Kapitel 8

Oje, ihr werdet mich nach diesem Kapitel alle hassen....


„Und wenn du dieVanth befreit hast, lässt Lilith dich in Frieden?" Belial saß aufder Lehne des Throns des Höllenkönigs, während ihre Majestätselbst wie ein gefangenes Tier im Thronsaal auf und ab lief. Luciferhatte sich umgezogen und ohne seine verzierte Rüstung, nur in einemschwarzen Hemd mit weißer Weste, wirkte er viel kleiner. Belialselbst war kein großer Mann, doch selbst ihm fiel auf, wie kleinsein bester Freund wirklich war.

„Im besten Fallja." Lucifers Stimme war nicht mehr als ein tiefes Knurren.

„Wo ist derHaken?", fragte Belial und ließ die Beine baumeln. Die Lehne desThrons war zu hoch, als dass seine Füße von hier aus den Bodenhätten berühren können.

„Ich habe keineAhnung, wie ich das bewerkstelligen soll. Die Vanth ist von Satan ineinem versiegelten Raum im Keller des Anwesens eingesperrt worden. Esgibt keinen mir bekannten Weg, den Raum zu öffnen."

Belial lehnte sichzurück, verlor beinahe das Gleichgewicht und musste sich festhalten,um nicht nach hinten umzufallen.

„Gibt deinebeeindruckende Bibliothek nichts darüber her?"

Lucifer hatte vieleJahre seines unsterblichen Lebens der Aufgabe gewidmet, das gesamteWissen der Hölle zusammenzutragen, und obwohl er die meisten derangesammelten Bücher gelesen hatte, war ihm niemals eineweiterführende Information über die Vanth untergekommen. Er wusstevon Lilith selbst, dass die Vanth ihre Tochter war und die Gestalteines kleinen Mädchens angenommen hatte. Und dass sie in keine derbekannten Kategorien von Dämonen fiel.

„Nein. Das habeich schon vor Jahrhunderten vergeblich versucht", antwortete erfrustriert und tigerte weiter durch den Thronsaal. Jeder seinerSchritte hallte von den hohen Wänden des leeren Raums wider.

In diesem Saal hatteer gegen Satan einen unfairen Kampf gekämpft, beobachtet vonhunderten speichelleckenden Dämonen, die um die Gunst des ehemaligenHöllenkönigs gebuhlt hatten. Doch der gefallene Engel hatte einenheroischen Sieg davongetragen, von dem bis heute in der Hölleberichtet wurde. Satans Tod hatte ihm die nötige Autoritäteingebracht, um sich zum neuen Herrscher der Hölle aufzuschwingen,denn niemand wusste so gut wie Lucifer, wie der Himmel unterzukriegenwar.

Der SchwertdämonKasdeya Elathan ruhte hinter einer Glasscheibe verborgen auf einergoldenen Halterung, die die ganze Pracht des Kurzschwertshervorbrachte. Das Schwert war nur zu beherrschen, wenn man ihm einenKörper gab, aber Lucifer hatte sich nicht dazu durchringen können,ein neues Behältnis für den Schwertdämon auszuwählen.

Kasdeya Elathansfrüherer Körper war der von Leonas Sohn Amon gewesen. Von Amonselbst war nichts mehr übrig geblieben, lediglich Kasdeya Elathanhatte seinen Körper bewohnt. Dieses Schicksal wollte Luciferniemandem sonst aufbürden.

„Es ist nur einGedanke", erhob Belial wieder das Wort und trommelte mit den Fersengegen den Thron, „aber wenn die Vanth Liliths Nachfahrin ist,erscheint es mir nicht klug, sie wieder zu befreien. Lilith würdeniemals etwas tun, was ihr selbst schaden könnte, also ist eswahrscheinlich besser, wenn die Vanth da bleibt, wo sie ist."

„Das macht mich zuLiliths Gefangenem", entgegnete Lucifer. „Solange ich an meinenPakt mit ihr gebunden bin, hat sie die Kontrolle über die Hölle."

Belial nicktelangsam. Ihm war anzusehen, dass er mit dieser Antwort nichteinverstanden war, doch es erschien Lucifer müßig, weiter darüberzu streiten. Im Laufe der Jahrhunderte, die er nun in diesem Anwesenverbracht hatte, wechselten sich Phasen, in denen die Vanth aktiverwar mit Phasen, in denen man ihre Anwesenheit kaum bemerkte. IhreSchreie konnten nächtelang durch das Anwesen hallen. Nichts brachtesie zum Schweigen.

