30. Kapitel - Aufbruch
Hallo ihr Lieben! :*
Ich hätte eigentlich schon gestern Abend gerne das Kapitel hochgeladen, allerdings kommuniziert mein Kindle nicht gerne mit meinem PC, wo bereits das meiste als Textdatei vorhanden war -.- Demzufolge durfte ich alles nochmal abtippen und da ich noch nicht fertig war, musste ich es zusätzlich noch vervollständigen *grrr* Bis um zwei Uhr morgens hab ich mich gequält, dann habe ich doch kapituliert und bin völlig k.o. ins Bett gefallen :D Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse ^^
Allerliebste Grüße und wie immer viel Spaß beim Lesen ;)
Princessa_Strigoja <3
Aufbruch:
Irgendwann brauchte ich frische Luft und entschloss mich also, dazu nach draußen vor die Tür zu gehen. Zwar war dort die Luft nicht gerade sauberer, aufgrund der vielen vorbeifahrenden Autos und dem CO²-Ausstoß, aber es half mir dabei, meine Gedanken zu ordnen. Zumindest einigermaßen.
Nachdenklich blicke ich auf das Amulett in meiner Hand.
Der Anhänger ist ein gelber, ovaler Edelstein, auf dem ein silberner Drache ruht.
Beim näheren Betrachten des Briefumschlags ist mir aufgefallen, dass sich dort drin noch etwas befand, nämlich die einzige Hinterlassenschaft meiner leiblichen Mutter, bevor sie sich anscheinend für immer dazu entschlossen hat, aus meinem Leben zu verschwinden.
Wahnsinn. Echt der reinste, verkorkste Wahnsinn.
Und jetzt?, schießt die Frage durch meinen Kopf.
Ohne großartig zu überlegen öffne ich den Verschluss der Kette und lege sie um meinen Hals. Auch wenn Aon sich von mir abgewendet hat, so möchte ich dennoch herausfinden, was damals wirklich passiert ist und alle noch ungeklärten Fragen beantworten, indem ich zu dem Ort gehe, wo augenscheinlich alles begonnen hat: dem Internat.
Mit etwas verheultem Gesicht trete ich in das Wohnzimmer ein und blicke zu Lucie, die nun mit einem friedlichen Gesichtsausdruck auf der Couch liegt und im Land der Träume zu wandeln scheint. An Stirn, Armen und Waden kleben ihr große Blätter von einer Pflanze, die, laut Susan, sehr gut das Gift dem Körper über die Haut entzieht. Seufzend setze ich mich neben sie und ergreife ihre Hand. Eine stumme Bitte um Vergebung meinerseits, weil ich sie in dieses Chaos mit hineingezogen habe. Gerne hätte ich mich auf eine andere Art und Weise von mir verabschiedet, aber die ist mir leider nicht vergönnt.
Ein Kribbeln auf meiner Haut beunruhigt mich plötzlich. Alarmiert stehe ich auf und schaue aus dem Fenster.
Ein Mann Mitte vierzig steht auf der anderen Straßenseite und starrt hinüber.
Ich weiche zurück, zögere nicht lange und stürme aus dem Zimmer. Schließlich finde ich Susan und Loghal in der Küche vor.
„Da draußen-...“, beginne ich ein wenig atemlos, verstumme allerdings, als ich an Loghal vorbei in einen Spiegel gucke.
Was zum...? Verwirrt trete ich heran und erblicke Mona darin.
„Mona?“ Irritiert blicke ich sie an.
Anscheinend bin ich nicht die Einzige, die ein persönliches Problem mit Mr. Arrogant hat, denn Mona bemerkt mich erst gar nicht und funkelt stattdessen Loghal wütend an.
