Kapitel 19
Die Tränen liefen mir unaufhaltsam sie Wangen hinunter. Ich rutschte an der Wand hinunter. Jemand läuft auf mich zu. Doch durch meinen Tränen Schleier erkenne ich nicht wer.
"Lady Lucinda?", Liz, ihre sanfte besorgte Stimme schallt durch den jetzt leeren Flur. Ich nicke schwach, auch wenn die Frage nicht wircklich einer Antwort bedarf, sie zerrt mich hoch.
"Kommen Sie.", ich lasse mich von ihr mitziehen. Zurück in mein Gemach, zurück in mein Gefängnis. Natürlich ist es ein schönes Gefängnis, es gleich einem goldenen Käfig. Ich lasse mich von Liz aufs Bett setzten, ich spürte wie sie mich in den Arm nahm. Mir ist kalt, unendlich kalt. Als hätte sich eine Eisschicht um mein Herz aufgebaut, ihre Umarmung tröstete mich zwar, doch sie kann mir nicht den Schmerz nehmen.
Den Verlust von Lucas. Die Enttäuschung, den Verrat von Will. Wie hatte er von einer auf die andere Minute so kalt werden können? Wie konnte er mir einfach so im vorbei gehen von Lucas Tod erzählen? Auch wenn es Gründe geben würde, war dies einfach nur unmenschlich. Niemand tut sowas, nicht mal meinem schlimmsten Feind würde ich das wünschen.
Das ist zu viel für mich.
Plötzlich klopfte es.
Mr. William Wane trat ein. Als er mein Tränen verschmiertes Gesicht sah, huschte ein Lächeln über seine Lippen. Offensichtlich genießt er mein Leiden.
"Was wünschen Sie?", frage ich absichtlich übertrieben höflich, mit einem Lächeln im Gesicht. Das wohl unechteste Lächlen das ich je zu Stande bekommen habe, Schauspielern liegt mir eben, dem Himmel sein Dank.
"Ich habe sie weinen gesehen. Was ist passiert. Trennungsschmerz?" Er denkt natürlich das sich alles nur um seinen ach so tollen Sohn dreht.
"So kann man das natürlich auch sagen." Ihm missfällt meine Äußerung sichtlich.
"Wünschen Sie etwas?", frage ich also wieder freundlich und in der Hoffnung so das Thema zu wechseln. Oder noch besser: Das er geht.
"Ich wünsche allein gelassen zu werden." Erstaunlicher Weise verschwindet er daraufhin mit einem Nicken. Ich bin mehr als verwundert das er meiner Bitte nach kommt. Aber schlussendlich ist die Erleichterung darüber größer als die Verwirrung.
"Sie sind sehr tapfer.", lobt mich meine Zofe und ich hebe den Kopf. Das ist ja schön und gut, dient aber nur der Lebenserhaltung.
"Warum bin ich noch hier, Liz?"
"Ich weiß es nicht, my Lady." Ich nickte benommen, natürlich weiß sie es nicht, sie soll ja auch nichts wissen das mich interessieren könnte. So viele Dinge gingen mir durch den Kopf, erzeugen das Gefühl er würde platzen. Sarahs Worte tauchen dabei immer wieder auf.
"Lucinda. Es ist nicht an mir dir das zu erklären." Das hat Sarah zu mir gesagt. Wenn nicht sie, wer denn dann? Soll ich etwa ihre Eltern fragen? Sarah würde mich doch niemals in deren Nähe lassen. Sie ist mir ein Rätsel, ich frage mich ob das von ihr beabsichtigt ist. In diesem Fall würde ich ihr Ordnung zutrauen.
"Lucinda, Miguel steht vor der Tür soll ich ihn rein lassen?"
"Hm? Ja mach.", abgelenkt von meinen lauten Gedanken wende ich meinen Blick nur langsam zur Tür.
"Lady Lucinda.", Miguel deutete eine Verbeugung an, ich runzle getresst die Stirn und frage dann: "Warum Lady Lucinda? Warum dieses Verhalten als wären wir im Mittelalter?"
"Weil Mr. William Wane dort geboren wurde. Im Mittelalter. Ihm gefiel die Gesellschaft. Aber ich bin nicht hier um Ihnen so etwas zu erklären.", obwohl seine Antwort ruhig kam, höre ich in seiner Stimme etwas gestresstes das ich nicht näher deuten kann. Ich spreche meinen nächsten Gedankengang laut aus: "Warum sind sie dann hier Miguel?"
