13. Kapitel - Kampf
Kampf:
Ich schlage die Augen auf, als ein verführerischer Duft in meine Nase steigt.
Verschlafen richte ich mich auf und gähne ausgelassen.
Ich strecke mich geräuschvoll und als ich so geräuschvoll dasitze fällt mir auf, dass ich mich großartig fühle. Meinem Magen scheint es wieder gut zu gehen und ich fühle mich vollkommen ausgeruht. Dieses Mal lacht mir ein wolkenverhangener Himmel entgegen, aber das kann mich momentan nicht runterziehen.
Leise Schritte erklimmen die Treppe nach oben und als die Tür zu meinem Zimmer aufgestoßen wird, strahlt mich Craike an. „Guten Morgen, Prinzessin!“, begrüßt er mich und ich komme nicht umhin, mir ein genervtes Stöhnen zu verkneifen. „Gut geschlafen oder war irgendwo unter der Matratze eine Erbse?“
Ich werfe ein Kissen nach ihm, dem er wie immer gekonnt ausweicht.
Lachend kommt er auf mich zu.
Der leckere Duft wird intensiver. Neugierig recke ich den Hals, um zu sehen, was sich dort in der Schüssel befindet, die Craike in den Händen hält. Stolz überreicht er mir eine heiße Suppe und einen Löffel zum Probieren. Verwundert schaue ich in die Schüssel. Hühnerbrühe. Heißer Dampf steigt auf und befeuchtet mein Gesicht, während ich tief einatme. Mein Gott, riecht das köstlich!
Mein Magen meldet sich mit einem ungeduldigen Brummen und ehe ich mich versehe, steckt der erste volle Löffel schon in meinem Mund, den ich hustend wieder ausspucke, weil es so heiß ist.
„Ah, verdammt!“, rufe ich aus und sauge hastig kühle Luft ein, um den Schmerz auf meiner Zunge etwas zu lindern.
Ein schallendes Lachen ertönt neben mir und ich brauche ihn nicht anzugucken, um zu wissen, dass Craike mich ungehalten auslacht.
Böse schaue ich ihn an, als ich den zweiten Löffel nehme, aber dieses Mal abwarte und puste. Nachdem ich mir sicher bin, dass die Temperatur nun erträglich ist, probiere ich erneut und bin überrascht, wie gut Suppe schmecken kann. „Ich wusste gar nicht, dass wir Dosensuppe haben.“, sage ich überrascht, während ich schon den nächsten Löffel im Mund habe.
Craike schnaubt verächtlich und verschränkt die Arme. „Das ist keine Dosensuppe, aber vielen Dank, dass du sie mit einer vergleichst.“
Ich halte inne und lasse meinen Blick zwischen der Suppe und ihm hin und herschweifen. Irgendwann macht es klick und ich hebe beschwichtigend die Hände.
„Oh nein! Ich wollte deine Kochkünste keinesfalls beleidigen.“, gebe ich zu verstehen und versuche zu lächeln. „Sie schmeckt wirklich gut, danke! Ich hätte nicht gedacht, dass du kochen kannst.“
Der Koch des Hauses zuckt mit den Schultern und setzt sich auf das Bettende, um mir gegenüberzusitzen.
Es entsteht ein einvernehmliches Schweigen zwischen uns, dass ab und zu mal von einem Klirren unterbrochen wird, weil ich ungeschickt mit dem Löffel gegen die Schüssel schlage. Als ich fertig bin, will ich gerade aufstehen, um das Geschirr unten in der Küche abzuwaschen, aber Craike besteht darauf, das an meiner Stelle zu tun. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als mich wieder auf mein Bett zu setzen und zu warten.
Ziellos wandert mein Blick durch mein Zimmer, bis ich an etwas hängen bleibe. Einem vertrocknetem Etwas, das einsam und verlassen auf meiner Kommode neben dem Fenster steht.