„Samantha?“ Ein Grinsen breitet sich auf ihrem Gesicht aus, bis sie mich näher betrachtet und es augenblicklich verschwindet. „Hast du etwa geweint? Ist der Mistkerl neben dir daran Schuld? Du kannst es mir ruhig sagen. Wenn ja, dann serviere ich dir seinen Kopf auf einem Silbertablett, versprochen.“
Ich räuspere mich und fühle mich etwas unbehaglich, als sich alle Augenpaare auf mich richten.
„Äh, nein, nein. Alles in Ordnung.“, beeile ich mich zu erklären.
„Wie dem auch sei.“, beendet Loghal desinteressiert das Thema und wendet sich wieder dem rothaarigen Mädchen zu. „Ich wünschte, es würde mich überraschen, dass Selene nicht bei dir ist, aber das tut es nicht.“
Seine Verachtung ist groß und ich hasse es, wenn Leute herablassend sind. Genervt verschränke ich die Arme vor der Brust.
„Hey! Es ist ja wohl nicht meine Schuld, wenn ich es ihr nie recht machen kann, okay? Sie ist diejenige, die sich aus dem Staub gemacht hat, und nicht ich!“
„Und warum hast du sie nicht aufgehalten?“
Frustriert wirft sie die Hände in die Luft. „Meine Güte! Du weißt, wie sie ist! Natürlich habe ich versucht, sie zum Bleiben zu überreden, aber wenn ich erfolgreich darin gewesen wäre, dann würde ich hier nicht alleine dastehen und du würdest mich nicht anpampen, von wegen, ich bin meiner Verantwortung nicht nachgekommen.“
„Es ist aber auch immer wieder dasselbe mit euch!“, knurrt Loghal leise vor sich hin und reibt sich die Nasenwurzel. Eine ziemlich emotionale Geste.
Der Herr lässt sich gehen, stelle ich belustigt fest und kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
„Sieh einfach zu, dass du deinen Hintern hierher bewegst und dich um das naive Blondchen hier kümmerst. Ich bin es leid, den Babysitter zu spielen.“
Wie bitte?! Ich bin ein naives Blondchen? Er muss den Babysitter für mich spielen? Ich glaube es hakt wohl?! „Mein Name ist Samantha, kapiert? Samantha! Merk dir das!“, keife ich ihn an und bin kurz vorm Explodieren, doch alles, was ich an Reaktion bekomme, ist ein kurzer, kalter Blick in meine Richtung.
Ich stoße zischend die angehaltene Luft aus.
Wir stehen in der Küche. Irgendwo müsste doch der Besteckkasten mit den scharfen Messern sein, oder?
Ich werde jäh aus meinen gedanklichen Mordplänen gerissen, als plötzlich ein dumpfes Poltern ertönt.
Susan blickt sich nervös um und kneift beunruhigt die Augen zusammen. „Was war das?“
„Das Haus ist alt“, erwidert Loghal sachlich, scheint aber selbst nicht ganz überzeugt zu sein, denn er betrachtet skeptisch mit zusammengekniffenen Augen die Decke.
„Das liegt nicht am Haus“, erkläre ich kleinlaut. „Ich habe vergessen, vorhin zu erwähnen, dass ich auf der anderen Straßenseite einen Mann gesehen habe. Er hatte rote Augen und...“ ...deswegen bin ich auch in die Küche gekommen, wollte ich eigentlich noch hinzufügen, aber soweit kam ich nicht mehr, weil Loghals aufgebrachtes „Was?!“ und sein undefinierbarer Blick mich äußerst einschüchtern. „Wie kann man vergessen, so etwas wichtiges zu erwähnen?“, presst er angestrengt mit leiser Stimme hervor, was mir noch mehr Angst macht.
„E-es tut mir leid!“, stammele ich und weiche ein paar Schritte vor ihm zurück.
Seine Augen besitzen wieder dieses intensive Glühen, was ich schon einmal in einer ähnlichen Situation heute sehen durfte.
