Kapitel 27
"It is impossible to live without failing at something, unless you live so cautiously that you might as well not have lived at all- in which case you fail by default."
-J.K Rowling.
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And I still care.
"Marie?"
Ich hatte gerade meine Schuhe neben die Haustür geschmissen, als ich die Stimme meiner Mutter hörte. Im meinem Rücken zog Bibbi meinen Koffer über die Schwellen, während ich bereits der Stimme entgegen lief.
Ich sah in jedes Zimmer auf unserem langen weißem Flur, aber ich fand meine Mutter erst als in den Kopf in die Küche steckte. Sie kam anscheinend gerade von draußen, den ihre Haare waren Windzersaust und sie trug einen dicken smaragdgrünen Umhang.
"Mama." Ich trat ihr entgegen, kurz zögerten wir beide, dann umarmtem wir uns.
"Du bist wirklich gewachsen!" Meine Mutter schob mich eine Armlänge von sich und betrachtete mich ausgiebig.
"Ich glaub wir sind inzwischen gleich groß oder?"
"Vermutlich. Gott wie dünn du schon wieder geworden bist. Gut das ich gerade Essen machen wollte."
"Dafür bin ich nicht verantwortlich." Ich grinste. "Bei dem Essen in Hogwarts würde ich schon lange nicht mehr in meine Sachen passen, wenn ich nicht einen absolut besessenen Quidditch Kapitän hätte. Beschwer dich bei ihm."
"Mach ich gerne." Meine Mutter zupfte kurz an meinen Haaren. "Ich hatte ganz vergessen wie kurz sie sind. Soll ich sie dir wieder wachsen lassen?"
"Ich weiß nicht. Gerade habe ich mich an die Länge gewöhnt. Aber ich kann ja mal schauen ob mir lang nicht doch besser gefällt. Was ist eigentlich mit deinen Haaren passiert?"
"Was meinst du?" Meine Mutter fuhr sich einmal durch die dunkel gefärbten Haare, im Gegensatz zu sonst hatte sie bereits einen breiten Feuerroten Ansatz.
"Färbst du nicht mehr?"
"Achso das." Sie zog sich ihren Umhang aus und gemeinsam liefen wir wieder zur Haustür. "Ich dachte ich schau mal ob mir das Rot noch gefällt."
"Oh achso. Also mir hat das Rot immer besser gefallen. Ich wäre lieber rothaarig als Blond."
"Und ich lieber Blond." Meine Mutter lächelte während sie meine Schuhe aufhob und sie gemeinsam mit ihren eigenen in eine Kammer neben der Haustür räumte.
Währenddessen zog ich meine Jacke aus und hängte sie zusammen mit ihrer an die Garderobe.
"Wo ist...Vater?" Ich verzog das Gesicht, am liebsten hätte ich ihn wie früher Papa genannt, aber ich wusste das es sich nicht richtig anfühlen würde.
"Oh...er...nun ja...dein Vater ist bei deiner Großmutter." Ohne mich anzusehen lief meine Mutter wieder in die Küche. Ich folgte ihr.
"Warum den das?" Sie begann Töpfe und Zutaten aus den vielen hellen Schränken zu holen, während ich ihm Türrahmen stehen blieb.
"Weißt du Marie..." Sie hob einen besonders großen Topf auf die Anrichte, der Knall als er auf den Marmor traf ließ mich zusammenzucken. "Seit du das letzten mal zuhause warst, hat sich einiges geändert..."
"Das wollte ich nicht. Tut mir leid." Betreten sah ich auf meine Socken.
"Es ist nicht deine Schuld! Am aller ehesten könntest du wahrscheinlich noch deinen Vater und mich verantwortlichen machen. Wir haben uns in all den Jahren genug Schuld auf die Schultern geladen." Wovon redete sie? Verwirrt sah ich zu wie sie begann das Gemüse zu schneiden.
"Ich bin es doch die den ganzen Ärger macht?"
"Ha! Nein! Ganz bestimmt nicht!" Meine Mutter lachte bitter auf, während sie die Möhren alles andere als sanft zerkleinerte. "Du bist das einzig Gute in diesem ganzen Haufen aus...aus...aus..." Hilflos schüttelte sie den Kopf. Weinte meine Mutter etwa?
"eh, merde!" Kurz verstand ich nicht was los war, dann erkannte ich das sie sich anscheinend in den Finger geschnitten hatte.
