Kapitel 56
Kapitel 56
"There are wounds that never show on the body that are deeper and more hurtful than anything that bleeds."
-Laurell K. Hamilton, Mistral's Kiss
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To be loved
Im Gemeinschaftsraum der Ravenclaw waren am frühen Abend alle Tische mit arbeitenden Schülern besetzt und in meinem Kleid kam ich mir reichlich fehl vor.
Seit Alec mich hereingebracht hatte stand ich an einem der hohen Fenster, doch inzwischen konnte ich den Blick über den See und die Ländereien nicht mehr genießen. Genauer gesagt, seit die Sonne untergegangen war.
Anna, die zwischen ihren Freunden, die uns zu Slughorns Party begleiten würden, am Feuer gesessen hatte, trat an mich heran. Sie hatte die dunkelbraunen Haare hochgesteckt und trug ein hübsches blaues Kleid. "Du siehst nicht aus, als hättest du umbedingt Lust auf den Abend."
"Wie kommst du bloß darauf?"
Sie lachte als Antwort, "Cindy gehen langsam die Bemerkungen über dein Aussehen aus."
"Kann ich mir schwer vorstellen." Mein Blick traf Cindys, die perfekt herausgeputzt neben einem großen Ravenclaw saß. Generell schienen all diese Ravenclaw Typen groß zu sein. Nicht mal von der Hälfte kannte ich die Namen und es frustrierte mich, dass Cindy in ihrem goldenen Kleid tatsächlich hübsch aussah. Generell frustrierte mich an diesem Abend sehr viel.
"Ich find das Kleid steht dir gut."
"Danke, Anna." Mit einem Seufzen strich ich über den dunklen Stoff. Das Kleid gehörte nicht einmal mir. Alecs Einladung zu Slughorns Feier war so überraschend gekommen, dass ich mir nur schnell ein Kleid von Ruby geliehen hatte. "Weißt du, warum sie so lange brauchen?"
"Gute Frage." Anna sah wie ich zu den Treppen, die zu den Schlafräumen führten. Vor mindestens einer halben Stunde war Alec mit einem Freund verschwunden, um kurz noch etwas zu erledigen.
"Wenn das noch lange dauert geh ich bald, James und Lily sind vermutlich schon längst auf der Feier."
"Vielleicht sollten wir mal...Moment, ich glaube, da kommen sie."
Gemeinsam mit einem seiner Teamkollegen kam Alec die Treppe hinunter. Er trug nun auch einen Festumhang, wobei ich mich fragte, warum ich im Kleid hatte antanzen müssen, nur damit er mich warten ließ.
"Hallo ihr Hübschen." Alec küsste mich kurz auf den Mund, bevor er seinen Arm um mich legte. "Können wir los?"
"Wir hätten schon vor einer halben Stunde losgekonnt."
Meinen Kommentar ignorierte er gefließlich.
Seine restlichen Freunde erhoben sich und gemeinsam liefen wir zwischen ihnen durch's Schloss.
"Entschuldige bitte, dass ich dich hab warten lassen." Alecs Mund war nahe an meinem Ohr und seine Hand lag nun an meiner Taille.
"Kein Problem." Ich seufzte und legte meine Hand auf seine.
"Hast du dich gut mit den Anderen unterhalten?"
"Anna war sehr nett."
"Eigentlich meinte ich..."
Er wurde von Cindy unterbrochen, die bisher stumm neben uns gelaufen war. "Ihr beide seid ein tolles Paar. Beinah könntet ihr einem Bild entsprungen sein."
Ich murmelte ein knappes, "Danke.", während Alec strahlend lächelte.
"Vielen Dank. Du siehst aber auch perfekt für den Abend aus."
Cindy lachte und die Beiden unterhielten sich, bis wir bei Slughorns Büro ankamen.
Ich seufzte nur und strich abermals über mein Kleid.
Innen erwartete uns das gleiche wie bei allen vorherigen Slughorn Feiern. Nur war diese kleiner als bei Lilys Geburtstag und die Wände waren mit Blumentapeten und lebenden Feen geschmückt. Slughorn begrüßte mich und die Ravenclaw persönlich, bevor er uns Slytherin, mit denen wir jeden Tag Unterricht hatten, vorstellte als wären sie die nächste große Prominenz.
