Kapitel 17
Lucifer reagierteals Erster. Aus dem Augenwinkel konnte Theliel beobachten, wieBewegung in den Dämon kam. Mit gezogenen Schwertern stürzte er sichauf die Vanth, die keinen Zentimeter von der Stelle wich. Stattdessenschnellte Lilith vor, um seinen Schlag mit ihrem nackten Armabzufangen. Die Klinge machte kein Geräusch, als sie in zwei Teilebrach.
Im nächsten Momentspürte Theliel den Luftzug, als Pachriel sich mit einem Kampfschreizwischen ihn und Lilith stellte, die sich züngelnd zu dem kleinenEngel umwandte. Ein brennendes Gefühl breitete sich in seinerMagengegend aus.
Wie unberührt vondem Spektakel um sie herum schritt die Vanth an den Kämpfendenvorbei. Pachriels aufgeregte Flügelschläge, mit denen sie sichgegenüber der Dämonenmutter aufplusterte, ließen ihre blondenLocken flattern. Ihr Blick war ins Leere gerichtet, als sie vor demGrabstein in die Hocke ging, eine Hand auf den Stein legte und dieAugen schloss.
Das brennende Gefühlwurde unerträglich. Ohne es zu merken, schrie Theliel auf, pressteeine Hand auf seinen Bauch und wollte die Vanth aufhalten. Imnächsten Moment verschwamm sein Sichtfeld in wabernder Hitze undlodernden Flammen.
Das Himmlische Feuerwuchs einfach aus den kleinen Kinderhänden der Vanth heraus wie einePflanze. In langen, brennenden Ranken wand es sich an den magerenArmen hinauf, bis es ihre Schultern erreichte. Innerhalb von Sekundenstanden ihre grauen Flügel in Flammen, ohne jedoch Schadenanzurichten.
Sowohl Lucifer, alsauch Lilith hielten inne, um diesen Anblick zu bewundern. Eingehülltin Flammen wirkte die Vanth größer, als sie eigentlich war. Selbstihre Augen schienen zu brennen, während der Rest ihres Körpers sichzunehmend in Flammen hüllte. Die Vanth sonderte eine unangenehmeHitze, die grade an der Grenze zum Schmerzhaften lag, ab, doch dieBlumen und Gräser um sie herum wurden nicht von den Flammenversengt.
„Theliel!", rissPachriel den eingeschüchterten Engel aus seiner erstarrtenEhrfurcht. „Du musst ihr das Himmlische Feuer abjagen, bevor sie eseinsetzen kann!"
Ihr Befehlstonschnitt ihm ins Fleisch. Blinzelnd rief er sich seine Aufgabe vorAugen. Im Gegensatz zu den übrigen Anwesenden erschien ihm dasHimmlische Feuer weniger bedrohlich, sondern vielmehr wie ein scheuesTier, dessen Vertrauen es zu erschleichen galt.
Zischend undzüngelnd baute sich Lilith neben ihm auf. Sie schob Pachriel miteiner Hand zur Seite, als wäre sie aus Rauch, der sie zwar umhüllen,aber nicht berühren konnte. Ihr in einem Widerhaken mündenderSchweif tanzte wie eine Schlange hinter ihrem Rücken.
„Vanth, meinLiebes", schnurrte sie mit einem Lispeln. „Das Himmlische Feuerhat dich als seine Meisterin akzeptiert; lass es jetzt auf den Himmello-"
Lucifer warschneller. Er stieß seine Schwertklinge von hinten in LilithsKörper, sodass sie mit kurzem Widerstand in ihrem Fleisch versank.Auf der anderen Seite kam die Spitze der Klinge kurz unterhalb desBrustkorbs wieder aus der Dämonenmutter heraus. Fassungslos starrtensowohl Theliel als auch die Vanth auf die durchbohrte Dämonin, dieeinen zischenden Schlangenlaut von sich gab, bevor sie sichherumdrehte und den Höllenkönig mit rot glühenden Augen musterte.
„Du bist festentschlossen, für diesen alten Trottel zu kämpfen", stellte siein höhnischem Tonfall fest.
