Kapitel 37

"Did they get you to trade your heroes for ghosts? Hot ashes for trees? Hot air for a cool breeze? Cold comfort for change? And did you exchange a walk on part in a war for a lead role in a cage?

How I wish, how I wish you were here"

-Pink Floyd, Wish You Where Here

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Everything in life comes with a price.

Leopold Rosendorns P.O.V

Der Rauch stieg beinah schon anmutig gen Himmel und Leopold folgte ihm mit seinem Blick. Erst als er nicht mehr zu erahnen war, hob der blonde Mann die linke Hand und zog bedächtig ein letztes Mal an der Zigarette. Der Geschmack dieses Zuges breitete sich in seinem Mund aus, setzte sich in ihm fest und als sich Leopold sicher war ihn nie wieder vergessen zu können, ließ er den Qualm frei.

Er folgte ihm nicht mehr mit seinen Augen, sondern zertrat die Überreste der Zigarette im Schnee und warf gleich darauf eine nun leere Schachtel hinterher. Es hatte nicht lange gebraucht sie zu leeren.

Sein schwarzer Umhang war nicht geschlossen und bei jedem Schritt auf dem knirschenden Boden fuhr die Kälte durch sein schwarzes Hemd. Doch Leopold störte sich nicht an ihr, er genoss sie.

Zum ersten Mal gestatte er sich einen Blick zur Seite, auf den verschneiten Vorgarten des Anwesens. Das hier war nicht Berlin, dies war eine verschneite Ansammlung von kleinen Bäumen und hohen Zäunen. Aber besser als kein letzter Blick auf die Stadt.

Vor der hölzernen Flügeltür klopfte er den Schnee von seinen Stiefeln und trat ein. Selbst nach all den Jahre konnte er nicht eintreten, ohne kurz den Kopf zu neigen. Erziehung war eben Erziehung.

In der Eingangshalle des Hauses war es warm und seine leicht blau angelaufenen Finger kribbelten. Halb erwartete er seine Großmutter, Emila, am Anfang der Treppe zu sehen, die ihn fragte was ihn veranlasst hatte wieder nach Berlin zu kommen, aber Leopold wusste das sie ein paar Straßen weiter bei den Berghaus' zu Abend ass. Außerdem war er nicht gekommen um mit ihr zu sprechen.

Die unzähligen Porträts, die sich bis zur stuckverzierten Decke reihten, schwiegen und taten als würden sie ihn nicht beachten, nur ein einziges blickte ihm entgegen.

Die blonde Frau musterte ihn mit ihren strahlend blauen Augen von oben bis unten. Sie saß nicht wie üblich in dem Sessel, mit dem sie gemalt wurde, sondern stand halb hinter seiner Lehne und erinnerte in dem hochgeschlossenen grauen Kleid an ihre Tochter.

"Maralina." Leopold lächelte kühl. Seine Urgroßmutter nickte kaum merklich. "Leopold."

"Ich bin hier um dich um etwas zu bitten."

Ihre Augenbraunen hoben sich. Vermutlich ahnte sie warum ihr Urenkel wieder nach Berlin gekommen war. Trotzdem fragte sie, "Darf ich fragen worum?"

"Du musst etwas für mich aufbewahren."

"Erneut?"

"Erneut." Leopold nickte und zog aus seinem Umhang ein Foto. "Ich muss dem Umschlag, den du ja bereits hast, noch etwas hinzufügen. Um mehr werde ich dich nicht bitten."

"Darf ich es sehen?" Ihre Bitte überraschte ihn und verwundert sah er ihr in die Augen, dann hob er wortlos das Bild und hielt es so das sie es sehen konnte.

Nach all den Jahren, in denen er es immer wieder herausgeholt hatte und dann hastig wieder verschwinden ließ, hätte das Bild eigentlich Schade nehmen müssen, aber Leopold hatte es mit einem Zauber geschützt. Es war das kostbarste was er noch besaß.

"Ist das Luné?" Marlinas Augen flogen über das Bild, sie schien jedes Detail in sich aufzunehmen.

"Ja, da war sie gerade ein paar Wochen alt."

"Wer hat es gemacht?"

"Meine...Mutter. Mit einer Muggelkamera." Leopold ließ das Bild wieder sinken, seine Hände zitterten leicht, während er das Baby und sein jüngeres Selbst betrachtete.

"Wie ist es entstanden?" Hätte Leopold den Blick gehoben, so hätte er das Mitleid in Maralinas Augen gesehen.

"Meine Mutter hat mir gesagt, dass es zufällig entstanden ist, als Fotos von Luné gemacht wurden und ich nicht draußen warten wollte."

"Du siehst darauf wie ein stolzer großer Bruder aus..."

