Kapitel 2

Ryders Sicht

Ich habe in der Nacht kaum geschlafen, obwohl Selenes Anwesenheit mich sonst immer beruhigt. Ich kann einfach nicht vergessen, was Aidan zu Selene gesagt hat. Der Schmerz in ihrem sonst so verschlossenen Gesicht. Er war nur einen kurzen Moment in ihren Augen zu sehen, doch das hat genügt, damit ich ihn erkennen konnte. Wie hätte Dean wohl reagiert, wenn ihn jemand Killer genannt hätte? Was ich weiss ist, dass er niemals Aidan so mit seiner besten Freundin hätte reden lassen.

Selene wälzt sich die ganze Nacht unruhig von einer Seite zur nächsten und ich betrachte sie nachdenklich.

Sie hat so viel durchgestanden und dann wirft Aidan ihr so etwas an den Kopf.

Ich ziehe sie noch etwas dichter an mich heran.

Was wäre, wenn ich sie auch noch verlieren sollte?

Was würde ich ohne sie tun?

Und sie weiß nicht einmal, wie wichtig sie mir ist.

Es ist nun mittlerweile schon spät am morgen und als ich ein Klopfen ein paar Türen weiter höre.

Leise öffne ich meine Tür.

Aidan steht mit gesenktem Kopf vor Selenes Zimmer.

Mit verschränkten Armen lehne ich mich gegen meinen Türrahmen.

"Suchst du sie?"

"Ja. Weißt du wo sie ist?"

"Wieso? Damit du sie nochmal als Killer bezeichnen kannst?"

"Ich... ich... meinte es nicht so, aber sie hat..."

"Es ist mir egal" brülle ich ihn an. Eine Welle der Wut kocht plötzlich in mir hoch. Selenes Gesichtsausdruck, als er sie nieder gemacht hat werde ich nicht so bald vergessen. Sie ist immer so stark und er hat es geschafft sie mit einigen wenigen Worten so zu verletzen. "Was gibt dir das Recht so mit ihr zu reden? Für wen hältst du dich? Lass sie gefälligst in Ruhe verstanden? Ihr geht es schon mies genug ohne dich. Da musst du ihr nicht auch noch solche Sachen an den Kopf werfen und dass nur, um deine Schlampe an Freundin zu verteidigen."

Bedrohlich baue ich mich vor ihm auf.

Ich bin zwar nicht viel größer, aber dafür um einiges muskulöser und breiter als Aidan. Ich weiss, dass er gegen mich keine Chance hat.

Er öffnet noch mal den Mund, um noch etwas zu sagen, als sich eine Tür neben mir öffnet und Jace heraustritt. Seine dunklen, kurzen Haare stehen in alle Richtungen ab. Gähnend hält er sich eine Hand vor dem Mund und reibt sich seine Augen.

"Jungs, was ist denn los?"

*Selenes Sicht*

Ich wache allein in Ryders Bett auf. Auf dem Nachtisch steht ein Bild von Dean und mir. Wir beide strahlen in die Kamera. Dean hat seinen Arm um mich gelegt. Einen kurzen Moment weiss ich nicht, wie ich hierhergekommen bin. Doch wie ein Schlag ins Gesicht kommen mir wieder die Ereignisse vom vergangenen Abend in den Sinn.

Erst jetzt verstehe ich, warum ich aufgewacht bin.

Draußen höre ich eine zornige Stimme jemanden zurechtweisen. Ryders Stimme.

"Jungs, was ist denn los?"

Mein Bruder.

Was machen die da draußen?

Ich werfe meine Beine aus dem Bett, richte mich gähnend auf und tapse zur Tür.

Direkt vor der Tür stehen Aidan und Ryder sich gegenüber. Ryders Arme sind vor seiner Brust verschränkt. Seine Armmuskeln treten stark hervor und sein Kiefer ist fest zusammengepresst. Wütend starrt er Aidan an.

