Grimmauldplatz Nummer zwölf

"Luna?", fragte jemand hinter mir. Ich brauchte mich nicht umdrehen, um zu wissen, wer das war...

"Remus", flüsterte ich und drehte mich zu meinem Paten um, der mich sofort in eine Umarmung schloss.
"Wie geht es dir?", fragte er und musterte mein Kleid mit kritischem Blick.
"Ganz gut", sagte ich gelassen, "bin nur in den Matsch gefallen." Ich dachte an die letzte Nacht, an den Traum, den ich hatte. Ich war wieder auf dem Friedhof gewesen und hatte gesehen, wie Cedric starb und dann hatte ich das Bild von mir gesehen, wie ich Cedric wieder zum Leben erweckte. Unwillkürlich musste ich lächeln, doch es verflog sofort, als mir eines wieder einfiel: Voldemort war wieder da.
"Was ist denn los?" Sanft strich mein Pate mir eine Strähne hinter das Ohr.
"Da ist sie!", schrie eine raue Stimme in die Nacht hinein.
Remus bedeutete mir still zu sein; ich nickte. Er zog seinen Zauberstab.
"Hallo?", rief er in die Stille. "Ist da jemand? Zeigen Sie sich!"
Drei vermummte, maskierte Gestalten tauchten aus dem Schatten der menschenleeren Straße mit erhobenen Zauberstäben auf. Todesser.
"Beweg dich langsam weg von ihr, wertloses Halbblut ", zischte der vorderste von ihnen.
"Weshalb sollte ich das tun?", sagte Remus mutig. Er stellte sich schützend vor mich.
"Entweder du tust es", bellte der rechte Todesser, "oder wir bringen dich um. Lass deinen Zauberstab fallen."
Remus trat einen Schritt weg von mir, dass die Todesser freie Sicht auf mich hatten.
"Was tust du da?", wisperte ich ängstlich.
"Black, komm her!", rief wieder der vordere Todesser. Ich machte einen Schritt auf sie zu und konnte Remus' verwirrten Blick im Rücken spüren.
"Komm noch näher."
Ich trat noch einen Schritt auf sie zu.
"Wir beißen nicht - jetzt komm schon!"
Ich ging noch einen Schritt auf sie zu.
Ehe ich mich versehen konnte, hatte einer der Todesser seinen Arm um meinen Hals gelegt und mich zu sich gezogen, dass ich nicht mehr weglaufen konnte.
"So ist es gut", hauchte der, der mich festhielt.
"Wir bringen sie zum Lord", sagte der Anführer, glaubte ich.
"Und was tun wir mit dem Dementoren?", fragte der, der mich an der Flucht hinderte.
"Dementoren?", fragte ich ängstlich. Und tatsächlich - ich verspürte Kälte, das schreckliche Gefühl, als könne man nie wieder glücklich sein. Das Gefühl, welches Dementoren einem gaben.
"Ja", sagte der andere, "was machen wir mit ihm? Außerdem dürfte er Black gar nichts tun!"
"Wer hat das gesagt?"
"Na der Lord."
"Ich weiß nichts davon."
"Ich auch nicht", mischte sich der Dritte ein.
"Jedenfalls darf Black nichts passieren."
"Und was wäre, wenn sie nicht freiwillig mitkommen würde, hm, Yaxley?"
"Na dann würden wir unsere Zauberstäbe benutzen, du Lappen!"
"Aber wir dürfen ihr doch nichts tun!"
"Also, was hättet ihr dann getan, hm? Yaxley? Mcnair?
"Halt deine Klappe, Avery!"
Ich versuchte mir die Namen einzuprägen, während Remus und ich verwirrt dem Schauspiel folgen.
"Moment mal...", sagte dieser Avery, "wir dürfen Black den Dementoren nicht auf den Hals hetzen, und nicht unsere Zauberstäbe benutzen - wessen bescheuerter Plan ist das?"
"Der von Mcnair."
"Wundert mich auch nicht, wenn der nichts besseres zu tun hat, als Tieren die Köpfe abzuhacken."
"Tut mir leid, aber ich brauche eben ein Alibi!"
'Wie kann man nur so hohl sein?', dachte ich mir.
"Und was sollen wir jetzt mit ihr machen?"
"Nachdem sie den Plan des Dunklen Lords zerstört hat, bringen wir sie zu ihm - schon vergessen? Der geheime Plan? Oder hast du zu wenig Grips um dir einen einfachen Plan zu merken? Wir schnappen uns Black und bringen sie zum Dunklen Lord. PUNKT!"
"Warum sagst du auch noch >Punkt<?"
"Halt deine Klappe."
"Halt!", rief ich.
"Was?", fragte Avery genervt.
"Ihr habt was vergessen", sagte ich.
"Und das wäre?"
"Niemand", zischte ich bedrohlich, "also wirklich niemand beleidigt meinen Paten als 'wertlos'." Mit den Worten trat ich ihm mit solcher Wucht gegen sein Schienbein, dass er mich losließ und keuchend auf die Knie fiel. So schnell wie es nur ging, lief ich Remus, der meine Hand nahm und mit mir disapparierte. Ich hatte das Gefühl durch einen engen Schlauch gepresst zu werden, welches jedoch sofort verschwand.
