Kapitel 8
Gut gelaunt liefen Sean und ich über den Bauernmarkt der kleinen Stadt, die am nächsten zu unserem Anwesen lag. Alle Menschen wussten, wer wir waren. In dem kleinen Dorf gab es seit Jahren kein anderes Thema als meine Familie. Drei Männer, die fünf Kinder aufzogen. Da konnte es ja nicht mit rechten Dingen zu gehen.
Lewis lief uns übellaunig hinterher. Er wollte nicht hier sein. Lewis konnte es nicht leiden, wie die Dorfbewohner uns immer ansahen, wenn wir dort waren. Trotzdem wurde er von Ruben gezwungen mitzukommen. Jetzt trug er uns unsere Einkäufe hinterher.
"Da haben Sie aber eine ganze Menge Sachen gekauft?", fragte eine der älteren Verkäuferinnen neugierig nach, "Was haben Sie dann mit all dem Essen vor."
"Oh! Wir haben eine Familienfeier und es kommen einige Freunde zu uns zu besuch", erklärte Sean freundlich, "Und wissen Sie, mit dem Wetter das sich zusammenbraut, haben wir ein bisschen Sorge, dass wir eine Weile eingeschneit sein werden. Wir wollen also lieber auf der sicheren Seite sein."
"Verständlich", lächelte die Standbesitzerin uns gespielt freundlich zu.
Wir waren nicht einmal fünf Meter entfernt, da hörten wir sie schon hinter uns lästern.
"Diese armen Kinder. Von drei Männern aufgezogen. Kein Wunder, dass die Kleine so dünn ist. Ich kann nur beten, dass der Junge ein Stipendium bekommt und schnell von diesen Männern wegkommt. Das ist doch keine Umgebung für Kinder!", stichelte die Frau hinter uns.
Neben mir spürte ich, wie Lewis sich anspannte. Schnell hakte ich mich bei ihm ein, damit er sich nicht zu der alten Hexe umdrehte und die Meinung sagte.
"Lass es gut sein", flüsterte ich ihm beschwichtigend zu.
"Wie könnt ihr dabei nur so ruhig bleiben?!", zischte Lewis immer noch wütend.
"Wir haben doch keine andere Wahl. Was sollen wir machen? Wenn du sie anbrüllst, würde sie im nächsten Moment nur rumerzählen, dass drei Männer eben keinen Kindern benehmen beibringen könnten. Egal was wir tun, es würde alles nur schlimmer machen. Lass sie lieber reden und wir tun so, als würden wir es nicht hören. Das ist am einfachsten", erklärte Sean ganz leise, mit einem gespielten Lächeln auf den Lippen. Keiner sollte mitbekommen, über was wir wirklich redeten. Sanft drückte er Lewis und mir einen Kuss auf die Stirn.
"Und jetzt Lewis bring schon mal die ersten Taschen zum Auto. Faith hilf ihm. Dann geht zum Metzger das Fleisch kaufen. Hier ist die Liste", sprach Sean etwas lauter, so dass es wahrscheinlich viele der umstehenden Dorfbewohner gehört hatten.
"Ok, bis gleich, Onkel", antwortete ich grinsend in der selben Lautstärke.
"Ihr seid fürchterlich. Die alte Hexe hätte einen Anschiss wirklich verdient", murmelte Lewis ganz leise, während wir die ganzen Taschen mit den Einkäufen in den Kofferraum des Jeeps räumten.
"Ja, das hätte sie wirklich. Aber nicht von uns. Und jetzt los. Das ist eine ganze Menge Fleisch, die wir noch brauchen", lachte ich.
"Du versuchst auch immer das Positive zu sehen", brummte Lewis.
"Was soll ich denn sonst tun? Meine Pubertät mit dir gemeinsam noch einmal durchleben und die arme Frau Zusammenbrüllen? Das würde doch nichts bringen. Sie es doch mal so. Ihr eigenes Leben ist so langweilig, dass sie schon über unsere Leben Vermutungen aufstellen muss", zuckte ich mit den Schultern.