"Was ist denn hier los?" frage ich. Meine Stimme ist noch ganz rauh.

Plötzlich richten sich drei Augenpaare auf mich.

Ryders Lippen verziehen sich zu einem besitzergreifenden Lächeln, als er sieht, dass ich nur sein T-Shirt trage.

Aidan dagegen sieht mit zusammengekniffenen Augen zwischen uns hin und her.

"Das wüsste ich aber auch gerne." sagt Jace und verschränkt nun auch seine Arme vor der Brust und wirft einen bedeutungsvollen Blick auf 'mein' T-Shirt.

"Er hat Selene gestern echt fiese Sachen an den Kopf geworfen. Ich verstehe nicht, wie ihr ihm ein solches Verhalten durchgehen lassen könnt." antwortet Ryder. Dabei wirft er Aidan einen mörderischen Blick zu.

"Aidan hat grade erst seinen Bruder verloren, lass ihm ein bisschen Zeit." Versucht Jace Aidan in den Schutz zu nehmen.

"Achja und was denkst du, wie lange das sein soll? Wir alle haben Menschen verloren die wir lieben und die uns nahestanden."

Ich merke genau wie Aidan seine Fassung verliert.

Sein ganzer Körper spannt sich an und seine Hände ballen sich zu Fäusten.

Wütend springt er auf Ryder zu und holt mit seiner rechten Faust aus.

Ich kann nicht zulassen, dass er Ryder verletzt.

Schnell und ohne nachzudenken schiebe ich mich dazwischen und die Faust, welche Ryder zugedacht war, landet direkt in meinem Gesicht.

Einen Moment starre ich Aidan an. Sein Gesicht ist blass geworden und seine Augen sind geweitet.

Ich drehe mich zu Ryder um. Er steht komplett still. Einen Moment mustert er mein Gesicht nach Verletzungen. Ich spüre etwas warmes meine Nase herunter laufen. Sein Blick folgt der Blutspur.

Etwas in seinen Augen verändert sich und Ryder rastet endgültig aus.

Wütend brüllt er Aidan an und versucht mich vergeblich vorsichtig aus dem Weg zu schieben, um selber auf ihn losgehen zu können, aber ich bleibe fest zwischen den beiden stehen, während mir warmes Blut aus meiner Nase läuft.

Das reicht!"

Masons lauter Schrei lässt uns alle erstarren.

„Was ist hier los?" Alle drei Jungs reden gleichzeitig. Durch das Wirrwarr versteht man kein Wort. Ich rolle meine Augen.

„Es war ein Unfall. Alles in Ordnung. Ist ja nur ein bisschen Blut." unterbreche ich die Jungs. Alle starren mich an. Ryder schnaubt und wirft mir einen ungläubigen Blick zu.

Mason zieht eine Augenbraue hoch und zuckt dann doch mit seinen Schultern.

"Selene, Ryder. Ich muss mit euch sprechen." Er winkt uns zu sich und wirft Jace und Aidan einen wütenden Blick zu.

Mit einem letzten vielsagenden Blick zu Ryder bedeute ich ihm mir zu folgen.

"Was ist denn?" frage ich, als wir aus der Hörweite sind.

"Ich habe eben einen Anruf von einer Gang in New York bekommen. Sie will sich mit uns zusammenschließen."

"Was meinst du mit zusammenschließen?" frage ich und verenge meine Augen, während das Blut weiterhin aus meiner Nase läuft und dunkle Flecken auf dem Fußboden hinterlässt.

"Sie wollen sich mit uns gegen Hektor verbünden."

Nachdenklich schaue ich Mason an, ohne ihn wirklich zu sehen. Nach unserer Gefangenschaft habe ich ihn einen groben Abriss davon gegeben, was wirklich in der Arena damals passiert ist. Er weiss von meiner Idee Hektor auszuschalten. Ich hätte nur nicht gedacht, dass er auf eigene Faust einen eigenen Plan ausarbeitet.

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