Kapitel 3
Meeeeeh, das hat lange gedauert ^^''
Zu meiner Verteidigung - es war NaNoWriMo und ich hatte eine Gehirnerschütterung!
Mit zitterndenFingern saß Lucifer in der Dunkelheit und starrte wie hypnotisiertauf den schmalen Streifen Licht, der durch die fast geschlossene Ladein den Steinraum fiel. Die Wände waren rau und auch die Decke schwergepanzert. Zwischen Tür und Gefangenem befand sich zusätzlich eineReihe schwerer Gitterstäbe, jeder davon so dick wie LucifersUnterarm.
Durch die Tür wares fast unmöglich, den Schritten, geschweige denn den Gesprächender Engel auf dem Flur zu lauschen. Er fühlte sich wie der einsamsteMann der Welt. Durch seine Gedanken zog in Dauerschleife das kurzeGespräch mit Theliel. Zu lange hatte er in dem unschuldigen, kleinenEngel Michael gesehen, doch noch länger konnte er ihnen beidendiesen Schmerz nicht antun.
„Michael",hauchte er in die Dunkelheit und hoffte, dass von außen genausowenig zu hören wie von drinnen. „Bist du noch hier?"
Immer wiederüberwältigte Lucifer die Erinnerung daran, wie er an Michaels Grabgestanden und plötzlich dessen Stimme vernommen hatte. Und für eineSekunde hatte er sich sogar eingebildet, eine kleine, warme Hand zuspüren, die sich auf seine Schulter gelegt hatte. Genau so, wieMichael es immer getan hatte.
Doch je häufiger erdie Situation vor seinem Geiste entlangziehen ließ, desto fester kamer zu dem Entschluss, dass er sich die Stimme und die Berührung inder Hitze und Erschöpfung des Kampfes eingebildet haben musste.Seine Finger zitterten noch immer, bis Lucifer schließlich aufseinen kleinen Finger biss, um sich durch den Schmerz abzulenken.
Nach einigenSekunden schmeckte er sein eigenes Blut. Der Geschmack rief ihnzurück in die Wirklichkeit. Der schmale Streifen Licht in der Mittedes Raumes spendete ihm ein wenig Frieden in er Dunkelheit, die ihnumwickelte wie ein Mantel. Er rappelte sich auf, stützte sich aufallen Vieren ab und begann, trotz seiner schmerzenden Arme mit einemSatz Liegestützen zu beginnen. Seine überarbeiteten Muskelnbrannten bereits nach wenigen Wiederholungen, doch die Bewegung undder Schmerz hielten ihn bei Verstand.
Lucifers Atem gingschneller und Blut dröhnte in seinen Ohren, während er sichunerbittlich zu immer weiteren Wiederholungen zwang. Solange erKontrolle über seinen Körper hatte, würde ihn nichts verletzenkönnen.
Ein Klopfen, sozaghaft, dass er erst glaubte, es sich eingebildet zu haben, weckteseine Aufmerksamkeit. Der Höllenkönig hielt mitten in der Bewegunginne und hob den Kopf, als die Tür zur Seite geschoben wurde. Gegendas plötzlich ziemlich grelle Licht zeichnete sich eine schmaleGestalt mit halb ausgebreiteten Flügeln ab, die eine Hand durch dieGitterstäbe nach ihm ausstreckte.
„Michael",hauchte Lucifer erneut und wusste gleichzeitig, dass erHalluzinationen haben musste.
„Nicht ganz",antwortete der Engel und wies den Wächter an, auch das Gitter zuöffnen. „Ich bin Raphael. Falls du dich noch an mich erinnerst."
„Natürlicherinnere ich mich an dich", murmelte Lucifer und erhob sich. Bluttropfte von seiner Hand. „Du bist der beste Heiler, den der Himmeljemals hatte, und Michaels Bruder."
„Schon möglich",antwortete Raphael ausweichend. Er wirkte anders, als Lucifer ihn vonfrüher in Erinnerung hatte. „Ich soll deine Wunden versorgen,bevor du zu Gott gehen darfst. Also wehr dich bitte nicht, sonstmachst du uns beiden nur noch mehr Probleme."
„Ich habe michergeben", entgegnete Lucifer kalt. „Weshalb sollte ich jetzt nochProbleme machen? Macht mit mir, was ihr wollt. Ist ja nicht so, alswürdet ihr das ohnehin ständig machen."
Raphaels Gesichtblieb unbewegt bei Lucifers Seitenhieb. Er trat zurück, als derWächter die Hände des Dämons auf dessen Rücken band. DerHöllenkönig ließ alles über sich ergehen, den Kopf gesenkt, dieAugen halb geschlossen. Wie ein Verbrecher wurde er aus dem Verlieszurück an die Erdoberfläche geführt. Über ihm glänzten matt dieSterne und eine drückende Stille hing über dem Himmel.
„Meine Praxisliegt dort drüben", murmelte Raphael, als Lucifer instinktiv dieRichtung einschlug, in der das Viertel der niederrangigen Engelfrüher gelegen hatte.
„Die haben icheine Praxis im besten Viertel des Himmels errichten lassen?",fragte er mit einem Seitenblick zu dem schmalen Erzengel.