Wir schlugen mit einem Plopp auf dem Boden auf.
Remus reichte mir einen Zettel und beleuchtete die Schrift mit der leuchtenden Spitze seines Zauberstabs. "Rasch lesen und einprägen." Ich blickte auf das Blatt. Die Worte lauteten:
Das Hauptquartier des Phönixordens befindet sich am Grimmauldplatz Nummer zwölf, London.
Fragend blickte ich zu Remus, der mir das Blatt aus der Hand nahm und es verbrannte.
"Denkt daran, was du dir gerade eingeprägt hast", sagte er leise. Ich guckte mich um. Wir standen auf einer Straße mit alten Häusern. Ich erblickte die Nummer elf und dreizehn, doch zwölf fehlte.
'Das Hauptquartier des Phönixordens', dachte ich, 'befindet sich am Grimmauldplatz Nummer zwö - '
Wie aus dem Nichts erschien zwischen Nummer elf und dreizehn eine ramponierte Tür. Ich stieg die alten Treppen hinauf und Remus öffnete mir die Tür.
"Wo sind wir hier?", fragte ich. Im selben Moment schloss Remus sachte die Tür.
"Im Hauptquartier des Phönixordens", war die schlichte Antwort seinerseits.
"Des was?"
"Das erkläre ich dir gleich", sagte er und bedeutete mir zu schweigen. "Ist jemand da?", rief er.
"Wer soll denn in so einem verlassenem Haus sein?", fragte ich verwirrt.
"Welcher Werwolf hat dich gebissen, Remus?", knurrte jemand im Schatten. Die Stimme kam mir bekannt vor...
"Greyback", sagte Remus gelassen.
Die Person trat aus dem Schatten und nun wusste ich, wer das war. Alastor Moody.
"Hallo Professor Moody", sagte ich freundlich, doch der Ex-Auror winkte ab.
"Lass das >Professor Moody< stecken, einfach Alastor", sagte er. "Nun zu dir: welchen Todesser hast du letztes Jahr entlarvt?"
"Wozu die Fragerei?" Noch verwirrter, als ich es ohnehin schon war, runzelte ich die Stirn.
"Antworte mir gefälligst!"
"Gut", sagte ich. "Barty Crouch Junior."
"Gut, sie ist es", sagte Moody und wendete sich zu Remus. "Ist alles nach Plan verlaufen?"
"Nein", sagte Remus mit einem schuldigem Blick auf seine Füße. "Ich habe sie zwar gefunden, aber dann begegneten uns Todesser."
Ich schluckte und die Bilder schossen mir in den Kopf. Hätte ich dem Todesser nicht gegen das Bein getreten, hätte der mich zu hundert Prozent zu Voldemort gebracht.
"Moment mal", sagte ich, "du wusstest, wo du mich antreffen würdest, oder?"
Remus nickte. "Ja. Dumbledore ließ dich beschatten."
"Oh." Mehr konnte ich nicht heraus bringen, ich war verwundert - ich wurde tatsächlich beschattet, ohne, dass ich es bemerkt hatte?
"Habt... wisst ihr, wem ich begegnet bin? Im Wald meine ich", fragte ich. Wenn sie Barty gesehen haben, dann wäre er jetzt schon in Askaban...
"Nicht direkt", sagte Moody, "wir wissen nur, dass dich jemand nach London gebracht hat."
"Also wisst ihr wirklich nicht, wer mit mir appariert ist?", hakte ich etwas erleichtert nach.
"Nein."
Vollkommen erleichtert atmete ich aus. Doch dann stieg in mir wieder das Gefühl auf, als würde der Todesser mir den Hals zuschüren.
"Komm mit." Remus nahm meine Hand und führte mich durch einen langen Flur durch das Haus. Schließlich gingen wir eine schmale Steintreppe entlang, ehe wir in einem großen Raum ankamen. Sofort wurde ich wie zum hundertsten Mal von Molly in eine knochenbrechende Umarmung gezogen.
"Molly, lass sie sich bitte etwas ausruhen", sagte Remus und schob sie sachte von mir. Ich setzte mich an den Tisch, wo mir sofort viele Gesichter bekannt vor kamen. An dem Tisch saßen Harry, Ron, Ginny, Mine, Bill, Arthur, Molly natürlich, Fred, George und -
"Dad...?", fragte ich leise und hatte den Blick starr auf den schwarzhaarigen Mann vor mir gerichtet.
Er nickte. Kaum konnte ich etwas machen, da war er aufgesprungen, zu mir geeilt und zog mich in seine Arme.
"Ich habe dich vermisst", sagte ich.
"Ich dich auch, Luna."
"Ach!" Mine schnaubte auf. "Sirius darf sie umarmen und wir nicht, oder was?"
"Mich darfst du gerne umarmen. Du musst nicht auf Remus hören - der macht sich nur unnötige Sorgen um mich." Mit einem Ruck umarmte Mine mit, während Remus seufzte. Ron, Harry, Fred, George, Ginny und Bill schlossen sich sofort ihr an und so saß ich eingeengt auf einem Stuhl, umarmt von allen Seiten.
