Kapitel 3


"Woher wissen wir, dass wir ihnen vertrauen können?" Ryder steht direkt hinter mir und hat seine Arme erneut vor der Brust verschränkt.

"Wissen wir nicht, deshalb müssen wir es einfach versuchen. Einer von uns muss da hin, aber Marc und ich können hier im Moment nicht weg. Du weißt, dass Jace und Derek versuchen, sich so weit wie möglich aus den Gangangelegenheiten herauszuhalten. Wärst du bereit, als Dritte in der Rangordnung dort hinzufahren, Selene? Du könntest jederzeit Unterstützung aus D.C. anfordern. Was sagst du dazu?"

"Du willst mich hier aus der Gefahrenzone halten, oder? Kannst du nicht jemand anderen schicken? Ich lasse euch hier nicht im Stich."

"Du musst es machen. Es ist eine wirklich mächtige Gang und wir würden sie kränken, wenn wir jemand unwichtigen dort hinschicken, um die Verhandlungen zu führen. Denk mal drüber nach. So würdest du auch von Aidan wegkommen."

Ich fahre mir mit einer Hand müde über das Gesicht.

"Ok." seufze ich. "Ich mache es."

„Moment!" Ryder starrt mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Sie ist schon einmal zu ‚Verhandlungen' gefahren und es hat Jahre gebraucht bis wir sie wieder hatten. Bis ihr sie wieder hattet. Das ist ein zu großes Risiko, wenn sie alleine dort hin fährt." Mason nickt seufzend. Erst jetzt fällt mir auf, wie erschöpft er aussieht. Dunkle Augenringe zeichnen sein Gesicht. „Was schlägst du vor?" „Ich begleite sie. Dann hat sie jemanden, der immer bei ihr ist, um auf sie aufzupassen." Einen Moment starrt Mason ihn an. Ryder hält seinen Blick stand und Masons Gesicht verzieht sich zu einen matten Lächeln. „Ich wusste, dass du das anbieten würdest. Gut, dass wir das geklärt hätten." „Moment mal." schalte ich mich nun in die Unterhaltung ein. „Ich brauche niemanden der auf mich aufpasst." Beide Jungs ignorieren mich.

„Ich wusste, dass die Diskussion so ausgehen würde, deshalb habe ich euch auch schon Flugtickets gebucht. Ihr habt auch eine eigene Wohnung da und Autos. Morgen müsst ihr da sein. Also kannst du direkt anfangen zu packen." sagt er an mich gewandt.

"Ist das dein Ernst?" frage ich ihn genervt.

"Ja. Ich habe Miranda auch schon angerufen. Sie kommt gleich, um dir beim Packen zu helfen."

Als es kurze Zeit später klingelt öffne ich die Tür.

Miranda steht vor mir. Ihre blauen Augen sind rot gerändert und glasig, als ob sie gerade erst geweint hätte. Sie nimmt mich ohne umschweife in die Arme und drückt mich fest.

Ich weiss, was sie denkt. Sie hat Angst, dass ich nicht mehr zurückkomme. Das letzte Mal, als wir weggeflogen sind, um mit einer anderen Gang zu verhandeln wurden wir schließlich gekidnappt und Dean ist nicht mit uns zurück gekommen.

Nach einen kurzen Moment löse ich mich aus ihrer Umarmung. Sie hilft mir meine Kleidung in einen Koffer zu stopfen. „Willst du das Kleid hier mitnehmen?" Miranda hält ein schwarzes, enges Kleid hoch. Ich zucke mit den Schultern. Bevor ich ihr antworten kann wird meine Tür aufgestoßen. „Selene ich wollte..." Mason verstummt, als er Miranda Gesichtsausdruck sieht. Auch für ihn ist es offensichtlich, dass sie geweint hat. Ihre Augen spiegeln dass Gefühl, welches mir nur zu bekannt ist wieder. Eine kalte Leere. Einen Moment sehe ich etwas wie Schmerz über sein Gesicht huschen. Der Ausdruck ist jedoch so schnell wieder verschwunden, dass ich nicht sicher bin, ob ich es wirklich gesehen habe.

„Hey Miranda." grüßt er sie. Miranda antwortet einen Moment nicht. „Wie kannst du nur." Ihre Stimme zittert und ihre Hände haben sich an ihrer Seite zu Fäusten geballt. Mason zuckt zusammen. Er weiß genau, worauf sie hinaus will. „Es muss sein." antwortet er. Seine Miene ist nun undeutbar. Selbst für mich.

„Wenn ihr etwas passiert, dann ist das nur dein Schuld!" Mason starrt sie an. Er richtet sich zu seiner vollen Größe auf, als ob er fürchten würde, dass Miranda jeden Moment auf ihn losgeht. In diesen Augenblick sieht er aus wie der Anführer, der er ist. Ohne ein weiteres Wort verlässt er mein Zimmer. Miranda schlägt die Tür mit einem lauten Knall hinter ihm zu.

Jetzt wo er den Raum verlassen hat, sieht sie unsicher aus. Sie lässt sich auf mein Bett fallen und vergräbt das Gesicht in den Händen. „Du passt auf dich auf, nicht war?" Ihr Blick hebt sich von ihren Händen. Ich sehe Tränen in ihren Augen glitzern.

Keine fünf Stunden später sitzen wir in einen Flieger von Florida nach New York.

Gedankenverloren blättere ich durch die Mappen, die mir Mason mitgegeben hat. Alle Informationen, welche wir bis jetzt zu der Gang sammeln konnten. Mein Blick bleibt an den beiden Kindern des Plananführers hängen. Sie werden wir als erstes kennenlernen. Ich versuche mir alle Gesichter einzuprägen. Die Kinder, Eve und Blake sind in unseren Alter. Blake soll den Akten nach ein sehr guter Straßenkämpfer sein. Ihre Mutter ist vor einigen Jahren verstorben.

Müde lasse ich meinen Kopf gegen die Lehne fallen und starre auf die Lehne meines Vordermannes.

Ryder schläft im Sitz neben mir. Seine Hand ruht locker auf meinen Oberschenkel.

Bevor wir los gefahren sind haben wir uns von meiner Familie verabschiedet.

Miranda hat mich zum Abschied lange und fest umarmt. So als hätte sie mich am liebsten überhaupt nicht gehen gelassen. Mehrmals hat sie noch versucht Mason zu überreden jemand anderen nach New York zu schicken, aber er hat sich nicht mehr von ihr umstimmen lassen.

Nur Aidan war bei der Verabschiedung nicht da. Warum sollte er aber auch, nachdem er sich die Tage mir gegenüber so verhalten hat? Warum sollte er sich von einem „Killer" verabschieden?

Egal was mich in New York erwarten wird, für den Moment kann ich wenigstens ihn für das erste hinter mir lassen.

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