„Hör auf damit, Loghal! Ein Streit hilft uns jetzt auch nicht weiter.“, ermahnt ihn Susan und fast wie auf Knopfdruck schluckt er seine Wut hinunter und konzentriert sich auf das Wesentliche.
„Du hast Recht.“, gesteht er ruhig und ich bin völlig überrascht, wie Susan auf ihn einwirken kann.
Erneut richtet er seine Aufmerksamkeit auf Mona, die immer noch etwas unschlüssig im Spiegel steht. „Vergiss das mit dem Herkommen. Wir ändern den Plan: Ich bringe deinen Schützling zu dir und von dort aus bringen wir sie sofort zum Internat.“
„Was?“, rufe ich nun aus und schaue ihn ungläubig an. Das kann doch nicht sein Ernst sein? Ich kann doch nicht von einer Sekunde auf die nächste einfach so von hier abhauen?! „Aber-...“, beginne ich schon meinen Protest, doch Loghal schneidet mir ungeduldig das Wort ab.
„Du hast keine Wahl!“, zischt er und damit ist das Thema auch für ihn beendet.
„Und was ist mit Lucie?“, versuche ich es trotzdem weiter, ungeachtet der Tatsache, dass er mich wieder mit bitterbösen Blicken straft.
„Keine Sorge. Ich kümmere mich schon um sie.“, antwortet stattdessen Susan und lächelt mich aufmunternd an.
Ein erneutes Poltern. Dieses Mal lauter und auch bedeutend näher.
„Bereite alles vor!“ Loghals Tonfall duldet keinen Widerspruch, als er sich ein letztes Mal an Mona wendet. „Wenn wir da sind, muss alles ganz schnell gehen. Ich zähl auf dich!“
„Loghal!“
Was auch immer die rothaarige Schönheit noch sagen wollte, er verhinderte es, indem er mit der flachen Handfläche über die Oberfläche des Spiegels strich, sodass dieser anfing zu schmelzen und seine ursprüngliche Form wieder annahm: eine Gabel.
Ein drittes Poltern reißt mich aus meinen Gedanken und lässt mich zusammenfahren, weil es nun direkt über mir ertönt.
Ich blicke nach oben.
Er muss auf dem Dachboden sein, schießt es mir durch den Kopf.
Ohne Vorwarnung werde ich am Handgelenk gepackt und weggerissen.
Ich stolpere in die Arme von Susan, anschließend folgt ein lauter Knall und die halbe Decke stürzt herab.
Susan und ich versuchen noch rechtzeitig unsere Arme schützend über unsere Köpfe zu ziehen – vergebens.
Wir husten, weil so viel Staub aufgewirbelt wurde, und schieben Brocken des ehemaligen Daches zur Seite, welche versuchen, uns unter sich zu begraben.
Meine Kleidung ist zerrissen und meine Haut an unzähligen Stellen aufgeschürft. Mein Kopf fühlt sich an wie ein zerklopftes Schnitzel.
„Mein Haus!“, jammert Susan neben mir, als sie einigermaßen wieder Luft bekommt. „Loghal, bist du denn des Wahnsinns?“ So sauer habe ich sie noch nie erlebt.
„Das fragst du noch?“, murmele ich heiser und klopfe mir den Staub aus den Klamotten.
Völlig entspannt tritt er geschmeidigen Schritts aus der Staubwolke heraus und überreicht Susan eine blutverschmierte Gabel.
Mein Blick weitet sich.
Er hat ihn doch nicht ernsthaft mit einer Gabel getötet?
„Den Rest überlasse ich dir.“
Susan schnaubt verächtlich. „Schon klar. Die Sauerei darf ich wegmachen.“
Loghal geht nicht weiter auf diesen spöttischen Kommentar ein, sondern packt mich grob am Arm und schiebt mich entschieden Richtung Haustür.
„Wir gehen. Und zwar jetzt!“
Ich widerspreche nicht und greife stattdessen schon zur Türklinke, als das Glas in dieser mit einer Faust eingeschlagen wird.
