15. Die Ankunft der Königin
Es war sehr warm. Die Sonne schien und die Vögel zwitscherten in den Bäumen. Auf den ersten Blick schien es ein schöner Tag zu sein, doch das täuschte. Ich saß gerade gemeinsam mit Naira am Frühstück und starrte Löcher in die Luft. Heute war der Tag, von dem ich so sehr gehofft hatte er würde nie kommen. Heute würde Legolas Verlobte, die Prinzessin von... ich wusste nicht mal mehr aus welchem verdammten Königreich diese Elbe kam, die mir meinen Prinzen wegnehmen wollte! Na ja, auf jeden Fall würde besagte Person heute hier ankommen. Es war einfach nur schrecklich. Legolas und ich hatten verzweifelt nach einer Lösung gesucht, doch uns war keine einzige sinnvolle Möglichkeit eingefallen, diese Hochzeit zu verhindern. Ich seufzte. "Lù, hörst du mir zu?", fragte Naira etwas genervt. "Nein tut mir leid, ich hab gerade einfach kein Kopf für sowas.", meinte ich entschuldigend. Ich wusste, dass Naira es nur gut mit mir meinte und versuchte mich abzulenken indem sie, wie jetzt gerade, mit mir über Hobbits sprechen wollte! Sie fand dieses Volk faszinierend und wollte unbedingt einmal ins Auenland reisen. Doch die Vorstellung Hobbits kennenzulernen, war definitiv nicht im Stande mich zu trösten. "Du solltest langsam mal fertig essen, du triffst dich doch gleich mit Tobir!", sagte Naira jetzt. Sie hatte Recht. Schnell aß ich das restliche Obst auf meinem Teller, umarmte Naira und lief aus dem Speisesaal zu Tobirs Zimmer.
Ich klopfte. "Herein", kam seine Stimme von innen. Ich öffnete die Tür und betrat das Zimmer. "Ach du bist es. Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr." Er grinste. "Hast du schon die Namensliste?", fragte ich ihn. "Ja, wir treffen uns gleich mit allen vor dem Tor um die Einweisung zu geben. Und dann ist es schon so weit. " König Thranduil hatte uns eine Liste mit all den Elben gegeben, die vor dem Haupttor Spalier stehen sollten, wenn die Prinzessin ankommen würde. Tobir und ich sollten, als Kommandanten kurz vorher noch alle in ihre Aufgaben einweisen. So viel Aufwand und alles nur für eine Elbe, die wenn es nach mir ginge am besten gleich wieder verschwinden würde. "Willst du wirklich mitkommen? Du musst das nicht. Ich weiß das das sehr schwer für dich ist.", Tobir kam auf mich zu und umarmte mich. "Ich könnte sagen du wärst plötzlich krank geworden." "Nein, für diese Prinzessin gefährde ich ganz sicher nicht meinen Platz als Kommandantin und außerdem möchte ich sehen was für ein Mensch sie ist. Sollte Legolas sie schlussendlich tatsächlich heiraten, soll sie wenigstens nett sein.", sagte ich. Und...eigentlich meinte ich es auch so. Aber insgeheim wusste ich, dass ein Teil von mir genau das Gegenteil hoffte. ich wusste, dass Legolas mich über alles liebte. Aber eine echte Prinzessin...sollte sie wirklich so schön und perfekt sein wie König Thranduil sie beschrieben hatte, wie sollte ich gegen so jemanden ankommen? Wäre sie dann nicht die bessere Wahl für Legolas? "Kommst du?", Tobir riss mich aus meinen Gedanken. Er stand an der Tür und schaute mich besorgt an. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er mich losgelassen hatte. "Ja, ich komme!"