Leopold antwortete nicht. Auf dem Bild war er neun und nach der Geburt seiner Schwester hatte er mehre Wochen bei seinen Eltern bleiben dürfen, nicht wie gewöhnlich nur einzelne Tage. Er hatte sich über das schlafende Baby gebeugt und es vorsichtig geküsst.

Leopold hätte das Bild stundenlang betrachten könne, damals hatte er so wenig gewusst. "Erfüllst du mir diese letzte Bitte?"

Als Antwort schwang Maralinas goldverzierter Rammen beiseite und offenbarte einen Hohlraum direkt in der Wand. In ihm lag ein einzelner Briefumschlag, den Leopold herauszog.

Zwei Jahre hatte er dort gelegen und nachdem Leopold den Staub fortgestrichen hatte, zog er einen Brief heraus. Seine Augen flogen über die Worte. Es waren seine eigenen. Nicht viele, längst nicht genug um alles was gesagt werden musste zu sagen, aber er hoffte das es ausreichte.

Nachdem er das Bild und den Brief in den Umschlag gesteckt hatte, legte er ihn zurück und Maralinas Gemälde schwang an seinen Platz.

"Danke."

"Beharrst du immer noch auf deinen Beschluss? Ich soll ihn Emilia geben?"

"Ja. Nur ihr. Sag ihr er ist für Luné. Und wenn sie sich weigert, sag ihr das ihr Enkel hofft, dass sie von den zwei Dingen, die er je von ihr verlangt hat, wenigstens die Zweite erfüllt."

"Was war die Erste?"

"Das sie meine Schwester beschützt." Leopold wollte apparieren, als Marlinas Stimme ihn zurückhielt. "Du könntest fliehen...Deine Eltern haben es auch getan! Nur weil du jetzt keinen anderen Weg siehst, heißt das nicht das es keinen gibt."

"Lebewohl, Marlina." Leopold hob als Abschied kurz die Hand und verschwand dann. Der verzweifelte Blick seiner Urgroßmutter schwebte ihm noch vor Augen, als seine Füße sekundenspäter wieder auf festen Boden trafen. Mit einem Kopfschütteln verjagte er das Bild, es gab wichtigere Dinge.

Auf den ersten Blick deutete nichts darauf hin das er gerade hunderte Kilometer zurückgelegt hatte. Von einen Vorort Berlins ins ebenso kalte und ungemütliche London. Er folgte einer gewundenen Auffahrt, bis er vor einem hohen schwarzen Tor stand, welches wie ein Fremdkörper zwischen den verblühten und wildwuchernden Rosenbüschen wirkte.

Es war nicht das erste Mal, dass er das Anwesen der Lestranges besuchte, weshalb er nur kurz den Zauberstab hob und über eine im Metall eingravierte Schlange fuhr. Das dunkle Mahl auf seinem Arm kribbelte, während die Schlange das Maul öffnete. Leopold glaubte beinah ein Fauchen zu hören, als das Tor einfach verschwand.

Hinter diesem wand sich der Weg weiter den Hügel hinauf, bis zu einem großen dunklen Haus. Leopold folgte ihm und achtete dabei genau darauf den Pfad nicht zu verlassen. Der Garten der Lestrages hatte einen gewissen Ruf und er war nicht wirklich darauf aus zu erfahren, warum Alan Rosier von einem Spaziergang im Garten nie wiedergekommen war.

Auf der Hälfte des Weges begegnete er den Lestrange Brüdern, Rabastan und Rodolphus. Sie nickten ihm kurz zu und Leopold lief wortlos an ihnen vorbei. Es überraschte ihn nicht Rodolphus zu treffen, obwohl dieser eigentlich in Hogwarts sein sollte, er war nicht der einzige Slytherin, der in dieser Nacht nicht in seinem Bett lag.

Gerade als Leopold die Treppen zur Eingangstür erreichte, ging die Sonne komplett unter und urplötzlich schien es kälter zu werden. Er biss die Zähne zusammen und drückte die Tür ohne erkennbares Zögern auf.

Innen erwartete ihn gedämpftes Licht und eine vollkommen Stille, jedes Geräusch das die einzelnen dunkel gekleideten Personen in der Eingangshalle machten, wurde sofort von den schweren überlagen Samtvorhängen und den dicken Teppichen verschluckt.

Mit großen Schritten durchquerte er den Raum, viele Gesichter erkannte er aus dem Augenwinkel, Antonin Dolohow, Augustus Rookwood, Avery, Mulciber, Nott, Rosier und natürlich den Hausheern, Lestrage Senior. Sie waren alle alte Schulkameraden seines Vaters, genauso wie der dunkle Lord persönlich. Und Leopold vermutete, dass sie ahnten, warum sie gerade heute zusammen gerufen wurden.

Ihre Blicke nicht beachtend trat er in den nächsten Raum. Dort waren weniger Personen und Leopold sah beinah nur junge unbekannte Gesichter.