Schließlich übergab er uns in die Obhut des neuen, ganz entzückenden, Schulsprecherpaares und ihrer Freunde. Die in diesem Fall Sirius und Ruby hießen, die beide so missgelaunt aussahen, wie ich mich fühlte.
Während James sich mit Alec über die nächste Quidditch Saison unterhielt, warf Ruby mir einen fragend Blick zu und ich verdrehte die Augen.
"Liebes?" Alec drückte mir einen Kuss auf die Wange. "Macht es dir etwas aus, wenn ich dich kurz bei deinen Freunden lasse?"
"Kein Problem." Ich lächelte und Alec verschwand mit seinen Freunden zwischen den Gästen. "Merlin, endlich." Ich seufzte, dieses Mal erleichtert, und strich mir eine Locke aus den Augen.
"Schlechte Stimmung?" Ruby hackte sich bei mir ein und zog mich zum Büffet. "Das Kleid steht dir übrigens super."
"Danke." Ich nahm mir ein Glas Elfenwein. "Mir gehen gerade nur seine Freunde und Cindy und irgendwie alle auf die Nerven."
"Hat man dir nur ein wenig angesehen." Lily, die Seite an Seite mit James das perfekte Paar abgab, lächelte amüsiert.
"Es geht gleich wieder. Ein wenig Zeit mit meinen Freunden und ich halte alle Ravenclaw dieser Welt aus."
Während ich einen Schluck Wein trank, begegnet mein Blick Sirius', der eine Augenbraue hob. "Lust zu tanzen?"
Kurz wollte ich seine angebotene Hand ergreifen, aber dann schüttelte ich den Kopf.
"Schade." Er drehte sich zu James. "Dürfte ich deine zauberhafte Begleitung entführen?"
"Nur, wenn du sie mir auch wieder zurück bringst."
"Darf die zauberhafte Begleitung auch etwas sagen?"
"Natürlich, Evans." Sirius hielt ihr seine Hand hin. "Lust zu tanzen?"
"Klappe, Black." Sie schnappte sich seine Hand und lachend machten sie sich zur Tanzfläche auf.
James sah Lily mit einem Lächeln nach, bevor er sich vom Büffet etwas zu Essen schnappte. Gerade als er einen Bissen nahm, tauchte Slughorn auf und zog ihn mit sich.
"Und so waren es nur noch zwei."
"Rubs." Ich nahm mir noch ein Glas und drückte ihr ebenfalls eins in die Hand. "Es gibt gerade niemanden, mit dem ich lieber zu zweit wäre, als mit dir."
"Na dann." Lachend stieß sie mit mir an. "Lass uns eine dunkle Ecke nur für uns allein suchen."
Wir landeten schließlich in zwei bequemen Sesseln abseits des Trubels und weil Ruby einen der jüngeren Schüler, der Keller spielte, um den Finger wickelte, wurde wir noch mit Wein und Essen versorgt.
Über den Rand meines Glases hinweg beobachtete ich das Treiben und während ich mit Ruby über alles mögliche redete, fühlte ich mich zum ersten Mal seit Wochen wieder normal. Selbst das Glas in meiner Hand zitterte kaum.
"Hey James!" Ruby winkte James zu sich, der mit zwei indisch aussehenden Schülern zusammen stand, die ich vom Sehen kannte. Als James den Kopf schüttelte, rief sie ihre Worte so laut, dass selbst Lily sie mitbekommen musste, die auf der Tanzfläche mit Sirius tanzte. "Wie läuft es eigentlich zwischen dir und der Schulsprecherin? Ich hab gehört, die nächtliche Sitzungen sind ziemlich zahlreich und die anderen Vertrauensschüler beschweren sich schon, dass der Wein langsam zur Neige geht."
James verschluckte sich an seinem Essen, während Lily auf der Tanzfläche mit einer anderen Hexe zusammenstieß.
Zufrieden drehte sich Ruby zu mir. "Du müsstest mal den Plan für die Patrouillen sehen. Wetten die beiden knutschen die ganze Nacht in irgendeiner dunklen Ecke rum. Um das zu kontrollieren, wäre die Karte dieser Hohlköpfe mal ganz nützlich, aber nein, die hat ja jetzt Filch." Mit einem dramatischen Seufzer trank sie ihr Glass aus.