"Ach! Da sind ja meine besten Kunden!", rief der Metzger freundlich und überglücklich. Er war der einzige, der nicht nur gespielt nett zu uns war, aber das lag daran, dass wir wirklich seine besten Kunden waren. Durch den Wolf in uns brauchten wir immer sehr viel mehr Fleisch als normale Menschen. Der Metzger machte dadurch wahrscheinlich das Geschäft seines Lebens an uns. Seine Frau dagegen war genauso schlimm wie die anderen Dorfbewohner. Die kleine, spindeldürre Frau erinnerte mich immer an eine Schlange, mit ihrem Aussehen und der zischenden Stimme, die immer wie ein Messer durch mein sensibles Gehör fuhr.
"Was kann ich euch heute gutes tun?", fragte der Mann hinterm Tresen freundlich.
"Unser Onkel hat uns eine Liste gegeben", antwortete ich genauso freundlich. Lächelnd überreichte ich die Liste.
"Oh! Das ist aber wirklich eine ganze Menge!", rief der Mann überrascht. Sofort wurde ihm die Liste aus der Hand gerissen.
"Was haben Sie denn damit alles vor?", fragte die Schlange von einer Frau und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an.
"Wir haben eine Familienfeier und es kommen noch ein paar Freunde zu Besuch", erklärte Lewis. Beschützerisch baute er sich neben mir auf. Er wusste ganz genau, dass mir diese Frau einfach unheimlich war, obwohl sie bloß ein Mensch war.
"Außerdem mit dem Wetter wollen wir lieber abgesichert sein, bevor wir eingeschneit werden", wiederholte Lewis die Worte von Sean.
"Aha!", zischte die Frau des Metzgers. Ihr Mann hatte sich schon daran gemacht die Liste abzuarbeiten und Fleisch zu wiegen und einzupacken.
"Sie haben wohl eine große Familie", meinte die Frau, "Leiblich oder auch alles adoptiert?"
"Ich wüsste zwar nicht was sie das etwas angeht, aber es ist die leibliche Familie von unserem Vater und unseren Onkels. Also auch unsere Familie", antwortete Lewis mittlerweile wieder wütend. Sein Wolf war noch immer sehr leicht zu reizen. Er musste noch lernen das Tier in sich besser zu kontrollieren. Zum Glück war der Metzger genau in dem Moment fertig mit unserer Bestellung. So schnell wie möglich bezahlte ich, während Lewis die Schlange mit Blicken tötete.
"Na ja dann kann es ja nicht Ihre Familie sein. Immerhin ist Ihr Vater, ja auch nicht Ihr richtiger Vater", zischte die Frau.
Bevor Lewis antworten konnte, zog ich ihn aus dem Laden. Aber bevor wir das Geschäft ganz verlassen hatten, sagte ich noch so laut wie es möglich war, ohne zu übertrieben laut zu reden, zu Lewis.
"Wir sollten Onkel Sean sagen, hier nicht mehr Fleisch zu kaufen. Die Verkäuferin in der anderen Stadt war sehr viel freundlicher. Ich denke es wäre besser, wenn wir dort unser Geld lassen würden."
Die Tür viel hinter uns zu und ich hörte noch wie der Metzger seine Frau zur Rechenschaft zog. Ohne uns würde ihm eine gewaltige Summe an Geld dich die Lappen gehen. Und das hatte seine Frau jetzt zu verantworten.
"Und habt ihr alles bekommen?", fragte Sean grinsend, als wir zu ihm ins Auto stiegen.
"Ja, aber wir gehen dort nicht mehr einkaufen", meinte Lewis ohne weitere Erklärung.
Verwirrt sah Sean durch den Rückspiegel zu mir auf die Rückbank. Aber ich nickte nur und unterstütze meinen Bruder. Seufzend fuhr Sean los. Er wusste, wenn Lewis und ich uns einig waren, dann gab es keine andere Option. Auch er würde nicht mehr dort einkaufen gehen.
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