Kapitel 17

Evie und ich hatten noch ein paar Stunden nur nebeneinander gelegen und geredet. Ich hatte ihr von Zander erzählt und Evie hatte sich auch riesig für mich gefreut, aber trotzdem wollte ich nicht so viel darüber reden. Denn ich fühlte mich wirklich schlecht. Bei mir konnte es so schnell einfach gut gehen, während Evie seit zwei Tagen nur am Streiten war mit ihrer Gefährtin.

Jetzt lagen wir nur noch schweigend nebeneinander. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und versuchte die eigenen Puzzle im Kopf zu lösen. Wobei ich eigentlich mehr mit Evies Puzzle zu tun hatte. Ich mochte es nicht, meine Schwester so leiden zu sehen.

"Du solltest duschen gehen und dich ein bisschen ausruhen, bevor alle zurück kommen", schlug ich vor, um Evie auf andere Gedanken zu bringen. Außerdem roch sie nicht unbedingt angenehm. Meine Schwester überprüfte einmal ihren eigenen Geruch. Mit angewidertem Gesichtsausdruck sprang sie auf und verschwand in meinem Badezimmer.

"Ich hole dir ein paar Anziehsachen aus deinem Zimmer oder willst du einfach was von mir anziehen?", fragte ich lauter nach.

"Hol mir einfach irgendwas von unten", rief Evie über das Rauschen der Dusche hinweg zurück.

Als ich im ersten Stock ankam, hörte ich wie die Eingangstür aufging. Anscheinend kamen alle gerade wieder zurück von ihrem Lauf. Vielleicht hatte die Abkühlphase etwas geholfen, damit Summer und Evie etwas ruhiger miteinander reden konnten. Ich hoffte es zumindest. 

Unschlüssig stand ich vor Evies geöffnetem Schrank. Wir hatten ziemlich unterschiedliche Geschmäcker, was Kleidung anging. Die Zimmertür wurde vorsichtig geöffnet und Summer steckte ihren Kopf herein. Auch sie sah nicht viel besser als meine Schwester aus.

"Hey", lächelte ich ihr freundlich zu, "Evie ist oben in meinem Zimmer und duscht sich. Ich wollte ihr etwas zum Anziehen holen."

"Oh", antwortete Summer etwas traurig.

"Sie kommt aber gleich wieder hier her. Vielleicht könnt ihr dann noch einmal etwas ruhiger miteinander reden", schlug ich zaghaft vor. Ich hoffte, dass ich damit nicht zu weit ging. Summer nickte mir leicht zu.

"Ich gehe in mein Zimmer. Ich brauche auch eine Dusche. Du kannst ihr ja sagen, dass ich dort bin, falls sie mich sucht", sagte die Blondine schnell, bevor sie den Raum verließ. Sie wirkte so gebrochen. Ich konnte es verstehen, wenn Zander mich so abgewiesen hätte, wie Evie es mit Summer tat, wüsste ich auch nicht, was ich tun würde.

Ich schnappte mir einfach irgendwelche Kleidungsstücke und lief wieder zurück in mein Zimmer. Evie war schon längst fertig mit ihrer Dusche und saß in ein Handtuch gewickelt auf meinem Bett. Mit einer Hand blätterte sie in einem meiner Bücher, die ich fürs Studium las.

"Ich verstehe nicht, wie du so etwas freiwillig lesen kannst. Das ist einfach nur langweilig. Ich hätte mich schon längst erhängt", lachte Evie mich aus. Ihre roten, kurzen Haare standen immer noch in alle Richtungen ab, aber immerhin roch sie jetzt wieder besser.

"Sie sind alle wieder zurück gekommen. Summer duscht jetzt auch erst einmal. Aber du kannst gerne zu ihr gehen. Sie wird in ihrem Zimmer sein", richtete ich meiner Schwester aus, "Außerdem sind die Bücher gar nicht so übel."

