v e n t i n o v e
• Howling At The Moon - Milow •
Lesenacht 1/3
Mein Kopf schien vor Schmerzen beinahe zu Zerreißen. Mir war verdammt schlecht und sowieso schien alles wehzutun.
Das grelle Sonnenlicht, welches durch die Vorhangspalten in das Zimmer fiel, brannte in meinen Augen, der Duft von frisch aufgebackenen Brötchen, welcher durch die geschlossene Zimmertüre drang, verstärkte meine Übelkeit nur noch mehr und in diesem Moment hasste ich mein Leben.
Das war mit Anstand der schlimmste Kater, den ich je hatte und ich fragte mich, wie viel Alkohol ich wohl gestern in mich hineingeschüttet hatte.
Beim besten Willen konnte ich mich nicht mehr erinnern. Ich fühlte mich, als hätte ich etwas Wichtiges vergessen, jedoch schaffte ich es nicht, mich auch nur an ein einziges Detail von gestern Abend zu erinnern.
Mühsam stand ich aus dem Bett auf und schwankte unsicher. Es dauerte einige Zeit, bis ich mein Gleichgewicht wiederfand.
Ich schleppte mich unter Aufbringung meiner ganzen Kraft ins angrenzende Badezimmer und versuchte, die aufsteigende Übelkeit zurückzudrängen, die durch meine Bewegungen wieder schlimmer geworden war.
Ich fiel auf die Knie und riss den Deckel der Toilette nach oben, bevor ich mich hustend und würgend in die Schüssel erbrach. Ich hasste es, wenn mir schlecht war. Überhaupt hasste ich zur Zeit ziemlich viel.
Nach einer gefühlten Ewigkeit drückte ich endlich die Spülung und lehnte mich geschwächt gegen den Rand der Badewanne. Ich fühlte mich elend und war mir sicher, dass ich gestern nur knapp einer Alkoholvergiftung entkommen war.
Ich saß bestimmt zehn Minuten erschöpft und mit geschlossenen Augen auf dem Badezimmerboden, bevor ich mich aufraffte und zuerst meinen Mund ausspülte, bevor ich mir die Zähne putzte.
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„Habt ihr Aspirin und ein Glas Wasser?", nuschelte ich und hielt mir stöhnend den Kopf, als Yaizas Löffel gegen das Keramik der Müslischale klapperte.
„Sicher." Jenna stellte ein Glas vor mir auf den Tisch und legte die kleine, weiße Tablette daneben. Gierig griff ich danach.
„Du hast sicher einen ordentlichen Kater. Hast es gestern wirklich übertrieben mit dem Feiern. Lucian hat dich in dein Zimmer getragen und dich aus deinem Kleid befreit. Du warst ja völlig weggetreten, bist durch gar nichts aufgewacht.", berichtete sie mir und obwohl sie leise sprach, verursachte jedes ihrer Worte einen hämmernden Schmerz in meinem Kopf.
„Sag ihm danke dafür.", erwiderte ich, nachdem ich die Aspirin mit dem Wasser geschluckt hatte.
„Das tust du am besten selbst. Und bei der Gelegenheit klärt ihr auch noch eure Differenzen und sprecht euch endlich aus. Die Spannung zwischen euch ist kaum auszuhalten! Er ist oben in seinem Arbeitszimmer." Ich reagierte nicht, sondern starrte auf die Tischplatte.
„Ahora ve!", rief sie laut und ich sprang erschrocken vom Stuhl auf und hielt mir meinen Kopf. Dennoch lief ich die Treppen nach oben und steuerte auf Lucians Arbeitszimmer zu.
Vor der Tür blieb ich stehen, die Hand zum Klopfen erhoben, doch wenige Zentimeter davor hielt ich inne. Er würde sowieso nicht mit mir reden wollen. Ich hatte es vermasselt und darüber war ich mir mehr als im Klaren.
Du kannst ihm doch wenigstens danken, du brauchst doch keine Antwort, machte ich mir innerlich Mut und klopfte dann.
„Komm rein.", vernahm ich seine Stimme vom Inneren und langsam drückte ich die Türklinke herunter.