Wie in Trance erhebe ich mich und gehe ungläubig auf die Pflanze zu.
Mein Geburtstagsgeschenk von Craike ist eingegangen. Traurig fahre ich mit den Fingern die Umrisse der jetzt runzeligen Blüten nach.
Ich beiße mir auf die Unterlippe, bis ich Blut schmecke.
Das war keine Absicht, aber es spielt keine Rolle. Es wird nichts daran ändern, dass Craike maßlos enttäuscht und traurig sein wird, wenn er das sieht. Und ich kann es ihm nicht verübeln.
Erneut tritt er in mein Zimmer und bleibt stehen. Es dauert einige Sekunden, bis er begreift, was ich da in meinen Händen halte.
„Craike, ich…“ Meine Gedanken überschlagen sich, denn ich habe keine Ahnung, wie man sich auch nur ansatzweise dafür entschuldigen kann. Ist so etwas überhaupt entschuldbar? Vermutlich nicht.
Ich schlucke.
„Sie ist eingegangen und das tut mir furchtbar leid. In den letzten Tagen habe ich sie zu wenig gegossen.“ Meine letzten Worte sind geflüstert. Es ärgert mich unheimlich das einzige Geschenk, was ich bisher von ihm bekommen habe, jetzt wegschmeißen zu müssen.
„Ach ja… Das habe ich ganz vergessen zu erwähnen. Ähm…“ Seine Stimme klingt nicht traurig oder enttäuscht und auch seine Geste, sich den Nacken zu reiben, hat eher etwas verlegenes. Das ist nicht unbedingt die Reaktion, die ich erwartet habe.
Verdutzt blicke ich ihn mit gerunzelter Stirn an.
„Wenn ich dir das jetzt gleich sage, dann versuche mich bitte nicht, als verrückt abzustempeln, okay?“ Jetzt ist meine Verwirrung komplett. „Diese Pflanze kann so gesehen nicht durch Wassermangel sterben. Der Grund, warum sie allerdings so verwelkt aussieht, ist der, dass es dir nicht gut geht.“
„Was hat mein Gemütszustand mit ihrem zu tun?“
Er räuspert sich. „Jede Menge. Sie übernimmt ihn praktisch von ihrem Besitzer.“
Auch wenn Craike mich darum gebeten hat, es nicht zu machen, so kann ich ihm aber den Gefallen nicht tun: Ich halte ihn wirklich für verrückt! Mineralien über die Wurzeln und Wasser über die Blüten aufnehmen? Von mir aus, es gibt ja bekanntlich sehr viele Dinge, die wir noch nicht erforscht haben, aber DAS! Das ist einfach unmöglich.
Ich kann nicht anders als lauthals loszupusten.
Diese Idee ist so was von absurd und gleichzeitig komisch, dass ich zu Boden sinke und fast keine Luft mehr vor lachen bekomme. Lachtränen rollen mir übers Gesicht, als ich in Craikes schockierte Miene blicke. Ich halte mir den Bauch und wische mir mit den Handrücken über die feuchten Wangen. Mittlerweile habe ich mich wieder einigermaßen gefangen und krümme mich etwas, als ich versuche mich wieder aufzurichten.
Das wird ein ordentlicher Muskelkater.
„Eines muss ich dir lassen“, sage ich noch immer nach Luft ringend. „Wenn du versuchst mich aufzumuntern, dann mit Erfolg!“
Ich versuche mich an einem Lächeln, aber mein Gegenüber erwidert es nicht. Habe ich so lange meine Mundwinkel nicht mehr gehoben, dass es jetzt wie eine grauenvolle Visage aussieht, wenn ich mich daran versuche? Warum blickt er mich so ernst an? Sollte er sich nicht lieber freuen, dass er mich zum Lachen bekommen hat? Habe ich etwas falsch gemacht?