"Ganz ehrlich." Ich ließ meine Beine über die Lehne meines Sessels baumeln. "Vermutlich unterhalten sie sich die ganze Nacht über Schulsprecher Kram, weil James in Lilys Gegenwart immer ein Idiot bleiben wird. Und was ist mit der Karte?"
"Oh. Das hast du ja gar nicht mitbekommen." Unter ihrem Pony funkelten Rubys Augen verräterisch. "Du verpasst aber auch immer die besten Geschichten. Merlin, all die Tränen und das Drama."
"Rubs." Ich lehnte mich vor und schlug ihr Bein.
"Wenn du schon so fragst." Sie grinste. "Soweit ich es verstanden habe, hatten James und Peter die Karte, als Filch sie erwischt hat. James hat es noch irgendwie geschafft sie mit ihrem komischen Spruch wieder leer zu zaubern, dieses Missetat oder Unheil..."
"Jaja, schon klar." Ich winkte ab.
"Jedenfalls hatte James die brillante Idee, es Sirius im Gemeinschaftsraum zu beichten."
"Hat er wirklich geglaubt Zeugen würde bei der Sache helfen? Merlin, wie lange sind diese Idioten befreundet?"
"Darf ich jetzt die Geschichte zu Ende erzählen? Also; Karte bei Filch, James beichtet es Sirius, der natürlich erst mal seine Freundschaft zu Peter und James für beendet erklärt, irgendwas von 'die Karte, unser Meisterstück' durch den Raum brüllt und Remus dann zwingt mit ihm an einem Wiederbeschaffungsplan zu arbeiten."
"Kann ich mir nur zu gut vorstellen."
"Wobei, ganz ehrlich." Ruby lehnte sich wie ich in ihrem Sessel zurück. "Remus wird eh irgendwann Lehrer und dann kann er die Karte an die nächste Generation Unruhestifter weitergeben."
"Bei Merlin, ich möchte keins von James Kindern sein. Allein der Druck diesem Vorbild gerecht zu werden. Und nicht zu vergessen, was für einen Ruf sie haben werden, bevor sie überhaupt im Schloss ankommen."
"Stell dir erst mal Sirius' Kinder vor."
"Tut mir leid, aber Sirius mit Kindern?" Lachend schüttelte ich den Kopf. "Dafür liebt er sein Rebellendasein doch viel zu sehr."
"Entschuldigung." Wir wandten beide den Kopf.
"Sirius!" Rubys Lächeln schwankte. "Wie schaffst du es eigentlich immer dann aufzutauchen, wenn man über dich spricht?"
Er antwortete ihr nicht. Sein Blick lag auf mir und sofort wusste ich, dass etwas nicht stimmte. "Was ist los?"
"Kann ich mit dir sprechen?"
Mit einem Nicken nahm seine angebotene Hand an und ließ mich hochziehen. Beinah sofort ließ er meine Hand wieder los. "Ich bring sie dir gleich wieder." Bei seinen Worten sah er Ruby nur kurz an, bevor er mich am Arm mit sich zog.
Erst als wir mitten unter den Tanzenden waren, blieb er stehen. Obwohl wir uns nicht berührten, konnte ich seine Anspannung spüren. Sirius wirkte wütend und leise murmelte er, "So viel Glück hat der Bastard nicht verdient.", bevor er mich an sich zog.
Seine Hand umschloss meine und ich legte automatisch meine Hand um seine Taille, als wir uns langsam zu Musik drehten.
"Erzähl mir was los ist." Mein Kopf lag an seiner Schulter und ich konnte sein Gesicht nicht sehen, doch ich spürte wie seine Hand über meine Haare strich.
"Lu." Sein Mund war nah an meinem Ohr und ich musste lächeln. "Ich bin gerne mit dir befreundet. Und auch wenn dieses ganze Freundschaftsding zwischen uns meistens mehr schlecht als recht funktioniert, bin ich wirklich gerne in deiner Nähe. Und ich will das du weißt, dass ich inzwischen an einem Punkt angelangt bin, an dem ich an deiner Seite bleiben möchte, egal was für Entscheidungen du triffst." Seine Stimme klang sanft und seine Worte wirkten, als wäre er sie vorher in seinem Kopf durchgegangen. Ich sagte nichts. "Aber wenn du mir in irgendeiner Weise als Freund vertraust, dann bleib nicht mit Alec zusammen."