"Oh verdammt! Soll ich das heilen?" Ich zog bereits meinen Zauberstab aber sie schüttelte den Kopf.
"Nein, nein. Lass mal. Du darfst ausserhalb der Schule doch gar nicht zaubern." Sie hielt ihren Finger unter den Wasserhahn und ihre Stimme klang als hätte sie einen fürchterlichen Schnupfen. Dann sah ich das sie wirklich weinte.
Was tat man wenn die eigene Mutter weinte? Vollkommen überfordert musste ich mit ansehen wie ihre Schultern zuckten. Sollte ich ihr einen Arm um die Schulter legen?
Kurz machte ich einen Schritt auf sie zu, blieb dann aber wieder stehen.
Verdammt was sollte ich nur tuen?
"Marie..." Meine Mutter schniefte kurz und ich sah wie sie sich mit dem Ärmel über die Augen wischte. "Geh doch am besten erst mal hoch. Ich denke die Elfe hat deinen Koffer schon in dein Zimmer gebracht. Wir können ja nach dem Essen reden, wenn dein Vater auch da ist."
"Ähm in Ordnung." Ich zögerte noch einen Augenblick, konnte ich sie wirklich einfach so alleine lassen? "Bis später..." Letztendlich würde ich es eh nicht schaffen irgendwas zu tun um sie zu trösten, weshalb ich die Küche verließ.
Unser Haus hatten einen Viereckigen Grundriss und im Erdgeschoss befanden sich die Küche, ein großes Esszimmer und ein noch größeres Wohnzimmer mit angrenzendem Salon. Der allerdings noch nie bei uns benutz wurde. Meine Eltern luden nie besuch zu uns ein.
Besucher kamen gewöhnlich zu meiner Großmutter nach Berlin oder auf den Landsitz.
Der erste Stock gehörte dann meinen Eltern. Ihr Schlafzimmer und das Arbeitszimmer meines Vaters befanden sich dort, zusammen mit noch einem Salon.
Durch diesen mussten ich nun gehen, um zur nächsten Treppe zu gelangen. Ich war beinah schon an der Treppe, als mein Blick eine dunkle, große Tür streifte.
Das Arbeitszimmer meines Vaters befand sich hinter ihr.
Während seiner Amtszeit als Zaubereiminister hatte er praktisch in diesem Raum gelebt, aber heute war er nicht da. Fast schon gegen meinen Willen bewegten sich meine Füße darauf zu.
Ich versuchte mein schlechtes Gewissen zu beruhigen, indem ich mir einredete nur, einen Blick hineinwerfen zu wollen.
Meine Hand schloss sich um die goldene Türklinke und zu meiner Überraschung ließ sich die Tür widerstandslos öffnen.
Drinnen war es überraschend kühl und die bis zur Decke aufragenden, aus dunklem Holz gefertigtem Bücherregale, die jeden Zentimeter freier Wand bedeckten, halfen mir auch nicht gerade dabei mich Wohlfühlen.
Möglichst leise schlich zu dem gigantischen Schreibtisch vor den großen Fenstern. Immer auf ein Geräusch aus dem unterem Stockwerk lauschend.
Was tat ich hier überhaupt?
Zwischen den Regalen, auf den ersten Blick kaum zu sehen, war ein aus dunklem Stein gebauter Kamin und ich wusste, wenn mein Vater wiederkommen würde, dann von dort.
Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was für eine Ärger mir drohte, falls er mich hier entdeckte.
Hin und her gerissen sah ich erst zu dem mit Papier übersäten Schreibtisch und dann wieder zur geöffneten Tür.
Mein Verstand sagte mir das es eindeutig klüger wäre jetzt zu verschwinden, aber gegen meine Neugier war er leider machtlos.
Mit einem wachsamen Blick zum Kamin, schlich ich um den Tisch herum. Auf den ersten Blick konnte ich an all den Papieren darauf nichts außergewöhnliches erkennen. Außer der Tatsache das ich meinem Vater nicht so ein Chaos zugtraut hätte.
Dann aber erkannte ich das so gut wie alle Papiere Briefe zu seinen schienen. Auf gerate wohl fischte ich mir einen heraus.
Als ich allerdings erkannte das er definitiv nicht in Deutsch geschrieben war, stöhnte ich beinah laut auf. Französisch. Warum musste es nur Französisch sein?