Ich schreie erschrocken auf und schließe die Augen, damit sie wenigstens vor Splittern verschont bleiben.
Hinter mir knurrt Loghal irgendwelche Worte, die ich nicht verstehen kann, und zerrt mich in die entgegengesetzte Richtung. Weg von der Haustür, zurück zur Küche.
„Ich dachte, er wäre tot!“, rufe ich ihm zu und bemühe mich mit seinem Tempo mithalten zu können. „Ist er auch. Das hier ist ein anderer.“
„Und was jetzt?“, frage ich etwas atemlos.
„Wir benutzen den Hinterausgang.“, erwidert er ruhig und bringt uns in einen Raum, wo eine Tür zum Hinterhof führt.
Loghal öffnet sie und wir treten ins Freie.
Ich war vorher noch nie bei Susan, daher bin ich umso überraschter, als ich den riesigen, üppigen Garten erblicke. Mir bleibt jedoch keine Zeit die Natur hier zu bewundern, denn Loghal schleift mich bereits unerbittlich weiter.
Ich blicke zurück zum Haus.
„Was ist mit Susan und Lucie?“, rufe ich Loghal in Erinnerung und beginne, mich gegen sein Gezerre zu sträuben. „Wir können sie doch nicht einfach mit den Besessenen alleine lassen!“
„Susan kann sehr gut auf sich selbst aufpassen, bedeutend besser als du, ihr eigentliches Ziel. Wenn wir noch länger bleiben, dann werden noch mehr kommen und das Haus irgendwann komplett umstellen. Susan interessiert sie gar nicht. Sie jagen dich und nicht irgendeine Sharaij oder ein bewusstloses Menschenmädchen.“
Mit einem kräftigen Ruck versetzt er mich wieder in Bewegung und geht unbeirrt weiter. Gekonnt dirigiert er uns durch das dichte Grün, bis wir vor einer sehr hohen Wand stehenbleiben.
Ich nutze die kurze Pause, um meine Hände auf den Knien abzustützen und zu verschnaufen.
Völlig außer Atem blicke ich zu dem Typen neben mir und stelle resigniert fest, dass er nicht im geringsten erschöpft zu sein scheint.
Wer bist du?, frage ich mich das erste Mal richtig und mustere ihn eingehend, wie er so dasteht und konzentriert die Wand betrachtet. Erneut fallen mir seine spitzen Ohren auf und dieser spezielle Ohrring. Dass er elfischer Abstammung ist, steht jedenfalls außer Frage, aber er scheint auch wenige Merkmale zu besitzen, die für Mondgeburten ebenfalls sehr typisch sind.
Mein Puls beschleunigt sich, als ich dämonische Präsenzen näherkommen spüre.
„Sie kommen“, flüstere ich und versuche krampfhaft die aufkommende Panik zu unterdrücken.
„Ich weiß“, presst er aus zusammengebissenen Zähnen hervor und schaut mir seit langer Zeit mal wieder direkt in die Augen. „Stell dich dort hinten hin. Du musst ein bisschen Abstand halten.“
Ich folge ohne nachzufragen seiner Anweisung und warte ab, was er als nächstes macht.
Mit einem kleinen Dolch (woher auch immer er den gerade hergezaubert hat) schneidet er sich in die Handfläche.
Ich zucke zusammen, als die scharfe Klinge gezielt über seine Haut fährt und das hervorquellende Blut sich am Rand seiner Hand zu sammeln beginnt.
Loghal verzieht keine Miene und drückt stattdessen die Hand mit der blutenden Seite nach unten auf den Boden. Er schließt die Augen und beginnt etwas vor sich hin zu murmeln und während er das tut, erscheint um ihn herum ein riesiger blauer Kreis mit verschiedenen Schriftzeichen, die ich nicht zu lesen vermag.
Plötzlich beginnt der Boden zu beben und verliere beinahe das Gleichgewicht.