"Hat er mit dir gesprochen?"
"Ja." Seine Hand verharrte für einen Moment auf meinem Rücken, bevor er mir weiter über die Locken strich. "Er war betrunken und hat mir gedroht, dass ich mich von dir fernhalten soll. Du weißt, ich habe Martens noch nie gemocht, aber ich kann nicht mitansehen, wie er dich behandelt."
"Was meinst du?"
"Erinnerst du dich noch daran, wie du ihn und mich und Lin Lee in Hogsmead überrascht hast?" Ich schloss die Augen und hielt mich an seinem Hemd fest, als könnte mich das irgendwie vor seinen nächsten Worten retten. "Lin und Alec haben sich seit den Weinachtsferien heimlich getroffen. Ich habe dir nichts erzählt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass Martens wirklich so ein Idiot ist und als ich mir dann sicher war, wollte ich dich nicht verletzen. Es tut mir leid, Lu." Seine Hand streichelte meinen Rücken, doch ich nahm es kaum wahr. Meine Beine bewegten sich weiterhin im richtigen Takt, doch ich steuerte sie nicht mehr.
Es tat weh. Es tat verdammt weh.
Ich wusste nicht wie lange wir uns drehten, bis Sirius murmelte, "Wenn du willst kann ich dafür sorgen, dass sein hübsches Gesicht nicht mehr so hübsch ist. Oder ich kann ihn von der Schule fliegen lassen. James und ich hätten da noch einen netten Trank..."
"Ich glaube, ich geh besser wieder zu Rubina."
Sirius ließ mich los und ich wartete gar nicht erst auf weitere Worte, sondern schob mich nur durch die Tanzenden Paare.
Ruby saß immer noch in ihrem Sessel. "Hey! Ich hab uns noch Elfenwein besorgt." Sie schwenkte zwei Gläser. "Was wollte Sirius?"
"Mit mir über Alec reden." Eine Träne rollte über meine Wange und ich strich sie weg. Warum musste es so verdammt weh tun?
"Scheisse, was ist los?" Ruby sprang auf und verschüttete dabei ihren Wein.
"Anscheinend hatte Alec noch nebenher etwas mit Lin Lee."
Ruby starrte mich an, dann murmelte sie, "Dieses Arschloch."
"Du klingst nicht sonderlich überrascht?"
"Es tut mir so leid."
"Luné." Beim Klang der vertrauten Stimme zuckte Ruby zusammen, während ich mich nur zu Alec drehte. "Ich hab dich mit Black gesehen. Wohlmöglich sollten wir uns unterhalten."
Ich erkannte nur an seiner Stimme, dass er betrunken war und angesichts seines ruhigen Gesichts, verspürte ich plötzlich Wut. "Das sollten wir tatsächlich. Wir wäre es wenn wir raus gehen?"
Er nickte und automatisch wollte er nach meinem Arm greifen, doch ich wich ihm aus. Kapitel 55
"Oh well, [James] always made a fool of himself whenever Lily was around," said Sirius, shrugging. "He couldn't stop himself showing off whenever he got near her."
"How come she married him?" Harry asked miserably, "She hated him!"
"Nah, she didn't," said Sirius.
-J.K.Rowling, Harry Potter and the Order of the Phoenix
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Mr and Mrs Headstudent
James Potter P.O.V
"Verflucht bin ich froh, dass wir aus diesem Büro raus sind." Sirius, der neben James lief, gähnte herzhaft. Aus unerklärlichen Gründen hatte er mal wieder eine Kaffetasse in der Hand. Sie waren seit knapp drei Wochen im Schloss und bereits in der ersten Woche hatte James aufgehört zu hinterfragen, wie Sirius seinen nie enden wollenden Vorrat bewerkstelligte.
Ruby schnaubte, "Ich dachte McGonagall redet ewig weiter." An James anderer Seite ging sie gemeinsam mit Luné. Beide gähnten unisono.
"Ich bin nur froh, dass wir das geklärt haben." James ging den Stapel Papiere auf seinem Arm durch und auch er konnte sich ein Gähnen nicht verkneifen.
