6. Nachhilfe mit Hintergedanken
Am nächsten Morgen wurde ich von Naira geweckt, die mich ziemlich unsanft aus dem Bett zog und sofort begann mich mit Fragen zu löchern. Nachdem ich eine Weile gebraucht hatte um einigermaßen wach zu werden, erzählte ich ihr von meinem gestrigen Ausflug mit Legolas und wie es dazu kam. Als sie erkannte warum ich nach dem Mittagessen einfach verschwunden war, war sie plötzlich gar nicht mehr wütend, sondern wollte alles bis ins kleinste Detail wissen. Im Nachhinein kam mir das alles ziemlich irreal vor. "Das gibt es doch nicht! Meine Freundin Lùmiel hat sich in den Prinzen verliebt!!!", sagte Naira als ich mit meiner Erzählung geendet hatte. "Hör auf! Das stimmt nicht!!!", sagte ich und bewarf sie mit einem Kissen. Doch wenn ich ehrlich war, war genau das das Problem. Ich hatte Legolas mittlerweile wirklich gerne. Und vielleicht sogar etwas zu gerne! Aber das ging einfach nicht. Er war schließlich der Prinz und eines Tages würde er mein König sein. Und außerdem zweifelte ich sehr daran, dass jemand wie er jemals Gefühle für eine einfache Elbe wie mich entwickeln könnte. Es wäre wohl das Beste, wenn ich mich an meinen Beschluss von vor ein paar Tagen halten, und Legolas aus dem Weg gehen würde. "Wie läuft es eigentlich bei dir und diesem Fénir?", fragte ich sie um schnell vom Thema abzulenken. "Fénir ist einfach toll! Möchtest du ihn vielleicht heute Abend kennenlernen?" "Gerne!" "Gut dann treffen wir uns heute nach dem Abendessen in unserem Zimmer.
Wir zogen uns an und gingen zum Frühstück. Auf dem Weg dorthin, kam uns Aranel entgegen. "Lùmiel? Kann ich mal kurz mit dir reden?", fragte er. "Wenn's sein muss!" "Ich komm gleich nach", sagte ich an Naira gewandt und blieb zusammen mit Aranel stehen. Er fragte: "Hast du heute nach dem Frühstück schon was vor?" "Warum?", fragte ich etwas misstrauisch zurück. "Ich brauch deine Hilfe!" Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich Aranel einmal diesen Satz würde sagen hören! "Du musst mir etwas Nachhilfe beim Bogenschießen geben.", fuhr er fort. Ich schaute ihn immer noch misstrauisch an. Was wollte er wirklich? "Bitte! Du bist die beste Bogenschützin, die ich kenne! Außerdem bist du jetzt stellvertretende Kommandantin! Du musst mir helfen!" "Na gut!", sagte ich und nickte. Auf diese Weise würde ich zumindest Legolas aus dem Weg gehen können. Zusammen mit Aranel ging ich in den Speisesaal und setzte mich zu Naira, Elanor und Aldon. Aranel setzte sich wie selbstverständlich zu uns.
Nach dem Frühstück holte ich noch meinen Bogen und meinen Köcher aus dem Zimmer, bevor ich zum Übungsplatz ging. Aranel wartete dort schon auf mich. "Gut, können wir anfangen?", fragte ich etwas erleichtert. Denn wir waren allein auf dem Platzt und ich konnte Legolas nirgends entdecken. "Du bist der Boss!", antwortete er mir und zwinkerte mir dabei zu. Versuchte der etwa schon wieder mit mir zu flirten?! Das konnte ja noch was werden. Aber ich blieb sachlich und forderte Aranel auf ein paar mal auf die Zielscheibe, die etwa 100 Meter entfernt stand zu schießen. So konnte ich mir erst mal ein Bild von seinen Schießkünsten machen. Das erste Mal traf Aranel die Zielscheibe nur wenige Zentimeter von der Mitte entfernt und ich wollte ihn schon loben. Doch die nächsten paar Pfeile flogen Meterweit an der Zielscheibe vorbei. War wohl nur Zufall gewesen. Das er so schlecht ist, hatte ich gar nicht gedacht. Ich zeigte ihm erstmal die richtige Bogenhaltung und in welchem Moment er den Pfeil loslassen sollte. Er probierte es nochmal und es klappte schon ein wenig besser. Jetzt sollte er versuchen die Zielscheibe in zweihundert Metern Entfernung zu treffen. Auch das klappte nicht so richtig. Wir versuchten noch verschiedene Sachen aus, wie im Laufen schießen, vom Pferd aus schießen, von einem Baum runter schießen