Kapitel 56
An diesem Morgen wachte ich zufrieden auf. Ich trug ein weites T-Shirt und Boxershorts von Zander und war dicht an ihn gekuschelt. Ich hatte den beiden den gesamten Tag gelassen. Ich hatte Zander vertraut, mich zurückgelehnt und zum Teil sogar nicht einmal zugesehen, was passierte. Er hatte meinen Wolf wirklich zurückgehalten. Hatte dafür gesorgt, dass wir kuschelnd einschlafen würden ohne das etwas passiert war.
Lächelnd kletterte ich aus dem Bett. Dabei war ich ganz vorsichtig, um Zander nicht zu wecken. Ich kramte aus meiner Tasche mein Handy, das ich immer noch nicht geladen hatte. Ich suchte ein Ladekabel von Zander und schloss es an. Danach holte ich meinen Zeichenblock heraus und tat etwas, das ich seit unserer Trennung nicht mehr getan hatte. Ich zeichnete Zander, wie er am Schlafen war.
Ich liebte es seine sanften, unbeschwerten Züge aufs Papier zu bringen. Es beruhigte mich immer ihn so entspannt zu sehen.
Mein Gefährte war nicht mehr am Schlafen, aber er bleib ganz still liegen. Er wusste, so konnte ich fertig werden mit meiner Zeichnung.
"Du weißt aber, dass ich auch fertig geworden wäre, wenn du aufgestanden wärst?", flüsterte ich grinsend, als ich meinen Bleistift zur Seite legte.
"Ich wollte nur testen, ob deine Sinne schon wieder etwas geschärfter sind", log Zander mich frech grinsend an. Verschlafen kam er auf mich zu und drückte mir einen schnellen Kuss auf die Lippen, bevor er in Richtung Bad verschwand.
Ich folgte ihm mit meinen Blicken. Als sich die Tür hinter ihm schloss, hörte ich einen erleichterten Seufzer in meinem Kopf.
Du solltest wirklich damit aufhören. Du wirst noch Dinge sehen, die du nicht sehen willst, genervt verdrehte ich die Augen.
Dafür ist es schon zu spät. Glaub mir das!, antwortete mein Bruder gespielt entsetzt, Ich wollte nur nachsehen, ob alles ok ist. Musste aber feststellen, dass du, anstatt mit deinem Gefährten zu reden, lieber deinen Wolf mit ihm hast rummachen und kuscheln lassen.
Wie aufs Stichwort kam Zander wieder in den großen Raum und sah mich ernst an.
"Prinzessin, können wir reden?", fragte er nach. Ich nickte ihm lächelnd zu.
Siehst du, wir reden!, brummte ich Ezra zu.
Aber nur, weil ich ihm eine WhatsApp geschickt habe, dass du nie das Gespräch suchen wirst, wenn er es nicht tut, lachte dieser mich aus.
Wütend schloss ich den jungen Mann, der wirklich kein Fünkchen von Privatsphäre verstand aus meinem Kopf aus.
"Über Sean?", hakte Zander vorsichtig nach. Wieder nickte ich. Schwer schluckend sah ich nach unten.
"Ruben ist zwar auf dem Papier mein Vater, aber Sean war mein eigentlicher Vater. Er hat mich aufgezogen. Er war immer für mich da. Ich konnte mir nie ein Leben ohne ihn vorstellen. Sean war immer alles für mich. Er hat mir geholfen mein Abschlussballkleid zu kaufen, war mit mir meine ersten Binden kaufen und hat versucht mir zu erklären, wie ich sie zu benutzen habe und warum mein Körper all diese Veränderungen durchmachen würde", lachend schaute ich zu Zander auf, "Er hat mich getröstet, als ich mein erstes gebrochenes Herz hatte und ist dann mit mir Eier kaufen gegangen. Wir haben zusammen mit meinen Brüdern und Evie rohe Eier gegen sein Auto und sein Haus geschmissen. Er war auch derjenige, der mir das Tanzen beigebracht hat. Sean hat es geliebt zu tanzen. Walzer, Foxtrott, Tango, Diskofox. All diese Standardtänze. Er war sehr streng was das Tanzen anging. Aber dann bei allem anderen war er nicht mehr streng. Sean hatte immer ein offenes Ohr für mich. Ob es nun meine Gefühle für einen Typen, Wut über meine Brüder oder Trauer über einen verstorbenen Fiktivencharakter aus einem meiner Bücher war. Es war egal was oder wann. Ich habe so viele Stunden mit ihm und einer Tasse heißem Tee in der Küche verbracht. Stundenlang haben wir geredet. Und dann plötzlich war er nicht mehr da."
Meine Stimme brach ab. Mein wässriger Blick sagte mir, dass ich am Weinen war. Traurig sah ich zu meinem Gefährten, der sich zu mir gesetzt hatte, um mich in den Arm zu nehmen.
"Sean ist in meinen Armen verblutet. Er hat immer alles für mich getan. Mich immer beschützt. Aber dann wenn er mich am Dringendsten gebraucht hätte, da konnte ich nichts tun. Ich konnte ihn nicht warnen. Konnte die Kugel nicht aufhalten und ich konnte die Blutung nicht stoppen. Er ist einfach in meinen Armen verblutet und ich konnte nichts tun", schluchzte ich.
"Ich weiß. Es tut mir leid. Aber es ist nicht deine Schuld. Du hättest nichts anders machen können", versuchte Zander mir beizustehen.
"Aber ihr schon. Die Kugeln waren nicht für Sean bestimmt", schluchzte ich, "Ich weiß, ich wolltet das nicht, aber wenn Ruben euch nicht zu uns gelassen hättet, dann wäre Sean vielleicht noch am Leben. Dieser Gedanke schwebt jedes Mal in meinem Kopf, wenn ich River und Summer ansehe. Ich weiß, es ist fürchterlich, denn die beiden wollten das auch niemals. Sie mochten Sean. Aber in meinen Kopf geht das nicht rein."
"Das ist ok", flüsterte mein Gefährte verständnisvoll.
"Nein ist es nicht. Ich will mit dir zusammen bleiben, aber ich kann River niemals als meinen. Alpha annehmen und respektieren. Und du bist sein Stellvertreter. Wie soll das funktionieren?", fragte ich aufgelöst nach.
"Du könntest ihn wirklich nicht in der Zukunft akzeptieren?", stellte Zander mehr fest, als das er fragte.
"Ich kann es nicht spüren. Ich verbinde ihn und seine Schwester immer mit dem Tod meines Vaters. Wie soll ich da seinem Urteil folgen und seine Entscheidungen nicht jedes Mal in Frage stellen? Es würde uns allen nur schaden", seufzte ich traurig.
"Verbindest du mich auch mit dem Mord?", stellte Zander die alles entscheidende Frage.
"Am Anfang schon", nickte ich, "Aber jetzt nicht mehr. Wenn du alleine gekommen wärst, dann wäre keine Attentäter aus Europa gekommen und niemand hätte auf unsere Autos geschossen."
"Ok", murmelte mein Gefährte erleichtert. Es war, als wäre gerade eine tonnenschwere Last von seinen Schultern abgefallen. "Wir werden einen Weg finden, wie wir dieses Problem lösen. Aber gemeinsam. Keiner von uns rennt weg oder sowas. Wir werden einen Weg finden. Verstanden?"
Nickend sah ich zu Zander. Ich legte meine Hände auf seine Wangen und zog ihn dicht an mich ran für einen innigen Kuss.
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