„Ja. Auch Seraphimmöchten in den Genuss einer medizinischen Behandlung kommen." Ersprach vollkommen lustlos, als ginge es um das Wetter.
„Früher hättensie das niemals geduldet", sprach Lucifer einfach weiter. „Siehtaus, als hätte sich hier einiges geändert, seit ich fort bin."
Raphael antwortetenicht. Seine reservierte Haltung blieb auch, als sie in Begleitungdes Wächters die Praxis betraten. Außer ihnen war niemand anwesendund kaltes Licht erhellte flackernd die Geräte neben derPatientenliege, auf der Lucifer sich wie angewiesen niederließ. Esroch nach Desinfektionsmittel und Putzlappen.
„Wo tut es weh?",fragte Raphael ungewohnt teilnahmslos. „Bindet Lucifer bitte los,damit ich ihn untersuchen kann."
„Verzeiht, aberdas ist nicht gestattet", antwortete der Thronenengel mit einemskeptischen Seitenblick auf den Höllenkönig.
„Binden Sie ihnlos und gehen Sie vor die Tür!", fuhr Raphael ihn mit einerAggressivität an, die sogar Lucifer erschreckte. Sichtlichüberfordert blickte der Wächter zwischen Raphael und Lucifer hinund her, dann löste er tatsächlich die Handschellen und ging vordie Tür, um die ärztliche Schweigepflicht nicht zu beeinträchtigen.
„Du hast diroffenbar einen Ruf erarbeitet", murmelte Lucifer anerkennend. „Wennsogar ein Thronenengel vor dir kuscht."
„Die Umständehaben sich ein wenig, aber nicht deutlich geändert", entgegneteRaphael kühl, zog Lucifers Oberteil aus und tastete über den grünund blau angelaufenen Oberkörper des Dämons. Mit geschicktenFingern fand er eine angeknackste Rippe und drückte absichtlichlange dagegen, sodass Lucifer schmerzerfüllt keuchte.
„Warum tust dudas, Raphael?", blaffte er. „Ich hatte dich freundlicher inErinnerung."
„Freundlicher?"Raphael explodierte fast. Seine weit ausgebreiteten Flügel zittertenheftig, als er den Höllenkönig anschrie. „Du hast beide meinerBrüder auf dem Gewissen! Erst bringt Micha sich deinetwegen um unddann tötest du auch noch Brie? Ich bin ganz alleine, Lucifer, unddas alles deinetwegen!"
Seine Stimme schienunendlich von den Wänden der leeren Praxis widerzuhallen und demWutausbruch folgte eine lastende Stille, in der die beiden Männereinander anstarrten; einer wutverzerrt, der andere überrascht.
„Umgebracht?",wiederholte Lucifer schließlich. Seine Stimme klang tonlos. „Michaelhat sich... umgebracht?"
Die Wut in RaphaelsAusdruck wich dem Schock über seine eigenen Worte.
„Umgebracht?",fragte Lucifer zum dritten Mal, wie eine kratzige Schallplatte. „HatMichael sich meinetwegen umgebracht? Sag es mir!"
„Ja, hat er",fauchte Raphael zurück, brach jedoch im selben Moment in Tränenaus. „Er hat dich so sehr geliebt... dass er nicht ohne dich lebenwollte. Und als er dich erneut in die Hölle werfen musste, hat ihmdas endgültig den Rest gegeben. Der Herr wollte nicht, dass esjemand erfährt, also hat Er das Gerücht verbreiten lassen, duhättest Michael in eurem Zweikampf tödlich verletzt..."
Lucifer spürteseine Reißzähne hervorbrechen, als sich seine zu Krallen gewordenenFinger fest in die gepolsterte Seite der Liege gruben. Schaumstoffquoll daraus hervor.
„Warum hat mir dasniemand gesagt!", brüllte Lucifer. Im selben Moment stürmte derWächter, der draußen gewartet hatte, in den Raum, das Schwertgezogen, um sofort eingreifen zu können. Mit drei großen Schritterreichte er den aufgebrachten Lucifer und drückte ihn fest runterauf die Liege. Der Höllenkönig wehrte sich nicht.
„Er ist trotzdemdeinetwegen gestorben", giftete Raphael zurück, noch immerschluchzend. Seine zuckenden Flügel räumten einen Tisch mitdesinfizierten Instrumenten ab, die er leise schimpfend wiederauflas.
„Ich muss mitdiesem Scheißkerl von Gott reden! Sofort!" Lucifer musste sichschwer beherrschen, nicht zu randalieren, doch das noch immer aufseine Kehle gerichtete Schwert des Thronenengels hielt ihnerfolgreich in Schach.
„Halt still."Mit zittrigen Fingern trug Raphael eine Salbe auf die Blutergüsseauf, dann verband er Lucifers Oberkörper fest, damit die Ripperichtig heilen konnte. Schließlich trat er zurück, reichte Luciferdas Oberteil und sah zu Boden, als dieser sich wieder ankleidete unddie Handschellen umgelegt bekam, diesmal vor dem Körper.
„Bitte bringt ihnzum Herrn", murmelte der Heiler an den Wächter gewandt.
Mit einem unsanftenRuck zog der Thronenengel Lucifer auf die Füße und stieß ihn vorsich her zum Tempel.
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