In einer Ecke, möglichst weit von den Flügeltüren, die in den Salon führten, entfernt, stand Regulus Black zusammen zwei schwarz gekleideten Frauen, die zwischen den anderen Gestalten hervorzustechen schienen. Leopold trat an die Jüngere der beiden heran und die Frau wirbelte zu ihm herum.

"Leo." Über ihr schmales Gesicht zuckte etwas wie ein Lächeln und obwohl es gleich darauf wieder verschwunden war, sah Leopold die ehrliche Freude in ihren hellen Augen.

"Maybell." Einige Sekunden lang sah er ihr nur in die Augen, bevor er sich an die andere Frau wandte. "Madam Lestrange." Er küsste ihre kalte Hand und betrachtete dann ihr verhärmtes Gesicht. Obwohl sie nicht viel älter als ihre Schwester, Maybell, war, hatten sich bereits Falten in ihre blasse Haut gegraben und in ihren hellbraunen Haaren schmierten graue Strähnen. "Leopold, wie geht es ihnen?" Ihre hellen Augen waren traurig und allein daraus schloss Leopold, dass sie nicht wie sonst unter dem Imperius ihres Mannes stand.

"Mir geht es gut. Wie geht es ihnen und Miss Summers?"

"Ebenfalls gut, danke der Nachfrage." Die ältere Frau sah kurz zu ihrer jüngeren Schwester, diese wiegte sich kaum wahrnehmbar mit ihrem Oberkörper vor und zurück und starrte Regulus an, welcher sich unter ihrem Blick sichtlich unwohl zu fühlen schien.

"Regulus." Der Blick des Jungen schoss sofort zu Leopold und der blonde Mann glaubte darin ehrliche Angst zu sehen. "Wie lange bist du schon hier?"

"Hier? Meinst du hier bei den Lestranges oder..."

"Er steht seit 23 Minuten an diesem Platz und ist seit 2 Stunden auf diesem Anwesen." Maybells Blick hatte Regulus verlassen und wanderte nun ziellos durch den Raum. So unauffällig wie möglich trat Leopold einen Schritt an sie heran und sofort schien ihr schmaler Körper zu erschlaffen und ihr Blick flog zu ihm. "Du solltest mich nicht mehr Maybell nennen."

"Und du wolltest mich nicht mehr Leopold nennen, Bell." Leopold erlaubte sich weiterhin keine äußerliche Gefühlsregung, aber er wusste das Maybell auch genug in seinen Augen lesen konnte.

"Leo." Sie schien die Kurzform seines Namens wie ein vollkommen neues Gericht auszuprobieren und plötzlich brach sie in glockenhelles Lachen aus. Alle Köpfe schossen zu ihr herum, aber als Maybell abrupt aufhörte, wandten sie sich wieder ab. Lachen gehörte nicht in dieses Haus und es war nur von der Schwester der Hausherrin gekommen, von der jeder wusste, dass sie verrückt war.

Leopold sah wieder Maybell an. Ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst und ihre ganze Erscheinung schien solch eine Traurigkeit auszustrahlen, dass Leopold sich fragte, aus welchen tiefen ihres Wesens so ein Lachen kommen konnte.

"Ich bitte um Entschuldigung." Eostra Lestrange wollte nach dem Arm ihrer Schwester greifen, doch diese wich in einer einzigen fließenden Bewegung aus und trat dabei näher an Leopold heran. Dieser tat als würde er es nicht bemerken und schloss die Schnallen seines schwarzen Umhangs. "Es ist nichts vorgefallen, was entschuldigt werden müsste. Regulus..." Leopold sah den Jungen wieder an, dieser strich sich nervös die schwarzen Haare aus der Stirn und blickte dem älteren Zauberer beinah schon flehend in die Augen. "Hör mir zu. Du musst dir keine Sorgen machen, der dunkle Lord wird heute wieder jemanden bestrafen, aber es wird keiner von euch Schülern sein."

Bei seinen Worten wurden Regulus hellblaue Augen immer größer und sein Blick huschte kurz zu ein paar seiner Klassenkameraden, die gar nicht weit entfernt standen und genau so angespannt wie er wirkten. Leopold schätzte keinen von ihnen älter als 16.

"Bist du dir da sicher? Goyle hat aber gesagt das einer von uns neuen für heute Abend verantwortlich ist..."

"Goyle hat selbst keine Ahnung."

"Bist du dir da sicher?"

"Ja." Prüfend sah Regulus ihm in die Augen, dann nickte er langsam. "Du weißt warum wir heute hier sind, oder?"