Obwohl ich ja zur hälfte Französin war und meine Mutter auch versucht hatte mir die Sprache beizubringen, hatte ich nie ein Talent für sie entwickelt und auch heute reichte mein Wortschatz nicht über bonjour und merde hinaus.
Ich wollte den Brief deshalb schon wieder weglegen, als mein Blick auf sein Ende fiel,
Je t'aime, Camille
Überrascht sah ich die Unterschrift meiner Mutter an. Dann huschten meine Augen zu dem Datum. Der Brief war exakt ein Jahr vor der Geburt meines Bruders geschrieben worden.
Einen Augenblick zögerte ich noch, dann legte ich den Brief wieder an seinen Platz. Selbst wenn ich ihn hätte lesen können, der Brief zwischen meinen Eltern war nicht für meine Augen bestimmt. Auch wenn ich mich wunderte warum der 26 Jahre alte Brief auf dem Schreibtisch lag.
Die anderen Briefe schienen alle ebenfalls Privat zu sein. Ich sah mehre die mit Emilia Rosendorn unterschrieben waren. Warum schrieb mein Vater mit meiner Großmutter? Ganz obenauf lag ein Brief in einer mir komplett unbekannten Handschrift. Er war noch nicht geöffnet und auf seinem Umschlang stand der Name meines Vaters und der des Absenders. Es war Orion Black. Ich ließ das teure Pergament wieder fallen als hätte ich mich verbrannt.
Es war also so wie ich es vermutete hatte. Ich würde mit Regulus verlobt werden. Die ganze Zeit hatte ich noch eine Stille Hoffnung gehabt das meine Eltern doch nicht so weit gehen würden, aber wenn mein Vater bereits mit Orion schrieb, dann war es vermutlich zu spät.
Ich bereute es bereits überhaupt den Raum betreten zu haben und war drauf und dran ihn wieder zu verlassen, als mir eine schrecklich bekannte Handschrift ins Auge fiel.
"Das kann doch nicht..." Ich stürzte darauf zu und riss den Brief unter zwei noch versiegelten hervor.
Aber ich hatte mich nicht getäuscht. Es war eindeutig Jakes Handschrift. Wie war mein Vater an einen Brief von ihm gekommen?
Hatte ich vielleicht einen Brief in meinem Zimmer vergessen und meine Eltern hatten ihn gefunden?
Aber bereits als ich das Datum sah, erkannte ich das dies wohl kaum der Fall war.
19 Dezember 1976
Immer noch geschockt begann ich zu lesen,
Sehr geehrter Heer Rosendorn,
wie ich ihnen in meinem letzten Brief versprochen habe, bemühe ich mich weiterhin den Kontakt zu ihrer Tochter aufrechtzuerhalten. Allerdings bleiben inzwischen sogar die spärlichen Antworten von ihrer Seite aus. Um es genauer sagen, sie antwortet nicht mehr. Ich bin mir nicht sicher weshalb, aber es scheint so das sie mir nicht mehr seit ihrem Quidditch Unfall schreibt.
An dieser Stelle musste ich stoppen. Jakes Worte, die so gar nicht nach ihm klangen, ließen in mir einen fürchterlichen Verdacht entstehen. Hatte er etwa nur auf die Anweisungen meines Vaters gehandelt?
Der schlichte Gedanke, dass der mir immer treue Jake hinter meinem Rücken mit meinem Vater schrieb, reichte schon aus um mich fassungslos werden zu lassen.
Ich wollte das einfach nicht glauben und in der Hoffnung, dass sich alles noch aufklären würde, verschlang ich die nächsten Zeilen,
Wie Sie mir ja bereits geschrieben haben, wird Marie die Ferien über bei ihnen Zuhause sein. Ich hoffe sehr das sich in dieser Zeit einige Dinge klären können. Des weiteren habe ich meine Verwandten in Florida bereits angeschrieben und sie haben mir versichert das Sie ihnen in der ersten Zeit aushelfen können, selbst in dem Fall wenn es zu einer überstürzten Flucht kommen sollte. Glücklicherweise sind die Amerikanischen Zauberer in diesem Krieg neutral.
Nun noch zu Anne. Meine Schwester hatte nach der Prophezeiung keine Visionen mehr die sich auf ihre Tochter beziehen, zwar...