„Es kommt jemand",merkte Belial an und hob den Kopf.

„Azazel."Lucifer verdrehte die Augen. Azazel hatte sich seit seiner Verbannungaus dem Himmel als nützlicher und loyaler Handlanger erwiesen, derden Höllenkönig mehr als einmal aus dem Dreck gezogen hatte. Dochin letzter Zeit wurde Azazel aufmümpfig. Er schien sich nicht längermit seinem Posten als persönlicher Berater Lucifers abfinden zuwollen. Ganz besonders sein Angriff auf Theliel hatte den Königverärgert.

Azazel näherte sichmit einer kurzen Verbeugung in Lucifers Richtung. Sein Blick ruhtefür einen kleinen Moment auf Belial, bevor sich seine Aufmerksamkeitwieder auf den König selbst richtete.

„Majestät?",setzte er an, diesmal mit einer dramatischeren Verbeugung. „Ichbedaure, Euch stören zu müssen, aber es gibt wichtige Neuigkeiten,die ich Euch mitteilen muss."

Lucifer hoberwartungsvoll die Augenbrauen, doch Azazel zierte sich.

„Es wäre mirlieber, Sie lediglich Ihnen alleine mitzuteilen, Majestät."

„Alles, was ichhören darf, darf Belial auch hören", brummte Lucifer, schiendamit jedoch nicht auf Anklang bei dem anderen gefallenen Engel zustoßen.

„Majestät!",drängte Azazel. „Es ist sehr wichtig."

Seufzend erhob sichBelial von seinem Platz auf dem Thron, klopfte nicht existenten Staubaus seiner Kleidung und machte sich auf den Weg zum Ausgang, umLucifer mit Azazel alleine zu lassen.


Es war keinGeheimnis, dass Belial Azazel nicht leiden konnte. Schon als Engel imWiderstand hatte Azazel sich hinterlistiger und zwielichtigerMethoden bedient, um sich die Gunst einflussreicher Engel zuerkaufen, doch Lucifer schien blind für seine Hinterlist zu sein.Levi und er hatten immer ein Auge auf Azazels Machenschaften gehabt,die im Laufe der Jahre immer verworrener und ausgeklügelter gewordenwaren. Seine wahren Absichten verbarg er hinter einem schleimigenLächeln und blumigen Worten.

Gerade als Belialdie Tür erreicht hatte und sich somit außer Hörweite der beidenanderen Männer befand, fiel ihm auf, dass er seinen Mantel neben demThron hatte liegen lassen. Er zögerte kurz, machte dann aber Kehrt,um ihn zu holen.

Lucifer hatte wiederbegonnen, wie üblich durch den Raum zu laufen, während Azazel mitihm sprach, doch etwas kam Belial dabei merkwürdig vor. Azazels Handwar unter seinem Gewand verschwunden, gleichzeitig näherte er sichmit vorsichtigen Schritten Lucifer, der ihm den Rücken zugewandthatte.

Belial erahnte denDolch mehr, als dass er ihn sah, als er sich auf Azazel stürzte. Ineinem Bündel aus verworrenen Extremitäten stürzten die beidenMänner zu Boden. Belial spürte seine Reißzähne aus seinem Kieferhervorbrechen, als er nach Azazels Hals schnappte, doch dieser warschneller. Der erste Treffer des Dolches durchdrang seine Wange undsandte unkontrollierten Schmerz durch Belials Kopf.

Mit einemSchmerzenslaut rollte er sich zur Seite und versuchte, aus AzazelsReichweite zu entkommen. Lucifer stieß irgendwo hinter ihm einenWarnruf aus. Belial spürte das Blut seine Kehle hinunter laufen undwürgte verzweifelt. Mit aller Kraft schlug er nach dem angreifendenDämon.

Die Augen weitaufgerissen sah Belial nur noch, wie Azazel ausholte, um den Dolch zuwerfen. Lucifers Wutgeheul hörte er schon nicht mehr.