Bevor Leopold nickte, sah er kurz Eostra und dann Maybell in die Augen. Er wusste das die Schwestern nie ein Wort über dieses Gespräch verlieren würden, Eostra weil es ihr schon seit mehreren Jahre nur darum ging das ihre Tochter, Rubina, sicher war und Maybell würde ebenfalls nie etwas sagen. Warum wusste Leopold nicht genau, er wusste nur das es so war.

Vermutlich hätte Regulus am liebsten gefragt, warum sie alle aus dem Nichts auf das Anwesen der Lestranges kommen mussten, aber er sagte stattdessen, "Du weißt das ich deine Schwester heiraten werde."

Leopold schwieg kurz, dann nickte er langsam. "Ja. Ja, das weiß ich."

"Bist du damit einverstanden?"

"Es wird sie schützen."

"Leo."Trotz all seiner Vorsätze drehte er sofort den Kopf um Maybell anzusehen. "Rubina und Luné-Marie sind befreundet." Es war eine Feststellung, keine Frage und Leopold öffnete den Mund um etwas zu sagen, dessen schlichter Gedanke sich anfühlte als würde er selbst einen Dolch in seine Eingeweide bohren. "Bell..." Doch bevor er weitersprechen konnte, hob sie plötzlich die Hand und berührte kurz seine Wange. Erschrocken erstarrte Leopold. Sie war ihm noch nie näher gekommen, doch jetzt waren ihre Augen klar und auf einmal realisierte Leopold, das die Person, die ihm nun gegenüberstand, viel mehr Maybell war als in all den Jahre davor.

"Das ich heute an der Versammlung teilnehme ist dir nicht recht."

"Ja."

Sie nickte langsam und bedächtig, dann wanderte ihr Blick von seinem Gesicht fort, über seine Schulter und Leopold war sich sicher das sie wieder an Orten war, an die er ihr nicht folgen konnte.

"Der dunkle Lord ist da." Regulus Stimme ließ ihn beinah zusammenzucken und als Leopold sich umdrehte, sah er, dass all die dunkle gekleidete Menschen zum Salon strömten.

"Keine Sorge, ich bring sie auf ihr Zimmer." Eostra lächelte traurig. "Sie vertraut dir, Leopold. Du wolltest ihr Vertrauen nie und hast es trotzdem bekommen, sei vorsichtig damit."

Ein letztes Mal sah Leopold Maybell an. Ihr Blick war vollkommen ausdruckslos und er war sich sicher, dass sie seit ihrer letzten Begegnung noch dünner geworden war, mehr den je wirkte sie nur wie eine leere Hülle, eine kaum noch existierende Kopie der früheren Maybell. Doch Leopold wusste das sie nicht leer war und genau das war es, was ihn dazu brachte, die Hand auszustrecken und ihre kalte Wange zu berühren. "Vergiss mich nicht."

Ihr Gesicht blieb leer, doch Leopold spürte das sie die Worte gehört hatte und bevor er es sich anders überlegen konnte, drehte er sich um und schloss sich den Anderen an.

Der Salon war ein großer Raum in dessen Mitte ein langer verzierter Tisch stand. Alle übrigen Möbel waren achtlos an die Wände geschoben worden. Ein großer Steinerner Kamin war die einzigen Lichtquellen und der flackernde Schein des hochaufgeschichteten Feuers erhellte schwach zahlreiche Wandteppiche und blasse Gesichter, während alle ihre Plätze einnahmen.

Leopold blieb kurz auf der Schwelle stehen und sah Regulus, der ihm die ganze Zeit gefolgt war, an. Er war ein Freund seiner Schwester und ihr Verlobter, weshalb Leopold so leise wie möglich sagte, "Was auch immer gleich passiert, bleib an deinem Platz und tu und sag nichts dummes."

Regulus wirkte kurz erschrocken, aber dann nickte er und setzte sich zwischen einen Hogwartsschüler mit schwarzen fettigen Haaren und Lucius Malfoy.

"Leopold Rosendorn...", sagte eine hohe, klare Stimme vom Kopfende des Tisches her. "komm hierher."

"Herr." Leopold lief um die anderen herum. Alle die inzwischen an ihren Plätzen saßen starrten entweder auf die verzierte Tischplatte oder folgten ihm mit ihrem Blick.

Der dunkle Lord saß direkt vor dem Kamin, weshalb es für den blonden Mann erst schwierig war, mehr als seine Silhouette zu erkennen. Als er jedoch näher trat, stand er einem schwarzhaarigen blassen Mann gegenüber, ungefähr so alt wie sein Vater und so dunkel gekleidet, dass es einen Augenblick wirkte als würde sein Kopf zusammen mit seinen langen weißen Händen in der Luft schweben. Zu seinen Füßen lag eine große Schlange.

"Dort hin." Er deutete auf den leeren Stuhl links von ihm und Leopold nahm dem ihm zugewiesenen Platz ein. Ihm gegenüber saß nun Jarkko Jungson, dieser sah Leopold kurz ohne jegliche Emotion in die Augen, bevor er sich wieder an seinen Herren wandte.