Ein Rauschen ließ mich entsetz aufblicken. In dem Kamin waren grüne Flamen erschienen.
"Verdammt, verdammt, verdammt." Ohne hinzublicken schmiss ich den Brief wieder auf den Schreibtisch und hastete aus dem Raum.
Gerade als ich die große Tür hinter mir zuzog, hörte ich schwere Schritte auf den Holzboden treffen.
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend hastete ich die Treppe hinauf. Keuchend drückte ich mich in eine Ecke und lauschte.
Erst hörte ich nichts, dann schien sich die Tür zum Arbeitszimmer zu öffnen und ich hörte wieder schwere Schritte. Sie schiene dort zu stoppen wo ich den Absatz der Treppe, die nach unten führte, vermutete.
"Liebling?" Mein Vater.
Es dauerte kurz, dann vernahm ich schwach die Stimme meiner Mutter, sie musste am anderen Ende der Treppe stehen. "Oh du bist wieder da. Das Essen ist gleich fertig. Und Luné ist vor einer halben Stunde gekommen."
"In Ordnung. Ich komme sofort runter. Du warst nicht zufällig in meinem Arbeitszimmer während ich weg war?"
Erschrocken hielt ich den Atem an. Meine Mutter blieb viel zu lange still.
"Ja war ich. Ich hab einmal durchgelüftet. Warum?"
"Achso." Ich hörte die Erleichterung in der Stimme meines Vaters. "Ein paar Briefe lagen nicht mehr auf ihrem Platz." Seine Schritte schiene sich wieder in meine Richtung zu bewegen.
Zu meinem Glück schien ich einmal im Leben nicht vom Pech verfolgt zu sein, denn er kam nicht die Treppe hinauf. Stattdessen hörte ich einen Schlüssel der sich im Schloss drehte und dann wie mein Vater nach unten ging.
"Oh Merlin." Ich ließ mich an der Wand hinab auf den Boden gleiten. Das war für einen Tag definitiv zu viel Stress gewesen.
Was hatte es mir jetzt überhaupt gebracht herumzuschnüffeln?
Außer nur noch mehr Sorgen eigentlich nichts. In Gedanken ging ich noch einmal alle Briefe durch.
Ich wusste jetzt das ich vermutlich mit Regulus verlobt war. Irgendwie...ich wusste auch nicht genau warum, aber der Gedanke das ich heiraten würde, erschien mir...unwirklich. Er war noch viel zu weit weg.
Dann war da noch die Tatsache das mein Vater mit meiner Großmutter schrieb. Damit kam noch ein weiterer Punkt auf meine Liste mit Dingen, die ich nicht verstand und die mir vermutlich nie jemand erklären würde.
Und zum Schluss Jakes Brief.
Merlin. Wenn ich den Typ das nächste mal in die Finger bekommen würde, könnte der was erleben! Nicht nur das er mit meinem Vater über mich schrieb, nein, er wusste natürlich auch mal wieder mehr als ich. Und was hatte dieses Gerede von Flucht und Amerika zu bedeuten?
Und dann noch Jakes Schwester, Anne. Was hatte sie mit mir zutun?
Anne Berghaus war ein Jahr jünger als ich, bekam zuhause Privatunterricht weil sie wegen ihren Versionen nicht wirklich berechenbar war. Sie hatte Hellseherische Fähigkeiten vom feinsten. Bereits als sie noch ganz klein war, hatte sie Dinge gesehen, die geschehen würden. Damals konnte sie noch nicht mal sprechen.
Mit der Zeit wurden aus den Visionen, in denen sie früher nur so etwas wie das Wetter sah, immer ernstere Angelegenheiten. Von Jake wusste ich nur das sie anfangen hatte Prophezeiungen auszusprechen, was noch nie vorher bei einer Hexe in dem Alter vorgekommen war.
Und Jake hatte geschrieben das sie eine Prophezeiung ausgesprochen hatte... irgendwie konnte ich mir seinen Satz nur so erklären das sie mit mir zutun hatte.
Aber warum erzählte er das meinem Vater?
Frustriert kaute ich mir auf der Unterlippe herum, während ich wieder aufstand.
Ich war immer noch so in Gedanke, dass ich erst gar nicht bemerkte, dass aus dem Zimmer meines Bruders laute Musik drang.