"Lasst sie bitte los - sonst erdrückte ihr sie noch", sagte Dad; ich hörte schon aus seiner Stimme raus, dass er grinste. "Was ist eingentlich mit deinem Kleid passiert?", fügte er hinzu und sein Grinsen wurde noch breiter.
"Ich bin im Matsch gelandet. Ich habe sogar einen Spitznamen: 'Miss-ich-lande-im-Matsch'! Den hat mir Baaaaaaaaaa...", ich zog den Buchstaben in die Länge und könnte mir selber eine scheuern. Ich hätte Barty fast verraten! "Den hat mir ein Bekannter gegeben."
'Puh', dachte ich mir. 'Knapp gerettet.'
"Was hat euch denn die Umwege bereitet?", wechselte Arthur interessiert das Thema. "Ihr hättet eigentlich schon früher da sein müssen."
"Todesser", zischte Remus. Der Hass, der in seiner Stimme lag, war unüberhörbar und ich bekam Angst vor ihm, denn ich hatte ihn noch nie so wirklich wütend und hasserfüllt gehört oder gesehen. 
"Naja", sagte ich um die Stimmung aufzulockern. "Was habt ihr so in den Ferien bisher gemacht? Ron, Mine, warum habt ihr mir eigentlich keine Briefe geschrieben?"
"Wir mussten Dumbledore schwören, nichts zu verraten", sagte Mine ruhig.
"Weil er mich nicht für vertrauenswürdig hält, verstehe...", murmelte ich. Molly tat mir Essen auf.
"Natürlich hält er dich für vertrauenswürdig", sagte Mine.
"Na klar", erwiderte ich trotzig, "und deswegen hat er euch gesagt, ihr dürft mir keine Briefe schreiben, weil sie angeblich abgefangen werden würden, oder? Ein einziges Lebenszeichen hätte gereicht! Was soll ich von euch denken? Ich dachte schon, dass Voldemort euch alle umgebracht hat!"
Bei seinem Namen zuckten alle Weasleys zusammen, außer Remus, Dad, Harry, Mine und ich.
"Luna, du musst uns doch verstehen", versuchte Mine mich zu besänftigen. "Wir - "
"Nein!", rief ich aufgebracht und schlug die Gabel auf meinen Teller. "IHR ALLE HIER!", wütend zeigte ich in die Runde. "NIEMAND, ALSO WIRKLICH NIEMAND SCHREIBT MIR EINEN BRIEF! WÄHREND ICH IM MALFOY MANOR FESTSITZE UND ZUSEHEN DARF, WIE TODESSER INS HAUS MASCHIEREN UND DANN WIEDER VERSCHWINDEN!"
"Luna, wir wären genauso wütend, aber - "
"KEIN ABER, MINE!", unterbrach ich sie aufgebracht. "ICH HABE STUNDENLANG AUF EINE EULE GEWARTET! AUF IRGENDEIN BESCHISSENES ZEICHEN! SELBST FUNKEN HATTEN GENÜGT, ABER NEIN, DUMBLEDORE HAT EUCH AUFGETRAGEN ZU SCHWEIGEN, NICHT WAHR?"
"Ja hat er auch", sprach Ron bemüht ruhig, "und - "
"UND WAS?", funkte ich dazwischen. "WER VON EUCH DURFTE ZWÖLF JAHRE LANG IN ASKABAN SITZEN UND SICH BELLATRIX' SCHEUßLICHE LACHE ANHÖREN? WER DURFTE SICH EIN JAHR LANG VERSTECKEN? WER DURFTE GEGEN EINEN WERWOLF UND EINEN DRACHEN KÄMPFEN? WER ERTRANK ZWEIMAL FAST, HM? WER DURFTE MIT ZUSEHEN, WIE MR CROUCH IN DEN WAHNSINN GETRIEBEN WORDEN WAR? WER DURFTE TOM RIDDLE IM IRRGARTEN ALS IRRWICHT SEHEN? WER SAß EINEN MONAT LANG BEI DEN MALFOYS FEST, WER?"
"Lass es ruhig raus", sagte George grinsend.
"Genau", stimmte Fred ihm zu, "lass alles raus." Molly warf ihnen wütende Blicke zu.
"Herzlichen Glückwunsch", sagte ich sarkastisch und klatschte spöttisch in die Hände, "ihr seid tiefer gesunken als die Titanic!"
"Der Satz kommt mir bekannt vor", flüsterte Dad Remus leise zu.
"Oh ja, weißt du noch, in der Großen Halle, als Emily dich fertig gemacht hat?", flüsterte Remus zurück.
"Ach haltet die Klappe!" Aufgebracht sprang ich auf und stieg die Treppen ein Stück hoch, dass ich den Gesprächen noch lauschen konnte, doch außer Sichtweite war. Wütend ließ ich mich auf einer Stufe nieder und holte das Tagebuch meiner Mutter hervor.
"Du fehlst mir", hauchte ich.

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