Kapitel 6

                 Kara's POV
Dann riss ich mit einem breiten Lächeln im Gesicht die Tür auf.

Hätte ich gewusst, wer da vor der Tür stand, hätte ich umgehend einen Flug zur anderen Seite der Welt gebucht und wäre niemals auf die Idee gekommen, die Tür zu öffnen.

Aber mein Schicksal hasste mich.
Das dachte ich zumindest zu diesem Zeitpunkt noch.

Ich sah nämlich geradewegs in die leuchtendsten grünen Augen, die ich eigentlich nie wieder sehen wollte.

Fuck, du hast doch verdammt tief in die Scheiße geritten...

Es fühlte sich an, als ob die alte Wunde, die in letzter Zeit ein wenig geheilt war, neu aufreißen würde.

Als wenn eine unsichtbare Last auf meine Brust und meine Schultern drücken würde und mich atemlos nach Luft schnappen ließ.

Ich konnte meinen Blick nicht von ihm lösen, genauso wenig, wie er seinen.

"Hi, Kara! Wir kennen uns ja schon vom Camp."

Das war Jake. Verwirrt wandte ich meinen Blick zu ihm und begriff dann, was Jake damit bezwecken wollte.

"Ja, ähm... hi! K- Kommt doch rein.", erwiderte ich, immer noch völlig neben der Spur.

"Ach, ihr kennt euch schon! Das ist aber nett!", sagte Mom und strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
"Dann wird es euch bestimmt nichts ausmachen, was wir euch gleich zu erzählen haben.", fügte sie augenzwinkernd hinzu und lotste alle geschickt ins Esszimmer.

"I-ich...Mir ist grad nicht so gut, ich komm gleich wieder.", rief ich, und stolperte ohne eine Antwort abzuwarten, die Treppen nach oben, ins Badezimmer.

Die aufkommenden Tränen erschwerten es mir, aber schließlich angekommen, schloss ich die Tür hinter mir ab und sank zu Boden.

Scheiße. Das überlebst du niemals.

Der ganze Schmerz, den ich in den letzten Tagen einigermaßen erfolgreich überwunden hatte, kehrte nun mit einem Schlag zurück.

Fast so heftig, als Sebastian und ich uns im Wald geküsst hatten, und er mich danach abgewiesen hatte.

Bis heute wusste ich nicht einmal den Grund dafür, aber ich konnte es mir auch leicht denken.

Er wollte seinen Badboy Status nicht wegen einem Freak und Außenseiter, wie ich es war, riskieren.

Tränen traten mir weiterhin in die Augen und ich schnappte atemlos nach Luft.

Einem hysterischen Anfall gleich, lag ich nun auf dem Boden, als es an der Tür klopfte.

Panisch versuchte ich, meine Atmung zu kontrollieren, damit ich die Person vor der Tür abweisen konnte.

Ich glaube ich muss euch nicht sagen, dass dadurch alles nur noch schlimmer wurde.

Erneut klopfte es an der Tür, diesmal energischer.

"Kara, ich bins, Jake. Mach bitte die Tür auf.", seine Stimme klag erstaunlich ruhig und vielleicht war es das, oder die Tatsache, dass ich bemerkte, dass ich tatsächlich auf Hilfe angewiesen war, was mich dazu brachte, die Tür zu öffnen.

Nachdem sie offen war, sank ich wieder auf den Boden und zog die Knie an meinen Körper.

Geschmeidig glitt Jake ins Bad und schloss, wie auch ich vorhin, die Tür hinter sich ab.

Dann kam er vorsichtig zu mir und zog mich, zu meiner großen Überraschung, auf seinen Schoß.

Dort saß ich nun, wie ein kleines Kind, das sich das Knie aufgeschlagen hatte, und weinte.

Ich weinte, weil Sebastian mir das Herz gebrochen hatte.

Weil ich mich eigentlich nie auf ihn einlassen wollte, und es trotzdem getan hatte.

Weil ich Kira eine lange Zeit nicht mehr sehen würde.

Und weil ich nicht wusste, ob Simon wirklich so ein Psychopath war, wie er vorgab.

Jake tätschelte mir unbeholfen den Rücken und flüsterte mir beruhigende Worte zu.

Und tatsächlich; ich beruhigte mich nach ein paar Minuten und fragte ihn unbeholfen: "Warum tust du das? Auf dem Camp-"

"Auf dem Camp war ich blind. Ich habe mir einen Spaß daraus gemacht, wie mein Bruder in dich vernarrt war-"

Mach dir bloß keine Hoffnungen!

"- weil ich dachte, dass du nichts Besonderes für ihn sein würdest. Aber so wie du, das... das war einfach unnormal. So wie du hat sich noch kein Mädchen verhalten, als Sebastian sie... nicht wollte."

"Na danke, das macht mir echt Hoffnungen!", scherzte ich, verstummte aber schnell, als ich sah, dass Jake es nicht so gemeint hatte.

Du hattest sowieso nie eine Chance bei Sebastian.

"Aber seit dem das alles passiert ist, und das mit deinem... deinem Unfall-"

Ich schnaubte laut und sah auf die lange Narbe an meinem Arm.
Ich hatte mein Leben verabscheut und wollte es beenden.
Kurzerhand hatte ich mir eine Rasierklinge geschnappt, wegen meines Zustandes aber meine Pulsader verfehlt.
Ich war verletzt worden, aber nicht lebensbedrohlich.
Jack hatte sich um mich gekümmert und war dann unter dem Vorwand, dass meine Verletzung an meinem Bein wieder schmerzte, zum Arzt gefahren.
Wie gesagt; mein Schicksal hasste mich.

Das glaubte ich zu diesen Zeitpunkt zumindest noch.

Unbeirrt fuhr Jake fort: "Mit deinem Unfall- seit dem hat sich Sebastian ziemlich zurückgezogen."

Mach dir keine Hoffnungen, verdammt!

"Ach ja? Weißt du, das würde ich gerne glauben, aber das kann ich nur, wenn du mir eine Frage beantwortest."

Erwartungsvoll sah Jake mich an.

"Hat sich Sebastian seit dem vom anderen Mädchen ferngehalten?"

Sein Blick war Antwort genug.

Jake senkte seinen Kopf und sah nach unten.

Im mir zog sich (wieder mal) etwas schmerzhaft zusammen.

"Es tut mir leid, Kara.", flüsterte er leise.

"Du kannst nichts dafür.", erwiderte ich tonlos.

Für Tränen war kein Platz mehr.
Es gab keine mehr.

Jake zog mich enger an sich und sagte leise: "Aber ich würde gerne ein Freund von dir sein. Ich habe gemerkt, wie viel dir Sebastian bedeutet und ich würde dir gerne dabei helfen, ihm zu zeigen, was er mit dir verloren hat. Wenn du möchtest."

"Ja.", hauchte ich.
Es wurde Zeit, ihm nicht mehr hinterher zutrauern.

Wie hieß es so schön?

Hinfallen: War geschehen, als Sebastian mein Herz in blutige Scherben verwandelt hatte. Ziemlich schmerzhaft.

Aufstehen: Jake würde mir dabei helfen. Hoffentlich würde es klappen.

Krone richten: Sebastian zeigen, was der Idiot mit mir verloren hatte.

Weitergehen: Ein neues Leben, mit einem Freund, Benson und ohne Sebastian führen.

Und wieder einmal war mir nicht bewusst, wie sehr mein Schicksal meine Pläne umwerfen würde.

Heute mal ein etwas längeres Kapitel, hoffentlich gefällt es euch :)

Über ein paar Votes, Kommis oder Kritik würde ich mich freuen :)

Larissa

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