"Wann haben Sie Geburstag?" Ich schaue ihn an oder eher durch ihn hindurch. Meine Trauer war ja nicht einfach verflogen. Er scheint meinen leeren Blick zu merken und stellt seine Frage erneut, sichtlich genervter.
"Am 13.10.", nach meiner Antwort geht er einfach, ohne ein Wort. Ignoriert meine Proteste einfach und schließt die Tür.
"Warum haben Sie ihm das gesagt? Das ist in einem Monat." Sie wirkt entsetzt und aus dem Prinzip gebracht, fast so als könne sie meine Dummheit nicht anders umschreiben. Und als Körnung sage ich darauf nur: "Es ist mir gleichgültig ob er mich tötet."
"LADY LUCINDA JETZT HÖREN SIE MIR MAL ZU!", obwohl sie schrie musste ich grinsen. Auch jetzt noch nannte sie meinen Titel.
"IHR KÖNNT NICHT EINFACH ALLES AUFGEBEN. Nicht euch aufgeben.", sie wurde immer leiser. Dabei senkt sie ihren Blick und drückt ihre Hände fest aneinander.
"Warum nicht?", frage ich ehrlich ahnungslos. Niemand interessiert sich mehr für mein Leben, ich habe Lucas verloren und somit versagt. Vielleicht bin ich nun bereit zu sterben.
"Weil ihr stark seid." Ich schnaube abfällig. Falls ich jemals stark war, jetzt sicher nicht mehr. Das ist Lucas verloren habe ich schlimm genug, aber dann musste sich ja Will auch noch von mir abwenden.
"Wenn ihr jetzt aufgebt, was würde Lucas sagen." Gar nichts, er ist tot. Er wird nie wieder etwas dazu sagen können.
"Die Frage ist nicht was Lucas sagen würde, sondern was meine Eltern sagen würden.", denn diese verfolgen mich auch nach ihrem Tod noch. Ich werde die Gedanken an sie wohl niemals los.
Liz ist sichtlich verwirrt. "Wie bitte?"
"Meine Eltern. Ich konnte sie damals nicht retten. Sie sind für mich gestorben." Ich bin sicher insgeheim würden sie mir Vorwürfe machen.
Ob Lucas das auch tun würde?
*Flashback*
Mein Vater beugte sich über mich und sieht mich besorgt an.
"Sie wird schmerzen leiden, Ksenia."
Meine Mutter jedoch wirkt weniger besorgt, eher distanziert als sie nur sagt: "Sie muss eine von uns werden. Unsere Blutlinie muss Enden. Nur so kann sie niemals Kinder bekommen." Wüsste meine Mutter jetzt schon, das sie das Baby will, würde vieles anders ablaufen.
Mein Vater nickte. Sie redeten über mich als wäre ich gar nicht da.
"Mutter, Vater. Ich will euch nicht enttäuschen.", sage ich fest. Ich will sie stolz machen, das will ich immer.
"Das wirst du nicht. Denke immer daran: Fehler zu machen ist kein Zeichen von Schwäche. Denn Fehler machen uns erst Stark."
Dann biss mein Vater zu.
Die Schmerzen setzten fast Augenblicklich ein, so wie mein Geschrei. Ich das Gefühl auseinander gerissen zu werden, immer und immer wieder. Mir wird schwarz vor Augen, doch ich werde nicht ohnmächtig. Der Schmerz entwickelte sich zu einem Brennen. Mein Körper zuckte unkontrolliert.
So ging es mehrere Stunden.
Dann, so plötzlich wie der Schmerz gekommen war, ist er auch wieder verschwunden. Als ich meine Augen öffne ist mein Blick viel schärfer, alle Geräusche sind viel lauter. Ich drehte mich zu meinen Eltern, sie strahlten.
Ich habe sie stolz gemacht, das sehe ich deutlich.
Dann hörte ich einen dumpfen Aufprall. Meine Eltern zuckten zusammen, stellte sich vor mich.
Ich sah wie jemand auf uns zu kam. Ein Mann. Dann folgten immer mehr, Dutzende dunkle Männer. Sie griffen meine Eltern an, irgendjemand stieß mich gegen die Hauswand. Mein Kopf schlug mit solcher Kraft an die Mauer das ich um mein Bewusstsein kämpfen muss. Ich sehe noch wie meinen Eltern zeitgleich das Genick gebrochen wird. Dann werden sie mitgenommen. Überall ist Blut. Ich verliere das Bewusstsein.