„Sam“, beginnt er und so schnell wie mein freudiges Strahlen gekommen ist, so schnell geht es auch wieder. Craike nennt mich nur bei meinem richtigen Namen, wenn er es todernst meint. „Das, was ich dir gerade gesagt habe, war kein Scherz von mir.“
Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
Er hält daran fest und sieht dabei so aus, als würde er seine eigenen Worte sogar glauben!
Ich beiße mir in die Wange, um nicht wieder zu lachen. Das wäre jetzt wahrscheinlich ziemlich unangebracht – so habe ich zumindest das Gefühl. Meine Güte, er spielt das wirklich gut!
Er seufzt. „Du glaubst mir nicht, oder?“
Ich schüttele zögerlich den Kopf.
Wie soll man so etwas glauben?
„Ich verstehe ja, wenn du möchtest, dass dein Geschenk etwas ganz besonderes für mich sein soll, aber dafür braucht es keine Geschichten wie diese.“ Ich berühre ihn am Arm. „Nur weil ich es vergeigt habe, heißt das nicht, dass es mir nichts bedeutet hat.“
Frustriert reibt er mit den Händen über sein Gesicht und schüttelt den Kopf.
„Okay“, gesteht er nickend. „Du hast Recht. Ich wollte wirklich, dass es etwas Besonderes ist und… bin ziemlich niedergeschlagen mein Geschenk so zu sehen, aber…“ Er nimmt mir den Blumentopf aus der Hand und stellt sie wieder zurück auf die Kommode. „Lass sie bitte trotzdem noch eine Weile hier stehen.“
Ich ziehe die Augenbrauen zusammen.
Was bringt denn bitte vertrocknete Blumendeko im Zimmer?
Ich beschließe, die Frage nicht auszusprechen, sondern seinen Wunsch einfach zu akzeptieren. Immerhin bin ich es ihm schuldig, oder?
„Wenn es dich glücklich macht“, erkläre ich mein Einverständnis. Craike wird schon von selbst darauf kommen, dass die Strachyde nur noch durch ein Wunder wieder zum Leben erweckt werden kann.
Der darauf folgende Tag beginnt damit, dass Craike alle Gardinen und Vorhänge in meinem Zimmer aufreißt, um das helle Licht der Sonne hineinfluten zu lassen. Dann macht er jedes einzelne Fenster auf, sodass die kalte Morgenluft meine angenehme Zimmertemperatur senkt und ein eisiger Durchzug durch den Raum fegt. Und wie zu erwarten war, nimmt er mir meine dicke, kuschelige, warme Decke weg, damit ich vollends wach werde.
„Verdammt, was ist eigentlich dein Problem?“, keife ich ihn giftig an und klammere mich an meinem Kopfkissen, als hänge mein Leben davon ab, denn nicht einmal das gönnt mir dieses Aas!
Nachdem Craike den Zerr-an-Sams-Kissen-so-stark-du-kannst-Kampf gewonnen hat, hänge ich wie ein Schluck Wasser über meinem Bett und stöhne genervt auf. Der gestrige Tag war wohl meine einzige Auszeit – na toll!
„Aufstehen, Prinzessin!“, verkündet der hartnäckige Schlafstörer mit übertrieben guter Laune und grinst mich bis über beide Ohren an.
Der hat eindeutig den morgendlichen Elan über die Muttermilch eingenommen. So viel Power für den Start in den Tag hätte ich auch gerne.
„Wir machen heute einen ausgiebigen Spaziergang. Wird mal wieder Zeit, dass du an die frische Luft kommst!“
Ich glaube, ich höre nicht richtig. Spazierengehen? Habe ich das richtig verstanden?
Entgeistert schaue ich zu ihm hoch.
„Ist das dein Ernst?“, sage ich fassungslos und richte mich auf, was für mich um halb acht ein echter Kraftakt ist. „Du weckst mich in aller Herrgottsfrühe für einen beschissenen Spaziergang?“ Mal davon ganz abgesehen, dass die frische Luft gerade in meinem Zimmer herumwirbelt und meine Chancen auf eine fette Erkältung erhöht.