Jarkko hatte in Durmstrang zu Leopolds Freunden gezählt und Leopold war es auch gewesen der ihn den richtigen Leuten empfohlen hatte. Seit dem Tag an dem er das dunkle Mal trug, hatte er in kurzen Abständen seine Frau und seine vier Kinder verloren. Dafür war er gegen jede Wahrscheinlichkeit Schulleiter von Durmstrang geworden.

"Nun..." Voldemort setzte sich ebenfalls. Seine blassen Lippen kräuselten sich leicht während er den Blick über seine Anhänger schweifen ließ. Niemand hielt seinem Blick lange stand, von den Schülern schaffte es nur der schwarzhaarige Junge neben Regulus nicht sofort den Kopf zu senken. "Weiß irgendjemand warum wir heute hier sind?"

Unruhig sahen sich die meisten um, als erwarteten sie das die Antwort auf diese Frage irgendwo an den Wänden stand.

"Niemand?" Die schwarzen Augen des dunklen Lordes wanderten zu Jarkko an seiner Seite, über dessen ausdrucksloses Gesicht Schatten tanzten. "Zu unserer Freude beehrt uns Jarkko Jungson heute ausnahmsweise wieder, in letzter Zeit war er schließlich sehr beschäftigt."

Im Raum war nur noch das Knistern des Feuers und das gelegentliche Zischen der Schlange zu hören, während alle gespannt zu Jarkko sahen. Dieser blieb vollkommen regungslos, nur ein kaum wahrnehmbares Zucken seiner Augenbraue, ließ überhaupt erahnen, dass er den Blick des dunklen Lordes wahrnahm. "Ich hatte vor einiger Zeit einen Auftrag." Jarkkos Lippen bewegten sich kaum und sein von einem starken Akzent durchwebtes Englisch, war beinah leiser als ein flüstern. Selbst Leopold hatte mühe ihn zu verstehen. "Es ging darum mehr über die Aktivitäten einer Familie herauszufinden." Er hustete leise und gequält und die Anspannung im Raum verdichtete sich immer mehr. Leopolds Herzschlag beschleunigte sich, möglicherweise ging es ja um eine andere Familie. Möglicherweise blieb ihm noch mehr Zeit. "Es ging um..." Jarkko zögerte kurz und in dem Moment als seine Augen Leopolds trafen, wusste er es, noch bevor Jarkko, "Die Rosendorns." flüstern konnte. Er musste sich keinen Hoffnungen hingeben, Leopold hatte gewusst worauf es endgültig hinauslaufen würde, doch all die Gefühle, die nun in seinem Inneren herumwirbelten und gegen die Oberfläche stießen, die Intensität mit der sie verlangten gefühlt zu werden, sie schnürten ihm die Kehle zu und ließen ihn sogar Jarkkos Verrat vergessen.

"Wie praktisch das heute Mitglieder besagter Familie anwesend sind." Die schwarzen Augen des dunklen Lordes verengten sich für einen Augenblick, während die große Schlange erregt fauchte, als würde sie die veränderte Stimmung ihres Heeren spüren. Niemand am Tisch schien auch nur zu blinzeln, als das riesige Reptil sich immer noch fauchend auf die Holzoberfläche schob. "Nagini..." Voldemorts lange weiße Finger liebkosten ihren glänzenden Körper. Er schien noch weiter zu sprechen, doch nun war seine Stimme ein Fauchen und Zischen und die Schlange wand ihm ihren großen Kopf zu, bevor sie sich weiterschob. Die Männer lehnten sich in ihren Stühlen zurück und zogen ihre Hände von der Tischplatte, sobald der Kopf in ihre Nähe kam. Ein paar Schüler wirkten sogar der Ohnmacht nahe, sie hatten die Schlange noch nie aus der Nähe gesehen.

Dann stoppte die Schlange vor einem Jungen. Er trug noch seine Durmstrang Uniform und seine Kurzgeschorenen blonden Haaren waren von einer Pelzmütze bedeckt. Er hatte weiche Gesichtszüge und wirkte dadurch noch recht jung, doch Leopold wusste das er bereits achtzehn war und das dunkle Mal seit seinem siebzehnten Geburtstag trug. Der Junge war einer seiner entfernten Cousins.

Die für einen Rosendorn typischen blauen Augen lagen verwundert auf der Schlange, dann zischte Voldemort etwas und Leopold sah sogar auf die Entfernung wie sich die Augen des Jungen vor Erkenntnis weiteten, einen Herzschlag bevor die Schlange mit einer gewaltigen Kraft vorschnellte und der Junge mitsamt seinem Stuhl zu Boden krachte.