oder auch kopfüber schießen. Aranel wurde immer besser doch irgendwann hatte er einfach keine Lust mehr und wir beschlossen eine Pause zu machen. Wir sammelten unsere Sachen zusammen und setzen uns an die Palastmauer. "Und, hast du bis jetzt das Gefühl das Training hat geholfen?", fragte ich. "Na ja, Bogenschießen ist eben einfach nicht so mein Ding, aber dafür könnte ich jeden mit dem Schwert besiegen." Das glaubte ich ihm jetzt nicht hundertprozentig, aber er hatte schon recht. Im Gegensatz zu mir war Aranel ein sehr guter Schwertkämpfer. Ich dagegen kämpfte lieber mit einem Elbendolch oder eben mit Pfeil und Bogen. "Sollen wir dann weitermachen?", fragte ich ihn nach ein paar Minuten. "Nein, ich hab echt keine Lust mehr. Und außerdem ist das Training nicht der einzige Grund, warum ich dich nach einem Treffen gefragt habe.", sagte er in einem schleimigen Tonfall. "Warum denn noch?", fragte ich etwas verunsichert. "Weißt du Lùmiel, ich hab dich echt gern.", seine Stimme veränderte sich und sein Gesicht kam dem meinen immer näher. Ich wich aus rutschte ein Stück von ihm weg. "Aranel du musst verstehen, dass ich nicht das selbe für dich empfinde. Es tut mir leid!" "Nein, muss ich nicht! Ich kann nicht verstehen was an mir dir nicht gefällt oder dir nicht gut genug ist!", sagte er und grinste mich dreckig an. Er zog mich hoch, drückte mich gegen die Mauer und hielt meine Hände fest. Geschockt sah ich ihn an. Ich versuchte unter seinem Arm durchzuschlüpfen, aber er ließ mir keinen Ausweg. "Doch dir sollte eines klar sein! Was ich nicht bekomme, das hole ich mir!" Und plötzlich presste er seine Lippen fordernd auf meine. Ich wollte ihn von mir wegstoßen, aber er war zu stark und drückte mich nur noch mehr gegen die Mauer. Ich wollte das nicht! Konnte uns denn keiner sehen? "Na, gefällt es dir?!", murmelte Aranel gegen meine Lippen. Ich schüttelte so gut es ging den Kopf, doch das schien ihn nicht zu interessieren. Statt endlich von mir abzulassen, nahm er meine Hände in eine Hand und legte sie über meinem Kopf ab. Mit der anderen Hand, strich er nun meinen Körper entlang und fasste an meine Brust. Ich wollte, dass er endlich damit aufhörte! So langsam bekam ich keine Luft mehr und mir stiegen Tränen in die Augen. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen und trat ihm genau zwischen die Beine. Er ließ mich los und ich rannte weinend und außer Atem ins Schloss. Hoffentlich sah mich so jetzt keiner! So schnell ich konnte rannte ich in Richtung meines Zimmers. Genau in eine Person, die plötzlich um die Ecke kam. "Oh Gott Lùmiel! Was ist denn mit dir los?!", fragte Legolas. "Ich muss zu Naira!", sagte ich mehr zu mir selbst als zu ihm und lief wie in Trance an ihm vorbei. Mir fiel ein, dass Naira sich mit Fénir verabredet hatte. Aber ich lief trotzdem weiter. "Lùmiel warte!", rief Legolas und hielt mich auf. "Was ist denn los? Warum weinst du?" Ich konnte und wollte mich eigentlich auch nicht mehr wehren und lies mich erschöpft und immer noch weinend in seine Arme fallen. Er umarmte mich tröstend. "Willst du mir nicht sagen was los ist?", fragte er sanft. "Er...er hat mich geküsst", schluchzte ich, "und er hat", weiter konnte ich nicht sprechen. Das war mir peinlich. Legolas musste nicht wissen wo dieser Dreckskerl seine Finger überall gehabt hatte! Legolas schaute mich bestürzt und etwas hilflos an. "Soll ich dich zu Tobir oder zu deiner Freundin bringen?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf. Im Moment wollte ich einfach in seinen Armen liegen und bei ihm bleiben. Doch er nickte, nahm mich an der Hand und zog mich mehr oder weniger den Gang entlang, aus dem er gerade gekommen war. Er öffnete eine Tür und legte mich auf ein großes weiches Himmelbett. Dort blieb ich erstmal liegen und weinte.
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