Fasziniert blicke ich zu Loghal, der sich nun erhebt und einige Schritte zurücktritt.
Und dann sehe ich ihn. Majestätisch erhebt er sich mit seinen gewaltigen Flügeln aus dem blauen Kreis und steigt gen Himmel empor.
Ich erstarre, als dieser riesige Drache sich neben Loghal niederlässt und er sich in voller Größe stolz vor ihn aufrichtet.
Sein gesamtes Schuppenkleid ist schwarz, schimmert aber im Sonnenlicht leicht bläulich. Seine geschwungenen Hörner sind gefährlich und faszinierend zugleich. Was micht jedoch am meisten beeindruckt, sind seine tiefblauen Augen. Sie sind wie strahlende Ozeane, in denen man ertrinkt, sobald man hineinschaut.
Ungläubig schaue ich mit an, wie der Typ die Hand ausstreckt und dem Drachen entgegenhält.
Gleich ist die Hand ab, denke ich und ziehe scharf die Luft ein, als das schuppige Wesen sein Haupt in Richtung Hand senkt, doch statt sie zu verschlingen, presst es seinen großen Kopf dagegen.
Ich träume, dass steht jetzt definitiv fest! Anders kann ich mit so etwas nicht erklären.
In einer eleganten Bewegung legt der Drache sich auf dem Boden, damit Loghal aufsteigen kann und dieses Bild, wie er auf ihm sitzt, brennt sich mir augenblicklich ins Gedächtnis ein, auch wenn es so unwirklich erscheint.
„Steig auf!“, befiehlt er und ich brauche einige Sekunden, bis ich realisiere, dass er mich damit meint.
Ich schüttele entschieden den Kopf, unfähig irgendetwas zu sagen und den Blick von diesem angsteinflößenden und gleichzeitig wunderschönen Geschöpf zu lösen.
„Ich diskutiere jetzt nicht mir, also komm jetzt her!“
Ja, das könnte dir so passen, was? „Woher willst du wissen, dass er mich nicht bei lebendigem Leib auffrisst, wenn ich zu dir komme? Ich meine, nur weil er dich akzeptiert, heißt das nicht, dass er das bei mir auch tut.“
Er rollt genervt die Augen. „Los jetzt!“, drängt er nun ungeduldig und schaut mich auffordernd an.
Ich schlucke, sammle all meinen Mut zusammen und trete zögerlich auf ihn zu.
Ganz ruhig!, sage ich mir in Gedanken. Konzentriere dich einfach auf Loghal und tu so, als wäre alles andere nicht da. Ich hätte fast aufgelacht. Na ja, ein bisschen schwierig, wenn man bedenkt, wie groß der Drache doch ist.
In meinen Gedanken versunken, bemerke ich nicht, wie sich mir jemand von hinten nähert. Als ich ihn dann letztendlich doch wahrnehme, ist es bereits zu spät.
Höllische Schmerzen explodieren an meinem Hinterkopf, als eine Hand grob hineinlangt und mich zurückzieht.
Ich schreie auf und greife nach hinten, um meinen Angreifer zu fassen.
Warum immer meine Haare?, denke ich frustriert, während ich unbeholfen nach hinten stolpere.
„Frischfleisch!“, zischt mir eine verzerrte, unbekannte Stimme ins Ohr und bereitet mir Kopfschmerzen.
Augenblicklich ergreife ich die Gelegenheit demjenigen meinen Ellbogen in die Brust zu rammen.
Mein Plan funktioniert, allerdings nur teilweise. Mein Angreifer lockert lediglich den Griff um meine Haare anstatt ihn gänzlich zu lösen, also wirbele ich herum und stemme meine Hände gegen ihn, um ihn anschließend kraftvoll von mir wegzustoßen.
Dieses Mal zögere ich nicht, auf Loghal und den Drachen zuzulaufen.