Verwirrt blieb ich stehen. Dieses Stockwerk gehörte komplett meinem Bruder und irgendwie fühlte ich mich seltsam in der Zeit zurück versetzt. Früher war es vollkommen normal gewesen das aus seinem Zimmer laute Musik kam und das ich dann zu ihm hineingelaufen war, um ihn von seinen vielen Büchern loszureißen.
Aber hinter der Tür saß nicht mehr mein großer Bruder Leopold.
Ich spürte wie sich eine Gänsehaut auf meinen Armen ausbreitete und unwillkürlich fröstelte ich.
In diesem Zimmer saß ein Todesser. Eine Marionette des dunklen Lordes.
Anders als von mir selbst erwartet, hätte ich am liebsten die Tür mit Bombarda aufgesprengt.
Nur schwer konnte ich mich selbst dazu überreden meinen Zauberstab in der Tasche zu lassen und die Treppe hoch in mein eigenes Zimmer zu nehmen.
Mein eigenes Zimmer, bedeutete das komplette oberste Stockwerk. Darüber war nur noch ein Dachboden, der mir theoretisch auch noch gehörte.
Mit einem resignierten Seufzen von meiner Seite, musste ich leider feststellen, dass meine eigentlich von mir abgeschlossene Zimmertür, definitiv nicht mehr abgeschlossen war.
Hatte ich ersthaft geglaubt eine verschlossene Tür würde meine Eltern davon abhalten mein Zimmer zu betreten?
Innen war es fürchterlich kalt und das erste was ich tat war Holzscheite in meinem großen Kamin aufzuschichten und mithilfe von Streichhölzern (es fiel mir schwer nicht einfach gewohnheitsgemäß nach meinem Zauberstab zu greifen) ein Feuer zu entzünden.
Als das Feuer dank der doch ein wenig magischen Streichhölzer brannte, drehte ich mich um und nahm mein Zimmer erst einmal in Augenschein.
Das erste was mir ins Auge fiel, war der ungewöhnlich leere helle Holzboden. Ungewöhnlich weil er beinah vollkommen unter Klamotten und allem möglichen anderen Zeug begraben gewesen war, als ich mein Zimmer zuletzt gesehene hatte.
Auch ansonsten schien jemand (ich vermutete meine Mutter) für Ordnung gesorgt zu haben.
Vor dem Kamin standen neue Sessel (meine alten erfreuten sich schließlich eines glücklichen Lebens im Mädchen Schlafsaal) und mein alter Plüschteppich war verschwunden, stattdessen bedeckte ein großer Cremefarbener Teppiche beinah die Hälfte meines Zimmers.
Ansonsten schienen zum Glück keine Dinge großartig verändert worden zu sein.
Obwohl, dass hatte ich in den letzten Sommerferien schon zu genüge getan.
Meine Wangen finge immer noch zu brenne an, wenn ich an mein Ausrasten dachte, nachdem ich aus Grüntal zurück gekommen war.
Wahrscheinlich war es damals nur meinem Familien Namen zu verdanken, dass ich nicht zu einer Anhörung für Zauberei Minderjähriger musste.
Ich hatte mein halbes Zimmer mehr oder weniger in die Luft gejagt. Keines meiner alten Möbelstücke war verschont geblieben und alle Fotos dich ich besessen hatte, waren von mir aus dem Fenster geschmissen worden, nur um sie dann in der Luft verbrennen zu sehen.
Ich hatte zwei Tage am Stück in meinem Zimmer gewütet und als dann schließlich keine kurzen Kleider mehr da waren, die ich in den Kamin schmeissen konnte, war ich in Tränen ausgebrochen und auf meinem Teppich eingeschlafen.
Blöderweise machten meine Eltern dann aber den Fehler von einer Geschäftsreise wieder nachhause zu kommen, und als ich aufwachte, war ich schnurstracks nach unten marschiert und hatte sie angeschrien. Ich erinnerte mich nicht einmal mehr an die Hälfte von damals, ich wusste nur noch, dass ich irgendwann wieder in Tränen ausgebrochen war.
Daraufhin hatte meine Mutter mich in eines unserer Gästezimmer verfrachtet, wo ich erst einmal mehrere Tage mit Schlafen und an die Decke starren verbracht hatte.
An den Rest der Ferien erinnerte ich mich nur noch verschwommen.