"Du kommst nicht mit uns, oder?" Luné sah ihn fragend an, als sie im vierten Stock vor der inzwischen vertrauten Statue von Heinrich dem Heiteren stehen blieben.
"Bin heute für's Patrouillieren eingeteilt. Tut mir leid."
"Kein Problem, bis Morgen." Gemeinsam mit den Mädchen verschwand Sirius um die Ecke.
James seufzte kurz, bevor er sich an die Statur wandte, "Weidenholz." Mit einem Knirschen öffnete sich der Eingang und er trat in die Räume der Schulsprecher.
Vorher hatte er den großen Raum mit den gemütlichen Sesseln und unzähligen Regalen nur aus Remus Erzählung gekannt, weil sich die Vertrauensschüler dort immer mit den Schulsprechern trafen. Nun gehörte ihm der Raum, dessen jetzt dunkle Fenster eigentlich einen Blick auf den verboten Wald ermöglichten, zusammen mit dem angrenzenden Schlafzimmer, für ein Jahr. Nicht zu vergessen, dass seine Schlafzimmertür Lily Evans Tür direkt gegenüber lag.
Ruby war schon dazu übergegangen, es Mr und Mrs Schulsprechers Wohnung zu nennen.
Mit einem Gähnen ließ James seine Unterlagen auf einen Schreibtisch fallen und als er sich streckte, knackten seine Knochen.
"James?" Lilys verschlafene Stimme ließ ihn den Kopf wenden. Aus der Dunkelheit ihres Zimmers blinzelte sie verwirrt ins Licht.
"Geh wieder schlafen, Lils." Sie bei ihrem Spitznamen zu nennen war etwas, was James sich sonst nur in Gedanken traute, doch angesichts ihrer zerknitterten Schuluniform und ihren abstehenden Haaren, konnte James nicht anders. Von selbst schlich sich dabei ein Lächeln auf sein müdes Gesicht.
"Wo warst du?" Barfuss tapste Lily in den Raum und mit einem Gähnen rollte sie sich in einem der Sessel zusammen.
"Hatte noch eine Besprechung mit dem Team und Professor McGonagall." James ging in sein Zimmer und befreite sich im Halbdunkeln von seinem Hemd und der Krawatte.
"Seid ihr zu seiner Lösung gekommen?"
"Mehr oder weniger." In einem frischen T-Shirt und mit seiner Jacke in der Hand, trat er wieder in den Raum. Lilys grüne Augen folgten ihm, als er sich ihr gegenüber in einen Sessel setzte. "Letztendlich haben mir alle zugestimmt, dass es keinen Sinn macht, wenn ich Kapitän und Schulsprecher zugleich bin, weshalb Timothy das Abzeichen bekommen hat. Bei der Auswahl nächste Woche wird sich zeigen, wer im Team bleibt."
"Aber du hast es geliebt Kapitän zu sein!"
"Es war auch toll, aber es gibt wichtigere Sachen." Mit einem erneuten Gähnen erhob er sich. "Ich muss langsam los und du musst wieder ins Bett."
"Wohin willst du?"
"Ich bin heute für die Patrouille eingeteilt."
Überrascht sah Lily zu ihm auf und dann war sie plötzlich schneller auf den Beinen, als er es ihr zugetraut hätte. "Du kannst doch vor Müdigkeit kaum die Augen aufhalten. Außerdem kontrollieren die Lehrer eh nie, ob wir den Job wirklich machen." Sie öffnete einen der vielen Schränke, die James noch lange nicht alle erforscht hatte, und zauberte eine Weinflasche und zwei Gläser hervor. Bevor er protestieren konnte, drückte sie ihn in einen Sessel und im nächsten Moment hatte er schon ein gefülltes Glas in der Hand.
"Du bist ziemlich auf den Wein gekommen, oder?"
Lily lachte und setzte sich ihm mit gekreuzten Beinen gegenüber, "Der in eurer Wohnung war aber auch wirklich gut."
"Ich kann dir gerne eine Flasche besorgen."
"Das wäre nett." Sie trank einen Schluck und gemeinsam schwiegen sie. Jedes Mal wenn ihre Augen sich trafen, fühlte James schon gar nicht mehr so müde.
"Also...Wie gefällt dir das ganze Schulsprecher Dasein?"