Ich komme allerdings nicht gerade sehr weit. Nach knapp drei Metern werde ich mit voller Wucht von einem anderen Besessenen zur Seite gerammt, sodass ich unvorbereitet mit dessen Körpergewicht konfrontiert werde und mich auf dem Boden wiederfinde. Der Aufprall lähmt mich für einige Sekunden und raubt mir den Atem, weil die ganze Luft aus meinen Lungen entweicht.
Der Besessene zögert nicht lange, ergreift das Amulett meiner leiblichen Mutter an meinem Hals, nimmt jeweils ein Ende in die Hand und zieht zu. Sofort schneidet das fein gearbeitete Metall sich schmerzhaft in die Haut an meinem Hals und verhindert das Atmen meinerseits.
Ich kneife die Augen zusammen und unterdrücke jegliches Japsen, Schreien oder Keuchen. Jetzt ist es wichtig, dass ich die Nerven behalte und nicht in Panik verfalle.
Meine Hände schnellen zu den eisernen Griffen um meine Halskette und versuchen dem Druck entgegenzuwirken, damit die Kette nicht mehr ganz so stark schnürt.
Hastig gehe ich in Gedanken meine Möglichkeiten durch:
Mit den Füßen strampeln ist eher zwecklos, weil der Typ mit seinem gesamten Gewicht auf mir drauf sitzt und es daher nicht viel bringen würde.
Möglichkeit zwei bestünde darin, dem Typen eine zu verpassen wie schon mit seinem Vorgänger heute Nachmittag. Problem an der Sache ist jedoch, dass er mich eine ganze Armeslänge auf Abstand hält und da seine Arme bedeutend länger sind als meine stehen auch hier meine Erfolgschancen eher gering.
Die letzte Variante, denke ich angestrengt und habe Mühe mich zu konzentrieren, weil der Sauerstoffmangel sich langsam bemerkbar macht.
Meine Arme beginnen vor Anstrengung zu zittern und Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn. Meine Kraft schwindet immer mehr.
Variante drei sieht so aus, dass ich versuche einen Moment abzupassen, indem mein Angreifer für den Bruchteil einer Sekunden unachtsam ist und ich diese Gelegenheit nutze, um mich unter ihm aufzubäumen und ihn von mir hinunterzubringen.
Mir bleibt nichts anderes übrig, als alles auf eine Karte zu setzen und auf mein mehr oder weniger ausgeprägtes Schauspieltalent zu hoffen.
Absichtlich verringere ich immer mehr die Kraft, die ich mit den Hände auf seine Handgelenke ausübe, und verdrehe langsam die Augen nach hinten.
Das wahnsinnige Grinsen im Gesicht meines Angreifers vertieft sich, denn er glaubt gewonnen zu haben. Wer glaubt, gewonnen zu haben, der wird schnell überheblich und wer überheblich wird, der wird auch mit hoher Wahrscheinlichkeit unachtsam.
Gerade als ich mich ruckartig aufrichten möchte, wird mein Gegenüber gewaltsam von mir weggerissen.
Der Griff um meine Kette ist schlagartig weg und augenblicklich kommt der Blutfluss wieder in Gang.
Gierig sauge ich die Luft in meine Lungen und rolle mich hustend zur Seite.
Starke Arme schlingen sich um meine Taille und helfen mir dabei, mich langsam aufzurichten, während noch immer mein Körper vom Husten erschüttert wird.
Ich brauche gar nicht hinzuschauen, um zu wissen, dass Loghal derjenige ist, der mir aufgeholfen hat, jedoch keinen einzigen Finger bis eben krumm gemacht hat, um mich zu retten.
Ich funkele ihn wütend an und bin schon gewillt ihn von mir wegzustoßen, als ich das Szenario hinter ihm sehe. Mittlerweile haben ein dutzend Besessene den Weg hierher gefunden und kommen auf uns zu, werden jedoch vom Drachen aufgehalten. Weitere liegen reglos am Boden.