Lucifers Reißzähnegruben sich in Azazels Nacken. Obwohl er kleiner war als der andereMann, gelang es dem Höllenkönig, Azazel von Belial fort zu zerren.Sie rollten über den Boden; Azazel hatte seinen Dolch irgendwoverloren, sodass es Lucifer ein Leichtes war, ihn zu überwältigenund unter sich auf den Boden zu pinnen.

Eine Hand um AzazelsKehle geschlossen sah er sich nach Belial um. Sein bester Freund lagauf dem Rücken, Arme und Beine von sich gestreckt, während seinBlick starr an die hohe Decke des Saals gerichtet war. In seinerStirn steckte der Dolch. Um seinen Kopf herum breitete sich eineungeheuerliche Menge Blut aus.

Der Schmerz, derLucifer bei der Erkenntnis, seinen besten Freund verloren zu haben,überkam, ließ ihn beinahe körperlich blind werden. Seine Klauengruben sich in Azazels Kehle. Der gefallene Engel unter ihm bäumtesich auf, kam jedoch nicht gegen die Kraft des kleineren Mannes an.Er spürte das warme, feuchte Gefühl in seinen Fingerspitzen, als ersich ins Fleisch grub.

Sein Blick richtetesich auf den Ausdruck in Azazels Gesicht, während dieser verzweifeltum sich schlagend seinen Todeskampf ausfocht. Seine Gewänder saugtensich mit mehr und mehr Blut voll, ohne dass er Erlösung im Todfinden konnte. Dämonen waren im Vergleich zu Engeln schwer zu töten,da Engel nur wenig Blut verlieren mussten, bevor ihr Gehirn aufhörtezu arbeiten. Dämonen dagegen wehrten sich lange.

Lucifer ließ vonAzazels Kehle ab, um stattdessen eine Hand mitten durch seine Rippenzu schlagen. Der harte Aufprall und Widerstand der Knochenbeschädigte Lucifers Mittelhandknochen, doch der körperlicheSchmerz war ihm eine willkommene Ablenkung. Ganz langsam ließ erseinen Arm in Azazels Brust versinken, bevor sich seine Finger um dasrasende Herz schlossen und es zerquetschten.

Azazel gab einenLaut von sich wie ein Schwein, das auf die Schlachtbank geführtwurde, dann erschlaffte er. Lucifer blieb auf dem zerfetzten, schnellabkühlenden Körper sitzen, bevor ihm schwindelig wurde und er zurSeite kippte. Mit beiden Händen fing er seinen Sturz ab und rollteauf die Seite, bevor ihm das erste Schluchzen entwich.

Sein ganzer Körperbegann, unkontrolliert zu zittern. In dem verzweifelten Versuch,seine Selbstbeherrschung zu wahren, biss der Höllenkönig sich aufdie Fingerknöchel, bis er zusätzlich zu Azazels Blut auch noch seineigenes schmeckte. Der physische Schmerz betäubte ihn zumindest füreinen kleinen Moment.

Ein leises Stöhnenließ ihn aufmerken. Irgendwo außerhalb seines Blickfelds hörte er,wie sich jemand bewegte. Sofort war er auf den Beinen, vollkommenblutverschmiert, aber mit genug Adrenalin in seinem Körper, um esauch noch mit dem nächsten Angreifer aufzunehmen. Nur dass es keinAngreifer war.

Belial setzte sichauf; seine starren Augen zuckten kurz und fixierten sich dann wieder.Mit einer Hand packte er den Dolch, der in seiner Stirn steckte, undzog ihn heraus. Die Wunde verheilte in der Sekunde, in der die Klingeden Schädel verlassen hatte.

Fassungslos starrteLucifer ihn an. Es war unmöglich für seinen besten Freund, diesenTreffer überlebt zu haben.

„Belial?",fragte er leise, da er seiner Stimme nicht zutraute, ungerührt genugzu klingen.

Sofort richtete sichder Blick seines besten Freundes auf ihn. Sein Gesicht war mittrocknendem Blut bedeckt, aber er schien Lucifer nicht zu erkennen.

„Ich bin nichtBelial", sagte die Gestalt, die Belials Körper innewohnte. „MeineName ist Kasdeya Elathan. Wie lauten Eure Befehle, Herr?"





Tut mir leid.... ich wollte euren Tag nicht ruinieren...!

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