Kapitel 4
Frohe Weihnachten und Happy Hanukkah <3
Angespannt betratLucifer den Tempel und ließ sich von dem Thronenengel in GottesArbeitszimmer im ersten Stock führen. Ein ganzes Leben schienvergangen zu sein, seit Lucifer das letzte Mal vor dem wuchtigen,hölzernen Schreibtisch gestanden hatte, hinter dem sich eine weiteFensterfront befand, die den Nachthimmel zeigte. Auf dem schwerenSessel hinter dem Schreibtisch saß Gott, den Kopf gedankenverlorenauf die Hände gestützt.
Lucifers Blickwanderte zu der schmalen Gestalt, die an der Tischkante lehnte undmit ihrem Schweif spielte, bevor sie aufblickte und dem Höllenkönigein dämonisches Lächeln schenkte, bevor sie sich zischend auf dieTischplatte zog und die Beine übereinanderschlug.
„Wir haben schonauf dich gewartet, Morgenstern", zischelte sie und eine gespalteneZunge schnellte zwischen ihren Lippen hervor, gefolgt von einemhämischen Kichern. „Sieht aus, als hättest du einiges einsteckenmüssen."
„Himmel und Höllesind im Krieg", entgegnete Lucifer kurz angebunden und legte seinegefesselten Hände vor Gott auf den Schreibtisch „Mach mich los."
Seufzend strich derHerr mit den Fingerspitzen über das kühle Metall, das LucifersHandgelenke umschloss, woraufhin sich dieses sofort öffnete.
„Wir waren imKrieg", verbesserte Er. „Du hast dich ergeben und deine aktuelleVertretung scheint glücklicherweise kein Interesse daran haben, dasSchlachten fortzusetzen. Ich habe ihr Angebot eines zeitlichunbegrenzten Waffenstillstands dankend angenommen."
„Warum bin ichdann hier?", blaffte Lucifer ungehalten und rieb sich dieHandgelenke. „Und viel wichtiger – warum ist sie hier?"
„Du erinnerst dichalso noch an mich", züngelte Lilith amüsiert. „Die einzige, diedir jemals geholfen hat, kleines Engelchen. Ich hoffe, du vergisstdas nicht, wenn es Zeit wird, sich zu entscheiden."
Sie kicherte erneut.
„Ich habe nichtvor, mich für irgendetwas zu entscheiden, solange ich nicht dieganze Wahrheit über Michael erfahren habe!", fauchte er und grubunabsichtlich seine Klauen in die eigenen Handballen, doch derSchmerz tat ihm gut. Er war süchtig nach diesem Schmerz, der ihndaran erinnerte, dass er noch am Leben war.
„Du hast Michaelgetötet", wiederholte Gott die Lüge, die er Lucifer all dieJahrhunderte aufgetischt hatte, mit einer Gleichgültigkeit, die denDämon beinahe zur Raserei getrieben hätte. Das unbändigeVerlangen, etwas kaputt zu machen, keimte in ihm auf und fraß sichseine Speiseröhre hinauf, bis sich ein saurer Geschmack in seinemMund ausbreitete.
„Habe ich nicht!Raphael sagte, sein Bruder hätte sich umgebracht! Wenn er seinenVerletzungen erlegen wäre, würde sich Raphael die Schuld selbstgeben, weil er ihn nicht hat retten können, anstatt sie auf michabzuwälzen!"
Lachend räkeltesich Lilith auf der Tischplatte. Ihr Schweif peitschte auf dasDokument, das Gott angestarrt hatte, um Lucifers Blick zu entgehen.Erschrocken zuckte er zuammen und lehnte sich mit einem gequältwirkenden Seufzer zurück. Als würde es ihn unendliche Überwindungkosten, hob er den Blick und sah in Lucifers rot glühende Augen.
„Es stimmt. AmMorgen nach der Schlacht, in der Michael dich erneut in die Höllegestoßen hat, fand Gabriel ihn in seinem Zimmer, ein Schwert in derBrust und schon lange kalt. Er muss sich fast direkt nach derSiegesfeier umgebracht haben." Er seufzte erneut. „Offiziell habeich verkünden lassen, dass Michaels Wunden doch schwerwiegenderwaren als angenommen, und dass er nachts friedlich an Blutverlustverstorben sei."