Ich kann es immer noch nicht glauben. Aber Craike gibt mir keine Gelegenheit erstmal richtig in Fahrt zu kommen, sondern scheucht mich vom Bett.
„Nörgel’ nicht rum und geh dich frisch machen. Mit einer, die aussieht wie eine Pennerin, gehe ich ganz bestimmt nicht raus“
„Und wie lauten nun die Argumente für eine Dusche?“
Ich ziehe die Augenbrauen empor.
Bisher hat er mir nur einen Grund dafür geliefert mich nicht unters heiße Wasser zu stellen, denn so gesehen habe ich wenig Lust rauszugehen – genau genommen gar keine.
In bedrohlicher Manier richtet sich Craike auf und verschränkt langsam seine muskulösen Arme, während er mich finster mustert. „Ich gebe dir zwanzig Minuten für duschen, Zähne putzen, auf die Toilette gehen, Haare föhnen und anziehen. Irgendwelche Einwände?“
Wie bitte?! Irgendwelche Einwände?
Ich schnappe empört nach Luft. „Das kannst du nicht machen!“, protestiere ich aufgebracht und funkele ihn wütend an.
„Ich reduziere auf fünfzehn“
Ich verenge die Augen und zische: „Du-…!“
„Jetzt sind es nur noch zehn“
Ich würge meine Worte, die mir bereits auf der Zunge liegen, wieder hinunter und starre ihn finster an.
Was bin ich eigentlich für ihn? Sein kleines Kind?
„Die Uhr läuft, Darling!“
Die Lippen aufeinander gepresst, verdränge ich meinen Stolz, der eindeutig dafür ist, Craikes Anweisungen nicht Folge zu leisten. Stattdessen drehe ich mich um und marschiere ins Bad, kann es mir jedoch nicht verkneifen, die Tür lautstark hinter mir zuzuknallen.
Ich trete ans Waschbecken heran, schaue in den Spiegel und erstarre auf der Stelle. Schockiert mustere ich mich selbst.
Meine Haare sehen aus wie ein goldenes Vogelnest, während die unteren Strähnen leblos herunterhängen. Dunkle Augenringe zeichnen sich stark unter meinen blassblauen Augen ab. Meine Lippen sind extrem ausgetrocknet und meine Haut im Gesicht ist stellenweise gerötet.
Ich sehe wirklich grauenhaft aus. Es ist praktisch ein Wunder, dass Craike meinen Anblick überhaupt ertragen kann.
Ich seufze erschöpft, winde mich aus meinem Pyjama und trete in die Duschkabine, um mich wenigstens etwas wieder herzurichten. Ansonsten laufe ich Gefahr, womöglich sogar noch von der Polizei abgeführt zu werden, wenn sie mich sehen, weil sie den Eindruck haben, dass ich schwer drogenabhängig bin.
„Erklärst du mir noch einmal den Sinn dieser ganzen Aktion?“
Craike und ich schlendern jetzt nun schon seit einer knappen halben Stunde durch die Stadt ohne auch nur ein Wort gewechselt zu haben. Ich weiß weder, wo unser Ausflug hinführt, noch wie lange er andauern wird.
Fragend blicke ich zu ihm und bin erstaunt, wie die Sonne seine blonden Strähnen zum Leuchten bringen.
Meine morgendliche Toilette hat natürlich länger gedauert als zehn Minuten, aber er war so tolerant gewesen, die halbe Stunde geduldig auf mich zu warten. Man verliert sich leicht in dem Gefühl wieder sauber zu sein, wenn man lange nicht mehr unter der Dusche gestanden hat. Und auch wenn mich jetzt frisch und gut fühle, bin ich immer noch etwas gereizt, wenn ich an die Tatsache denke, dass ich um mindestens zwei Stunden Schlaf gebracht worden bin.