Irgendwie kam mir alles wie ein Böser Traum vor und ich war erst aus meiner Lethargie aufgewacht, als der Brief aus Hogwarts kam.
Ich begann daraufhin mein Zimmer wieder herzustellen, auch wenn es hinterher kaum noch Ähnlichkeit mit vorher hatte, und fühlte meinen Kleiderschrank nach einem langen Tag in Berlin beinah komplett mit Muggelsachen.
Zu meiner Verteidigung konnte ich wahrscheinlich sagen, dass ich nicht ganz zurechnungsfähig war.
Mir war das alles allerdings immer noch Peinlich und theoretisch wollte ich mich immer noch bei meinen Eltern entschuldigen.
Na ja wie gesagt, theoretisch.
Mit noch einem resignierten Seufzen (das tat ich in letzter Zeit eindeutig zu häufig) zog ich meinen Koffer, den Bibbi neben meinen Kleiderschrank gestellt hatte, in die Mitte meines Zimmers und begann ihn auszuräumen.
Leider hatte ich beim Packen nicht allzu viel Sorgfalt angewandt, weshalb ich erst mal eine gefühlte halbe Stunde damit beschäftigt war alles aus dem Koffer zu holen, die Sachen dann ordentlich auf mehrere Stapel zu verteilen, und erst dann in meinem Zimmer unterzubringen.
Gerade als ich dabei war Bücher, die ich in Hogwarts durchgelesen hatte und durch andere ersetzen wollte, in meine Bücherregale zu räumen, klopfte es an der Tür.
Auf mein "Herein" hin öffnete sich die Tür und mein Vater kam ins Zimmer.
"Oh. Hi." Natürlich wurde ich rot.
"Hallo mein Schatz." Wahrscheinlich starrte ich ihn nur an, was er aber nicht zu beachten schien, sondern sich auf die Kante meines Betts niederließ.
"Ähm..." Wie ging das mit dem Sprechen noch mal? Er hatte mich ja schon am Bahnhof kurz wieder normal behandelt, aber ich dachte mein Verhalten an meinem Geburtstag hatte ihn wieder daran erinnert, dass wir nicht normal miteinander umgehen konnten.
"Was gibts?" Nervös beobachtete ich wie wer seinen Blick durch mein Zimmer schweifen ließ.
"Nun ja, ich soll dir sagen das, dass Essen gleich fertig ist. Aber deshalb bin ich nicht hier, wie du dir vermutlichen denken kannst?"
Verdammt. Mein Vater sah mir nun direkt in die Augen. Um seinem Blick auszuweichen begann ich wieder damit die Bücher einzuräumen.
"Was meinst du?"
"Du warst in meinem Arbeitszimmer Luné. Ich bin schon lange genug mit deiner Mutter verheiratet um zu erkenne wenn sie lügt." Kurz seufzte er. "Warum bist du da rein gegangen? Habe ich dir das nicht verboten?"
Ja das hatte er. Mehre male um genau zu sein. Und um noch genauer zu sein ab dem Tag als ich nach Grüntal gegangen war.
"Warum nennst du mich Luné? Warum nicht Marie?" Ich ging wieder zu meinem Koffer und ließ mich neben ihn zu Boden sinken, doch anstatt weiterzumachen sah ich meinen Vater an. Er schien von meiner Frage überrascht zu sein.
"Weil das dein Name ist? Wir sind hier nicht auf irgendeiner Offiziellen Veranstaltung. Dein Großvater hat uns befohlen dich Marie zu nenne. Luné hat dich deine Mutter gennant, somit ist doch wohl klar wie ich dich lieber nenne?"
"Ja aber warum jetzt? Du hast mich 16 Jahre lang Marie gennant und unglücklich schienst du damit nie zu sein."
"Reicht dir nicht einfach das ich dich lieber so nenne? Außerdem wirst du von deinen Freunden doch auch so genannt oder Lulu?"
"Woher weißt du das?!" Geschockt starrte ich ihn an. Er konnte gar nichts von diesem Spitznamen wissen.
"Bibbi ist eine Hauselfe deiner Großmutter, falls dir das noch nicht aufgefallen ist. Sie hat deiner Großmutter- und im übrigen auch mir- alles was sie am Bahnsteig gesehen und gehört hat, erzählt."