Theliel schluckteschwer, ballte die Hände zu Fäusten und trat auf die desorientierteVanth zu. Die geflügelte Dämonin wich vor ihm zurück und hob dieArme schützend vor ihr Gesicht, als wollte sie sich gegen einenbevorstehenden Schlag wappnen.
Das brennende Gefühlin Theliels Magen breitete sich mit jedem Schritt, den er auf dasHimmlische Feuer zu machte, weiter in seinem Körper aus, bis er vonden Zehenspitzen bis zum Haaransatz mit Hitze durchflutet war.
Als er die Handausstreckte, stieß die Vanth einen erschrockenen Schrei aus, konntejedoch nicht verhindern, dass ein Funke des Himmlischen Feuers aufTheliel übersprang. Wie ein warmer Handschuh hüllten die Flammenseinen Arm ein und tasteten sich hinauf zu seinen Schultern. Mitjeder Flamme, die auf Theliel überging, wurde der feurige Panzer derVanth dünner.
Sie schrie, warjedoch nicht in der Lage, den Prozess aufzuhalten. Gerade als Thelieldachte, er hätte die vollständige Kontrolle über das HimmlischeFeuer gewonnen, verlangsamte sich der Prozess, bis die Flammen zugleichen Teilen zwischen den beiden Auserwählten aufgeteilt war.
Theliels Blick trafden der Vanth. Sie waren einander ebenbürtig. Die Kontrolle überdas Himmlische Feuer musste hart erkämpft werden.
Lilith zog dieKlinge aus ihrem Körper, als spürte sie sie gar nicht. Wut undVerzweiflung überwältigten Lucifer beinahe, als er zusah, wie dieDämonenmutter seine Klinge in beide Hände nahm und über ihrem Kniezerbrach. Seine Klauen und Reißzähne allein würden ihm im Kampfgegen die Dämonin nicht von Nutzen sein.
Pachriel, ThelielsBegleitung, hatte sich bisher darauf beschränkt, Theliel den Rückenfreizuhalten, doch als sie merkte, dass Lucifer Unterstützung imKampf gegen die Dämonenmutter benötigte, sprang sie ihm sofort zurSeite. Ihre Tapferkeit wusste der Höllenkönig zu schätzen.
Er warf einen kurzenBlick zu Theliel, der mit der Vanth um die Kontrolle über dasHimmlische Feuer rang. Lilith machte Anstalten, den kleinen Engelanzugreifen, doch Pachriel sprang die Dämonin an wie eine Löwin.Ihr Schwert versank wirkungslos im Schädel der Dämonenmutter.
Lucifer streckte dierechte Hand von sich. Was jetzt kam, war neu für ihn, aber nötig.
„Kasdeya Elathan!Dein Meister ruft dich zum Kampf!"
Er spürte, wieseine Finger sich um einen Schwertgriff schlossen, doch die Waffe,die er nun führte, war leicht wie ein einzelner Tropfen Blut. SeineHand bewegte sich wie von selbst, als das Schwert ihn mit in denKampf zog.
Der erste Schlagtraf Lilith unvorbereitet und trennte die Hand, die sie nach Pachrielausgestreckt hatte, sauber ab. Mit einem Wutgeheul starrte dieDämonenmutter auf den blutigen Stumpf, dann auf das Schwert inLucifers Hand.
„Wie ich sehe,bist du vorbereitet", zischte sie, wobei ihr Lispeln den Satzbeinahe untergehen ließ. Sie wich tatsächlich zurück, als Lucifersich näherte, wobei sie mit der freien Hand den Stumpf umklammerthielt.
„Hast du dichdeshalb niemals persönlich mit Satan angelegt?", fauchte Lucifer.Er konnte seinen Puls überdeutlich spüren und das Schwert schienirgendwie Teil davon zu sein. Seine Reißzähne rissen seineUnterlippe auf. Der Geschmack des Blutes in seinem Mund machte ihnbeinahe wahnsinnig in seinem Verlangen zu töten. „Weil das Schwertdich verletzen kann, Dämonenmutter."