Selbst Evan Rosier, der neben dem Jungen gesessen hatte, wandte den Blick ab, als im Raum erstickte Schreie und das Geräusch von brechenden Knochen zu hören waren.

"Was sollen denn diese Gesichter?" Voldemort erhob sich in einer einzigen fließenden Bewegung und begann langsam um den Tisch herum zu schreiten. "Jarkko wurde natürlich fürchterlich gerne fortfahren..." Voldemorts Blick glitt kurz zu besagtem, an dessen Wange zuckte ein Muskel. "Allerdings, weil er es geschafft hat das seine Stimme durch eines seiner Experimente nicht mehr ganz die Alte ist, will ich so gnädig sein und seinen Bericht fortführen. Es geht um die Rosendorns. Eine Familie die allen bekannt sein sollte." Voldemorts Lippen kräuselten sich wieder. Er war inzwischen bei einem anderen Rosendorn angekommen und er legte ihm die Hände auf die Lehne seines Stuhles. Der braungebrannte junge Mann starrte Leopold an. Dieser schüttelte unmerklich den Kopf, er konnte ihm nicht helfen. "Es ist noch gar nicht lange her, dass es hieß, die Familie sei zu mächtig geworden. Julius Rosendorns war sogar Zaubereiminister. Zwar nur in Deutschland, aber er hat dafür gesorgt das Schlammblüter dort nicht mehr in die Schulen dürfen." Zustimmendes Gemurmel wurde laut. "Eine Sache, die wir bei uns noch nicht in den Griff bekommen haben." Augenblicklich wurde es stumm. "Aber da mir meine treuen Anhänger ja versichern, dass der Sturz des Ministeriums beinah schon bevorsteht, kann ich natürlich ganz beruhigt sein."

"Herr..." Augustus Rockwood war aufgestanden. "Wir sind zuversichtlich das Ministerium noch vor dem Sommer zu stürzen. Es nur eine Frage der Zeit bis wir Millicent Bagnold unter den Imperius bringen."

"Eine Frage der Zeit also." Voldemort war weitergeschritten und drehte nun, wie es schien, gedankenverloren seinen Zauberstab zwischen den langen Fingern. Rockwoods nach Anerkennung lechzenden Blick ignorierte er. "Zuversicht ist eine interessante Sache. So leicht zu zerstören. Macht ist mir da schon wieder lieber. Ich hatte nichts gegen die Macht der Rosendorns, sie hat dafür gesorgt das weniger Diebe unserer Magie die Welt mit ihrem dreckigen Blut besudeln. Noch vor kurzem wurde mir sogar durch die Erbin die Gefolgschaft ihrer ganzen Familie zugesichert. Luné-Marie, oder wie sie lieber genant wird, Lulu." Am Tisch lachten ein paar. Leopold beachtete sie nicht, sein Blick lag auf Regulus, Lucius und den anderen Schülern, die Schuld stand vor allem den beiden deutlich ins Gesicht geschrieben. "Nun unsere liebe Lulu war immer einwenig rebellisch, hat sich mit Blutsverrätern, Schlammblütern und anderem wertlosen Gesindel angefreundet, aber zugunsten der Macht ihrer Familie bin ich bereit jugendliche Dummheit zu verzeihen. Vor allem weil uns so ein glückliches Ereignis erwartet, nicht Regulus?"

Regulus nickte stumm, er schien darum bemüht seine Gefühle zu verbergen, aber auf seinem jungen Gesicht konnten man lesen wie in einem Buch. Er hatte Angst. Höhnisches Grinsen war die Antwort der älteren Todesser. Sie genossen die Demütigung des Jungen.

"Unser junger Freund wird Luné heiraten, die Rosendorns und die Blacks werden sich verbinden. Seltsam eigentlich, dass niemand etwas gegen diesen Machtzusammenschluss hat." Nun sahen viele verwundert aus, vermutlich grübelten sie nun was sie gegen eine simple Heirat einwenden sollten. "Aber wie schon gesagt. Gegen Macht habe ich, wenn sie für mich arbeitet, nichts einzuwenden. Gegen Verrat aber schon." Augenblicklich wurde es am Tisch still. Alle starrte nun Leopold an, dieser erwiderte den Blick des dunklen Lords ohne jede äusserlich sichtbare Gefühlsregung. Hellblau traf auf Schwarz und für mehr als einen kurzen Augenblick, glaubte Leopold, in dem Schwarz ein rotes Lodern zu sehen, es war nicht das erste Mal und er war sich sicher das es nicht vom Kaminfeuer kam. "Jarkko hatte den Auftrag die Familie im Auge zu behalten und die Liste der Dinge, die er heraus gefunden hat, würde zu lange dauern, leider natürlich. Am Ende aller Ereignisse steht das Julius Rosendorn zusammen mit seiner Schlammblutfrau ins weit entfernte Amerika verreist, sehr klug von ihm, derzeitig kann ich ihn dort nicht erreichen, noch nicht." Voldemort stand nun wieder an seinem alten Platz und ließ Leopold bei keinem seiner Worte aus den Augen.