„Und damit hieltmich alle Welt für den Mörder des Erzengels Michael", beendeteLucifer den unausgesprochenen Satz. „Für den Mörder deswunderbarsten Engels, der jemals gelebt hat..."
Die Erinnerungüberwältigte ihn erneut.
„Was ist mitseiner Seele geschehen?"
„Ich weiß esnicht. Die Verwertung von Seelen nach dem Ableben des Körpers istSache des Todes, nicht meine", erwiderte Gott ruhig. Nein, es warkeine Ruhe, es war Resignation, die sich in seiner ganzen Erscheinungspiegelte. Diese Erkenntnis machte Lucifer nur noch wütender; erwollte schreien, er wollte sich streiten und prügeln, bis Blut flossund seine Muskeln vor Erschöpfung brannten, während das Adrenalindurch seinen Körper pumpte.
Doch stattdessen zoger sich einen Stuhl heran und setzte sich Gott gegenüber an denSchreibtisch, auf dem sich Lilith noch immer räkelte, als läge sieam Strand. Das Gespräch zwischen dem Dämon und Gott schien sie nuram Rande zu interessieren.
„Also könnteseine Seele noch im Himmel sein?", hakte er nach und biss sich vorlauter Aufregung über diese Möglichkeit selbst in die Lippe. Seelenverfielen nach dem Ableben ihres Körpers nicht, sondern wurdenentweder von Dämonen gefressen oder vom Tod eingesammelt. Was dannmit ihnen geschah, wusste niemand aus dem Grim Reaper selbst. Luciferwar ihm niemals begegnet und er legte auch keinen Wert darauf, ihnvor der Zeit zu treffen.
„Wie gesagt –ich weiß es nicht", seufzte Gott. „Und deshalb habe ich dichauch nicht herrufen lassen."
„Aha. Wusste ichdoch, dass du nicht einfach nur mit mir ein Glas Wein auf alte Zeitentrinken möchtest", entgegnete Lucifer sarkastisch. „Also, waswillst du jetzt wieder?"
„Lilith und ichhaben uns gefragt-"
„Der alte Herrhier will Frieden mit dir schließen und tun, als hätte Er dichnicht von sich gestoßen und im Stich gelassen", unterbrach Lilithihn grinsend. „Während ich dir helfen möchte, neue Stärke zufinden und endlich all dein wahres Potential zu erwecken. Du magstviele Feinde bezwungen haben, Lucifer, aber vor dir liegen mindestensnoch einmal so viele."
„Ja, ja, ja",brummte der Höllenkönig. „Dein Geschwätz ist noch dasselbe wievor 2000 Jahren."
Er lehnte sichzurück und platzierte die gekreuzten Füße auf der Tischplatte.Herausfordernd blickte er zu Gott hinüber, der sich jedoch ungerührtzeigte.
„MeinFriedensangebot steht noch, Lucifer. Mit deiner Hilfe könnten sichdie Beziehungen zwischen Himmel und Hölle bedeutend verbessern undvielleicht wird sich nach so vielen Jahrtausenden der Feindseligkeitendlich ein Frieden herbeiführen."
„Oder du scheißtauf diesen ganzen Gutengelkram und wirst endgültig zum mächtigstenund gefürchtetsten Dämon aller Zeiten." Sie grinste. „Mitmeiner Hilfe natürlich."
Seufzend nahmLucifer die Füße vom Tisch und erhob sich.
„Keins von beidem.Ich gehe jetzt; ich habe genug davon, ständig angelogen zu werden."
Kaum dass er sichzur Tür umgedreht hatte, vertrat ihm der schwer gepanzerteThronenengel den Weg. Mit einem kräftigen Tritt, der auf die derBeweglichkeit wegen ungeschützten Knie seines Gegners zielte,brachte Lucifer den Wächter zu Fall, rammte ihm einen Ellbogen insGesicht und beendete den Angriff mit einem Hieb in den Nacken.Absolut ungerührt trat er auf den Flur, nickte in die Richtung derbeiden im Arbeitszimmer und knallte dann die Tür hinter sich zu.
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