„Satan war einNarr", züngelte Lilith, rückwärts tänzelnd. „Er hätte dasSchwert niemals gegen mich erheben können."
Lucifer schlug nachihr, ohne wirklich die Intention zu hegen, sie zu treffen, dochLilith sprang mit einem erbosten Fauchen zurück, darauf achtend,sich außerhalb des Schwertradius zu halten. Triumphierend triebLucifer sie rückwärts, bis er plötzlich Hitze an seinem Rückenspürte. Eine Welle des Himmlischen Feuers erfasste ihn.
Obwohl seine Flügelschon so lange verloren waren, breitete sich der Geruch verbrennenderFedern aus, als seine Weste in Brand geriet. Lilith stieß sich ab,umrundete den in Flammen stehenden Höllenkönig und strebte aufTheliel zu, der sich bemühte, den Brand auf Lucifers Rücken unterKontrolle zu halten.
„Halt sie auf!",rief er Pachriel zu, die sich mit gespreizten Flügeln vor derDämonenmutter aufbaute.
Die Hitze hatte seinFleisch erreicht und dumpfer Schmerz waberte durch LucifersBewusstsein. Stolpernd versuchte er, das Feuer an der Rückwand desTempels auszudrücken. Inzwischen stand auch sein Hemd in Brand,sodass sich die Flammen schnell von seinem Rücken aus zu seinenArmen hin ausbreiteten.
Theliel trat hinterPachriels Flügeln hervor, beide Arme mit verkniffenemGesichtsausdruck ausgestreckt. Nur zäh folgten die Flammen seinenBefehlen, da sie noch immer unter der Kontrolle der Vanth standen.
Der Schmerz schickteLucifer beinahe zu Boden. Mit rot glühenden Augen blickte er zu derVanth, die ihn mit flammenden Blicken bedachte. Lilith hatte sie nochnicht ganz erreicht, doch lange würde Pachriel sie nicht mehrvoneinander trennen können.
Als die Flammenseine Haare erreichten, rannte er los. Kasdeya Elathan zuckte leichtin seiner Hand, doch das Schwert hatte sein Ziel bereits ausgemacht.Lucifer musste nur noch der Bewegung folgen und hoffen, dass derSchmerz ihn vorher nicht ohnmächtig werden ließ.
Mit einem wütendenSchrei stürzte er sich auf die Vanth, eine Flammenspur hinter sichher ziehend, und rammte das dämonische Schwert mitten durch ihrenkleinen Brustkorb. Ihr Kopf fiel wie bei einer Puppe nach vorne, danngaben ihre Knie nach, sodass ihr gesamtes Gewicht nur noch auf derSchwertklinge ruhte. Lucifer zog die Klinge aus ihr.
Gemeinsam mit Vanthsleblosem Körper fiel auch das Himmlische Feuer, das sich inzwischenunter Theliels Kontrolle befand, zu Boden, wo es zischend erlosch.Schmerz pulsierte in Wellen von der verbrannten Haut aus durch seinenKörper.
Dunkle Punktetanzten vor Lucifers Augen, als er sich zu Lilith umdrehte, die wieerstarrt einige Meter entfernt von ihrer toten Tochter stand.Vollkommen regungslos wie eine Statue betrachtete sie dendurchbohrten Leichnam.
„Das HimmlischeFeuer ist unter unserer Kontrolle", verkündete Lucifer atemlos.„Gib auf, Lilith. Wir spielen dieses Spiel doch schon lange genug."
Sehr langsamschüttelte die Dämonenmutter den Kopf.
„Du hastvielleicht die Schlacht gewonnen, Morgenstern", züngelte sie.Dämonische Energie hüllte sie in dunkle Schleier. An den Stellen,an der sie das Gras berührte, lösten sich die Pflanzen zu schwarzerAsche auf. „Aber den Krieg überlebst du nicht!"
Da wir uns mit Riesenschritten dem Ende der Trilogie nähern... hat irgendjemand Interesse an einem Extrakapitel, in dem ich zu jedem Charakter ein paar Hintergrundinformationen liefere?
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