Kurz ballte Leopold die Hände zu Fäusten, dann stand er entschlossen auf. "Herr, mein Vater wusste nicht das... die Frau die mich zur Welt brachte, unreines Blut in den Adern hat. Sie wurde aus unserer Familie verstossen. Mein Vater ist geschäftlich nach Amerika gegangen. Meine Schwester hat mit diesen Vorfällen rein gar nichts zutun."

"Ist das so? Dein neu erwachter Familiensinn ist wirklich ehrbar, leider habe ich andere Informationen. Und diese stammen aus weit verlässlicheren Quellen als du es bist." Je ruhiger Voldemort wurde, umso gefährlicher wurde er, das wusste Leopold genauso wie alle anderen Anhänger. Wellen der kalten Wut schienen von ihm auszugehen und Leopold musste sich zwingen, nicht zurückzuweichen.

"Mein Herr, falls ihr unzufrieden mit meinen Handlungen seid, falls ich Fehler gemacht habe, dann bestraft mich, doch meine Handlungen sind vollkommen losgelöst von meiner Familie. Ich alleine trage die Verantwortung."

"Wie edel von dir, Leopold. So kenne ich dich wirklich nicht. Ich bin tatsächlich nicht mit dir zufrieden." "Herr." Leopold sank auf die Knie. Voldemorts Lippen verzogen sich zu etwas das im entferntesten Sinne ein Lächeln darstellte. "Du hast viele die gegen uns waren beseitigt, allen voran unseren geschätzten früheren Zaubereiminister. Allerdings fangen da auch die Probleme an. Du hast weder dem Auftrag entsprochen Julius und Camille Rosendorn zu beseitigen, obwohl du genügend Gelegenheiten hattest, noch hast du uns den Gefallen getan Emilia endlich loszuwerden. Was soll ich davon nun halten?"

"Mein Herr, die Mitglieder meiner Familie verfügen über mächtige Magische Fähigkeiten, es war..."

"Leopold, Leopold..." Voldemort schüttelte sachte den Kopf. "Vor drei Wochen hattest du den Auftrag das Haus deiner Eltern einzunehmen und zu zerstören. Erst wurde mir gesagt das die Schutzzauber zu mächtig seien, dann das ihr sie nicht im Haus vorgefunden habt. Mir wurde aber nun zugetragen, dass dein Vater sehr wohl dort war. Leopold Rosendorn, du hattest fünf Todesser an deiner Seite und willst mir wirklich sagen das er einfach so entkommen konnte?"

"Mein Herr..." Leopold senkte demütig den Kopf. "Er ist durch meine eigene Unachtsamkeit entkommen, es hätte nicht passieren dürfen."

"Wie rührend. Der tapfere Ritter nimmt alle Schuld auf sich." Am Tisch lachten mehrere. "Nun Leopold, ich habe entschieden das deine kleine Schwester verschont bleibt."

Leopold glaubte zu spüren, wie sein Herz einen Schlag lang aussetzte. Nun konnte ihm alles egal sein, mehr hatte er nie erreichen wollen.

"Allerdings hat alles im Leben seinen Preis, richtig?" Der dunkle Lord lachte grausam und trotz seines gesenkten Kopfes, wusste Leopold, dass die Todesser am Tisch Blicke tauschten. "Jemand muss für das Verhalten der Rosendorn bezahlen, wie praktisch es da doch ist, dass mich heute die Kunde erreicht hat, dass du mit Dumbledore Kontakt aufnehmen wolltest. Schade das er dich abgewiesen hat. Wolltest du ihm etwas über deinen Auftrag erzählen? Wirklich jammerschade, dass du an diesem gar nicht mehr teilnehmen wirst."

Leopold hob wieder den Blick. Er hatte gewusst, dass er an diesem Tag sterben würde, schon seit Wochen wusste er, dass seine Tage gezählt waren. Doch jetzt, wo er seinem Tod wortwörtlich in die Augen sah, wehrte sich alles in ihm dagegen. Er hatte gedacht in diesem Moment ruhig zu sein, aber sein Herz schlug nur umso schneller, jetzt wo seine Schläge gezählt waren und sein Gehirn suchte krampfhaft nach einer Ausrede, etwas das er sagen konnte, um seine Lebenszeit zu verlängern. Leopold wollte nicht sterben.