Evie schüttelte lachend über mich den Kopf. Mit den Anziehsachen verschwand sie wieder im Bad. Das Buch, das sie unbedacht einfach auf mein Bett geschmissen hatte, legte ich wieder zurück auf seinen ursprünglichen Platz auf meinem Schreibtisch. Mein Blick wanderte nach draußen. Es schneite immer noch. Spätestens morgen oder übermorgen waren wir wahrscheinlich wirklich eingeschneit. Ich würde also vermutlich nicht mit Kayden zu seiner Schreinerei fahren. Wir würden irgendwo steckenbleiben. Außerdem war ich mir momentan nicht einmal sicher, ob Zander oder besser gesagt sein Wolf mich allein mit Kayden etwas unternehmen lassen würde.

"Ich gehe jetzt zu Summer. Ich versuche noch mal mit ihr zu reden und ich meine wirklich reden", sagte Evie, als sie aus dem Bad kam. Ich nickte nur und hörte kurz darauf, wie meine Zimmertür aufging und wieder verschlossen wurde. 

Mich zog es nach draußen auf meinen kleinen Balkon. Der eisige Wind peitschte um meinen zierlichen Körper, als ich nach draußen trat. Wäre ich ein Mensch, würde ich zu 100% krank werden, aber der Wolf in mir, hielt mich warm. Ich wusste nicht, wie lange ich einfach nur da stand und den Schnee dabei beobachtete, wie er langsam vom Himmel auf die Erde herabfiel und die Schneedecke noch höher wachsen ließ.

Zwei warme Arme, die sich von hinten um meinen Bauch schlangen, rissen mich aus meinen Gedanken. Der betörende Geruch verriet mir sofort, dass es Zander war.

"Ich habe mich bei Kayden entschuldigt", flüsterte er mir nach etwa fünf Minuten des Schweigens ins Ohr.

"Danke", lächelte ich.

"Wir sollten rein gehen. Du bist schon ganz kalt."

Obwohl mir nicht kalt war, ließ ich mich von Zander zurück in mein Zimmer ziehen. Unschlüssig saß ich auf der Kante meines Bettes und beobachtete Zander dabei, wir er auch mein Zimmer lief und alles ganz genau musterte. Ich hatte das Gefühl, als würde ich gerade mein Seele vor ihm ausbreiten. Er schaute sich jedes meiner Bücher, egal ob private oder Unirelevante ganz genau an. Ließ seinen Blick über die Bilder auf meinem Zeichenblock schweifen und sah sich lange das Familienbild an.

"Du kannst unglaublich gut zeichnen", brach Zander mit einem breiten Grinsen das Schweigen.

"Danke", antwortete ich leise und lief knallrot an. Beschämt sah ich nach unten, auf meine verschränkten Hände in meinem Schoß.

Wieder verfielen wir in eine Stille. Er schaute sich noch ein bisschen mehr in meinem Zimmer um, bis er sich neben mich setzte. Ein tiefer Seufzer entkam seinen Lippen, als wäre das nächste was er sagen wollte zu schwierig, um es auszudrücken.

"Ich habe eine Frage", fing Zander leise an zu sprechen, "River meinte, dass du vor Connor und ihm Andeutungen gemacht hast, du hättest einen Freund. Und ... da wollte ich fragen ..., ob das wahr ist."

Entsetzt sah ich Zander an. Ich wollte auf gar keinen Fall in den selben Streit, wie Summer und Evie verfallen. Aber als ich aufsah und in Zanders Gesicht blickte, fehlte jegliche Wut. Es war Angst und Sorge, die sein Gesicht überschatteten. Er machte sich Gedanken darüber, ob er mich verlieren würde, dass konnte ich in seinen Augen lesen.

"Nein, ich habe keinen Freund. Ich habe von den beiden davon gescherzt, weil ich wusste, dass es Connor Sorgen bereiten würde", antwortete ich schnell und leise.

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