. Ich las den Schriftzug, welcher im Giebel eingebrannt war.
Hier wohnt Charly.
Ich stupste Rebecca in die Seite. „Los, hilf mir mal! Kann sein, dass der Spuk hier gleich ein Ende hat!"
Und tatsächlich. Langsam zwar, aber mit klarem Willen half sie mir den Weg zu Magma-Scheck frei zu räumen. Wir schoben Balken zur Seite, schmissen Holzlatten in die Ecke, hängten Gartengeräte zurück an die Wand und arbeiteten uns so Schritt für Schritt vorwärts.
Die Miniatur-Alpenhütte faszinierte mich. Scheck hatte unendlich viel Mühe in die Details gesteckt. Es gab einen Balkon, Fensterläden, Plastikblumen in kleinen Töpfen und auf dem Dach täuschend echt aussehende Schindeln.
Scheck hatte seinem Charly einen Kletterbaum gebaut, wie ihn sich ein Kater nicht schöner wünschen konnte. Bis auf wenige Kratzer, aufgeribbelte Teppichstellen und eingetrocknete Köttel sah der Baum wie neu aus.
Die Hütte schien geräumig und besaß eine runde Aussparung zum rein und rausklettern. Auch wenn es dahinter zappenduster war, sah ich dort etwas liegen.
„Ich habe die Fatzen dicke, Lupo! Ich fahre nach Hause!"
Rebecca war auf dem Weg zur Tür und begann daran herum zu rütteln. Glücklicherweise trug ich den Schlüssel in der Tasche!
Unter keinen Umständen ließ ich sie alleine fahren. Nicht in diesem Zustand. Außerdem: weshalb fuhr sie überhaupt Auto? Sie war erst siebzehn und hatte gar keinen Führerschein. Wem gehörte der Wagen? Das Verhalten dieses Mädchen wurde mir immer schleierhafter.
„Eine Sekunde noch! Verdammt!"
Mit der rechten Hand hielt ich mir die Nase zu, wobei die Handschelle schmerzhaft gegen mein Kinn schlug, mit der linken griff ich beherzt in die Aussparung des Alpenhäuschens.
Rebecca drehte sich herum, presste die Hand auf den Mund und schrie. Magma-Scheck begann aufgeregt zu pulsieren.
In der Hand hielt ich einen vertrockneten, zusammen geschrumpelten Katzenkadaver. Die Augen waren geschlossen, der Pelz stumpf wie das Plastikfell eines Rummelplatzhauptgewinns, das Maul leicht geöffnet, so dass man das scharfe Raubtiergebiss sah.
Es war Charly. Wir hatten ihn gefunden.
Aus einem der Regale nahm ich einen leeren Karton mit Deckel und legte den Kadaver behutsam hinein.
„Jetzt wird alles gut, Charly. Jetzt kommst du wieder zu deinem Herrchen!"
Magma-Scheck zuckte, wurde kleiner, büßte an Strahlkraft ein. War das ein Seufzer, den er da von sich gab?
Scheck schrumpfte weiter und weiter, bis er nur noch die Größe eines Glühwürmchens hatte. Dann flog er einmal durch die im Dunkel versunkene Werkstatt, setzte sich für einen kurzen Augenblick auf den Deckel des Katzenkartons, um kurz darauf durch das Schlüsselloch zu entschwinden.
Ich hakte Rebecca unter, öffnete die Tür und trat hinaus auf den nächtlichen Hof. Weit oben, irgendwo auf dem Dach, schrie ein Käuzchen. Mit ausgestrecktem Arm bat ich Rebecca um den Autoschlüssel.
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