Voldemort hob langsam seinen Zauberstab, das Rot in seinen Augen schien überhand zu nehmen, seine blassen Lippen kräuselten sich und seine Stimme war eher ein Zischen, als er flüsterte, "Hast du etwa gedacht, du könntest einer von den Guten werden? Nun Leopold Rosendorn, jetzt wo dein Leben vorbei ist, lass dir noch eines sagen. Es gibt kein Gut und Böse. Es gibt nur Macht und jene, die zu schwach sind, nach ihr zu streben." Der dunkle Lord schien zu erwarten, dass Leopold noch etwas sagte, aber dieser blieb stumm. Es gab nichts mehr, das es noch wert war, gesagt zu werden. Er stimmte seinem Herren zu, Macht war das einzige was zählte, das hatte er gelernt.

Leopold hatte seinen Preis gezahlt, er hatte mehr Menschen verloren als gewonnen und mehr Leben genommen als gegeben.

Seine Eltern kamen ihm in den Sinn, schon immer vom ihm entfernt, seine Großeltern, kühl und auch grausam, Maybell, gefangen in ihrer Welt, wie gerne wäre er nun bei ihr, Luné, zerbrochen und doch so ganz anders als er. Vielleicht lohnte sich sein Tod doch.

Leopold schloss seine hellblauen Augen, die seine kleine Schwester einmal mit Eis verglichen hatte, nun schmolz das Eis in ihnen und Tränen rollten über seine blassen Wangen. Er schämte sich nicht zu weinen. Wenn er eines nie gewesen war, dann tapfer.

Voldemort flüsterte den tödlichen Fluch und selbst durch seine geschlossenen Augen, sah Leopold das grüne Licht.

Als der Strahl ihn traf, löschte er jedes Leben in ihm aus. Sein Körper wurde wie eine Puppe in die Luft geschleudert und die große Schlange zischte wütend auf, als sie in ihrem Abendessen gestört wurde. Aber das alles sah Leopold schon nicht mehr. Vor seinen Augen zog nicht sein ganzes Leben vorbei, noch sah er das Licht am Ende des Tunnels, sein Herz hörte auf zu schlagen und sein Geist wurde fortgezogen von all dem Schmerz und der Grausamkeit.

Er sah die Menschen, deren Leben er beendet und zerstört hatte, auf ihn zukommen, doch Leopold fürchtete sich nicht vor ihnen, er begrüßte sie. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er keine Angst mehr.

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Ein paar Stockwerke über dem Raum, in dem es jetzt totenstill war, kniete eine junge Frau auf dem kalten Steinboden und weinte. Ihre Dämonen waren um sie versammelt und warteten nur darauf sie wieder in ihre Welt zu ziehen, als die Frau zum letzten Mal für eine lange Zeit etwas sagte.

"Leo."

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Es dauerte nicht lange bis sich die Nachricht vom Tod des unwichtigen Sohnes in der Familie ausbreitete. Seine Großmutter war die Erste, die es erfuhr, sie weinte um ihn. Danach schickte sie einen Brief zu ihrem eigenen Sohn. Sie schrieb, dass es an ihm und Camille war, Luné von Leopolds Tod zu unterrichten. Julius schloss sich in seinem neuen Arbeitszimmer ein und somit fiel die Aufgabe Camille zu. Einer Mutter, die ihr Kind verloren hatte.

Ihre Hand zittert. Obwohl ihre Sicht immer wieder verschwamm, versuchte sie den Stift gerade auf das Pergament zu setzten. Es gelang ihr nicht. Sie musste diese Worte aufschreiben, für ihre Tochter. 'Er ist tot.' Die Worte wirkten beinah wie eine einzige verwischte Linie, die hässlichsten Worte, die sie in ihrem Leben geschrieben hatte. Die Wahrheit so unleugbar auf dem schönen Papier zu sehen, es ließ ihre Sicht wieder verschwimmen und ihre Tränen hinterließen dunkle Flecken, wie schon bei so vielen Briefen für Luné, die sie davor begonnen und wieder zerrissen hatte. Es würde einige Zeit dauern, bis der Brief bei ihr in Hogwarts ankam. Camilles Herz zog sich allein schon bei dem schlichten Gedanken an ihre Tochter zusammen. Wie sehr wünschte sie sich, dass sie nun bei ihr wäre.

Die Tränen auf ihren Wangen konnte die heiße Meeresluft gar nicht schnell genug trocken, so viele flossen nach, als Camille mit dem Brief in der Hand aus der Tür trat. Beinah schon höhnisch ruhig war das Meer an diesem Tag und die Sonne brannte auf ihrer Haut. Es würde einer schöner Tag werden.

"Warum nur?" Camille sah zum Himmel auf, der sich wolkenlos über ihr spannte. Doch der Himmel antwortete nicht, niemand würde ihr je auf diese Frage antworten.

Aus dem Schatten des Hauses flog ein großer, bunter Papagei. Camille band den Brief an seinem Bein fest und der Vogel flog ins Landesinnere davon. Mehr konnte sie nicht tun.

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