Vor dem Tor warteten bereits die ausgewählten Wachen auf uns. Naira konnte ich leider nirgends entdecken. Schade, sie wäre bestimmt eine tolle Unterstützung gewesen. Wir stellten uns auf die oberste Treppenstufe vor dem Tor, so dass uns jeder sehen konnte. Tobir fing an: "In wenigen Stunden wird die Verlobte des Prinzen, Prinzessin Rodwen von Melinor diesen Platz erreichen. Der König erwartet einwandfreies Benehmen und dass, jeder von euch seine, ihm zugewiesene Aufgabe verantwortungsvoll ausführt.... So ging das noch eine ganze Weile. Wir zeigten jeder einzelnen Wache ihren Platz und teilten die Aufgaben ein. Schließlich war es soweit. Wir hörten die Hornstöße der diensthabenden Wachen, als Zeichen für die Ankunft der königlichen Kutsche. Ich fragte mich wie man mit einer Kutsche auf den engen Wegen fahren wollte, die durch den Grünwald führten. Und überhaupt, es war eine unübliche Art für Elben zu reißen. Nun ja, wahrscheinlich werden sie viele Umwege fahren müssen um bis zum Palast zu kommen. Vielleicht würden sie sich verirren? Damit hätte sich das Problem von allein gelöst. Aber nein! Ich verbot mir weitere böse Gedanken und konzentrierte mich auf meine Aufgaben. Tobir und ich stellten uns ganz nach vorne um die Prinzessin willkommen zu heißen. Hinter uns stellten sich die restlichen Wachen in vierer Reihen auf. Gespannt schaute ich auf den Weg der in den Wald hineinführte. Aus der Ferne konnte ich schon das Trappeln von Pferdehufen hören. Es wurde immer lauter. Dann sah man eine prächtige, weiß goldene Kutsche, die von zwei prächtigen Rappen (schwarzen Pferden), mit langer Mähne gezogen wurde. Vor und hinter der Kutsche ritten jeweils sechs Wachen. Die Kutsche kam immer näher und plötzlich tauchte noch ein weiterer weniger edler Wagen auf dem Weg vor uns auf. Und noch einer. Wen hatte sie denn bitte alles mitgebracht?!
Die Kutsche kam wenige Meter vor uns zum Stehen. So langsam sollte Legolas sich mal beeilen, wenn er seine Verlobte noch rechtzeitig in Empfang nehmen wollte. Als hätte er meine Gedanken gehört, kam er auch schon in seinen edelsten Kleidern aus dem Haupttor geschritten. Er war kaum wiederzuerkennen. Er sah noch nie so königlich, aber auch noch nie so unglücklich aus. Doch um niemanden seine wahren Gefühle sehen zu lassen setzte er nach wenigen Schritten, gekonnt ein höfliches und scheinbar glückliches Lächeln auf. Ich schloss mich seinem Beispiel an. Tobir gab den Wachen hinter uns ein Zeichen und die Viererreihen lösten sich in einen Gang auf, durch den Legolas jetzt bis ganz nach vorne lief. Er warf mir einen kurzen kaum bemerkbaren Blick zu, bevor er wenige Schritte vor mir stehen blieb. Wir alle schauten gespannt nach vorne zur Kutsche der Prinzessin. Aber zuerst stiegen aus den hinteren Wagen Wachen und andere Bedienstete aus. Dann sah mein zuerst einen edlen Schuh, gefolgt von einem weißen Stoff, und schließlich stieg die Prinzessin aus ihrer Kutsche. Es war unglaublich. Meine Hoffnungen, sie wäre hässlich wurden mit einem Schlag zu Nichte gemacht. Man konnte sie nicht anders beschreiben als wunderschön. Sie hatte helles blondes Haar, von denen sie einzelne Strähnen zu einer eleganten Frisur nach hinten hochgesteckt hatte. Der Rest fiel ihr in perfekten Locken den Rücken hinab. In diesem Moment kamen mir wieder Zweifel. War sie nicht vielleicht, doch die bessere Wahl für Legolas? Doch ein kurzer Blick zu ihm reichte aus um mich vom Gegenteil zu überzeugen. Legolas und ich waren für einander bestimmt. Wie könnte er da eine andere heiraten?
