Kapitel 20

Gelangweilt sahen Evie und ich dabei zu, wie Connor und River sich im Schach miteinander versuchten zu messen. Schach konnte ein faszinierendes Spiel sein, für andere. Mich interessierte es leider sehr wenig und ich musste mich immer wieder davon abhalten zu gähnen.  Auch Evie war wenig interessiert am Geschehen vor uns, auch wenn das wahrscheinlich mehr daran lag, dass sie in Gedanken bei Summer war. Traurig blickte sie aus dem Fenster, vor dem sich die Schneemassen türmten.

Summer verbrachte ihre Zeit mit Riley und ihrer Mutter Grace. Vielleicht war es ganz gut, das die beiden ihre Zeit auch mal mit etwas anderem verbrachten, als nur mit dem Streiten. Aber Evies Blick zeigte mir, dass sie in Gedanken nur bei ihrer Gefährtin war. 

Kayden und Harvey waren draußen und schaufelten Wege durch den Schnee. Was sie sich davon erwarteten wusste ich nicht. Aber ich konnte mir gut vorstellen, dass Harvey einfach nur nach einem Weg suchte, um uns allen aus dem Weg zu gehen.

James und Ruben hatten sich in Rubens Arbeitszimmer verbarrikadiert. Wahrscheinlich tüftelten sie gerade an Verteidigungsstrategien oder Ideen, um sich noch mehr zu verbünden. Oder sie sprachen einfach über alte Zeiten, immerhin waren sie zusammen aufgewachsen. Aber so ganz konnte ich mir Ruben nicht vorstellen, wie er bei einer heißen Tasse Tee über alte Zeiten plauderte und Anekdoten hervorkramte.

"Evie, Faith", hörte ich Sean aus der Küche rufen, "Ich bräuchte mal eure Hilfe!"

Erleichtert darüber vor dem Schachduell der "Giganten" gerettet zu werden, rannte ich schon fast in die Küche. Eigentlich erwartete ich Sean zu sehen, wie er vor drei Kochtöpfen stand und sich auf dem Küchentisch Berge von Gemüse stapelten, was alles noch gewaschen und geschnitten werden musste. Stattdessen war die Küche blitzblank. Nirgendwo standen Töpfe oder lagen Gemüse. Und auf dem Herd stand bloß eine dampfende Teekanne. Auf dem Küchentisch standen drei Tassen, die schon mit Tee gefüllt waren.

"Setzt euch", wies Sean uns an, "Wir müssen reden."

Mich erinnerte diese Atmosphäre sehr an früher. Als Evie und ich beide unsere Periode bekommen hatten, setzte sich Sean mit uns hin. Es gab ja keine Mutter oder Frau in unserer Familie, also erklärte Sean sich dazu bereit mit uns über die Tage und auch Geschlechtsverkehr zu reden. Er wollte uns so gut es geht aufklären. Allerdings war der einzige Satz, der damals wirklich bei mir hängen geblieben war "Wenn du noch nicht bereit bist, dann musst du mit niemandem schlafen!".

Unschlüssig sahen Evie und ich uns an. Immer noch zurückhaltend setzten wir uns dann aber doch auf die angewiesenen Plätze, gegenüber von Sean.

"Wir müssen uns über euere Gefährten unterhalten. Ich weiß, ihr seid momentan unterschiedlich glücklich und zufrieden mit der Lage und ich will jetzt auch gar nicht, dass ihr euch für oder gegen Summer und Zander entscheidet, darum geht es hier nicht", fing Sean ruhig mit seiner Rede an, "Aber ich will das euch bewusst ist, was auf euch zukommt."

Mit ernstem Blick musterte Sean uns.

"Wenn ein Wolf seinen Gefährten das erste Mal trifft, wird die Paarungszeit aktiviert. Die Wölfe werden sich bis zum nächsten Vollmond miteinander paaren und die Seelenverwandtschaft komplettieren, ansonsten bekommt ihr euer Hitze. Diese Hitze ist einer der schlimmsten Schmerzen, die ihr durchlaufen werdet und kann nur durch die Vollendung der Verbindung zu eurem Seelengefährten beendet werden. Ihr werdet in dieser Zeit aber auch unglaublich betörend riechen, was es für euch sehr gefährlich macht. Denn da wir nicht eure leibliche Familie sind, wird dieser Geruch auch auf uns alle betörend sein und unsere Wölfe in den Wahnsinn treiben", sprach Sean weiter.

"Das wissen wir doch schon", brummte Evie unbeeindruckt.

"Und weißt du auch, dass der Vollmond in drei Tagen ist? Und dass nicht nur du diesen Schmerz hast, sondern auch Summer. Was ist, wenn einer deiner Brüder seinen Wolf nicht zügeln kann und Summer von ihren Schmerzen erlöst?", antwortete Sean schnippisch.

Wütend sah Evie ihn an, "Das würden sie nicht wagen."

"Warum wäre das denn so schlimm? Du willst sie ja anscheinend nicht", grinste der Werwolf Evie fies an.

"Das habe ich nie gesagt."

"Aber dein Verhalten impliziert es. Ihr müsst euch also entscheiden. Wollt ihr die Verbindung zu euren Gefährten vervollständigen oder nicht. Wenn ihr das nicht wollt, ist das in Ordnung, aber dann müssen wir das wissen", erklärte er weiter, "Wir müssen Vorbereitungen treffen, um euch drei in unterschiedlichen Zimmern einzusperren, bis eure Hitze vorüber ist. Die Zimmer müssen für alles vorbereitet sein, das niemand rein oder raus kann. Denn ihr werdet auch raus wollen. Ihr werdet Verlangen haben, dass euch ebenfalls in den Wahnsinn treibt."

Peinlich berührt sah ich nach unten auf meine Tasse. Der Tee war mittlerweile abgekühlt und dampfte nicht mehr. Das Gespräch über Periode und Geschlechtsverkehr fand ich schon fürchterlich, aber dieses hier, war mir noch hundert Mal unangenehmer.

"Ich will mich nicht mit Summer verbinden. Die Verbindung würde uns dazu zwingen zusammen zu sein und das kann ich noch nicht entscheiden", sprach meine Schwester bestimmt.

"Das ist in Ordnung. Ich werde mit Ruben und James darüber reden, das wir alles vorbereiten, aber du musst mit Summer darüber reden", antwortete Sean entspannt.

"Ich möchte diese Entscheidung nicht alleine treffen. Ich will vorher mit Zander darüber reden", flüsterte ich kleinlaut. Meine Wangen hatten wahrscheinlich die Farbe einer reifen Tomate, als ich Sean ansah. Lächelnd nickte er mir zu. Schnell stand ich auf. Ich wollte nur so schnell wie möglich aus der Küche kommen.

Ich musste Zander finden, um mit ihm darüber zu reden, aber ich hatte keine Ahnung wo er sich gerade herumtrieb. Außerdem graute es mir vor dem Gespräch, das ich jetzt mit ihm führen würde. So schnell wie ich aus der Küche kommen wollte, so schnell änderte ich jetzt auch meine Meinung. Ich wollte nicht mehr mit Zander diese peinliche Unterhaltung führen. Augenblicklich machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Dort würde ich mich einfach verstecken.

Als ich außer Atem in meinem Zimmer ankam und mich mit dem Rücken von innen gegen meine Zimmertür lehnte, musste ich nur leider mit erschrecken feststellen, das Zander auf meinem Bett saß und am Lesen war.

"Alles in Ordnung?", fragte mein Seelengefährte mich verwundert. Prüfend musterte er mich von oben bis unten, wie ich da schnaufend vor ihm stand.

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