Mit mir als Morgenmuffel hat man nichts zu lachen.
„Du meinst, abgesehen davon, dass du wieder erträglich riechst?“, neckt er mich und ich kann nur die Augen verdrehen.
Meinen Knuff in seine Seite kommentiert er nur mit einem herzhaften Lachen, was seine Augen zum Strahlen bringt. Ich frage mich ernsthaft, was ihn heute so glücklich macht: Die Tatsache spazieren zu gehen oder mich mal wieder ärgern zu können?
„Eigentlich dachte ich, dass es dir dabei hilft deine Gedanken zu ordnen und über das Vergangene nachdenken zu können. Um diese Zeit ist es meist noch ziemlich ruhig und man hat endlich die Möglichkeit tiefgründig über sich und andere zu überlegen. Mir hilft es zumindest immer. Daher habe ich angenommen, dir dadurch irgendwie indirekt helfen zu können.“
Ich richte meinen Blick wieder nach vorne.
Jetzt, wo er es gesagt hat, fällt mir auch auf, dass es tatsächlich vergleichsweise ruhig ist. Der Verkehr auf den Straßen ist spärlich, da die meisten Geschäfte noch nicht geöffnet haben. Demzufolge sind auch kaum irgendwelche Menschen unterwegs. Obwohl man draußen ist, hat man so viel Platz für sich und seine Gedanken. Jetzt kann ich verstehen, was Craike meint.
Über Vergangenes nachdenken, hm? Will ich das überhaupt? Bin ich schon dafür bereit?, frage ich mich und stelle fest, dass ich keine Antworten auf diese Fragen besitze. Ich habe noch immer Angst. Was, wenn ich noch nicht bereit dafür bin und ich wieder in alte Muster verfalle? Auf Albträume und ständiges Erbrechen kann ich, ehrlich gesagt, ziemlich gut verzichten. Nur kann ich mich nicht ewig davor drücken. Irgendwann wird so oder so der Zeitpunkt kommen, an dem ich mich gezwungen sehe, mit dem Ganzen abzuschließen. Wann und wo ist allerdings noch unklar.
„Es fühlt sich immer noch so unwirklich an“, durchbreche ich irgendwann die Stille, während ich meinen Blick stur geradeaus halte.
Ich denke, dass es an der Zeit ist sich endlich einmal alles von der Seele zu reden.
„Dass Mum tot ist, habe ich längst begriffen, aber damit fertig zu werden, ist etwas ganz anderes.“
„Es ist immer etwas anderes, sich dem Problem zu stellen, statt wegzulaufen.“
Ich nicke. „Ja, das ist es wohl“, erwidere ich flüsternd und gedankenverloren zu niemand bestimmten.
„Was mir allerdings am meisten zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass ich nicht auf ihrer Beerdigung war. Ich bin das noch einzige, übrig gebliebene Familienmitglied von ihr und ich war nicht anwesend.“
„Die Veranstaltung war auch ohne dich der reinste Trauerverein. Es wurden mehr als genug Tränen vergossen, glaub mir.“
Überrascht blicke ich ihn an. „Warst du etwa da?“
„Ja“, bestätigt er nickend, ohne mich anzusehen.
„Aber warum? Du hast sie doch kaum gekannt?“
„Das hat für mich keine Rolle gespielt. Entscheidend ist, dass Grace immer deine Mutter sein wird und du sie vermisst. Weil du nicht hingehen konntest, wollte ich es wenigstens, sozusagen für uns beide.“
Er schaut mich an und ein trauriges Lächeln huscht über seine Lippen, ehe er sich wieder von mir abwendet.
„Danke“, antworte ich mit brüchiger Stimme und muss mich räuspern, damit sie wieder einigermaßen kräftig klingt. Ich ergreife seinen Arm und zwinge ihn somit stehen zu bleiben. „Das bedeutet mir sehr viel.“
Ich beiße mir auf die Unterlippe, damit ich nicht wieder anfange zu weinen.