"Oh Merlin." Ich ließ den Kopf in meine Hände sinken. Das hieß das mein Vater nun wusste das ich mit dem Blutsverräter Sirius Black befreundet war. Und wahrscheinlich konnte er sich auch denken das meine restlichen Freunde nicht gerade die reinsten Reinblüter waren.
"Ja ich glaub, dass trifft es ganz gut. Obwohl du nach Gryffindor gekommen bist,, hatte ich wenigstens gehofft du würdest keine Beziehung mit dem Paradebeispiel eines Blutsverräters eingehen."
"Was?" Ich riss wieder den Kopf hoch. "Denkst du ich bin mit Sirius zusammen?!"
"Laut Bibbi sah es zumindest so aus."
Ich konnte mir nur knapp ein Lachen verkneifen. "Merlin bewahre. Nein. Noch nicht einmal ich wäre so dumm mit Sirius Black zusammenzukommen."
Über das Gesicht meines Vaters schien kurz so etwas wie Erleichterung zu huschen.
"Zum Glück! Aber wir sprachen darüber warum du in meinem Arbeitszimmer warst?"
"Weil mir eh niemand etwas erzählt und ich keinen anderen Weg weiß um wenigstens mal irgendwas über eure Pläne, die mich ja immer betreffen zu scheinen, zu erfahren." Trotzig verschränkte ich die Arme und sah ihm direkt in die Augen.
Zu meiner Überraschung sah mein Vater nicht wütend, sondern beinah einwenig schuldbewusst aus.
"Wie viel hast du den gelesen?"
"So gut wie gar nichts." Hoffentlich konnte ich besser als meine Mutter lügen.
"Was heißt so gut wie?"
"Naja." Unruhig rutschte ich auf meinem Platz herum. "Ich weiß das ihr mich Regulus verlobt habt!" Ups.
Mein Vater sah erschrocken aus und irgendwie empfand ich bei diesem Anblick beinah ein wenig Befriedigung.
"Wem mach ich hier eigentlich was vor?" Ergeben seufzte er. "Ich hätte mir ja denken können das du von selbst drauf kommst. Du scheinst schließlich den Grips deiner Mutter geerbt zu haben. Ja, du hast recht, ihr beide seit theoretisch verlobt."
"Was heißt theoretisch?!" Endlich bekam ich einmal Antworten.
"Nun ja. Es heißt das ich nicht daran denke es bis zu einer Heirat kommen zu lassen. Außer natürlich du willst Regulus heiraten?" Sofort schüttelte ich den Kopf.
"Irgendwie hatte ich das bereits vermutete." Kurz schmunzelte er. "Das Verlöbnis besteht nur auf dem Papier. Nächste Woche werden wir es zwar offiziell bekannt geben aber letztendlich soll es nur helfen den Blick von ein paar anderen Dingen abzulenken."
"Aber ich dachte es wäre gut wenn sich eine Rosendorn mit einem Black verbinden würde? Und was meinst du mit anderen Dingen?!"
"Ich glaube, dass sollten wir nach dem Essen besprechen. Deine Mutter wird mir wahrscheinlich sowieso schon den Kopf abreißen weil wir sie so lange warten lassen."
Mit diesen Worten stand er auf und als ich keine Anstalten machte mich ebenfalls zu erheben, hielt er mir seine Hand hin.
Kurz zögerte ich, dann ließ ich mich hochziehen.
"Es freut mich übrigens dich mal wieder bei uns zu haben Luné." Er lächelte aber ich glaubte Schmerz in seinen Augen zu erkennen.
"Papa...ich..." Jetzt oder nie. "Es tut mir leid. Es tut mir leid wie ich mich all die Jahre euch gegenüber verhalten habe. Es tut mir leid das ich so eine fürchterliche Tochter war und wie schlecht ich euch behandelt habe." Das Gesicht meines Vaters verschwamm vor meinen Augen. "Ich habe nur nie erkannt das nicht ihr die Feinde wart..."
Jetzt weinte ich wirklich und mein Vater zog mich einfach in eine Umarmung.
"Ist ja gut mein Schatz." Er strich mir über den Kopf. "Ich habe dich lieb. Das habe ich schon immer und werde ich immer. Ganz egal wie du dich verhältst."
Eine ganze Weile blieben wie so stehen, dann schob er mich sanft ein Stück von sich.