"Mhm." Sie lehnte ihren Kopf an den Sessel und eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht. "Ich dachte eigentlich, der Job bestände nur aus dieser hübschen Wohnung und vielleicht mal zwischendurch ein paar Reden an die Vertrauensschüler halten. Aber nein- jetzt weiß ich warum man als Schulsprecher umbedingt eine eigene Wohnung braucht."
"Und zwar?"
"Unter dem Ansturm an idiotischen Fragen und Aufgaben schafft man es kaum bis in den siebten Stock, geschweige denn in den Schlafsaal."
"Merlin, ich versteh dich." James trank sein Glas aus und beugte sich dann vor, um sowohl seins, wie auch Lilys, wieder aufzufüllen. "Wie zur Hölle sind diese Schüler überhaupt Vertrauensschüler geworden, wenn man ihnen nicht mal zutrauen kann eine winzige Aufgabe selbst zu erledigen."
"Genau! Ich war zwei Jahre Vertrauensschülerin und ich stimme dir von Herzen zu. Solche Idioten."
Mit einem Grinsen trank James einen Schluck Wein, während Lily ihn mit gerunzelter Stirn betrachtete. "Was?"
Langsam sagte sie, "Lulu und Sirius."
"Bitte?"
"Ich glaube, ich kann mit dir darüber reden."
"Weil?"
Ihre Wangen waren bereits gerötet und James konnte nicht anders, als Lily Evans in diesem nächtlichen Zustand umwerfend zu finden. "Nun ja, mit Ruby kann ich nicht darüber reden, wegen dieser ganzen heiklen fünfte Klasse Sache."
"Über die wir alle prinzipiell nicht reden."
"Genau. Und Melody und Remus sind viel zu sehr in ihrem Beziehungswirwar verstrickt, als dass ich sie damit belästigen kann."
"Er hat ihr immer noch nicht von seinem Geheimnis erzählt, oder?"
"Nein!" Lily beugte sich vor um ihr Glas erneut aufzufüllen. "Wir wissen es alle, außer dem Mädchen, dass theoretisch seine Freundin ist und praktisch...ach keine Ahnung, was das praktisch überhaupt ist."
"Ich werde mal mit ihm reden."
"Danke. Jedenfalls bleibt mir außer Peter und Luné und Sirius kaum jemand mit dem ich darüber diskutieren kann."
"Worüber willst du denn da diskutieren?"
"Na darüber, wie man Luné von Mr Schleimbrocken Alec Martens wegbekommt, damit Sirius endlich aufhört seine Gefühle in Alkohol und Kaffe zu ertränken."
"Wenigstens ertränkt er sie nicht in Mädchen."
"Das ist die einzige positive Verbesserung. Aber ich würde jederzeit alle Cindys dieser Welt am Gryffindor Tisch haben wollen, wenn Luné neben mir und nicht am Ravenclaw Tisch sitzen würde."
"Muss sie denn umbedingt neben dir sitzen?"
"Doofkopf." Lily warf ein Kissen nach ihm, doch mit Leichtigkeit fing James es im Flug auf.
Bei der Nennung von Cindy verspürte James ein ungutes Gefühl. Die ganze Situation erinnerte ihn viel zu sehr an den Anfang des letzten Schuljahres. "Was willst du denn über Lulu und Sirius diskutieren? Sirius weigert sich mit mir über Luné zu reden und jedes Mal, wenn ihr Name fällt, macht er ein Gesicht wie ein getretener Hund."
"Erinnert mich an Luné. Wobei sie Sirius immer mit diesen sehnsuchtsvollen, großen Augen hinterher sieht und ich sie ihm dann am Liebsten in die Arme schmeißen würde."
"Merlin, den Blick kann Sirius auch. Es wundert mich immer, dass er nicht anfängt zu winseln. Wer hätte je gedacht, dass gerade diese beiden so enden würden."
"Nun gut." Lily hielt die Weinflasche gegen des Licht. Sie war schon zur Hälfte geleert. Mit einem Schulterzucken füllte sie sich noch ein Glas. "Was steht dem glücklichen Ende der Beiden im Weg?"
Sie sahen sich über ihren Gläser hinweg an und gleichzeitig sagten sie, "Ruby."
Lily fügte noch hinzu, "Alec."
"Cindy."
"Sirius' selbst."
"Hey, Lulu ist bei der Sache auch nicht gerade das kleinste Hindernis."