Ich betrat das hell und freundlich eingerichtete Büro. Lucian saß auf dem Bürostuhl und hatte mehrere Papiere in der Hand, die er allerdings auf dem Tisch ablegte, als ich eintrat.
Ich setzte an, um ihm zu danken, als er mich unterbrach: „Kannst du dich noch an gestern erinnern?", fragte er mich.
Zögerlich schüttelte ich den Kopf. „Ich weiß nur das, was Jenna mir erzählt hat. Ist etwas vorgefallen?"
Lucian verneinte. „Nichts besonderes. Ich habe dich abgeholt, nachdem du mich sturzbetrunken angerufen hast und anschließend hast du dich in einen Busch übergeben, den du Gertrud nanntest."
Ich schlug mir die Hände vors Gesicht. „Oh Gott, ist das peinlich!", rief ich verzweifelt aus. „Habe ich noch etwas getan?" Nebenbei hörte ich ein leises, klackerndes Geräusch hinter mir, schenkte ihm aber keine Beachtung.
Plötzlich schien Lucian mit sich zu hadern. „Naja.", meinte er schließlich. „Du hast eine Art Geständnis gemacht, bevor du eingeschlafen bist."
„Fuck. Wieso muss ich immer so ehrlich sein und alles ausplaudern, wenn ich betrunken bin?", jammerte ich und war mir sicher, dass ich knallrot angelaufen war, wie eine Tomate.
„Das war die Wahrheit?" Lucian schien erschrocken und gleichzeitig huschte ein Ausdruck von Freude über sein Gesicht. Ich fragte mich, was ich ihm erzählt hatte.
„Ich habe dir doch nicht etwa von meinem ersten Mal erzählt, dass in einem Dreier geendet hat, oder? Man, ich wusste ja nichtmal mehr, welcher der Typen jetzt zuerst in mir war!" Entsetzt starrte ich ihn an, meine Augen geweitet.
Doch Lucian verzog nur das Gesicht und versuchte offensichtlich nicht laut loszulachen. „Nein, hast du nicht, aber danke für diese Information."
Mist. Jetzt wusste er es. Ich wollte vor Scham im Boden versinken. Aber es war Zeit, zum eigentlichen Thema, weshalb ich überhaupt das Büro betreten hatte, zurückzukehren. Ansonsten würde es zu peinlich für mich werden.
„Also eigentlich wollte ich mich nur dafür bedanken, dass du mich gestern abgeholt hast."
„Schon gut.", erwiderte er nur. Ich drehte mich um und drückte die Türklinke herunter. Doch die Tür ging nicht auf. Ich rüttelte daran, aber sie bewegte sich keinen Zentimeter.
„Lucian...die Tür lässt sich nicht öffnen!" Beinahe panisch blickte ich ihn an, da ertönte von draußen eine Stimme.
„Ihr bleibt jetzt so lange da drin, bis ihr euch wieder vertragt!" Yaiza klang ernst.
„Jenna!", rief Lucian. „Sperr bitte die Tür auf, deine Tochter hat uns hier eingeschlossen."
Doch Jennas Stimme klang ebenso deutlich, wie die von Yaiza. „Oh nein. Ihr werdet euch jetzt schön aussprechen und erst, wenn ihr alles geklärt habt, wird sich diese Tür wieder öffnen!"
Schritte entfernten sich und ich begann langsam zu realisieren, was gerade geschehen war. Jenna und Yaiza hatten uns hier eingeschlossen. Ich war gemeinsam mit Lucian in einem kleinen Büro gefangen, welches nicht einmal fünfzehn Quadratmeter groß war.
Wir würden miteinander reden müssen und ich wusste nicht, ob ich mehr Angst vor dem Verlauf des Gesprächs hatte, oder davor, was ich erfahren würde.
Verzweifelt ließ ich mich auf die kleine Couch fallen, die in dem Raum stand. Nur kurze Zeit später senkte sich das Polster neben mir und Lucian setzte sich ebenfalls.
Er räusperte sich. „Sieht so aus, als hätten wir keine andere Wahl, als miteinander zu sprechen."
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