Craike schüttelt kichernd den Kopf und verwuschelt meine Haare, die ich zuvor nach dem Duschen sorgfältig gekämmt hatte.
Alles für die Katz.
„Wenn du willst“, beginnt mein Gegenüber. „können wir gerne zum Friedhof gehen und ihr Grab besuchen.“
„Äh, jetzt?“, frage ich irritiert und blicke ungläubig drein.
„Ja, jetzt. Wann denn sonst?“
Ich hebe die Schultern. „Ich will aber nicht ohne Blumen dort antanzen und die Geschäfte machen erst in einer Stunde auf.“
Ein wissendes Glitzern erscheint in seinen Augen. Anschließend ergreift er meine Hand. „Lass das mal meine Sorge sein.“
Das amüsierte Grinsen von vorhin kehrt zurück.
Zielstrebig steuern wir nun Richtung Park und ich frage mich allen Ernstes, was er dort will. Blumenbeete sind nicht vorhanden und der Rasen wird regelmäßig gemäht. Wilde Stiefmütterchen oder andere Blumen können dort also nicht wachsen.
Wir betreten das riesige Gelände und gehen vorbei an den vielen, großen Grünflächen, die momentan noch recht wenig besucht sind. Kurz vor dem Ausgang biegen wir in eine kleine Nische zwischen zwei sehr großen Hecken.
Frustriert fahre ich mir durch die Haare, als wir an den Hecken vorbei sind, und zupfe kleine Äste und Blätter heraus.
Ich fluche darüber, dass so viele widerspenstige, kleine, spitze Äste mir meine Augen scheinbar auskratzen wollten. Meine Wangen brennen von den vielen Schnitten auf meinem Gesicht. Schließlich halte ich inne, als ich meine Umgebung nun wahrnehme.
Wir stehen auf einer von hohen Bäumen umsäumten, kleinen Lichtung. In der Mitte der Wiese kommen die Sonnenstrahlen durch das dichte Geäst der Bäume und ermöglichen es, dass dort unzählig viele Klatschmohnpflanzen blühen und wachsen können. Der Anblick ist unglaublich.
Mit offenem Mund betrachte ich diesen wunderschönen Ort hier.
Ein ehrfürchtiges „Wow!“ entflieht meinen Lippen und bringt Craike zum Lachen.
Wie hat er dieses Fleckchen Natur nur gefunden?
Mein Begleiter macht sich einen Spaß daraus, mir den Kiefer zuzuklappen, während ich immer noch dastehe wie bestellt und nicht abgeholt.
„Ziemlich cool, was?“, sagt er stolz und blickt sich ebenfalls um.
Ich schüttele den Kopf. „Das ist nicht cool“, erwidere ich. „Das ist abgefahren!“, lache ich zum ersten Mal aus ganzer Seele und spüre, wie gut es sich anfühlen kann. „Wie hast du das hier entdeckt?“
Craike zuckt mit den Schultern.
„Als ich klein war, bin ich oft draußen herumgestreunert. Wenn du ein Kind bist, dann nimmst du Dinge anders wahr. Mit ungefähr sechs Jahren bin ich im Park gewesen und mir ist auf Anhieb die Lücke in der Hecke aufgefallen. Die Neugier hat mich dann hierher geführt.“
Ich lächle ihn ehrlich an. „Hauptsache ein Frechdachs wie du erforscht solche Orte.“
Gespielt empört greift Craike sich an die Brust, so als wäre er tief getroffen.
„Ich und frech? Du unterstellst mir Dinge, die gar nicht der Wahrheit entsprechen!“
Ich stemme die Hände in die Hüften und runzele die Stirn.
Ja, sicher! Ich erinnere mich nur zu gut an unsere allererste Begegnung:
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