*Flashback Ende*
"Was würden Sie denn sagen, Lady Lucinda?" Liz sah mich erwartungsvoll an und ich erinnere mich an unser Gespräch.
"Fehler zu machen ist kein Zeichen von Schwäche. Denn Fehler machen uns erst Stark."
Sie wirkt kurz beeindruckt, die Worte meiner Eltern wirken ziemlich poetisch, dann aber stellt sie nur eine Frage: "Was war dein Fehler?"
"Ich habe mehrere gemacht. Ich dachte Will liebt mich. Ich habe Miguel mein Geburtsdatum genannt und... ich habe mich selber verloren."
Stolz lächelte sie mir zu.
"Du hattest Recht Liz.", gebe ich zu, dann stand ich auf und ging zur Tür.
"Die ist...", hörte ich Liz zwar sagen aber mit all meiner Kraft trat ich die Tür einfach ein. "...abgeschlossen." So eine Kleinigkeit wie eine verschlossene Tür wird mich jetzt nicht mehr aufhalten können. Voller neuer Kraft und neuem Mut wirkt es fast so als wäre ich einfach übermütig.
Ich ging den Gang entlang suchte nach irgendjemandem: Mr. William Wane, Sarah, Miguel, Will. Ganz gleich.
Als ich um die nächste Ecke bog stand er da.
Mr. William Wane.
Er sah mich nicht, dann er redete mit Will. Sie bemerkten mich gar nicht während ich mit großen Schritten auf sie zu ging.
Ich griff nach seinem Hals, würgte ihn mit all meiner Kraft. Will wollte seinem Vater zur Hilfe eilen doch dieser bot ihm einhalt.
"Lass..sie...sprechen.." Besser für ihn, denn auf Will bin ich trotz meiner Liebe nicht gut zu sprechen.
"Oh sehr gnädig von Ihnen.", meine ich voller Spott bevor ich weiter führte: "Ich habe mehrere Dinge die mich beschäftigen. Um genau zu sein sind es Fragen.", er lief bereits blau an, doch ich wusste das er nicht sterben würde. "1. Warum haben Sie meine Eltern umgebracht? 2. Was passiert an meinem 200 Geburtstag? 3. Warum hat Will mir Liebe vor gespielt? Und 4. Wieso haben sie Lucas getötet?" Ich ließ ihn los. Er musste sich an Will klammern um nicht zu fallen. In diesem Moment sah er einfach nur erbärmlich und schwach aus, auch wenn ich eigentlich wusste das es nicht so war, so gab ich mich dieses eine Mal dem Schein hin. "Luce..", hob Will an doch ich unterbrach ihn barsch.
"Für sie Lord William, bin ich immer noch Lady Lucinda und ganz nebenbei rede ich gerade mit ihrem Vater." Dieser nickte anerkennend.
"Wollen wir in mein Büro, Lady Lucinda?" Eindeutig gilt dies nur als Vorwand um Zeit zu schinden, weswegen ich mich nicht näher darauf einlasse.
"Nein ich finde den Flur sehr passend."
"Auch gut.", sagt er bevor er entgegen meiner Erwartungen tatsächlich beginnt meine Fragen zu beantworten. "Ihre Eltern mussten aus dem Weg geräumt werden weil sie dich in einen Vampir verwandelt haben. So kannst du keine Kinder mehr gebären. So konnte ich meinen Plan nicht umsetzten die Familie Monroe und die Familie Wane zu vereinen. Und deswegen...." , er macht eine Pause.
"Sprechen sie weiter." Erwidere ich genervt, nicht gewillt mich seinen Spielchen hinzugeben.
"Um deine zweite Frage zu beantworten. An deinem 200 Geburstag...", doch er kam nicht dazu weiter zu reden. Eine Kugel traf ihn zwischen den Augen. Schützend stellte sich Will vor mich. Doch ich konnte da nicht drüber nachdenken, was er tat oder gar warum. Denn am Ende des Ganges standen Vampire und Werwölfe. Vereint. Das ergab keinen Sinn. Das sind natürliche Feinde. "Kennst du jemanden?", raunte Will mir zu, während er seine Verteidigungshaltung ein nimmt und ich meine Augen über die Menge gleiten lasse.
Ja, in der Tat. Die beiden Anführer sind niemand geringeres als James und Ksenia Monroe. Sie sind meine Eltern.
~ K
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top