Ich schlucke geschockt bei diesem Anblick.
Loghal war sich nicht zu fein mir zu helfen, sondern kam einfach nicht dazu, weil er erst einmal dafür andere aus dem Weg räumen musste.
Verfluchter Mist, wo kommen die bloß alle her?
Eine Berührung an meiner Schulter lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf Loghal.
„Alles in Ordnung?“, fragt er und mustert mich eingehend. Man könnte fast meinen, dass er besorgt ist, wenn ich nicht ganz genau wüsste, dass dieser jemand Loghal ist, der nicht einmal im Entferntesten zu einem Gefühlsausdruck wie Sorge imstande ist. Dennoch bringt es mich kurzzeitig aus der Fassung, sodass ich erst mit einiger Verspätung bestätigend nicke.
„Dann los“, erwidert er und dreht sich um.
Eigentlich habe ich gar keine Kraft mehr für einen Sprint, aber darauf kann und will ich jetzt keine Rücksicht nehmen.
Ich beiße die Zähne zusammen, treibe noch einmal meine Beine zu Höchstleistungen an und lehne am Ende erleichtert gegen die schuppige Haut des Drachens, als es geschafft ist.
Loghal hilft mir, auf dessen Rücken zu kommen, da ich mich mal wieder ziemlich dämlich anstelle und die Erschöpfung mich langsam aber sicher einholt.
Schließlich sitze ich doch noch sicher hinten auf.
Loghal, welcher direkt hinter mir sitzt, umfasst mich abermals an der Taille, um mir Halt zu geben.
Der Drache breitet seine gewaltigen Schwingen aus, spannt alle Muskeln an und hebt mithilfe von kräftigen Flügelschlägen vom Boden ab.
Es wirkt überhaupt nicht reell, wie die Landschaft unter einem immer kleiner und kleiner wird, während der Wind den gesamten Körper umschmeichelt und gleichzeitig ein Drache dafür sorgt, dass wir in der Luft bleiben.
Wahrscheinlich würde ich mich nicht an den ganzen Eindrücken sattsehen können, wenn da nicht eine unbeschreiblich starke Müdigkeit an mein Bewusstsein zerren würde, die es mir schwermacht, wachzubleiben.
Wäre der Wind nicht gewesen, dann wäre es mir wahrscheinlich auch gar nicht erst aufgefallen, dass mein kompletter Oberkörper nass ist. Mein Shirt ist von Blut durchweicht.
Irritiert blicke ich an mir hinunter, kann jedoch die Ursache dafür nicht entdecken.
Ein Bild taucht in meinen Gedanken auf, wie der Besessene versucht, mich mit meinem Amulett zu erdrosseln.
Mit zittrigen Fingern betaste ich meinen Hals, bis ich eine Schnittwunde finde, aus der die warme Flüssigkeit stetig sickert.
Wie in Trance halte ich mir meine blutverschmierte Hand vor Augen, unfähig zu realisieren, was das bedeuten mag. Ich bekomme noch nicht einmal mit, wie Loghal mir die Haare zur Seite streicht, um meine Wunde zu betrachten, weil der Drang danach die Augen zu schließen immer stärker wird.
Stöhnend reibe ich mir mit der sauberen Hand übers Gesicht und bemühe mich krampfhaft bei Bewusstsein zu bleiben.
„Nicht nachgeben“, raunt mir eine tiefe, bekannte Stimme ins Ohr, die ich trotz langer Überlegung nicht zuordnen kann.
Ohne es zu wollen werden die Flügelschläge des Drachen zu einem einschläferndem Rhythmus, der es mir unmöglich macht, der Müdigkeit zu widerstehen.
Jemand ruft mir etwas zu, doch es dringt nicht mehr richtig zu mir durch, wird immer leiser, bis schließlich alles um mich herum verstummt und tiefe Dunkelheit mich einhüllt.
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