"Schon gut." Lily lehnte sich in ihrem Sessel zurück. "Also Ruby stirbt vor Schuldgefühlen, seit sie die beiden wieder auseinander gebracht hat."
"Sollte sie auch." Bei Lilys Blick sagte James schnell, "Allerdings kann ich auch verstehen, warum sie es getan hat."
"Die Sache hätte eh nicht lange gehalten. Während der Ferien ging es ihnen gut, aber schau mal wie es Luné jetzt schon wieder geht..."
"Ich weiß was du meinst. Derzeitig würden sie sich früher oder später gegenseitig kaputt machen." Einen Moment zögerte er. "Weißt du, was Luné hat?"
"Du meinst, warum sie wieder so nervös ist, uns aus dem Weg geht und sich generell in die vor-einem-Jahr-Luné-Marie zurück verwandelt?"
"Genau."
"Keine Ahnung." Sie schüttelte schwach den Kopf. "Direkt am ersten Abend hat sie einen Brief in den Schlafsaal bekommen und zu Melody meinte sie, dass er von ihrer Großmutter war. Als wir sie später darauf angesprochen haben...na ja, du kennst Lulu ja."
"Ja, ich kann's mir vorstellen. Aber du wollest über sie und Sirius diskutieren...meinst du, dass sie zusammen glücklich werden können?"
Lily schwenkte den Wein in ihrem Glas und mit einem müden Lächeln betrachtete sie James. "Ich bezweifle, dass sie es ohne einander sein können."
Sie schwiegen und James disskuiterte innerlich mit sich, ob er Sirius erneut auf Luné ansprechen sollte, doch gerade als er dachte eine Lösung gefunden zu haben, wurde er von Lily abgelenkte. Sie hatte die Augen geschlossen und schien im Begriff einzuschlafen. Bei ihrem Anblick fragte James sich zum vermutlich hundertsten Mal, wie er dieses Jahr überstehen sollte. Gerade weil sie es inzwischen geschafft hatten etwas wie eine Freundschaft aufzubauen, verfluchte James sich nicht zum ersten Mal selbst.
Er wollte nicht wie immer alles kaputt machen, doch gleichzeitig suchte er in jedem ihrer Worte, in all ihren Bewegung ein Anzeichen dafür, dass sie vielleicht doch mehr empfand. Oder ihm wenigstens eine Chance gab. Alles war besser als diese hoffnungslose Gewissheit, dass jemand wie Lily seine Gefühle vermutlich nie erwidern würde.
James seufzte leise, "Komm, du musst ins Bett." Als er aufstand drehte sich der Raum kurz, bevor er an Lilys Seite trat und sie so sanft wie möglich hochzog.
Ihre Augen öffneten sich flatternd und gähnend lehnte sie sich an ihn. "Wir sollten einen Weinachtsball veranstalten, James."
"Was auch immer du möchtest." Mit dem Fuß schob er die Tür zu ihrem Zimmer auf und dann half er ihr, sich ins Bett zu legen. "Schlaf gut, Evans." Er deckte sie zu und wollte sich wieder hinausschleichen, als ihre Stimme ihn zurückhielt.
"Ich dachte, wir wären über die Evans Potter Sache hinweg."
"Tut mir leid." Er kam noch einmal zurück und im Halbdunkel konnte er sehen, dass ihre Augen wieder geschlossen waren. "Schlaf gut, Lily."
Er konnte hören, wie sie sich im Bett bewegte und dann spürte er plötzlich ihre warme Hand an seiner. "James?"
"Ja?"
"Bleib."
Am nächsten Morgen, als er sich noch vor Morgengrauen aus ihrem Zimmer schlich, schob James die Schuld auf den Wein. Doch in der Nacht war der Wein egal und nur Lilys Hand in seiner zählte, als er sich die Schuhe von den Füßen schob und sich dann vor ihr zum Bett ziehen ließ.
Mit weit geöffneten Augen blieb er neben ihr liegen und er wagte es nicht sich zu bewegen. Es dauerte nicht lange, bis er hören konnte wie ihr Atem gleichmäßig wurde. Doch James blieb wach. Ein Hauch von Hoffnung hatte sich in sein Herz gegraben und ließ sich nicht mehr vertreiben.
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