"Ich bin auch nicht unschuldig, aber wir sollten versuchen in die Zukunft zu schauen." Vorsichtig strich er mir die Tränen weg. "Und jetzt hör bitte auf zu Weinen, sonst fang ich auch gleich an."
Darüber musste ich lachen und mit einem Gefühl, als wären mir drei Tonnen von den Schultern genommen worden, machte ich mich gemeinsam mit meinem Vater auf den Weg nach unten.
Mich wunderte es kurz das aus dem Zimmer meines Bruders keine Musik mehr drang, aber ich sah den Grund schon kurze Zeit später am Esstisch.
"Da seid ihr ja endlich." Meine Mutter wirkte betont fröhlich während sie das Essen auf den Tisch schweben ließ. Mir drehte sich unterdessen der Magen um.
Ich setzte mich nicht auf den Platz der am weitesten von dem blassen Mann entfernt war, der behauptete mein Bruder zu sein, und fuhr dann fort ihn mit Blicken zu erdolchen.
Leider schien er das entweder nicht wahrzunehmen, oder er ignorierte mich.
Was tat man wem man den Menschen, der einen gefoltert hatte, wieder sah? Besonders wenn dieser Mensch noch der eigene Bruder war?
"Guten Appetit." Meine Mutter hatte sich endlich auch hingesetzt und wir begannen alle gleichzeitig zu essen.
Eine Zeitlang war es Still.
Meine Gedanken drehte sich unterdessen immer noch um all die Frage, die ich nicht beantworten konnte. Warum war er hier? Immerhin war er 25, die Ausrede das er gerne bei seinen Eltern zu Hause war, würde ich ihm kaum abnehmen. Außerdem war er ein verdammter Todesser! Hatte ihn vielleicht Voldemort geschickt um uns auszuspionieren? Das erschien mir am logischsten. Aber warum akzeptierten meine Eltern das?
"Kannst du mir mal eben die Soße reichen Marie?"
Überrascht sah ich von meinem Essen auf. "Tut mir leid da komm ich nicht dran Leopold!"
Was zur Hölle sollte das? Mein Bruder sah mich schon nicht mehr an, sondern ließ sich die Soße von unserem Vater reichen.
Wütend presste ich die Lippen zusammen und starrte auf mein Essen, jeglicher Appetit war mir vergangen.
"Hilfst du mir später das Haus zu schmücken?" Meine Mutter sah mich fragend an.
"Aber ich darf doch außerhalb der Schule nicht zaubern?"
"Ob du es glaubst oder nicht, dass kann man auch ohne Magie machen."
"Ohne Magie ist das doch anstrengend oder nicht?" Ich verzog den Mund.
"Du wirst das schon überleben. Selbst wenn wir dieses Jahr mal wieder nur Regen anstatt Schnee bekommen, sollte wenigstens das Haus ein wenig nach Weinachten aussehen."
Die Worte meiner Mutter ließen keinen Wiederspruch zu, weshalb ich ergeben nickte.
Das restliche Zeit herrschte Schweigen.
Nachdem wir alle fertig waren ließ mein Vater das schmutzige Geschirr in die Küche schweben.
Mir schwirrte der Kopf.
"Ich geh mal kurz raus." Meine Mutter nickte nur und ich ging in den Flur um mir meine Jacke zu holen. Das mein Bruder mir folgte merkte ich erst als ich in meine Stiefel schlüpfte.
"Was willst du?"
"Mit dir reden." Seine Stimme klang kalt. Was war nur aus meinem großen Bruder geworden?
"Warum solltest du das wollen?" Ich schloss meine Jacke. Meine Hände zitterten als ich meinen Zauberstab in meinen Ärmel schob. Irgendwie hatte ich ein ganz schlechtes Gefühl.
"Oh. Ich glaub wir haben ein paar dinge zu bereden oder nicht kleine Schwester?"
Er ließ mich nicht aus den Augen, während er sich einen schwarzen Umhang anzog.
Ich biss nur die Zähne zusammen und öffnete die Haustür. Sofort schlug mir Nieselregen und kalter Wind ins Gesicht.
Meine Haare wehten mir um den Kopf, während ich mich auf den Weg zum See machte. Zu meinem Bruder drehte ich mich nicht um.
Erst als ich am Rande des Steges stand und auf das dunkle Wasser sah, richtete ich wieder das Wort an ihn.
"Was willst du Leopold?"
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