Sie gab ihren Wachen ein Zeichen, hob ihr Kleid an und schritt langsam und erhobenen Hauptes zu uns herüber. Legolas lächelte sie an. "Prinzessin Rodwen, ihr seid wunderschön. Es freut mich, dass ihr endlich angekommen seid. Wie war die Reise?", fragte er. "Anstrengend! Die Wege hier sind schrecklich eng und einer Adligen unzumutbar. Wie macht ihr das bloß? Allerdings muss es wohl ein Missverständnis gegeben haben! Mein Vater ist vor wenigen Tagen verstorben. Das macht m ich zur Königin von Melinor! Nicht zur Prinzessin!" "Verzeiht mir eure Majestät." "Nicht weiter schlimm. Ich bin sicher, ab sofort wird mich jeder mit meinem richtigen Titel ansprechen. Und ich hoffe ihr wisst die Ehre mich zu heiraten jetzt noch mehr zu schätzen als sowieso schon. Immerhin werdet ihr nach unserer Hochzeit König von Melinor sein. Es wird euch dort sicher gefallen." Wie bitte? Ich glaube kaum, dass Legolas sein Königreich verlassen wird. "Und nach dem Tod Thranduils, Verzeihung König Thranduils, werden wir gemeinsam über zwei Königreiche herrschen." Ich sah wie Legolas schlucken musste, bevor er antwortete. "Das ist eine sehr schöne Vorstellung, Majestät aber wie könnten wir zwei so weit voneinander entfernte Königreiche regieren. Wollt ihr etwa getrennt leben?" Es klang nicht so unglücklich, wie sich die Frage vermutlich abhören sollte. "Natürlich nicht! Wir werden gemeinsam in Melinor herrschen und ... hierher können wir einen Regenten unseres Vertrauens schicken.", sagte sie etwas abfällig. "Nun darüber werden wir sicher noch einmal reden. Aber verzeiht mir, Ihr seid sicherlich müde von der langen Reise. Wir sollten das Gespräch drinnen fortsetzten. Darf ich vorstellen: Das sind Lùmiel und Tobir, die Kommandanten unserer Palastwache. Sie werden sich persönlich um euren Schutz während eures Aufenthalts kümmern.", meinte Legolas. Königin Rodwen warf uns einen kurzen, fast mitleidigen Blick zu. Ich bemühte mich sehr sie so nett wie möglich anzulächeln und deutete eine Verbeugung an. Doch was sie dann sagte, brachte mich etwas aus der Fassung: "Ist es hier üblich Frauen in der Wache zu haben? Ich meine, wir sind wohl das intelligentere Geschlecht, aber ich würde mich nicht sicher fühlen von einer Frau bewacht zu werden." Mein Lächeln verrutschte für einen Moment. Auch Legolas sah etwas fassungslos aus. "Nun ja, ist ja nicht schlimm.", sagte sie und schaute mich dabei an als wäre ich ein kleines Kind. "Du kannst mir meine Schleppe tragen, dieses Kleid ist einfach nicht gemacht, für ein Land wie dieses." Was bitte?! Ich sollte ihr hinterherlaufen und dafür sorgen, dass ihr weißes Kleid nicht dreckig wurde? War ich eine Sklavin, wie es die Menschen früher hatten oder behandelte sie alle in ihrem Umfeld so? Doch wieder einmal riss ich mich zusammen und nickte nur lächelnd. Aber dafür meldete sich jetzt Legolas zu Wort: "Aber meine Königin, dass ist doch sicher nicht..." Ich schaute ihn kurz an, und sagte dann: "Aber nein, wenn es der Königin Wunsch ist, ist es eine Ehre für mich." Ich wollte schließlich nicht, dass diese schöne aber offensichtlich sehr launische Königin verärgert wurde. Natürlich wollte ich auch nicht, dass Legolas sie heiratete, aber ihr war zuzutrauen einen Krieg anzufangen, sollte sie verärgert werden. Und eine Lösung für dieses Problem, war uns ja immer noch nicht eingefallen. Sie grinste triumphierend und meinte: "Seht ihr, Legolas! Kein Problem. Aber was die Wachen angeht... ich habe meine eigenen dabei. Genauso wie meine Köche, Dienerinnen und eben alles was man als Königin so braucht. Ihr kennt das ja, nicht wahr? Ich vertraue nur meinen eigenen Elben, haha!" Sie lachte gekünstelt. Daraufhin lächelte Legolas wieder nur und bot ihr seinen Arm an um sie ins Schloss zu geleiten. Sie blickte mich kurz herausfordernd an und ich stellte mich hinter sie und hob die lange Schleppe des Kleides vom Waldboden. Langsam liefen wir durch das Tor in Richtung Speisesaal, der natürlich extra dekoriert worden war. Ich musste ihr hinterherlaufen wie ein Tier, während sie mit meinem Prinzen vor mir herlief! Wie demütigend! Diese Königin demütigte nicht nur mich sondern das ganze Königreich! Das musste König Thranduil doch erkennen, oder?
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